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Glienicker Brücke

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Die Glienicker Brücke verbindet über die Havel hinweg die Städte Berlin und Potsdam-Babelsberg. Ihren Namen verdankt sie dem in der Nähe gelegenen Gut Klein-Glienicke, an dessen Stelle heute das Schloß Glienicke liegt. Weltweit bekannt wurde die Glienicker Brücke durch den spektakulär inszenierten 3. und letzten Agentenaustausch am 11. Februar 1986.

Datei:Glienicker bruecke.jpg
Glienicker Brücke vom Haveluferweg auf der Berliner Seite aus gesehen

Lage

Geschichte

Anfang bis Kriegsende 1945

  • Anfang des 17. Jahrh. wurde ein schmale Holzbrücke an dieser Stelle errichtet. Es war ausschließlich das Privileg der Adeligen, diese als Verbindung zwichen den Potsdamer Schlössern und den Jagdgründen auf der anderen Havelseite zu nutzen.
  • 1753 wurde eine ständige Postverbindung zwischen Berlin und Potsdam über die Brücke eingerichtet.
  • 1777 Das alte Bauwerk wurde durch eine neue Holzkonstruktion mit Geländer und Zugbrücke ersetzt. Bald wurden Wachsoldaten an der Brücke eingesetzt. Da es häufig zu Problemen bei der Kontrolle kam – manche Kutscher fuhren einfach unkontrolliert durch – wurde erstmals ein Schlagbaum auf dieser Brücke errichtet.
  • 1792 - 1795 Die Strecke Berlin - Potsdam wurde zu einer preußischen Muster- und Vorzeigechaussee ausgebaut.
  • 1794 Ein "Chausseegeld-Einnehmerhäuschen" wurde errichtet. Das Befahren war gebührenpflichtig, das galt jedoch nicht für Angehörige des Adels. An mehreren Streckenabschnitten hatte man zum Kassieren Kontrollpunkte eingerichtet. Die Glinicker Brücke erhielt somit ihren ersten festen Kontrollpunkt.
  • 1831 Neben der Holzbrücke wurde mit dem Bau einer Steinbrücke begonnen. Der Preußische Hofarchitekt Karl Friedrich Schinkel war maßgeblich am Entwurf beteiligt.
    • Für die Bauausführung bestimmte der Preußische Staat: ... hat elf Durchflussöffnungen, von welchen zehn Öffnungen, jede 31½ Fuss weit und überwölbt, und eine Öffnung zur Durchfahrt der Schiffsgefässe, die 30 Fuss im Lichten weit und mit zwei gegeneinanderschlagenden Zugklappen überdeckt ist. Die ganze Länge der Brücke zwischen den Stirnwänden beträgt 565 Fuss. Die Fahrbahn ist 20 Fuss und jeder Fussweg daneben vier Fuss breit. Erstere ist mit behauenen Granitsteinen gepflastert, die Fusswege sind aus scharf gebrannten Steinen gemauert.... (Anmerkung: 1 Fuß in Preußen = 31,385 cm. Die Brücke hatte somit eine Gesamtlänge von 177,33m, eine Gesamtbreite von 8,79 m, Die Öffnungen waren 9,88 und 9,42 m breit).
  • 1834 Einweihung der neuen Brücke am 30. September durch " ...die erhabene Tochter ...(des) ... allgeliebten Königs, Ihre Majestät die Kaiserin von Rußland ... Allerhöchstdieselben und Ihre Kaiserl. Hoh. die Großfürstin Maria .."
  • 1835 Das Kassenhäuschen wurde entfernt und verkauft!
    • In gleichen Jahr passierte exotische Fracht unter der Brücke hindurch. Das Dampfschiff "Henriette" brachte von Hamburg für den königlichen Tiergarten auf der Pfaueninsel einen Löwen, zwei Ameisenbären und zwei Affen. Begleitet wurde die Fracht von Prinz Carl und Prinz Wilhelm, Söhne des Königs.
  • 7. Oktober 1897 Der Elektrotechnik-Professor Adolf Slaby baut eine Telegrafie-Funkstrecke nach dem "System [Marconi]" als Versuchsverbindungauf. Die längste Teilstrecke geht von der Matrosenstation an der Glienicker Brücke zur Heilandskirche von Sacrow (1,4 km]
  • 2. Juni 1906 Der Teltow-Kanal urde eröffnet. Unter der Brücke endet, aus der Glienicker Laake kommend, die seit 1900 gebaute Binnenwasserstraße hier.
  • 1907 Eröffnung der neuen Brücke als Stahlkonstruktion mit einer Durchfahrtsbreite von 74 m in der Mitte und 2 Seitendurchfahrten von je 37 m.
  • 1927 Die Omnibuslinie "P Bahnhof Zehlendorf-Mitte - Potsdam, Glienicker Brücke" der "Allgemeinen Berliner Omnibus-Aktiengesellschaft" wird mit einer Streckenlänge von 12,5 km in Betrieb genommen. Die Brücke entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel. An der Brücke lockten Anlegestellen der beliebten Dampferfahrten.
  • 21. April 1930 60 Lkw mit Teilnehmern einer Kundgebung des kommunistischen Jugendtages (20. April, Leipzig) wurden ein einer aufwändigen Polizeiaktion an der Glienicker Brücke abgefangen und zwangsgestellt.
  • 1934 Umfangreiche Ausbesserungsarbeiten: Entfernung der Straßenbahngleise, das Pflaster wurde durch Asphaltbelag ersetzt. Im Zuge der Reichsstraße 1 (jetzt Bundesstraße 1) gehörte die Glienicker zu den meist befahrendsten Brücken Deutschlands.
  • 1944 Die Glienicker Brücke als "Filmstar"! Helmut Käutner drehte den UFA-Film "Unter den Brücken". Die Nachtszenen mussten jedoch an einem Modell im Filmstudio Babelsberg aufgenommen werden. Zu groß war die Gefahr, den Bombern als gut beleuchtetes Ziel zu dienen.
  • 1945 Im Frühjahr wurde die Busverbindung eingestellt. Schon in den Kriegsjahren zuvor dünnte man den Fahrplan stark aus. Kurz vor Kriegsende wurden zwei Abschnitte der Brücke durch die Deutsche Wehrmacht gesprengt, um den Vormarsch der "Roten Armee" aufzuhalten.

