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Politisches System Österreichs

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Das Politische System der Republik Österreich basiert auf den Grundsätzen der Demokratie, der republikanischen Staatsform, des Bundesstaates, des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung. Wichtigste Rechtsgrundlage des politischen Systems ist die Bundesverfassung.

Die Republik Österreich ist eine parlamentarische Demokratie. Wahlen werden in Österreich großteils nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt, was zur Folge hat, dass die Parteien meist Koalitionen bilden müssen. Wie in fast allen Demokratien spielen die Parteien eine zentrale Rolle im politischen Leben Österreichs. Die Aufgabenverteilung zwischen Ländern und dem Bund wird durch das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geregelt. Über die Einhaltung des B-VG und der anderen Verfassungsgesetze wacht der Verfassungsgerichtshof.

Verfassungsgrundsätze

Hauptartikel Bundesverfassung (Österreich)

Demokratisches Prinzip

Das demokratische Prinzip bedeutet, dass jedes Recht vom Volk ausgeht. Das demokratische Prinzip wird in Artikel 1[1] B-VG festgelegt. Österreich ist eine repräsentative Demokratie, das heißt, es werden Repräsentanten gewählt. Diese werden durch freie und geheime Wahlen ermittelt [2]. Ein weiteres wichtiges Element ist die direkte Demokratie, die durch Volksbegehren, Volksbefragung und Volksabstimmung gewährleistet wird.

Republikanisches Prinzip

Das republikanische Prinzip betrifft die Staatsform und das Staatsoberhaupt. Österreich ist eine Republik, an deren Spitze der Bundespräsident als Staatsoberhaupt steht. Der Bundespräsident wird alle 6 Jahre von den Wahlberechtigten gewählt.[3]

Bundesstaatliches Prinzip

Das bundesstaatliche Prinzip bedeutet, dass Österreich kein Einheitsstaat ist, aber auch kein Staatenbund.[4] Die Länder haben ihre eigene Gesetzgebung. Welche Bereiche durch Bundesrecht und welche durch Landesrecht geregelt werden, bestimmt die Bundesverfassung[5].

Rechtsstaatliches Prinzip

Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit soll die Bürger vor staatlicher Willkür schützen. Der Rechtsstaat wird durch die Gewaltenteilung und unabhängige Gerichte gewährleistet. Durch den „Stufenbau der Rechtsordnung“ wird garantiert, dass Gesetze verfassungsmäßig entstehen. Über die Einhaltung der Verfassung wacht der Verfassungsgerichtshof.

Gewaltentrennendes Prinzip

Das Prinzip der Gewaltentrennung wurde eingeführt, um Machtkonzentration und Korruption zu verhindern. Es ist somit einer einzelnen Person oder Organisation nicht möglich, absolute Macht auszuüben. Gewaltentrennung bedeutet, dass Gesetzgebung (Legislative), ausführende Gewalt (Exekutive) und Gerichte (Judikative) getrennt sind. Die Aufgaben sind somit auf mehrere verschiedene Organe verteilt. Die einzelnen Organe sind jedoch nicht vollständig getrennt, sondern es bestehen durchaus Verflechtungen untereinander, zum Beispiel das Kontrollrecht des Nationalrates gegenüber der Bundesregierung.

Liberales Prinzip

Das Liberale Prinzip garantiert den Bürgern ein gewisses Ausmaß an Freiraum. In diesem Prinzip wird festgelegt, dass Bürger bestimmte Grund- und Freiheitsrechte haben. Von allen Prinzipien ist dieses am wenigsten als Verfassungsgrundsatz anerkannt [6]. Das liberale Prinzip wird durch die im Verfassungsrang stehende Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und das Staatsgrundgesetz garantiert, darin enthalten sind z.B. das Briefgeheimnis und der Schutz vor willkürlicher Festnahme.

