WIR Bank

Die WIR Bank wurde 1934 in der Schweiz als Folge der Weltwirtschaftskrise gegründet. Aufgrund der tiefen Liquidität horteten Firmen ihr Geld anstatt es zu investieren, was zu einer Knappheit der Geldmenge führte. Gewerbetreibende reagierten auf diese Krise mit der Gründung einer Selbsthilfeorganisation namens Wirtschaftring-Genossenschaft. Geschaffen wurde die Komplementärwährung WIR, die auf der Idee der Freigeld-Theorie von Silvio Gesell basierte. Diese besagt unter anderem, dass das Geld nicht gehortet werden, sondern im Umlauf bleiben soll. Deshalb werden WIR-Guthaben noch heute nicht verzinst, denn es soll unter den kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) in der Schweiz zirkulieren, die der WIR-Verrechnung angeschlossen sind.
Die WIR-Bank ist mittlerweile eine gesamtschweizerische Mittelstandsbank mit sieben Filialen und rund 200 Angestellten. 1936 erhielt sie den Bankenstatus und 1998 änderte sie ihren Namen von WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft in WIR Bank Genossenschaft. Ihre Nische ist nach wie vor das WIR-System, das die KMUs fördern soll. Das WIR-System besteht aus der WIR-Verrechnung und den WIR-Krediten.
Das WIR-Verrechnungssystem
Das WIR-Geld ist ein wichtiges Marketinginstrument, mit welchem sich die KMU-Kunden der WIR Bank gegenüber ihren Mitbewerbern einen Vorteil auf dem Markt verschaffen.
Das WIR-System bietet seinen Teilnehmern über den WIR-Verrechnungsverkehr die Möglichkeit, eine bessere Auslastung des Betriebs, mehr Umsatz und mehr Gewinn zu erzielen. Dies ist möglich, weil WIR-Geld im Teilnehmerkreis gebundene Kaufkraft darstellt. Die Guthaben werden allein im Kreis der WIR-Teilnehmer ausgegeben, wodurch eine gegenseitige Berücksichtigung der Teilnehmer erzielt wird. WIR-Geld trägt als aktives Geld keine Zinsen, denn es soll immer wieder rasch in Umlauf gebracht werden. Der zusätzliche Umsatz, der dank der WIR-Verrechnung erzielt wird, umfasst nicht nur WIR-Geld, sondern auch Schweizer Franken, da ein Teil des Kaufes in der Regel in Landeswährung beglichen wird.
Das WIR-Verrechnungssystem funktioniert als bargeldloser Zahlungsverkehr unter den WIR-Teilnehmern. Guthaben und Belastungen auf den Konten der Teilnehmer werden am Hauptsitz der WIR Bank in Basel verbucht. Ein scheckartiges Papier, der Buchungsauftrag, oder der WIR-Zahlungsschein dienen dabei als Zahlungsmittel. Mit der WIR-Karte, die vor allem in der Gastronomie und im Detailhandel zum Einsatz kommt, tätigen die Kundinnen und Kunden reine WIR-Zahlungen, kombinierte WIR-/CHF-Zahlungen und reine CHF-Zahlungen. Zahlungen in WIR und CHF können auch mittels Electronic Banking und ab Mitte 2008 mittels Internet-Banking ausgeführt werden.
Insgesamt nahmen 2006 über 60'000 Klein- und Mittelunternehmen, verteilt über die ganze Schweiz und auf alle Branchen, am WIR-Verrechnungsverkehr teil. Jeder WIR-Teilnehmer legt seinen individuellen WIR-Annahmesatz fest, den Prozentsatz, zu welchem er Zahlungen in WIR entgegennehmen will (mindestens jedoch 30% auf die ersten 2000 Franken eines Geschäfts). Dabei wird ein WIR-Franken einem Schweizer Franken gleichgesetzt.
Zum Auffinden von möglichen WIR-Geschäftspartnern existieren ein Web-basiertes Teilnehmerverzeichnis sowie ein gedrucktes Gastronomie-Verzeichnis. Darin sind alle Teilnehmer mit einem festen WIR-Annahmesatz aufgeführt. Ausserdem finden in der Schweiz jährlich vier WIR-Verkaufsmessen in Luzern, Wettingen, Bern und Zürich statt, an denen die WIR-Teilnehmer als Aussteller und Kunden auftreten.