Kriegsende bis 1989

  • 1945 Nach Kriegsende entstand neben der zerstörten Brücke eine provisorische Holzkonstruktion.
  • 20. Juni 1945 Der Dampfer »Potsdam«, das erste Personenschiff, das nach Ende des Krieges wieder betrieben wurde, fährt von diesem Tag an vom Stößensee in Berlin-Spandau bis zur Glienicker Brücke. Es ersetzt die zerstörte S-Bahn-Verbindung zwischen Berlin und Potsdam.
  • 17. Juli 1945 Die Berliner Konferenz, die später unter dem Namen Potsdamer Konferenz bekannt wurde, begann im Schloss Cecilienhof. Damit die z.T. über Berlin kommenden alliierten Konferenzteilnehmer über die Havel kommen konnten, haben zuvor sowjetische Pioniere anstelle der zerstörten Glienicker Brücke eine Pontonbrücke errichtetet
  • 1947 Der Wiederaufbau der zerstörten, stählernen Brücke begann.
  • 19. Dezember 1949 Im Dezember wurde die Rekonstruktion von DDR-Minister Hans Reingruber feierlich eröffnet. Er gibt ihr den Namen „Brücke der Einheit“. Genau in der Mitte: Der weiße Grenzstrich zwischen der DDR und West-Berlin.
  • 1950 Das hölzerne Provisorium verschwand.
  • 1952 Die Brücke wurde für den Kfz-Verkehr von Zivilpersonen gesperrt. Diese durften nur noch mit Sondergenehmigung zu Fuß die Brücke passieren. Entsprechende Kontrollstellen wurden eingerichtet. Die ungehinderte Passage blieb nur noch Angehörigen der Militärverbindungsmission gestattet.
  • 3. Juli 1953 Die Brücke wurde als einer der letzten Verbundungswege von Berlin ins Umland für den zivilen Personenverkehr gesperrt.
  • 1953 scheiterte ein Fluchtversuch auf der Brücke. Der PKW bleb beim Durchbruchversuch in den Absperrungen hängen.
  • 1961 Die Brücke wurde im Zusammenhang mit dem Bau der Berliner Mauer für den allgemeinen Verkehr gesperrt. Mitglieder der Militärverbindungsmission wurden von der Sperrung nicht betroffen.
  • 1962 1. Agentenaustausch Adam ./. Powers (siehe "Agentenbrücke")
  • 1963 Der zum Übergang berechtigte Personenkreis erweiterte sich schrittweise. Mitglieder der in West-Berlin residierenden Militärmissionen der CSSR, Polens und Jugoslawiens und teilweise deren Familienmitglieder durften über die Brücke, wenn sie sich entsprechend legitimieren konnten.
  • 1973 Die Regelung wurde auf Angestellte des seit Juni 1973 in West-Berlin ansässigen Generalkonsulats der UdSSR erweitert.
  • 15. November 1984 Die DDR-Behörden sperrten die Brücke, da keine Einigung über die Finanzierung der Reparaturen erzielt werden konnte.
  • 20. Dezember 1984 Die "Besuchsbeauftragten" des Berliner Senats und DDR-Regierung einigen sich, daß der Senat die Reparaturkosten (2.000.000,–-- DM) für die zur DDR gehörenden Hälfte der Brücke übernimmt.
  • 1985 2. Agentenaustausch (siehe "Agentenbrücke")
    • Beschluß Nr. 131/ I. 2 / 85 des Ministerrats der DDR: Die Grenzübergangsstelle Potsdam, Glienicker Brücke, ist ab 1.12.1985 für den Wechselverkehr von in der DDR akkreditierten Diplomaten und weiteren Diplomaten solcher Staaten, für die aufgrund entsprechender Vereinbarungen Visafreiheit besteht, zugelassen.
  • 1986 Letzter Agentenaustausch (siehe "Agentenbrücke")
  • 1988 Drei Männer durchbrechen auf der Flucht nach West-Berlin mit einem LKW die Sperren auf der Brücke.
  • 10. November1989 Die "Brücke der Einheit" ist wieder auf und rechtfertigt ihren Namen! Tausende Bürger passieren unkontrolliert in beide Richtungen.