Politisches System

Ebene Legislative Exekutive Judikative

Bundesebene

Nationalrat
Bundesrat

Bundespräsident
Bundesregierung

Oberster Gerichtshof

Verfassungsgerichtshof
Verwaltungsgerichtshof

Landesebene

Landtag

Landesregierung
Landeshauptmann

Bezirk

 

Bezirksverwaltungsbehörde

Gemeinde

 

Bürgermeister
Gemeindevorstand
Gemeinderat

 

Siehe auch Verwaltungsgliederung Österreichs

Bundesebene

Legislative

Die Legislative wird in Österreich durch den Nationalrat und den Bundesrat) wahrgenommen. Die Legislative beschließt den Haushalt des Bundes und alle Bundesgesetze. Außerdem kontrolliert die Legislative die Bundesregierung. Die Legislative ist kein echtes 2-Kammernsystem, da die Abgeordneten im Bundesrat von den Landtagen entsandt und nur die Nationalratsabgeordneten vom Volk gewählt werden. Der Bundesrat ist keine gleichwertige Kammer, da alle Gesetze im Nationalrat beschlossen werden müssen und der Bundesrat sie nur bestätigt. Beide Kammern zusammen werden als Bundesversammlung bezeichnet, welche eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten ansetzen und Krieg erklären kann.

Nationalrat

Sitzungssaal des Nationalrats

Hauptartikel: Nationalrat (Österreich)

Der Nationalrat ist die Abgeordnetenkammer der Republik Österreich. Der Nationalrat ist die erste Kammer der Legislative auf Bundesebene. Zusammen mit dem Bundesrat, der zweiten Kammer, bildet er in besonderen Fällen die Bundesversammlung. Dem Nationalrat gehören 183 Abgeordnete an, die im Normalfall alle vier, seit 2007 fünf Jahre, von den Wahlberechtigten gewählt werden. Die Wahlen finden nach einem modifizierten Verhältniswahlrecht statt.

Die Abgeordneten haben ein freies Mandat, das heißt, sie sind bei der Stimmabgabe unabhängig von ihrer Partei oder anderen Interessensgruppen. Für die Abgeordneten muss die Aussicht, bei der nächsten Wahl nicht mehr anzutreten, ausreichen, um die Klubdisziplin aufrechtzuerhalten. Der Nationalrat hat drei Präsidenten, welche auch den Bundespräsidenten bei längerer Verhinderung vertreten. Der Nationalrat kann außerdem Misstrauensanträge gegen die gesamte Bundesregierung oder einzelne Minister stellen.

Im Nationalrat werden alle Bundesgesetze beschlossen. Die Gesetze werden in Ausschüssen vorbereitet. Für das Inkrafttreten der Gesetze ist allerdings die Zustimmung des Bundesrates nötig. Sollte der Bundesrat nicht zustimmen, kann der Nationalrat mit einem Beharrungsbeschluss die Entscheidung des Bundesrates übergehen. Kein suspensives (d.h. aufschiebendes) Veto hat der Bundesrat bei der Budgetgesetzgebung, allen anderen Finanzgesetzen und bei Gesetzen, die nur den Nationalrat (Auflösung oder Geschäftsordnung) betreffen.

Bundesrat

Datei:1Bundesrat.jpg
Sitzungssaal des Bundesrates

Hauptartikel Bundesrat (Österreich)

Der Bundesrat ist die zweite Kammer des Parlaments und die Vertretung der Länder auf Bundesebene (Länderkammer). Die Abgeordneten werden von den Landtagen in den Bundesrat entsandt. Die Anzahl wird nach jeder Volkszählung vom Bundespräsidenten festgelegt, zur Zeit gibt es 62 Abgeordnete. Die Abgeordneten sind den Landtagen nicht verantwortlich, das heißt, sie besitzen ein freies Mandat.

Nachdem ein Gesetz im Nationalrat beschlossen wurde, muss der Bundesrat zustimmen. Der Bundesrat hat im politischen Alltag in Österreich sehr wenig Einfluss, da er Gesetze im Normalfall nur aufschieben, aber nicht komplett verhindern kann. Jedes Veto des Bundesrates kann durch einen Beharrungsbeschluss des Nationalrats einfach übergangen werden, es sei denn, das Gesetz beträfe die Kompetenzen der Bundesländer oder den Bundesrat selbst: dann hat der Bundesrat ein absolutes Veto. Einige Gesetze (siehe oben) werden dem Bundesrat nicht einmal zur Zustimmung vorgelegt.

