Kürschner

Ein Kürschner (auch Buntfutterer, Pelzer oder Wild- und Grauwerker) ist ein Handwerker, der Tierfelle zu Pelzkleidung verarbeitet.
Geschichte

Die erste Bekleidung des Menschen war der Pelz. Er ermöglichte dem vermutlich aus Ostafrika stammenden, nur gering behaarten Homo sapiens, ein Überleben auch in kälteren Gebieten bis hin zur Arktis. Bereits im 9. Jahrhundert ist althochdeutsch und altsächsisch das Wort kursina (Pelzrock) belegt. Davon abgeleitet haben sich die Handwerksbezeichnungen Kürsner und Kursener. [1] Als einer der ersten Handwerke schlossen sich die Kürschner zu Zünften zusammen. Die ältesten bekannten Satzungen stammen aus dem Raum Rouen (Frankreich) aus der Zeit um 1160. Zu weiteren Zunftgründungen kam es 1226 in Basel, 1272 in Wien, 1273 in Breslau, 1277 in Braunschweig und 1280 in Berlin. Oft wurden auch gemeinsame Zünfte mit anderen Handwerken gegründet, wie zum Beispiel in Braunschweig mit den Weißgerbern und den Handschuhmachern oder in Basel mit den Schneidern.
Das Kürschnerhandwerk war dicht verbreitet. So hatte die Augsburger Zunft (gegründet 1368) um 1475 86 Meister, um 1536 gar 107 Meister. In Leipzig gab es 1555 immerhin 45 Meister, in Breslau 1499 sogar 92 Meister. Mit der Einführung neuer kostbarer Stoffe am Ende des 16. Jahrhunderts verliert das Kürschnerhandwerk zunächst an Bedeutung.
Bis etwa Ende des 19. Jahrhunderts gerbte der Kürschner seine Felle noch selbst. Dafür war er auf fließendes Wasser angewiesen, die Redensart, jemandem schwimmen die Felle weg, zeugt noch davon. Der Umgang mit Fellen toter Tiere hatte zur Folge, daß die Kürschnerei zu den unreinen Handwerken gerechnet wurde. Durch die starke Geruchsbelästigung und Lärmentwicklung bei der Verarbeitung waren die Kürschner oft gezwungen, sich an den Fließgewässern am Rand der Städte niederzulassen. Trotzdem durften Felle oft nur in einem von der Zunft verwalteten Hof zubereitet werden.
Trotz der Unreinheit ihres Handwerks gehörten Kürschner oft zu den angesehensten und ratsfähigen Handwerkern. Meist kauften Kürschner Felle direkt von Jägern und Bauern. Nach der Verarbeitung konnten Sie ihre Ware direkt an die Endverbraucher abgeben, was ihnen zwar einen besseren Gewinn, aber oft Ärger mit Krämern einbrachte. Konflikte gab es auch mit Weißgerbern, Täschnern, Handschuhmachern und Pergamentern, da oft nur eine begrenzte Menge Felle und Häute zum Verarbeiten vorhanden war.
Im 18. Jahrhundert waren die Messen in Leipzig (Brühl), Frankfurt/Main und Braunschweig Hauptmärkte des deutschen Rauchwarenhandels. Breslau und Groß-Glogau waren Zentren für Rauchwaren aus Russland, Polen und Böhmen.
Das Kürschnerhandwerk war ein Saisongewerbe. Von Oktober bis Dezember wurden die größten Einnahmen erzielt. Deshalb nutzte man die warmen Monate zum Zurichten der Felle. Als Service wurden auch Pelzwaren in den Sommermonaten geschwefelt und gelüftet, um der Kleidung eine möglichst hohe Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Schädlingsbefall zu geben.

Schon in der frühen Neuzeit entwickelte sich eine Arbeitsteilung, bei der Stückwerker und Tafelmeister beschäftigt wurden. Die Arbeit mit der Nadel wurde meist im Wochenlohn, die Zurichtung häufig im Stücklohn bezahlt. Im 19. Jahrhundert trennten sich die beiden Hauptprozesse dann völlig, jetzt gab es den Zurichter und Nadelkürschner. Die (Nadel-)Kürschner spezialisierten sich bald noch einmal in Halbfabrikatehersteller und die Kürschner für die fertige Pelzbekleidung, Engros oder Detail.
Nach 1850 war die Gegend um die Straße der Brühl in Leipzig, kurz Brühl genannt, ein Zentrum des europäischen Rauchwarenhandels. In und um Leipzig entstanden zahlreiche Rauchwarenzurichtereien, besonders östlich der Stadt bis in die Lausitz nach Kirchhain, in der es eine besondere Tradition der Weißgerberei gab. Modetrends wurden von Messen in Paris übernommen. Leipzig wächst bis 1914 zu der bedeutendsten Handelsmesse für Rauch- und Pelzwaren aus aller Welt. Durch den Ersten Weltkrieg verliert die Stadt zunächst ihre Bedeutung als Zentrum des internationalen Rauchwarenhandels, kann sie aber ab etwa 1922 mit der Eröffnung einer großen Rauchwarenniederlassung der Sowjetunion teilweise wieder erlangen. 1928 wird in Leipzig die damals bedeutendste Kürschnerschule eröffnet.

