Eigenbautraktor
Ein Eigenbautraktor (auch Traktor Marke Eigenbau, Eigenbauschlepper) ist eine Zugmaschine, die aus Teilen von anderen, meist nicht landwirtschaftlichen Fahrzeugen zusammengebaut wurde. Eigenbautraktoren sind meistens von Privatpersonen für den eigenen Gebrauch gebaut worden. Sie waren in der DDR sehr häufig.

Bauteile
Es war in der DDR üblich, aus vorhandenen Dingen etwas neues zusammenzubauen. Brauchbare Teile wurden nicht weggeworfen. Teile, die aus anderen, meist nicht landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Geräten stammten, wurden geändert, zurechtgestutzt und angepasst. Meist mussten die dazu benötigten Teile erst durch Beziehungen und Tauschgeschäfte beschafft werden.
Häufig benutzte Teile waren: Motoren und Getriebe vom Trabant 601, Motorroller- beziehungsweise Motorradmotoren (Motorroller Berlin, EMW), Verdampfermotoren (1H65, Deutz) und andere aus dem Cunewalder Motorenwerk (auch verwendet im Multicar, RS 09 und Rüttelplatten) ebenso Robur- und Picco Dumper Motoren. Sehr oft kamen Antriebsachsen von Robur, K30 und Multicar zum Einsatz, ebenso deren Räder. Die Rahmen wurden meist aus Stahlprofilen selber zusammengeschweißt.
Motivation
Die Maschinen wurden in der privaten, nebenberuflichen Landwirtschaft, bei Brennholztransporten oder dem Hausbau benötigt. Es gab jedoch keine größeren Geräte für den privaten Gebrauch zu kaufen, daraus entstand die Notwendigkeit, anders Abhilfe zu schaffen. Dies wurde durch die oft sehr gute handwerkliche Ausbildung und die Möglichkeit, Firmenwerkzeuge nach Feierabend zu nutzen, erleichtert.
Politischer Hintergrund
Der Bau und Einsatz von Eigenbautraktoren wurde von der parteilichen und staatlichen Seite der DDR toleriert. Die landwirtschaftliche Nebenproduktion half vor allem in ländlichen Gebieten, die Versorgungslücken mit zusätzlichem Gemüse und Obst zu schließen. Der Ankauf wurde sogar staatlich subventioniert. Werkzeuge und Gartengeräte wurden verstärkt angeboten. Die Heimwerkeraktivitäten folgten aus den lückenhaften privaten Dienstleistungen. Dies stärkte insgesamt die „Hilfe zur Selbsthilfe“ und damit das Wohlbefinden der Bürger.
Aktuelle Bedeutung
Viele Eigenbautraktoren befinden sich zur Zeit immer noch im Einsatz. In den meisten Dörfern haben noch viele der Einwohner mit den entsprechenden Platzverhältnissen einen Eigenbautraktor. Diese werden meist noch zum Holzholen oder zur Bearbeitung des eigenen Ackers eingesetzt. Teilweise wurden sie jedoch dem Bedarf entsprechend durch die nach der Wende leichter zu erwerbenden Markentraktoren ersetzt. Mitunter wurden Eigenbautraktoren aber auch nach Wegfall der ursprünglichen Aufgabe oft nicht verschrottet. Sie werden zu deutlich günstigeren Preisen als Markentraktoren gehandelt und stellen damit eine günstige Möglichkeit dar, ein Schlepp- oder Transportfahrzeug zu erwerben.
Verkehrszulassung
Eigenbautraktoren können in den seltensten Fällen eine TÜV-Vollabnahme erlangen. Dies wird erschwert durch fehlende Rahmennummern und ABE der meist abgeänderten oder selbst konstruierten Bauteile (Rahmen, Bremsanlagen, Sitzbänke, fehlende Überrollbügel und dergleichen.)
In der DDR wurden in einigen Fällen Fahrzeugpapiere ausgestellt.
Die meisten Eigenbautraktoren wurden und werden mit 6-km/h Schildern auf öffentlichen Straßen bewegt, obwohl viele deutlich schneller fahren können. Dies ist rechtlich nicht einwandfrei und erfordert mindestens eine vollständige und funktionsfähige Fahrzeugbeleuchtung gemäß der StVO.
Siehe auch
Literatur
- Bernd Hiepe, Erasmus Schröter und Franz Josef Görtz: Das andere Traktorenbuch: Traktoren Marke Eigenbau. 1. Auflage, Landbuch Verlag Hannover, 2000. ISBN 3-7842-0590-9
- Horst Moritz, Bernd Hiepe und Erasmus Schröter (Herausgegeben von Marina Moritz, Gisela Winter): Eigensinn mit Luntenzündung. Selbstgebaute Traktoren aus der DDR. Schriften des Museums für Thüringer Volkskunde Erfurt 6, 1996. ISSN 0947-952X
- Christian Suhr, Ralf Weinreich: DDR Traktoren-Klassiker. 1. Auflage Motorbuch Verlag Stuttgart 2006. ISBN 3-613-02599-X