Bundesversammlung

Die Bundesversammlung tagt im Sitzungssaal des ehemaligen Abgeordnetenhauses.

Hauptartikel Bundesversammlung (Österreich)

Die Bundesversammlung besteht aus dem Nationalrat und dem Bundesrat gemeinsam, und tritt nur in besonderen Fällen zusammen. Sie hat nach dem Bundes-Verfassungsgesetz mehrere Funktionen, die vor allem das Amt des Bundespräsidenten betreffen: Ihr obliegt die Angelobung des Bundespräsidenten, weiters kann sie (auf Antrag des Nationalrats) eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten vor Ablauf seiner Amtsperiode beschließen oder die behördliche Verfolgung des Bundespräsidenten in einer bestimmten Angelegenheit zulassen („Auslieferung“, Aufhebung der Immunität), schließlich (auf Antrag des Nationalrats oder des Bundesrats) beschließen, dass gegen den Bundespräsidenten eine Anklage wegen Verletzung der Bundesverfassung vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben werden soll. Auch Kriegserklärungen fallen in den Aufgabenbereich der Bundesversammlung.

Gesetzgebungsverfahren

Hauptartikel Gesetzgebungsverfahren (Österreich)

Die Gesetzesinitiativen können

  • vom Nationalrat selbst („Initiativantrag“),
  • von der Bundesregierung („Regierungsvorlage“) und
  • vom Bundesrat

kommen (Artikel 41 Abs. 1 B-VG).

Außerdem ist jeder Antrag durch ein Volksbegehren mit mehr als 100.000 Unterschriften oder je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder dem Nationalrat zu Behandlung vorzulegen (Artikel 41 Abs.2 B-VG).

Die meisten der Gesetzesinitiativen kommen von der Bundesregierung.

Jedes Gesetz muss vom Nationalrat in drei Lesungen behandelt werden. Zwischen den Lesungen finden Beratungen in den Ausschüssen statt. Nach der 3. Lesung erfolgt die Abstimmung. Hierbei ist es entscheidend, ob das Gesetz ein einfaches Gesetz oder ein Verfassungsgesetz ist:

  • Einfache Gesetze: Anwesenheit von mindestens einem Drittel der Abgeordneten; Zustimmung der absoluten Mehrheit
  • Verfassungsgesetze (oder -bestimmungen in einfachen Gesetzen), die jeweils als solche gekennzeichnet sein müssen: Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten; Zustimmung von mindestens 2/3 der Stimmen

Nach dem Beschluss im Nationalrat muss das Gesetz unverzüglich dem Bundesrat übermittelt werden. Dieser muss diesem Gesetz zustimmen. Ein Veto des Bundesrates kann jedoch durch einen Beschluss des Nationalrats (Beharrungsbeschluss) übergangen werden. Ein Veto des Bundesrats hat also meist nur aufschiebende Wirkung. Hat der Bundesrat ausdrücklich beschlossen, keinen Einspruch zu erheben, ist die sechswöchige Frist ohne Einspruch verstrichen, oder hat der Nationalrat im Falle eine Einspruches einen Beharrungsbeschluss gefasst, wird das Gesetz dem Bundespräsidenten zu Beurkundung übermittelt.

Der Bundespräsident hat (nur) das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzes beurteilen, er hat jedoch kein materielles Prüfrecht, d.h. er muss ein Gesetz auch unterschreiben, wenn er glaubt, es wäre inhaltlich verfassungswidrig, da nur der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheiden darf. Unterschreibt er ein Gesetz nicht, hätte dies ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu Folge, welches zur Amtsenthebung führen kann.

Hat der Bundespräsident das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzes beurkundet, müssen es der Bundeskanzler und der zuständige Minister gegenzeichnen. Das Gesetz muss anschließend vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden. Sofern es im Gesetz nicht anders bestimmt ist, tritt ein Gesetz mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft.

Exekutive

Vertikale Verwaltungsstruktur Österreichs

Die Exekutive hat die die Aufgabe, die Gesetze und Verordnungen der Legislative umzusetzen. Die Exekutive besitzt häufig einen Ermessensspielraum bei der Auslegung von Gesetzen. Die konkrete Auslegung der Gesetze wird oft durch Erlässe der Bundesminister festgelegt. Zur Exekutive gehören die Bundesregierung, der Bundespräsident, das Bundesheer, der Wachkörper Bundespolizei und alle Behörden des Bundes.