Nach 1945 kommt es zu einer geteilten Entwicklung des Kürschnerhandweres in Deutschland.
- In der DDR werden Kürschner zur Bildung von Genossenschaften genötigt. Zudem werden vorwiegend Felle aus der Kleintierzucht verarbeitet. Obwohl in den größeren staatseigenen Betrieben auch für westdeutsche Konzerne produziert wird, bleibt das Niveau der Manufakturen im Wesentlichen auf dem vor dem Krieg stehen.
- In der Bundesrepublik Deutschland entwickelt sich das Handwerk zunächst weiter, da der Bedarf für Pelze steigt. Die Ende des 19. Jahrhunderts begonnene Pelztierzucht nahm nach dem Krieg mit der schnell zunehmenden Nachfrage weiter zu. Seit etwa 1980 werden Pelztierfarmen kritisiert und angegriffen, Protestaktionen von Tierschützern führten zu einer Verschärfung der Verordnungen und Gesetze in Deutschland und Europa. Jedoch wird das Recht auf die Nutzung von Tieren von einigen, zum Teil militanten Tierschützern bestritten. So kommt es immer wieder zu Protestaktionen, bei denen Pelzgegner auch bereit sind, mit Straftaten ihre Ziele durchzusetzen.
Veränderte Konsumgewohnheiten wie der Siegeszug der Freizeitmode auch bei festlichen Anlässen, eine erhebliche Marktsättigung nach der Massenproduktion in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Fokussierung auf den Nerzpelz als Statussymbol, der Konkurrenzdruck der Billiglohnländer und nicht zuletzt eine Reihe sehr warmer Winter führte zu einer deutlichen Reduzierung der Kürschnerbetriebe.[2][3]
Berufsbild heute
Neben der Herstellung, Reparatur und Pflege von Pelzen zählt auch die Kundenberatung, Modellentwurf und Materialauswahl zu seinen Aufgaben.
Die Kürschnerei ist seit 2004 in Deutschland ein zulassungsfreies Handwerk. Somit können auch Gesellen einen eigenen Betrieb führen, ohne über langjährige Berufserfahrung oder einen Meisterbrief zu verfügen. Kürschner/in ist ein anerkannter Ausbildungsberuf. Die Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre und umfasst neben den handwerklichen Fähigkeiten auch die Vermittlung von kaufmännischen Kenntnissen.

Nach dem früher eher klassischen Pelz ist in den letzten Jahrzehnten für den Kürschnerberuf Design und modische Stilsicherheit immer wichtiger geworden. Der Aufgabenbereich des Kürschners umfasst jedoch nach wie vor die komplette Herstellung eines Pelzes, Entwurf und Schnittherstellung, das Sortieren, Schneiden und Nähen der Felle, das Zwecken (Glattspannen), Abgleichen, Beheften, Zusammennähen, Ausfertigen und Füttern des Pelzteils. Hinzu kommen das Nähen der Stoffhüllen für Pelzinnenfutter, die Verarbeitung von Leder und Stoff in Zusammenhang mit der Pelzverarbeitung und die Herstellung von Kleinpelzen wie Schals, Muffs oder einfache Hutformen. Ein erheblicher Teil seiner Arbeit in den Sommermonaten besteht in der Pflege der Kundenpelze: Pelzumgestaltung, Reparatur, Reinigung, Pelzaufbewahrung und sonstigen Servicearbeiten.
Je nach Größe des Handwerksbetriebs erfolgt nach dem Ende der Ausbildung oft eine Spezialisierung der Tätigkeit in den „Schneide“- und den „Nähkürschner“, das heißt alle Näharbeiten werden von dem Pelznäher beziehungsweise der Pelznäherin ausgeführt. Für das Nähen mit der Pelznähmaschine erfolgt häufig eine erneute Arbeitsteilung, insbesondere auch für das Nähen der sogenannten „Auslassarbeiten“ (Verlängern der Felle durch Schnittanlagen). - Der Meister leitet neben seiner normalen Kürschnerarbeit in der Regel die Werkstatt, er führt die Kundengespräche, erstellt die Schnittmuster und erledigt die Anproben. Falls er nicht, wie meist, gleichzeitig der Inhaber des Betriebs ist, überschneiden sich die Tätigkeiten insbesondere im Einkauf der Ware, der Modellentwicklung, der Kalkulation und im Verkauf im Geschäft.
Der Wareneinkauf für Felle und Konfektion erfolgt über Großhändler und auf den Messen (hauptsächlich Frankfurt und Mailand), für Felle auf internationalen Auktionen, entweder direkt durch den Inhaber und/oder den Meister oder über Kommissionäre.
Die Ausbildung erfolgt in den Betrieben des Kürschnerhandwerks. Der schulische Teil der Ausbildung erfolgt meist im Blockunterricht in der Berufsschule in Fürth (Bayern).
Das Handwerkszeug des Kürschners

