Thun und Hohenstein
Thun bzw. Thun-Hohenstein ist der Name eines uralten Südtiroler Adelsgeschlechts (bis ins 12. Jahrhundert nachweisbar), welches die Grafschaft Hohenstein (Hohenstein (Thüringen)) 1628-42 innehatte. Der Stammsitz der Familie lag auf dem Nonsberg, ab dem 17.Jh waren sie auch in Böhmen begütert. 1495 wurde die Familie in den Freiherrenstand erhoben und 1629 wurde ihnen der Reichsgrafenstand zugesprochen. Die erste Linie (Castell Thunn) spaltete sich rasch auf, sodass 2 weitere Linien entstanden. Dem Adelsgeschlecht entstammten einige Ministerpräsidenten von Österreich-Ungarn. Die Familie stellte bis 1803 nicht weniger als 16 Bischöfe oder Erzbischöfe.
Etymologie und Namensentwicklung
Die Familie Thun durchging im Laufe der nunmehr 900 Jahre ihrer Existenz einige Namensänderungen. So begann die erste urkundliche Erwähnung 1145 etwa mit Bertholdus de Tonno, änderte sich dann 1187 jedoch mit Manfredinus in Tunno. Mit der Herrschaft über die thüringische Grafschaft Hohenstein wurde ebendiese Teil des derzeitigen Familiennamens Thun. Im Adelsarchiv sind die diversen Linien registriert, sämtlich in der Schreibweise Thun und Hohenstein sowie eine (Südtiroler) Linie Thunn.
Die Erhebung in den Reichsgrafenstand mit Hoch- und Wohlgeboren erfolgte am 24. August 1629 für die Brüder
- Wolfgang Dietrich,
- Rudolf, k.k. Kämmerer u. Ritter des Deutschen Ordens,
- Christoph Richard, Domherr zu Trient,
- Johann Jacob
- Maximilian.
Als 1698 der Tiroler Reichsverweser (ebenfalls ein Thunn´er) starb, kehrte ein Familienstamm wieder zu einer etwas abgeänderten Urform des Namens, nämlich "T(h)unner" zurück.
Bedeutende Persönlichkeiten
- Eleonore Barbara Gräfin von Thun und Hohenstein (1661-1723), Fürstin von Liechtenstein
- Ferdinand Thun (*1921), deutscher Diplomat
- Franz Anton I. Graf von Thun und Hohenstein (1786-1873)
- Franz Anton II. Graf von Thun und Hohenstein (1809-1870)
- Franz Anton III. Fürst von Thun und Hohenstein (1847-1916), österreichischer Ministerpräsident
- Friedemann Schulz von Thun (*1944), Kommunikationswissenschaftler
- Friedrich von Thun (*1942), Schauspieler
- Friedrich Graf von Thun und Hohenstein (1810-1881), österreichischer Diplomat
- Georg Graf von Thun und Hohenstein (1947-2007), Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
- Guidobald Graf von Thun und Hohenstein (1616-1668), Kardinal, Fürsterzbischof von Salzburg und Bischof von Regensburg
- Heinrich Thun (*1938), österreichischer Leichtathlet
- Heinrich II. von Thun, Bischof von Basel
- Jakob Maximilian Graf von Thun und Hohenstein (1687-1742), Fürstbischof von Gurk
- Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein (1643-1709), Bischof von Gedau und Fürsterzbischof von Salzburg
- Johann Joseph Anton Graf von Thun und Hohenstein (1711-1788), Mozart schrieb für ihn seine 36. Sinfonie
- Joseph Maria Graf von Thun und Hohenstein (1713-1763), Bischof von Passau
- Josef Ernst Tunner (1792-1877) , Künstler der bildenden Kunst (Nazarener)
- Leopold Graf von Thun und Hohenstein (1811-1888), österreichischer Minister und Bildungsreformer
- Leopold Leonhard Graf von Thun und Hohenstein (1748-1826), Fürstbischof von Passau
- Maria Anna Gräfin von Thun und Hohenstein (1698-1716), Prinzessin von Liechtenstein
- Matteo Thun (*1952), Designer und Architekt
- Max von Thun (*1977), Schauspieler
- Paul Graf von Thun und Hohenstein (1884-1963), Schriftsteller
- Peter Michael Vigil Graf von Thun und Hohenstein (1724-1800), Fürstbischof von Trient
- Peter Ritter von Tunner (1809-1897), Bergbaupionier
- Sigismund Alphons Graf von Thun und Hohenstein (1621-1677), Fürstbischof von Brixen und Trient
- Sigmund Graf Thun und Hohenstein (1827-1897), Landespräsident von Salzburg
- Thomas Johann Nepomuk Graf von Thun und Hohenstein (1738-1796), Fürstbischof von Passau
- Wenzel Graf von Thun und Hohenstein (1629-1673), Fürstbischof von Passau und Gurk
Herkunft und Besitztümer
Die Ursprünge der Familie Thun, die bis ins 12. Jh. urkundlich belegt sind, die in Legenden jedoch sogar mit dem Hl. Vigilius, dem Schutzpatron von Trient (4. Jh.), in Verbindung gebracht werden, liegen im unteren Nonstal. Dort gibt es heute noch die mehrere Dörfer umfassende Gemeinde Ton und dort hatte die gleichnamige Pfarre ihren Sitz, die es ab immemorabili gab. Der erste Familiensitz befand sich wahrscheinlich auf dem Dosso del Castelletto, wo heute das Kirchlein S. Margherita steht; nach Mitte des 13. Jh. wurde die Familie mit dem heutigen Castel Thun in der Gemeinde Ton, das bis ins 15. Jh. als Castrum Novesini oder Belvesini bezeichnet wird, belehnt.