Gegen konkrete Handlungen der Exekutive (Verwaltungsakte) können die Bürger Berufung bei der Behörde einbringen, die den Bescheid erlassen hat (z.B. Bezirkshauptmannschaft). Weist die erste Instanz die Berufung mit einer Berufungsvorentscheidung (BVE) ab, kann man den Antrag stellen, dass die Berufung der zweiten Instanz (meistens unabhängiger Verwaltungssenat) vorgelegt wird. Entscheidet auch diese nicht im Sinn des Berufungswerbers, kann man eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, oder, wenn man sich in seinen Grundrechten verletzt meint, an den Verfassungsgerichtshof einbringen.

Bundespräsident

Amtssitz des Bundespräsidenten in der Hofburg in Wien

Hauptartikel Bundespräsident (Österreich)

Der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler (er ist bei der Ernennung an keine Vorgabe gebunden), auf dessen Vorschlag die Minister und kann die gesamte Bundesregierung entlassen. Außerdem kann er den Nationalrat auflösen (auf Antrag der Bundesregierung), muss Gesetze beurkunden (er hat jedoch hier nur ein formelles, kein materielles Prüfrecht), hat den Oberbefehl über das Bundesheer, ernennt Beamte und Offiziere und vertritt Österreich nach außen. Der Bundespräsident hat also theoretisch eine starke Stellung (im Vergleich z.B. zum deutschen Bundespräsidenten), in der politischen Realität konzentriert er sich jedoch meist auf die repräsentativen Aufgaben seines Amtes. Der Bundespräsident wird alle sechs Jahre von den Wahlberechtigten gewählt und kann höchstens einmal wiedergewählt werden. In der ersten Republik war seine Stellung noch sehr schwach konzipiert, sein Amt wurde jedoch mit der Verfassungsreform 1929 gestärkt. Seit 1929 sollte der Bundespräsident vom Volk gewählt werden (tatsächlich geschah dies erst 1951 das erste Mal), vorher wurde er von der Bundesversammlung gewählt. Der Bundespräsident kann durch ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und durch eine Volksabstimmung abgesetzt werden.

Bundesregierung

Das Bundeskanzleramt, Ort der Ministerratssitzungen

Hauptartikel Bundesregierung (Österreich)

Die Bundesregierung ist das oberste Verwaltungsorgan des Bundes. Die Bundesverfassung überträgt der Bundesregierung die Verwaltung des Bundes, sofern sie nicht dem Bundespräsidenten vorbehalten ist. Als Kollegialorgan übt die Bundesregierung nur die Tätigkeiten aus, die nicht den einzelnen Bundesministern übertragen wurden. Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern Zusätzlich werden bei der Regierungsbildung auch Staatssekretäre ernannt, die den jeweiligen Ministern untergeordnet sind. Die Staatssekretäre nehmen zwar an den Ministerratssitzungen teil (ohne Stimmrecht), gehören aber formal nicht zur Bundesregierung. Die wichtigste Aufgabe der Bundesregierung ist der Beschluss von Gesetzesinitiativen. Den Gesetzesvorlagen müssen jeweils alle Minister zustimmen, um sie an den Nationalrat weiterzuleiten. Die Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt. Der Bundespräsident ist bei der Ernennung des Bundeskanzlers und der übrigen Mitglieder der Bundesregierung theoretisch an keine Vorgaben gebunden, muss sich jedoch in der Realität nach den Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat richten. Die gesamte Bundesregierung oder einzelne Minister können nämlich durch ein Misstrauensvotum des Nationalrats entlassen werden.

Bundeskanzler

Der Bundeskanzler ist der primus inter pares unter den Mitgliedern der Bundesregierung. Im Gegensatz zum deutschen Bundeskanzler besitzt er kein Weisungsrecht und keine Richtlinienkompetenz gegenüber den Ministern. Allerdings kann er dem Bundespräsidenten jeden Minister zur Abberufung vorschlagen, deshalb ist seine Stellung in der politischen Realität stärker als die der Bundesminister. Außerdem ist er meist Vorsitzender der stärksten Parlamentspartei, was ihm zusätzliches Gewicht verleiht.