- Kürschnermesser, ursprünglich ein geschliffenes Stück Stahl, das auf dem angefeuchteten Wetzstein bei Bedarf spitz nachgeschliffen wurde. Heute bezeichnet der Begriff einen Klingenhalter in etwa der gleichen Form.
- Zweckzange, Zange zum Greifen der Lederkanten und Aufnageln des Pelzes mit Zwecknägeln oder Stecknadeln beim „Zwecken“ (Glattspannen).
- Das Aufnageln erfolgt heute meist mit der Zweckpistole (Pressluft- oder gelegentlich Elektrotacker, erstmals 1964)[4] auf der
- Zweckplatte, Zwecktisch zum Glattspannnen der angefeuchteten Fellteile, oft beheizbar und mit Ventilatoren
- Abzwecker zum Herausziehen der Zwecknägel oder der Zweckklammern
- Nahtroller, Rollholz und Streckholz zum Glätten der Nähte und Weichreiben der gezweckten Pelze
- Messingkamm und Drahtbürste zur Haarbehandlung
- Kopierrad zum Markieren von Merkmalen der Haarseite auf die Lederseite und zur Schnittmustererstellung
- Grotzenstecher, Stechahle, zumindest dem Namen nach zum Anzeichnen des Grotzens (der Fellmitte) auf der Lederseite
- Gelbstift (Fettstift), Kreiderad für Markierungen, Beschriftungen und weiteres Kennzeichnen auf der Fellabseite
- Einstreichpinzette zum Einstreichen der Haare beim Nähen mit der Pelznähmaschine
- Muffblöcke, Hutblöcke, zum Spannen verschiedener Muff- oder Hutformen, Kopfformen für die Anfertigung von Kolliers (Schals in Tierform)
- Schere, Evelierschere, Nähnadeln, Bügeleisen
Die Maschinen des Kürschners
- Pelznähmaschine, Einfaden-Blindstich-Nähmaschine zum Zusammenfügen der Fellteile.
- Die Anfänge dieser Nähmaschine mit Überwendlichstich reichen bis etwa 1800 zurück. Balthasar Krems aus Meyen in der Eifel ist die Grundkonstruktion dieser Maschine zuzuschreiben, die in ihren wesentlichen Merkmalen bis heute gleich geblieben ist. Um 1870 baute die Firma Rittershausen in Berlin die ersten Überwendlichmaschinen in großen Serien[5]
- Pikiermaschine, Einfaden-Blindstich-Flachnähmaschine zum Aufbringen der Zwischenzutaten wie Pikierstoffe, Vliesstoffe oder Wattierungen
- Bügelpresse anstelle des Pikierens zum Aufbügeln von Zwischenstoffen auf die Pelzlederseite
- Nähmaschine zum Nähen des Innenfutters und für Schneiderarbeiten
- Ledersteppmaschine
- Klopfmaschine zum Entfernen von Staub, losen Haaren und Reinigungsmehl nach dem Läutern in der
- Läutertonne, zum Reinigen mit Holzmehl und Weichschütteln von Pelzen.
- Dampf-Steamer zum Aufblasen des Haars.
- Bügelmaschine zum Glätten des Haars, insbesondere bei Pelzen in Samtoptik.
- Auslass-Schneidemaschine, schneidet das Fell in schmale Streifen. Diese werden, geringfügig verschoben, zu Streifen in der Länge des Pelzteils (beispielsweise in Mantellänge) neu zusammengenäht.
- Auslassmaschine, eine Konstruktion der Firma Pfaff, die den gesamten Vorgang des Schneidens in Auslassstreifen, verschieben der Streifen und wieder zusammennähen in einem automatisierten Arbeitsgang bewältigte. Wurde aber wegen des hohen Preises wohl nur in wenigen Exemplaren gebaut (etwa 1980er Jahre).
- Staffiermaschine, zum Einnähen des Stofffutters, wird vereinzelt in der Konfektion benutzt.
Quellen
- ↑ Prof. Dr. Bruno Schier: Die Namen des Kürschners, 1949, Technologisches Pelzfach-Wörterbuch Nr. 4, Hermelin-Verlag, Leipzig
- ↑ Lexikon des Alten Handwerks, Vom Mittelalter bis ins 20. Jhd., Mechthild Wiswe, S134-139
- ↑ www.pelz-leder-weis.de
- ↑ Das Pelzgewerbe, 1964, Rifra Verlag, Berlin, Frankfurt/Main, Leipzig, 1964, S. 88.
- ↑ 100 Jahre Strobel 1883–1983, Selbstverlag Alfons Strobel, 1983