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Tango Argentino

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Tango Argentino bezeichnet einen Tanz und eine Musikrichtung, die sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts von Buenos Aires und Montevideo aus in der gesamten Welt ausgebreitet hat.

"Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann", sagte der argentinische Tango-Komponist Enrique Santos Discépolo.

Geschichte

Tango in Buenos Aires

Die Geschichte des "Tango Argentino" beginnt in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Südamerika. In der Hauptstadt Uruguays, Montevideo, und in Argentinien treffen die verschiedensten Völker und Kulturen aufeinander. Kreolen und Indianer, sowie afrikanische, brasilianische und spanische Einwanderer erschließen das Land, arbeiten und leben zusammen und versammeln sich zu fröhlichen Tanzveranstaltungen (Milongas). Takte, Rhythmen und Melodien ihrer Herkunftsländer vermischen sich dabei zu neuen Liedern und Tänzen. Besonders die kubanische Habanera, der brasilianische Candombe und der spanische Tango Anadaluz prägen diese neue Musik, welche in die schnell wachsenden Städte an der Küste vordringt.

Angelockt durch wirtschaftliche Not in ihren Heimatländern und durch ein groß angelegtes Einwanderungsprogramm der argentinischen Regierung erreichen alleine zwischen 1880 und 1930 ca. 6 Mio. Neuankömmlinge die Hafenstädte am Unterlauf des Rio de la Plata. Zugleich scheitert die angekündigte Landreform am Widerstand der Landbarone, was die demographische Situation noch verschärft. Denn zu den Einwanderern, denen es nicht gelingt im Hinterland Fuß zu fassen und die deshalb in die Hafenstädte zurückkehren, strömen nun auch noch abertausende von arbeitslosen Landarbeitern und Gauchos aus der Pampa. Und dort, wo viele Menschen auf engem Raum überleben müssen, herrscht Mangel. Mangel an Arbeit, Mangel an Perspektiven, Mangel an Frauen.

In der Folge mutierte die leichte, fröhliche Milonga zu einem Tanz voller Schmerz, Hingabe und Sehnsucht. Kontrabass, Violine, und das 1840 von Heinrich Band aus der Konzertina entwickelte Bandoneon sind zunächst die Standardinstrumente der durch Kneipen, Bordelle, Mietskasernen und Jahrmärkte ziehenden Musiker. In den Hafenvierteln und Barrios(Vorstädte/Stadtteile) von Buenos Aires und Montevideo, in einem Milieu von Arbeitslosigkeit, Kleinkriminalität und Prostitution wird der Tango zum Ausdruck existentieller Not und menschlicher Einsamkeit. "Für den Tango existiert kein Volk als abstrakte Einheit oder als Ideal. Der Tango kennt nur den Menschen aus Fleisch und Blut." (Jose Gobello) Die argentinische Oberschicht, bar aller sozialen und ökonomischer Nöte lehnt den neuen Tanz, die Musik als Ausdruck von Verkommenheit und Verarmung grundsätzlich ab.

Erst am Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt sich die wirtschaftliche Situation Argentiniens langsam zu bessern. Zugleich gelingt dem Tango kurz vor dem Ersten Weltkrieg der Sprung über den Atlantik, hinein in die Salons und Bars von Paris, wo er schnell zum Modetanz avanciert. Aus der Domestizierung des Pariser Tango entstand der Standardtanz Tango als Gesellschafts- und Turniertanz in Europa.

Der Tango kehrt von Europa nach Buenos Aires zurück, welches immer schon ein wenig sein wollte wie Paris, und wird dort endlich von weiten Teilen der argentinischen Gesellschaft akzeptiert.

Es entstanden unterschiedliche Stilrichtungen, wie z.B. der Vals und der Tango de Salon. Musikalisch wurde der Tango von den orquesta típica getragen. Vertreter dieser Richtung waren Osvaldo Pugliese und Aníbal Troilo. Auch Astor Piazzolla gründete 1946 sein eigenes orquesta típica. Bis in die fünfziger Jahre war der Tango der Gesellschaftstanz Argentiniens. Mit dem Sturz des argentinischen Präsidenten Juan Perón 1955 durch das Militär, schwindet zwangsläufig die Popularität des Tangos. Während dieser Zeit waren öffentliche Versammlungen aller Art verboten, was auch dazu führte, dass die Menschen nicht mehr tanzten. Viele Künstler gingen ins Exil. Dort entstand unter der Führung von Astor Piazzolla der konzertante Tango als avantgardistische Fortsetzung der argentinischen Wurzeln. Erst mit dem Ende der Diktatur lebte der Tango in Argentinien selbst wieder auf und man knüpfte dort an, wo man vor Jahrzehnten aufhören musste, nämlich am Tanzstil der vierziger Jahre.

Wegen der Zeit der Diktatur fehlt in Argentinien eine Generation beim Tango, der Tango hat es aber ganz offenbar sowohl bei den Tänzern also auch bei den Musikern geschafft, diese Generation zu überspringen und wird hoffentlich in möglichst authentischer Form weiterleben.

In den 90er Jahren vermischte sich der Tango mit elektronischen Musikstilen. Es entstand so der sogenannte Electrotango.

In Europa erreichte der Tango besonders in Finnland anhaltende Beliebtheit. Er traf genau den Nerv der Finnen, die sentimentale Musik (vorzugsweise in Moll) lieben. Diverse finnische Komponisten wie Toivo Kärki und Unto Mononen schrieben Tango-Evergreens, anfangs noch unter argentinisch klingenden Pseudonymen, später nach den ersten Erfolgen unter ihrem echten Namen. Die finnischen Texte behandeln Trauer, Liebe, Einsamkeit, Sehnsucht und ähnliche Themen. Der Tango ist bis auf den heutigen Tag beliebt. In der Stadt Seinäjoki findet jährlich ein Tango-Festival statt, wo unter den besten Sängerinnen und Sängern ein Tango-Königspaar gewählt wird.

Tango-Filme

Der Tango hat immer zu Verfilmungen sowohl des Tanzes als auch der Musik gereizt. In den letzten Jahren waren vor allen die Filme 'The Tango Lesson'(Regie: Sally Potter, 1997) und 'Tango' (Regie: Carlos Saura, 1999) erfolgreich und sehenswert.

Siehe auch