Der Aufstieg der Thuns begann Anfang des 13. Jh. und beschleunigte sich im 14. Jh., einer Zeit großer Spannungen zwischen dem Fürstbistum Trient und der Grafschaft Tirol. Auch dank ihrer weitsichtigen Heiratspolitik kam die Familie Thun in den Besitz zahlreicher und bedeutender Rechte und Besitztümer im Nonsberg (heute Nonstal) und im Valle di Sole; so erhielt sie u.a.
- Castel Bragher mit seinen Ländereien (1321-1322);
- die Güter der Altaguarda (1387);
- das Erbe der Caldes (1464: Castel Caldes),
- die Rocca di Samoclevo,
- eine Hälfte von Castel Cagnò,
- Castel Mocenigo,
- Castel Rumo,
- Castel San Ippolito
sowie
- Gerichtsbarkeit über Castelfondo (Pfandlehen seit 1471)
- und die bischöflichen Gerichtsbarkeiten Masi di Vigo, Tuenetto, Rabbi.
Geschichte
Im 15. Jh. konnten die Thun ihre Macht und ihre Besitztümer weiter steigern. Parallel dazu wuchs auch ihr Prestige: Im Jahr 1469 wurde ihnen das erbliche Hofamt des Mundschenks des Trentiner Fürstbistums verliehen und 1558 dasselbe Amt in Brixen. 1604 erhielten sie vom Kaiser Rudolf II. den Freiherrntitel. Bis in die zweite Hälfte des 16. Jh. gelang es der Familie, ihr Vermögen ungeteilt zu bewahren, obwohl sich bereits mehrere Linien abgezeichnet hatten; danach nahm Sigismund (1537-1595), in seiner Eigenschaft als Senior der Familie, die Aufteilung der Güter in drei Teile vor. Nach einer langen und problematischen Transaktion, die durch die formelle Urkunde vom 9. April 1596 besiegelt wurde, bestätigte sich die Unterteilung in die drei Linien Castel Thun, Castel Caldes (1633 ausgestorben) und Castel Bragher.
Dieser zuletzt genannte Zweig wurde nach dem Tode Sigismunds unter dessen drei Söhnen erneut aufgeteilt:
- Johann Zyprian (1569-1631) erhielt die Gerichtsbarkeit über Castelfondo;
- Georg Sigismund (1573-1651) bekam Castel Bragher;
- Christoph Simon (1582-1635) erbte zahlreiche Besitztümer, aber keine Burg.
Er wurde 1628 mit der Grafschaft Hohenstein und dem damit verbundenen Adelstitel (1629) belehnt, der später auch nach dem Verlust der Grafschaft Hohenstein (1642) auf die gesamte Thunsche Nachkommenschaft überging. Darüber hinaus schenkte er die in Böhmen erworbenen Güter Johann Zyprian, der Castelfondo verließ und sich jenseits der Alpen niederließ, wo er die böhmische Linie der Familie Thun gründete. Diese spaltete sich wiederum in die drei Majorate Klösterle, Tetschen und Choltitz und den Zweig Benatek-Ronsperg auf.
Im 17.-18. Jh. konsolidierten die Trentiner Linien der Familie Thun die Macht und den Reichtum ihres Hauses. Die zahlreiche Nachkommenschaft der Linie Castel Bragher gründete weitere Zweige: die sog. zweite und letzte Linie von Castel Caldes, die Linie Croviana, und die Linie Castelfondo. Unter den vielen Persönlichkeiten, die im politischen, militärischen und kirchlichen Bereich hochrangige Positionen erreichten, sei nur Emanuel Maria aus der Linie Castel Bragher genannt, der in der schwierigen Zeit 1800-1818 in Trient das nur mehr kirchliche Amt des Bischofs bekleidete. Auch das Geschlecht von Castel Thun übte entscheidenden Einfluss auf die Trentiner Geschichte aus und stellte drei Fürstbischöfe:
- Sigismund Anton in den Jahren 1668-1677,
- Dominikus Anton 1730-1758 und
- Pietro Vigilio, der letzte Inhaber weltlicher und geistlicher Macht, von 1776 bis 1800.
Quellen
- Zugang zu Familien-Dokumenten als Familienmitglied
- Zusammenfassung und Archiv des Trienter Kultur-Amts http://www.trentinocultura.net