Bundesminister

Die Bundesminister werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt. Wie oben schon erwähnt, sind alle Mitglieder der Bundesregierung gleichberechtigt. Die Bundesminister können mit einem Misstrauensvotum des Nationalrats entlassen werden. Zu Unterstützung werden ihnen Staatssekretäre beigegeben, die den Bundesministern gegenüber weisungsgebunden sind.

Judikative

In Österreich wird die gesamte Judikative vom Bund wahrgenommen. Alle Gerichte sind mithin (anders als insbesondere in Deutschland und der Schweiz) Bundesgerichte. Weiters ist die Judikative in die ordentlichen Gerichte und in die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts eingeteilt. Die Oberlandes-, Landes- und Bezirksgerichte sind nur lokale Einrichtungen des Bundes. An allen Landesgerichten für Strafsachen sind Staatsanwaltschaften eingerichtet. Die Staatsanwaltschaften sind dem Justizminister gegenüber weisungsgebunden. Die Richter in Österreich sind unabhängig (Artikel 87 B-VG) sowie unabsetzbar und (gegen ihren Willen) unversetzbar (Artikel 88 Abs. 2). In Österreich kann - im Gegensatz zu Deutschland - gegen Akte der ordentlichen Gerichtsbarkeit keine Verfassungsbeschwerde erhoben werden, da der oberste Gerichtshof und der Verfassungsgerichtshof gleichgestellt sind.

Ordentliche Gerichtsbarkeit

Der Oberste Gerichtshof

Hauptartikel Gerichtsorganisation in Österreich

Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird in Österreich nur vom Bund ausgeübt. Das Gerichtssystem ist in Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte unterteilt. Diese sind jedoch nur Einrichtungen des Bundes auf lokaler Ebene. Als oberstes Gericht existiert der Oberster Gerichtshof. Die Gerichte sind zwar in vier Stufen angeordnet, es besteht aber nur ein zwei- oder dreistufiger Instanzenzug. Gegen gerichtliche Entscheidungen sind keine Verfassungsbeschwerden möglich. Alle Gerichte können jedoch beim VfGH Gesetzes- oder Verordnungsprüfungsverfahren veranlassen, wenn sie Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit solcher Vorschriften haben, die sie der konkreten Entscheidung zugrunde legen müssten.

Verfassungsgerichtshof

Die böhmische Hofkanzlei in Wien, Sitz des VfGH und des VwGH

Hauptartikel Verfassungsgerichtshof (Österreich)

Der Verfassungsgerichtshof (abgekürzt meist VfGH) befasst sich mit der Überprüfung von Gesetzen und Bestimmungen auf deren Verfassungsmäßigkeit. Außerdem prüft er Beschwerden von Staatsbürgern, die behaupten, in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein. Er übt auch die Staatsgerichtsbarkeit aus, auf Beschluss der Bundesversammlung kann ein Verfahren gegen den Bundespräsidenten angestrengt werden, das zu seiner Absetzung führen kann. Die Kompetenzen des VfGH sind in der Bundesverfassung geregelt. Die Mitglieder des VfGH werden von der Bundesregierung, dem Nationalrat und dem Bundesrat vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten ernannt. Um Gesetze dem Zugriff des Verfassungsgerichtshofes zu entziehen, wurden von den früheren großen Koalitionen Gesetze oft als Verfassungsgesetze beschlossen. Solche Gesetze können vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben werden, da sie ja Bestandteil der Verfassung sind, über die der Verfassungsgerichtshof wacht. Lediglich verfassungswidrig entstandene Verfassungsgesetze können vom VfGH aufgehoben werden. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Norm gegen die Grundsätze der Verfassung verstößt. Diese kann bei Nichtdurchführung der obligatorischen Volksabstimmung für verfassungswidrig erklärt werden (siehe Gesamtänderung der Bundesverfassung).

