Zum Inhalt springen

Rosemarie Nitribitt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. November 2007 um 11:46 Uhr durch H005 (Diskussion | Beiträge) (2 Gelöschte Weblinks wieder hergestellt: sind erreichbar und erhalten sehr wohl weitergehende Infos). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Rosemarie Nitribitt, eigentlich: Rosalie Marie Auguste Nitribitt, (* 1. Februar 1933 in Düsseldorf;[1] † vermutlich 29. Oktober 1957 in Frankfurt am Main) war eine Frankfurter Prostituierte, die ermordet wurde. Das Verbrechen erregte in der Bundesrepublik der 1950er Jahre großes Aufsehen.

Leben

Trotz zahlreicher Medienberichte, eines Romans und zweier Filme gibt es nur wenig gesicherte Erkenntnisse über Nitribitts Leben, da sie erst mit ihrem Tod Berühmtheit erlangte und die aufgekommenen Gerüchte sowie die Sensationsgier der Medien die Fakten vermutlich stark verwässert haben.

Die uneheliche Tochter eines unbekannten Vaters [2] wuchs wie ihre beiden Halbschwestern zunächst in ärmlichen Verhältnissen bei ihrer Mutter in Ratingen und Düsseldorf auf. Die Mutter musste mehrere Freiheitsstrafen verbüßen;[2] Rosemarie wurde mehrmals in ein Kinderheim eingewiesen. Sie galt dort als schwer erziehbar und riss immer wieder aus.[3] Letztlich kam sie nach Mendig in eine Pflegefamilie. Dort wurde Rosemarie im Alter von elf Jahren vergewaltigt.[4] Obwohl der Täter in Mendig allgemein bekannt war, wurde er nie angeklagt oder verurteilt.[2] Schon als Heranwachsende erkannte sie ihre körperlichen Vorzüge und verdiente ihr erstes Geld mit Prostitution. Später zog sie nach Koblenz, dann Frankfurt am Main, wo sie – immer noch minderjährig – zunächst als Kellnerin und Mannequin arbeitete, bald aber wieder als Prostituierte. Sie wurde aufgegriffen und erneut in ein Erziehungsheim eingewiesen, aus dem sie aber bald wieder ausriss.

Sie gab sich große Mühe, ihre einfache Herkunft zu verbergen. Um in der gehobenen Gesellschaft mitreden zu können, versuchte sie, Englisch und Französisch zu erlernen – laut Zeitzeugen mit wenig Erfolg. Dennoch schaffte sie es, ihre männliche Kundschaft für sich zu gewinnen. Ein Freier schenkte ihr einen Opel Kapitän, damals ein außergewöhnlicher Besitz für eine Frau Anfang 20. Andere Freier luden sie in den Urlaub ans Mittelmeer ein. Ob sie wirklich so viel verdiente, wie nach ihrem Tod geschätzt wurde (bis zu 100.000 DM jährlich, damals eine sehr hohe Summe), darf bezweifelt werden; aber es reichte für den berühmten schwarzen Mercedes 190 SL mit roten Ledersitzen,[5] mit dem sie in Frankfurt ebensoviel Aufsehen erregte wie mit ihren ausufernden Feiern in der Nobelgastronomie.

Ermordung

Am 1. November 1957 wurde sie mit einer Platzwunde am Kopf und Würgemalen am Hals tot in ihrer Wohnung in Frankfurt am Main in der Stiftstr. 36[6][3] am Eschenheimer Turm aufgefunden, vermutlich etwa drei Tage nach ihrem Tod. Bei den polizeilichen Ermittlungen stellte sich heraus, dass Rosemarie Nitribitt Kontakt zu bedeutenden Persönlichkeiten hatte. Da der Mordfall nicht aufgeklärt werden konnte, wurde in manchen Medien der Eindruck erweckt, dass bestimmte Kreise aus Wirtschaft und Politik die Aufklärung zu verhindern suchten. Rosemarie Nitribitt wurde auf dem Nordfriedhof in Düsseldorf beigesetzt.

