Altes Theater (Heilbronn)


Das neue Theater am Nordende der Allee, Turmstraße 37, wurde 1911 bis 1913 nach einem Entwurf von Theodor Fischer überwiegend aus Mitteln der Bürgerschaft erbaut. Der erste Spatenstich erfolgte am 18. September 1911, die Grundsteinlegung am 9. Mai 1912. Die Einweihung des mit 648 Sitz- und 200 Stehplätzen versehenen Hauses fand am 30. September 1913 statt. Nach einem von Peter Bruckmann verfassten Weihespiel wurde der dritte Aufzung von Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" gegeben. Das Haus durfte als Denkmal bürgerschaftlichen Gemeinsinns angesehen werden. Die Baukosten beliefen sich auf rund 67.000 Mark. Das Bauwerk, das dem Jugendstil zugerechnet wurde, vereinigte in sich verschiedenste Stilelemente: Die Gestaltung des Ziergiebels folgte dem Stil der Neorenaissance mit Schweifwerk des Florisstil, eine Anlehnung an die Giebelformen der Kunstuhr des Heilbronner Rathauses. Im Giebelchen saß der reichsstädtische Adler (heute im Lapidarium), darunter waren die Worte eingemeißelt: Erbaut von der Bürgerschaft 1912–1913[1] Schwerpunkt der Schauseite war ein halbkreisförmiger Mittelrisalit[2]. Der bildnerische Schmuck an den Fensterlaibungen des Mittelrisalits spiegelten den bildnerischen Schmuck des Kiliansturmes wieder. Bildhauer waren W. Fehrle, Schwäbisch Gmünd, und K. Gimmi aus Stuttgart.
Überregional bekannt wurde das Heilbronner Theater durch das Schauspiel Opfer geschrieben von Hans Franke, das am 30. März 1920 uraufgeführt wurde und einen Skandal um Hauptdarsteller Albert Johannes auslöste. Zu den Heilbronner Schauspielern zählen Willy Reichert und Liesel Christ, bei Gastspielen sind Asta Nielsen, Heinrich George und viele andere zu Gast in Heilbronn. Die Kammerspiele boten dem zeitgenössischen, zeitkritischen Drama eine Bühne. Am 27. Februar 1929 ist der Landtag im Heilbronner Theater zu Besuch und prüft eine finanzielle Hilfe bzgl. des Erhalts des Theaters. Man gelangt zu der Einsicht, dass es als Kulturanstalt für das Unterland zu erhalten ist.[3] Am 1. April 1930 gesteht der Landtag dem Heilbronner Theater eine Finanzspritze in Höhe von 25 000 RM zu. Das Heilbronner Opernensemble bedankt sich dafür, indem sie Gastspiele in vielen Städten Württembergs geben.
In der NS-Zeit ab 1933 werden überwiegend Volksstücke gegeben, am "Führergeburtstag" finden Festaufführungen statt. Der Spielbetrieb endet am 24. Juni 1944 mit der Einziehung der Theatermitarbeiter an die Front bzw. zu Rüstungsbetrieben. Am 4. Dezember 1944 brannte das Jugendstiltheater beim Bombenangriff aus, wurde jedoch später zum Teil wieder aufgebaut und diente provisorisch als Stadtbibliothek und als Übungsraum für ein Ballettstudio. Der Stadtadler, der das alte Jugendstiltheater krönte, sowie die Maskenköpfen der Theaterfassade und große Reliefs aus der Zeit des Jugendstils sind heute zum Teil im Heilbronner Lapidarium zu bewundern, zum Teil im Deutschhof ausgestellt. Die letzten Gebäudereste wurden 1970 gesprengt.