Verwaltungsgerichtshof

Hauptartikel Verwaltungsgerichtshof (Österreich)

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ist neben dem Verfassungsgerichtshof einer der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und zusammen mit diesem und dem Obersten Gerichtshof eines der Höchstgerichte in Österreich. Die Richter des Verwaltungsgerichtshofes werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll die Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung sichern (Art. 129 B-VG). Der Verwaltungsgerichtshof überprüft Bescheide der Exekutive auf deren Rechtmäßigkeit, sowie ob eine Behörde ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen ist. Bleibt eine Verwaltungsbehörde trotz Setzen einer Nachfrist durch den VwGH weiterhin untätig, hat der VwGH an deren Stelle zu entscheiden.

Sozialpartnerschaft

Hauptartikel Sozialpartnerschaft

Die Sozialpartnerschaft ist eine Form der Entscheidungsfindung unter Einbeziehung der Interessenverbände. Sie dient vor allem zur Konsensbildung in wirtschaftlichen und sozialen Themen. Die Sozialpartnerschaft wird aus dem ÖGB, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer gebildet. Die bekanntesten Aufgaben der Sozialpartnerschaft sind die Verhandlungen über die Kollektivverträge und die Löhne. Die meisten Gesetzentwürfe werden auch den Interessenvertretungen zur Begutachtung zur Verfügung gestellt, bevor die Bundesregierung sie an den Nationalrat weiter leitet.

Kritik an der Sozialpartnerschaft gibt es vor allem von jenen Parteien, die in der Sozialpartnerschaft nicht vertreten sind. Die Interessenvertretungen werden meist mit Vertretern besetzt, die den beiden Großparteien SPÖ und ÖVP nahestehen. Die kleineren Parteien (FPÖ, Grüne, BZÖ) sind deshalb meist nicht in den Interessenvertretungen repräsentiert. Die Sozialpartnerschaft wird von den Kritikern als undemokratisch bezeichnet, da sie eigentlich keine wirkliche demokratische Legitimation haben. Manche sehen in der Sozialpartnerschaft auch eine Art Kuhhandel. Die meisten Österreicher sehen die Sozialpartnerschaft jedoch als eine positive Einrichtung.

Direkte Demokratie

In der Bundesverfassung sind auch einige Elemente der direkten Demokratie vorgesehen. Das wichtigste Element der direkten Demokratie in Österreich ist das Volksbegehren. Mit dem Volksbegehren können Petitionen an den Nationalrat gerichtet werden. Weitere Formen der direkten Demokratie sind die Volksabstimmung und die Volksbefragung.

Volksbegehren

Hauptartikel Volksbegehren in Österreich

Ein Volksbegehren ist eine Petition des Volkes um eine bestimmte gesetzliche Regelung an den Nationalrat. Die meisten Volksbegehren enthalten bereits Gesetzesvorschläge. Um ein bundesweites Volksbegehren abzuhalten, sind Unterstützungserklärungen von einem Promille der Bevölkerung nötig. Sind genügend Unterstützungserklärungen vorhanden, liegt das Volksbegehren eine Woche lang zur Unterschrift in den Gemeindeämtern auf. Bei mehr als 100.000 Unterschriften (oder der Zustimmung von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Bundesländer) muss das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden. Das bedeutet aber nicht, dass der Nationalrat dem Volksbegehren auch Rechnung tragen muss.

Volksabstimmung

Hauptartikel Volksabstimmungen in Österreich

Eine Volksabstimmung über ein Gesetz kann jederzeit vom Nationalrat beschlossen werden. Der Ausgang einer Volksabstimmung ist bindend. Eine Volksabstimmung ist zwingend vorgesehen bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung (dies war etwa beim Beitritt Österreichs zur EU der Fall) und bei einer Absetzung des Bundespräsidenten. Bei allen anderen Gesetzen kann der Nationalrat freiwillig eine Volksabstimmung beschließen.

Volksbefragung

Eine Volksbefragung ist im Gegensatz zu einer Volksabstimmung unverbindlich. Das Parlament ist nicht an den Ausgang der Abstimmung gebunden. Eine Volksabstimmung kann durchgeführt werden, wenn man die Haltung der österreichischen Bevölkerung zu einer bestimmten Frage wissen möchte. Da durch Meinungsumfragen die Haltung der österreichischen Bevölkerung leichter und schneller ermittelt werden kann, hat die Volksbefragung keine große Bedeutung. Eine Volksbefragung wurde in Österreich bisher auf Bundesebene noch nie durchgeführt.