ab 1990

Datei:GlienickerBruecke.png
Glienicker Brücke 2003
  • 1990 Mit Wirkung des Deutschen Einigungsvertrags wurden alle Sperr- und Kontrollmaßnahmen ofiziell aufgehoben.
  • 8. November 1996 Die turnusgemäße technischen Untersuchung der Glienicker Brücke war gefährdet. Weder das Brückenamt Berlins noch Brandenburgs fühlte sich zuständig. Die Verhandlungen liefen seit drei Jahren.
  • 21. August 1997 Auf der Glienicker Brücke präsentiert in Anwesenheit des einstigen DDR-Unterhändlers Dr. Wolfgang Vogel der "Spiegel"-Redakteur Norbert Pötzl sein Buch über den Agentenaustausch »Basar der Spione«.
  • 1998 Eine Briefmarke mit dem Motiv Glienicker Brücke wird von der Deutsche Post AG herausgegeben.
  • 10. November 1999 An der Brücke wird die Bronzeskulptur »Nike 89« (Bildhauer: Wieland Förster] feierlich enthüllt. Sie soll, 10 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, daran erinnern.

"Agentenbrücke"

Keine ofizielle Bezeichnung, aber der Name "Agentenbrücke" ging als wirksame Überschrift durch die Medien. Die englische Version ist "Brigde of Spies". Tatsächlich wurden hier nur an 3 Terminen Agenten zwischen Ost und West ausgetauscht. Fälschlicherweise erwecken manche Veröffentlichungen den Eindruck, dass der Austausch von Agenten sehr oft stattfand. Eine maßgebliche Vermittlerrolle bei all diesen Aktionen spielte der Ostberliner Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel.

Austausch 1

Austausch 2

Austausch 3

gegen

Lange gab es Streit, ob Anatolij Schtscharanski als Freiheitskämpfer (Sicht der USA) oder Agent (sowjetische Auffassung) zu behandeln sei. Die Amerikaner setzten sich mit ihrer Auffassung durch und erwirkten, dass Schtscharanski vor den drei Anderen zur Grenzlinie gefahren wurde.

Während von westlicher Seite ein spektakulärer Medienrummel inszeniert wurde, notierte im Osten lediglich das Staatsorgan der DDR "Neues Deutschland" in der Ausgabe vom 12. Februar 1986:

Austausch auf der Glienicker Brücke
Auf Grund von Vereinbarungen zwischen den USA und der BRD sowie der UdSSR, der ČSSR, der VRP und der DDR fand am Dienstag, den 11.2.1986 ein Austausch von Personen statt, die durch die jeweiligen Länder inhaftiert worden waren. Darunter befanden sich mehrere Kundschafter.

Literatur

  • Blees, Thomas: "Glienicker Brücke - Ausufernde Geschichten" be.bra-Verlag, Berlin ISBN 3-89819-140-0
  • Milde, Maria: "Berlin Glienicker Brücke: Babelsberger Notizen" Universitas Verlag ISBN 3-80040-858-9
  • Nicolas, Ilse "Vom Potsdamer Platz zur Glienicker Brücke: Geschichte und Gegenwart eines grossen Berliner Strassenzuges (Berlinische Reminiszenzen)" Haude und Spener ISBN 3-77590-206-6