Ermittlungen und Gerichtsverfahren

Die Beamten ermittelten gegen viele zum Teil prominente Verdächtige; darunter waren Angehörige der Familie Krupp und auch Gunter Sachs. Das Medieninteresse war groß, nicht zuletzt dank vieler Pannen bei den Ermittlungen. Einige Akten verschwanden spurlos, die Beamten machten zahlreiche Fehler, ein Verdächtiger erlitt – möglicherweise wegen der Ermittlungen gegen ihn – einen tödlichen Herzinfarkt.[3]

Der Hauptverdächtige war ein Freund Nitribitts, der Handelsvertreter Heinz Pohlmann. Es kam zur Anklage, aber das Gericht sprach Pohlmann im Juli 1960 frei. Man habe nicht mit letzter Sicherheit die Täterschaft des Angeklagten erkennen können, hieß es in der Begründung. Der Anwalt stellte nämlich den Todeszeitpunkt in Frage, den die Polizei angenommen hatte, und bekam Recht. Unter anderem hatten die ermittelnden Beamten versäumt, die genaue Temperatur in der laut Polizeibericht sehr warmen, fußbodenbeheizten[3] Wohnung der Nitribitt zu messen, was für die exakte Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts des Todes unbedingt notwendig gewesen wäre. Auch gab es Zeugenaussagen, dass Nitribitt nach dem von den Ermittlern vermuteten Todeszeitpunkt noch Besorgungen erledigte (beim Metzger und in der Reinigung). Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Revision.

Auch die Tatsache, dass in der Wohnung Nitribitts ein laufendes Tonbandgerät gefunden wurde, das offensichtlich den Empfang des Besuchs aufgezeichnet hatte, konnte aufgrund der schlechten Aufzeichnungsqualität nicht zur Aufklärung beitragen. Der Fund lässt jedoch vermuten, dass Rosemarie Nitribitt keinen gewöhnlichen Besuch empfing.[7]

Rezeption

  • 1958 dokumentierte Erich Kuby den Fall in seinem Buch »Rosemarie. Des deutschen Wunders liebstes Kind«.
  • Ebenfalls 1958 erfolgte eine Verfilmung von Rolf Thiele unter dem Titel »Das Mädchen Rosemarie«.
  • 1959 entstand »Die Wahrheit über Rosemarie« von Rudolf Jugert. Rosemarie Nitribitt wurde hier von Belinda Lee verkörpert.
  • 1976 versuchte Rolf Thiele mit seiner letzten Regiearbeit »Rosemaries Tochter« an seinen Erfolgsfilm »Das Mädchen Rosemarie« anzuknüpfen.
  • 1996 drehte Bernd Eichinger ein Remake der Thiele-Verfilmung von 1958.
  • 2001 entstand Helga Dierichs Reportage »Rosemarie Nitribitt – Tod einer Hure« für den WDR [8]
  • 2004 wurde das Musical »Mädchen Rosemarie« in Düsseldorf uraufgeführt.[9]

Literatur

  • Christian Steiger: Rosemarie Nitribitt. Die Autopsie eines deutschen Skandals. Heel-Verlag, Königswinter 2007, ISBN 3898807371
  • Judith Kuckart: Kaiserstraße. DuMont, Köln 2006, ISBN 3-8321-7956-9
  • Erich Kuby: Das Mädchen Rosemarie. Liebe, Leben und Tod des Callgirls Rosemarie Nitribitt. Rowohlt, Reinbek 1998, ISBN 3-499-26015-8
  • Martina Keiffenheim: Edelhure Nitribitt. Die Rosemarie aus Mendig. Helios-Verlag Karl-Heinz Pröhuber, Aachen 1998, ISBN 3-925087-85-0 [10]
  • Wendelin Leweke: Gretchen und die Nitribitt. Frankfurter Kriminalfälle. Societäts-Verlag, Frankfurt/Main 1991, ISBN 3797304935

Quellen

  1. Die meisten Quellen geben diesen Geburtsort an, z. B. das NDR-Kulturjournal vom 8. Oktober 2007, vereinzelt werden jedoch auch Ratingen (WELT Online am 2. November 2003) oder Mendig als Geburtsort angeführt.
  2. a b c „Tod einer Lebedame“, Bonner General-Anzeiger, 31. Dezember 1999
  3. a b c d „Rosemarie Nitribitt – Tod einer Hure“, Fernsehreportage des WDR, gezeigt unter anderem am 4. September 2006 im Bayerischen Fernsehen
  4. NDR-Kulturjournal vom 8. Oktober 2007
  5. Foto: Nitribitt und Mercedes 190 SL
  6. Norbert Schneider: Das Mädchen Rosemarie, erschienen in: 190 SL Revue, Ausgabe 1. Quartal 2005
  7. „Rosemarie Nitribitt. Das schwere Schicksal eines leichten Mädchens“, ttt – titel, thesen, temperamente, 21. Oktober 2007
  8. „Rosemarie Nitribitt – Tod einer Hure“, WDR-Reportage, 4. Februar 2000
  9. „Nitribitt: Der Skandal der 50er als Musical“, WDR, 22. Januar 2004
  10. Ein "verlorenes Kind ohne Halt", Allgemeine Zeitung (Mainz), 29. Oktober 2007