Österreichs Mitgliedschaft in der EU

Durch den EU-Beitritt Österreichs wurden einige der Kompetenzen an die Europäische Union abgegeben. Besonders im ökonomischen Bereich spielt europäisches Recht eine große Rolle. Auch in vielen anderen Bereichen muss von Österreich europäisches Recht beachtet werden (z.B. Hochschulstudium, Umweltschutz). Die meisten Regelungen der EU erfolgen als Richtlinien, die erst vom Nationalrat als Gesetze beschlossen werden müssen. Österreich ist aber auch an der EU-Politik beteiligt und kann diese mitbestimmen. Österreich entsendet 18 Abgeordnete zum Europäischen Parlament und auch einen Kommissar in die Kommission.

Politisches System auf Landesebene

Politisches System auf Landesebene

Hauptartikel Bundesland (Österreich)

Die Bundesländer sind die Gliedstaaten der Republik Österreich. Die Republik Österreich besteht aus neun Bundesländern. Die Bundesländer haben einerseits ihre lokalen Aufgaben, andererseits nehmen sie auch Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung wahr. Die Aufgaben der Bundesländer werden im Bundes-Verfassungsgesetz festgelegt. Alle Aufgabengebiete, die nicht dem Bund zugesprochen wurden, werden durch die Länder verwaltet. Über den Bundesrat nehmen die Länder auch indirekt an der Bundesgesetzgebung teil. Auf Landesebene gibt es auch eine Exekutive und eine Legislative, allerdings keine Gerichte, da diese allein dem Bund unterstehen. Die Länder nehmen auch Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung wahr, das heißt, Behörden des Landes vollziehen Gesetze des Bundes.

Legislative: Der Landtag

Hauptartikel Landtag (Österreich)

Die legislative Versammlung auf Ebene der Bundesländer ist der Landtag. Den Landtagen obliegt die Gesetzgebung in allen Bereichen, die nicht durch die Bundesverfassung ausdrücklich dem Bund zugeordnet wurden. Die Bundesregierung hat ein suspensives Veto gegen vom Landtag beschlossene Landesgesetze. Dieses kann aber mit einem Beharrungsbeschluss des Landtags übergangen werden. Der Landtag kann auch Landesverfassungsgesetze beschließen, die jedoch im Einklang mit der Bundesverfassung stehen müssen. Gibt es im Bereich der einfachen Gesetzgebung Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Land, so ist der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung berufen, da Bundesrecht nicht automatisch Vorrang vor Landesrecht hat. Die Legislaturperiode beträgt in Oberösterreich sechs, in allen anderen Bundesländern fünf Jahre.

Exekutive: Die Landesregierung

Hauptartikel Landesregierung (Österreich)

Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, seinen Stellvertretern und den Landesräten. Die Landesregierung wird vom Landtag gewählt. Je nach Bundesland bestehen die Landesregierungen aus sieben bis 14 Mitgliedern und werden entweder als Proporz- bzw. Mehr- oder Minderheitsregierung gebildet. Die Landesregierung nimmt die Aufgaben der Exekutive sowie Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in den Bundesländern wahr.

Landeshauptmann

Hauptartikel Landeshauptmann (Österreich)

Der Landeshauptmann ist der Vorsitzende der Landesregierung. Er wird vom Landtag gewählt und vom Bundespräsidenten angelobt. Der Landeshauptmann ist auch Träger der mittelbaren Bundesverwaltung, als solcher ist er der Bundesregierung verantwortlich. Er wird allerdings bei der Ausübung der mittelbaren Bundesverwaltung meist durch einen Landesrat vertreten. Aufgaben des Landeshauptmanns sind die Vertretung seines Landes auf nationaler und internationaler Ebene, Koordination aller Behörden bei Krisen sowie Vorsitz und Angelobung der Landesregierung.