Verzeichnis der zum Neubau und zum Betrieb des hiesigen Stadtteaters gezeichneten verzinslichen und unverzinslichen Anlehen und Stiftungen (1911)
Namen der Zeichner und Stifter | Darlehen zum Neubau zu 2% verzinslich | Darlehen zum Neubau unverzinslich | Stiftung zum Neubau | Stiftung zum Betrieb | Bemerkungen |
Ackerman, Fr., Kommerzienrat | 7 500 | ||||
Ackermann, Heinrich, Kaufmann | 2 400 | ||||
Amann, Alfred, Fabrikant in Bönnigheim | 20 000 | ||||
Amann, Emil, Kommerzienrat in Bönnigheim | 10 000 | ||||
Amann, Lina, Kommerzienrat Witwe | 5 000 | ||||
Banzhaf, B., Kommerzienrat, Stuttgart | 3 000 | ||||
Becker, Max, Kaufman | 5 000 | ||||
Becker, Richard, Kaufmann | 30 000 | 5 000 | 3 000 | ||
Bet, Karl, Kaufmann, Glasmanufaktur | 1 000 | ||||
Moosbrugger, Theodort, Architekt und Gemeinderat | 1 000 | ||||
Münzing, Albert, senior, Kommerzienrat | 10 000 | ||||
Münzing, Albert, junior, Fabrikant | 2 000 | ||||
Nagel, Hedwig, Oberstleutnant We. | 1 000 | ||||
Nahm, Karl, Weinhandlung | 1 000 | ||||
von Neipperg, Reinhard, Graf in Schwaigern, Erlaucht | 1 000 | ||||
Oppenheimer, Adolf, Privatier | 3 000 | ||||
Oppenheimer, Emil, Kaufmann | 2 000 | ||||
Oppenheimer, Henry, Kaufmann | 1 000 | ||||
Oppenheimer, Hermann, Privatier | 3 000 | ||||
Ostertag, Wilhelm, Kaufmann | 2 000 | ||||
Pfleiderer, Anna, Kaufmann Witwe | 1 000 | ||||
Pfleiderer, G. M., Langholzhandlung | 3 000 | ||||
Pilenz, Gustav , Fabrikdirektor | 2 000 | ||||
Ramge, Karl, Kaufmann | 1 000 | ||||
von Rauch, Anna, geb. Feyerabend, Fabrikanten Witwe | 2 000 | ||||
von Rauch, Moriz, senior, Rentner | 2 000 | ||||
von Rauch, Moriz, junior, Dr.phl. | 1 000 | ||||
Reibel, Ferdinand, Fabrikant | 1 200 | ||||
Remshardt, Gustav, Fabrikant | 3 000 | ||||
Remshardt, Heinrich, Rentner | 5 000 | ||||
Röser, Hermann, Dr. med., prakt. Arzt | 1 000 | ||||
Rosengart, Max, Rechtsanwalt und Gemeinderat | 1 000 | ||||
Rosenthal, Willy, Weinhandlung | 1 000 | ||||
Rümelin, Hugo, Bankier, Kommerzienrat und Gemeinderat | 11 400 | ||||
Rümelin, Richard, Bankier | 10 000 | ||||
Schaueffelen, Richard, Fabrikant | 10 000 | ||||
Scheffer, Ludwig, Fabrikdirektor a. D. | 1 000 | ||||
Schilling, Hermann, Fabrikant | 1 200 | ||||
Scheffer, Karl, Kaufmann | 1 000 | ||||
Schliz, Alfred, Dr. med., Hofrat, Stadtarzt | 1 000 | ||||
Schloß, Jakob, Rechtsanwalt | 4 000 | ||||
Schmidt, Adolf, Kommerzienrat | 15 000 | ||||
Schmidt, Adolf, Kommerzienrat | 2 000 |
Quellen
- ↑ Alte Bilder des Jugendstiltheaters unter: [1] dort: Orte / H / Heilbronn / Öffentlicher Profanbau / Sonstiger)
- ↑ Eine Anlehnung der Kombination Ziergiebel über halbkreisförmigen vorspringenden Mittelrisalits des Heilbronner Jugendstiltheater lässt auch folgendes Gebäude erkennen: [2]
- ↑ Jacobi, U., Das war das 20. Jahrhundert in Heilbronn, Heilbronn, 1.Aufl. 2001 Seite 33