Heckrind
Das Heckrind (Bos taurus ?) wird oft auch als Auerochse bezeichnet, obwohl diese Bezeichnung nicht korrekt ist.
Artstatus
Es ist wie alle Hausrinder ein direkter Abkömmling des 1627 ausgestorbenen Auerochsen und wäre, gäbe es noch Auerochsen, mit diesen mit Sicherheit kreuzbar und die Nachkommen fruchtbar. Beide könnte man daher als eine Art betrachten.
Aussehen und Eigenschaften
Ein typischer Heckrindbulle sollte mindestens 1.6m und eine Kuh mindestens 1.4m Wideristhöhe aufweisen und 900 bzw. 600kg wiegen. Äußerlich sollte ein Hekrind längere Beine als ein Hausrind haben und im Gegensatz zu ähnlich muskulösen Fleischrindern keine übermäßige Muskulatur an der Hinterhand aber dafür eine ausgeprägte Nackenmuskulatur haben. Der Schädel sollte länger als bei Hausrindern sein und die Bullen sollten deutlich größer als die Kühe sein. Die typische Hornform der Auerochsen weisen schon viele Heckrinder auf und was das Fell anbetrifft hat man die Fellfärbung der Auerochsen schon bei so gut wie allen Heckrindern erreicht, darunter die typische Ausbildung eines Winterfells, das die Tiere Temperaturen bis - 25°C problemlos aushälten lässt. Was Robustheit und natürliche Instinkte angeht sind Heckrinder fähig völlig ohne menschliche Eingriffe in der Natur zurecht zu kommen. Einzig die Größe der Tiere ist noch immer in jedem Fall unbefriedigend, aber durch Einkreuzung großer robuster Rassen hofft man in den nächsten zehn Jahren das Ziel ein dem Auerochsen äußerlich fast völlig ähnelndes Rind zu züchten zu erreichen.
Mittels naturnaher Haltung, die im Idealfall der eines Wildtieres gleichkommt, hofft man, dass durch natürlich Auslese und menschliches Managment langsam auch wieder die inneren Eigenschaften der Auerochsen durchschlagen.
Verbreitung
Im niederlandischen Naturentwicklungsgebiet Oostvaardersplassen in Flevoland in der Nähe von Lelystad, gibt es eine Herde von etwa 600 Heckrindern die dort ohne menschliches Zutun ihr auskommen finden. In verschiedenen Tierparks und Freigehegen gibt es ebenfalls kleinere Herden von Heckrindern, z. B. im Eiszeitlichen Wildgehege Neandertal sowie im Tierpark Hellabrunn in München, die sich beide besonders um den Erhalt der Heckrinder nach dem 2. Weltkrieg verdient gemacht haben, als es nur noch wenige dutzend Exemplare gab. Dort und im Tierpark Sababurg im nordhessischen Reihardswald kann man die Tiere auch problemlos beobachten.
Geschichte
Das Heckrind ist das Ergebnis einer fast achtzig Jahre langen Zuchtgeschichte mit dem Zeil ein dem Auerochsen ähnliches oder ihm gleichendes Rind durch Dedomestikation oder Rückzüchtung zu erhalten.
Ausgehend von der Annahme, dass man solange noch nicht von Aussterben reden kann, solange noch Millionen von Nachkommen mit zum Teil noch sehr ursprünglichen Merkmalen existieren, begannen die Brüder Heinz und Lutz Heck (damals Leiter der Tiergärten in Berlin und München) in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, ursprüngliche Rinderrassen zu kreuzen um bald wieder einen richtigen Auerochsen zu haben. Sie verwendeten dabei Spanische Kampfrinder, Schottische Hochlandrinder, Ungarische Steppenrinder, Korsische Robustrinder sowie einige andere Rinderrassen. Obwohl sich bald recht spektakuläre Erfolge einstellten, war und ist man vom Ziel ein dem Auerochsen entsprechendes Rind zu züchten ein ganzes Stück entfernt. Heute erhebt auch kaum noch jemand den Anspruch den ausgestorbenen Auerochsen wieder auferstehen zu lasen, sondern die Anstrengungen gehen dahin, ein Rind zu züchten, das den Platz im Ökosystem, den einst der Auerochse einahm, wieder zu besetzen, um so diese Lücke, die das gesamte Ökosystem beschädigt, wieder zu schliesen.
Bedeutung
Obwohl in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus einer romantischen Sehnsucht zurück zur Natur geboren, hat man das fast vergessene Heckrind seit Anfang der achziger Jahre als wichtiges ökologisches Element natürlicher Lebensräume wiederendeckt. Ausschlaggebend war dabei die Wiederendeckung der Rolle großer Grasfresser, so genannter "Mega- oder Großherbivoren", die zur so genannten Megaherbivorentheorie geführt hat. Entscheidend für ein funktionierendes Ökosystem im Europa sind nach dieser Theorie Wisent, Wildpferd, Auerochse, Rotwild, Wildschwein und einige andere große Pflanzenfresser.
Da abgesehen vom Auerochsen (und dem in Europa vorkommenden Wildpferd?) noch alle in historischr Zeit in Europa vorhandenen großen Pflanzenfresser und Beutegreifer existieren, versucht man ein Konzept zu entwerfen, wie man das gesamte ursprüngliche Ökosystem auf Teilflächen wieder herstellen und natürliche Dynamik in der Natur wieder zulassen kann.
Dazu wäre auch die Auswilderung anderer Großtiere in Mittel- und Westeuropa nötig. Wisent, Wildpferd, Rotwild, Elch, Wolf, Luchs, Braunbär und weitere einst fast ausgestorbenen Tiere wie Biber, Mufflon, Steinbock und andere müssten auf vernetzten aber durchaus begrenzten Flachen wieder zusammenleben und ihre natürliche Dynamik entfalten können, statt in Gehegen und isolierten Reservaten eine Randexistenz zu führen. Nur so könnte auch der Wisent wieder zu einer nicht gefährteten Art werden.
Weblinks
- Zuchtziele für Heckrinder ("rückgezüchtete Auerochsen") des mitteleuropäischen Typs.
- BUND Projekte - Heckrinder
- Naturentwicklungsgebiete mit Heckrindern in der Lippeaue
- Eiszeitliches Wildgehege Neandertal
- Münchner Tierpark Hellabrunn
- Tierpark Sababurg
- Der Einfluss von Megaherbivoren auf die Naturlandschaft Mitteleuropas
- Großherbivoren in großflächigen Beweidungssystemen
- Metaphors for the Wilderness