Bezirke

Hauptartikel Bezirkshauptmannschaft

Bezirke sind eine Verwaltungseinheit zwischen Gemeinde und Bundesland. Die Verwaltungsbehörde eines Bezirkes ist die Bezirkshauptmannschaft (BH). Die Bezirkshauptmannschaft ist eine Behörde erster Instanz. Auf der Ebene der Bezirke gibt es keine gewählten Amtsträger. Der oberste Beamte, der Bezirkshauptmann, wird von der Landesregierung ernannt. Die Bezirkshauptmannschaft hat unter anderem folgende Aufgaben: Amtsarzt, Gewerbebehörde, Gemeindeaufsicht und noch einige mehr.

Die Bezirkshauptmannschaft ist auch für die Sicherheitsverwaltung zuständig, sofern diese nicht in den Bereich der Bundespolizeidirektionen fällt. Ihr unterstehen alle Beamten des Wachkörpers Bundespolizei.

Die BH ist allerdings nicht für Statutarstädte zuständig. Hier werden die Aufgaben der Bezirkshauptmannschaft vom Magistrat wahrgenommen. Dies gilt ebenso für die Bundeshauptstadt Wien (die überdies auch noch ein Bundesland ist).

Gemeinden

Hauptartikel Gemeinde (Österreich)

Gemeinden sind die unterste Ebene der Gebietskörperschaften im Verwaltungsaufbau der Republik Österreich. Die Aufgaben der Gemeindeverwaltung werden in der Bundesverfassung und in Landesgesetzen (den Gemeindeordnungen) geregelt. Aufgaben der Gemeinden sind unter anderem die Erhaltung der Pflichtschulen, Raumordnung und Bauwesen. Organe der Gemeinden sind der Gemeinderat und der Bürgermeister. Der Gemeinderat ist nicht wie oft angenommen der Legislative zuzuordnen, sondern der Exekutive, da sie lediglich Verwaltungsakte beschließt.

Der Gemeinderat wird vom Volk gewählt. Auch der Bürgermeister wird direkt vom Volk gewählt, wenn die jeweilige Landesverfassung dies vorschreibt. Dies ist in allen Bundesländern außer Wien, Niederösterreich und der Steiermark der Fall.

Grundsätzlich sind alle Gemeinden gleich, rechtlich besteht kein Unterschied zwischen einfachen Gemeinden, Marktgemeinden und Stadtgemeinden. Besondere Rechte, aber auch Pflichten haben aber Statutarstädte und die Bundeshauptstadt Wien. Statutarstädte sind Verwaltungsbezirken gleichgestellt, und deren Bürgermeister ist auch zugleich Leiter des Magistrats als Bezirksverwaltungsbehörde, somit vergleichbar einem Bezirkshauptmann (der jedoch - im Gegensatz zum Bürgermeister - nicht gewählt, sondern von der Landesregierung bestellt wird). Die Stadt Wien ist gleichzeitig auch ein Bundesland, daher ist die Gemeindevertretung gleichzeitig auch der Landtag und der Bürgermeister der Landeshauptmann. Die Verwaltungsbehörden einer Statutarstadt heißen Magistrate und sind den Bezirkshauptmannschaften gleichgestellt.

Literatur

  • Dachs, Herbert u. a. (Hrsg.): Politik in Österreich. Das Handbuch, Manz, Wien 2006. ISBN 3-214-07680-9.
  • Esterbauer, Fried: Das politische System Österreichs - Einführung in die Rechtsgrundlagen und die politische Wirklichkeit. Leykam, Graz, 1995. ISBN 3-7011-9069-0.
  • Funk, Bernd-Christian: Einführung in das österreichische Verfassungsrecht. neu bearbeitete Aufl. Leykam, Graz, 2003. ISBN 3-7011-9101-8
  • Pelinka, Anton / Rosenberger, Sieglinde: Österreichische Politik. Grundlagen - Strukturen - Trends. 2. aktualisierte Aufl. WUV, Wien 2003 ISBN 3-85114-624-7.

Einzelnachweise

  1. Art. 1 B-VG (Wortlaut)
  2. Art. 26 B-VG (Wortlaut)
  3. Art. 60 Abs. 5 B-VG (Wortlaut)
  4. Art. 2 BV-G (Wortlaut)
  5. Art. 10–15 B-VG (Wortlaut)
  6. Dachs 2006, S. 131

Siehe auch

Portal: Politik – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Politik