Der WIR-Franken erhielt 2004 den dreistelligen Buchstabencode CHW nach ISO 4217 in Entsprechung zur Landeswährung CHF (Schweizer Franken). An Laden- oder Hoteleingängen in der Schweiz wird mit dem WIR-Signet hingewiesen auf die Möglichkeit, die Leistungen ganz oder teilweise in WIR-Geld zu bezahlen.
WIR-Geldschöpfung
WIR-Guthaben werden mittels Krediten von der WIR-Bank geschaffen, wobei der Kreditnehmer der WIR-Bank einen Vermögenswert verpfändet, also eine Sicherheit stellt, wie er es bei einer üblichen Geschäftsbank ebenfalls tun würde.
Die Kredite stammen aus direkter, eigener Geldschöpfung der WIR Bank. Die WIR-Bank hat im WIR-System eine ähnliche Geldschöpfungsfunktion wie die Schweizerische Nationalbank als Zentralbank der Schweizer Franken. Kontos werden häufig entweder im Rahmen eines ersten Geschäftsabschlusses mit WIR-Geld oder eines Kredits eröffnet.
WIR-Guthaben verfügen über keine Deckung durch Schweizer Franken. Die WIR-Kredite werden, je nach Art des Kredites, durch Grundpfandrechte, Bankgarantien, Lebensversicherungen etc. abgesichert. Im WIR-Bereich werden Bau-, Hypothekar-, Kontokorrent- und Investitionskredite angeboten.
Der WIR Bank entstehen aus ihrer Geldschöpfung keine Kredit- bzw. Refinanzierungskosten. Sie selbst muss für die vergebenen Kredite also keine Zinsen aufbringen. Genau aus diesem Grund kann sie ihre Kredite gegen besonders niedrige Zinssätze zur Verfügung stellen. Hierin liegt auch der wesentliche Grund für die Anziehungskraft der WIR-Kredite.
Obwohl ein WIR-Franken einem Schweizer Franken gleichgesetzt ist, wird der WIR-Franken in der Praxis manchmal zu weniger als einem Franken bewertet und getauscht. Die Leitung des damaligen Wirtschaftsrings hat deshalb 1973 den Teilnehmern den Handel von WIR-Geld gegen Schweizer Franken oder andere Währungen verboten. Bei Verstössen gegen die Geschäftsbedingungen drohen Ausschluss aus dem WIR-System und hohe Konventionalstrafen. Die WIR Bank geht so rigoros gegen den Handel mit WIR-Guthaben vor, weil diese Praktiken das WIR-System aushöhlen und der Qualität der WIR-Verrechnung schaden.
Für den Mittelstand mit Schwergewicht KMU
Im Rahmen einer Diversifikationsstrategie erfolgte ab 1997 der schrittweise Einstieg der WIR Bank ins CHF-Banking. Herkömmliche Bankprodukte im Bereich Sparen und Vorsorgen, die sich durch interessante Konditionen auszeichnen, wurden nach und nach in die Angebotspalette der WIR Bank aufgenommen. Im Jahr 2000 erfolgte die Öffnung der WIR Bank für das breite Publikum. Seit jenem Zeitpunkt sind die Anlage- und Vorsorgeprodukte sowie der inländische Zahlungsverkehr der WIR Bank auch für Privatpersonen zugänglich, die keine Beziehung zur WIR-Verrechnung haben.
Die Kundengelder stellen für die WIR Bank eine wichtige Refinanzierungsquelle für die CHF-Kredite dar, welche wiederum den angeschlossenen KMU-Kunden und Privatkunden zugänglich sind.
Im Bereich Neubau, Umbau und Renovation offeriert die WIR Bank kombinierte Gesamtfinanzierungen in Form von WIR- und CHF-Krediten. Diese werden seit 2005 unter bestimmten Voraussetzungen auch Privatkunden angeboten. So konnte und kann die WIR Bank ihr Geschäftsvolumen ausbauen. Sie agiert dabei als Genossenschaft gewinnoptimiert, nicht gewinnmaximiert, was den Kunden mit günstigen Konditionen wieder zugute kommt.
Ziel der WIR-Bank ist es, ihre Nische auch in Zukunft auszubauen. Erreichen will sie dies mit der Optimierung ihres bestehenden Produkte- und Dienstleistungsangebot und der Lancierung von kundengerechten Neurungen.
Weblinks
- Website der WIR Bank
- Geschichte der WIR Bank
- Alternativen zur Globalisierung Genossenschaftsprinzip und Komplementärwährung. In Zeit-Fragen Nr.30, 9. August 2004
- Gutes Geld für kleine Firmen Reportage in Brand eins Online, 6/2004