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Karl Wilhelm Diefenbach

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Karl Wilhelm Diefenbach (* 21. Februar 1851 in Hadamar; † 15. Dezember 1913 auf Capri) war ein Maler und Sozialreformer.

Leben

Diefenbach war Sohn des Malers und Zeichenlehrers am Hof von Hessen-Hadamar Leonhard Diefenbach. Er besuchte die Münchner Kunstakademie, ließ sich von Arnold Böcklin und Franz von Stuck beeindrucken. Seine Gemälde fanden schon früh Beachtung und Anerkennung. Durch eine schwere Typhus-Erkrankung und Operation wurde sein rechter Arm verkrüppelt. Nachdem er mit Naturheilmethoden sein Leben gerettet hatte, wandelte er sich unter dem Einfluss von Arnold Rikli und Eduard Baltzer zum Apostel der naturgemäßen Lebensweise, zugleich löste er sich vom Glauben der Väter. In Kutte und Sandalen verkündete er in München seine Lehre. Seine Ideen (Leben im Einklang mit der Natur, Bewegung an der frischen Luft und Ausübung der Freikörperkultur sowie einer fleischlosen Ernährung als Vegetarier) wurden von seinen Zeitgenossen zum Anlass genommen, ihn als 'Kohlrabi-Apostel' zu verspotten und zu verfolgen. Nachdem die Polizei seine Versammlungen unterdrückt hatte, zog sich Diefenbach in einen verlassenen Steinbruch bei Höllriegelskreuth zurück. Dort wurde der junge Maler Hugo Höppener, den er Fidus nannte, sein Helfer und Jünger. In gemeinsamer Arbeit entstand der große Fries 'Per aspera ad astra'. Eine Ausstellung seiner Gemälde in Wien hatte sensationellen Erfolg und machte ihn berühmt, doch verlor er durch einen Betrüger alle seine Werke. Er flüchtete sich nach Ägypten, wo er riesige Tempelbauten entwarf. Um seine Bilder zurückzugewinnen, ging er 1897 nach Wien zurück, plante die Herausgabe einer Zeitschrift "Humanitas" und veranstaltete eine große Ausstellung. Ein Freundeskreis, dem die Pazifistin Bertha von Suttner und der Publizist Michael Georg Conrad angehörten, unterstützte seine Unternehmungen. In dieser Zeit sammelte sich um ihn auf dem "Himmelhof" bei Wien eine Lebensgemeinschaft von bis zu 20 Schülern oder Jüngern, darunter zeitweise die Maler Franz Kupka und Gusto Gräser und der spätere Tierrechtler Magnus Schwantje. Die Künstlerkommune ging jedoch bankrott, und Diefenbach zog auf die Insel Capri, wo er Erfolg und Ansehen gewann, während er in Deutschland vergessen wurde. Nach seinem frühen Tod 1913 blieb sein Nachlass ein halbes Jahrhundert lang verborgen und dem Verfall ausgesetzt. Erst seit den Siebzigerjahren entstanden öffentliche Museen für seine Werke auf Capri und in seiner Heimatstadt Hadamar. Im Februar 2009 soll in einer Ausstellung der Münchner Stuckvilla sein Werk dem deutschen Publikum wieder zugänglich gemacht werden. Diefenbach gilt als Vorkämpfer der Lebensreform, als Pionier der Freikörperkultur und der Friedensbewegung. Seine Landkommune bei Wien (1897-1899) war eines der Vorbilder für die von seinem Schüler Gusto Gräser gegründete Reformsiedlung Monte Verità bei Ascona. Als Maler ist er ein eigenständiger Vertreter von Jugendstil und Symbolismus.

Werke

  • Per Aspera Ad Astra, 68 m langer Fries (heute in Diefenbachs Geburtsstadt Hadamar im Stadtmuseum ausgestellt)
  • PER ASPERA AD ASTRA! Ein Lebensmärchen. Wien 1893.
  • Ein Beitrag zur Geschichte der zeitgenössischen Kunstpflege. Wien 1895.
  • Göttliche Jugend. 1914
  • N.N. (Museo Diefenbach im Refektorium der Certosa di San Giacomo auf Capri)

Literatur

  • Frecot, Janos ; Geist, Johann Friedrich ; Kerbs, Diethart: Fidus, 1868-1948. Zur ästhetischen Praxis bürgerlicher Fluchtbewegungen. München: Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins; Affoltern: Buch 2000. ISBN 3-8077-0359-4
  • Alisio, Giancarlo: Karl Wilhelm Diefenbach 1851-1913. Dipinti da collezioni private. Electa Napoli. Edizioni La Conchiglia,1995.
  • Kobel, Stefan: Karl Wilhelm Diefenbach. Der Maler als Gesamtkunstwerk. Magisterarbeit, Düsseldorf 1997.
  • Grisko, Michael (Hg.): Freikörperkultur und Lebenswelt. Studien zur Vor- und Frühgeschichte der Freikörperkultur. kassel university press, Kassel 1999. ISBN 3-933146-06-2
  • Buchholz, Kai u. a. (Hg.): Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900. 2 Bände. Verlag Haeusser, Darmstadt 2001. ISBN 3-89552-077-2
  • Hammer,Claudia: Karl Wilhelm Diefenbach, 1851-1913. Ausstellungskatalog der Galerie Konrad Bayer, München 2003.
  • Müller, Hermann (Hg.): Meister Diefenbachs Alpenwanderung. Ein Künstler und Kulturrebell im Karwendel 1895/1896. Umbruch-Verlag, Recklinghausen 2004. ISBN 3-937726-00-4
  • Wagner, Claudia: Der Künstler Karl Wilhelm Diefenbach (1851-1913) - Meister und Mission. Mit einem Werkkatalog aller bekannten Ölgemälde. Inaugural-Dissertation am Fachbereich Kunstgeschichte der Freien Universität Berlin, 2005.
  • Allgemeines Künstlerlexikon Bd. 27, 2000, S. 221.