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Tsunami

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Der Tsunami (jap., dt. große Welle im Hafen) ist eine Wellenart, die vor allem im Pazifik auftritt. Der Begriff wurde durch Fischer geprägt, die vom Fischfang zurückkehrten und im Hafen alles verwüstet vorfanden, obwohl sie auf See keine Welle gesehen oder gespürt hatten.


Entstehung

Am Rand des Pazifiks, der Subduktionszone des Pazifischen Feuerrings, kollidieren tektonische Platten, wodurch Seebeben erzeugt werden, die Tsunamis auslösen können.

Wenn eine Tsunami-Welle ins flache Uferwasser läuft, legt sie zunächst den Meeresboden auf großer Strecke trocken. Wenig später folgt eine riesige Flutwelle, die zu einem mehr als 30 Meter oder gar 100 Meter hohen Wasserberg anwachsen kann.

Eigenschaften

Tsunamis unterscheiden sich grundlegend von Wellen, die durch Stürme entstehen, denn bei diesen kann das Wasser zwar unter außerordentlichen Bedingungen bis zu 30 Meter hoch aufgeworfen werden, die tieferen Wasserschichten bleiben dabei jedoch unbewegt. Ein Tsunami dagegen stellt eine Schockwelle durch die gesamte Wassersäule dar. Dieser Effekt entsteht nur dann, wenn das Seebeben

  • sein Epizentrum nahe der Erdoberfläche hatte,
  • eine kritische Größe von Stärke 7 auf der Richterskala erreichte und
  • eine vertikale Erdbewegung beinhaltete.

Deshalb verursachten nur 1 Prozent der Erdbeben zwischen 1860 und 1948 messbare Tsunamis. Auf dem offenen Meer besteht im Allgemeinen keine Gefahr durch einen Tsunami. Sein Auftreten wird meist gar nicht bemerkt, da das Objekt aufgrund der langen Wellenlänge (d.h. die Entfernung von einem Wellenberg zum nächsten), die mehrere 100 Kilometer betragen kann, nur sehr langsam angehoben und wieder abgesenkt wird. Die Geschwindigkeit einer in großer Tiefe ausgelösten Welle kann 800 km/h (vergleichbar einem Airbus A310) bis 1000 km/h betragen, so dass ein Tsunami den Ozean binnen weniger Stunden durchquert, ohne dass dies jedoch aufgrund seiner gewaltigen Ausdehnung unmittelbar zu beobachten ist. Die Wellenhöhe beträgt im offenen Meer nur ca. einen halben Meter.

Darüber, was passiert, wenn die Stosswelle den Kontinentalschelf erreicht, ist leider viel Falsches zu lesen. Oft heißt es sinngemäss: "Erreicht der Tsunami den Kontinentalschelf und bewegt sich dann weiter in Richtung Küste, werden die unteren Schichten vom Untergrund gebremst, die oberen Schichten jedoch nicht so stark verlangsamt. Die Welle wird dadurch komprimiert und ein Wellenberg baut sich auf.". Träfe es zu, dass die unteren Wasserschichten gebremst würden, müssten sie von den oberen, die noch die gleiche Geschwindigkeit hätten, überholt werden, und es könnte sich gar kein Berg aufbauen. In Wahrheit ist es ja auch nicht so, dass das Wasser "fließt", sondern es geht eine Energiewelle hindurch, so wie Schall in der Luft, der ja auch nicht mit "Wind" zu verwechseln ist. Im tiefen Wasser wirkt sich diese Schockwelle auf eine vergleichsweise sehr grosse Wassermenge aus. Die Wirkung verteilt sich entsprechend stark. In Küstennähe dagegen wird das Wasser flach, und die Energie wirkt auf eine sehr viel kleinere Wassermenge. Man kann es mit einem Swimmingpool und einem Wasserbecher vergleichen: Tritt jemand gegen den Pool, passiert fast gar nichts. Tritt er mit der gleichen Kraft gegen den Wasserbecher, fliegt dieser durch die Gegend. Im offenen Meer wirkt sich also die Kraft der Stosswelle des Seebebens kaum aus. Konzentriert sie sich aber in Küstennähe auf viel weniger Wasser, kann sie es zu einem unter Umständen gewaltig hohen Berg anheben.

Ein Tsunami kann beachtlich anwachsen und auf dem Flachland eine Rekordhöhe von 85 Metern (am 24. April 1971 in der Nähe von Ishigaki Island bei Japan) - beinahe so hoch wie die Freiheitsstatue - annehmen. Läuft ein Tsunami in einen Fjord, so kann sich die Welle auf weit über 100 Meter aufstauen. Allerdings muss man sorgfältig schauen, welche Ursache eine Flutwelle solcher Höhe hat. In einem Fjord in Alaska wurden mehrere mit rund 150m und eine mit sogar bis zu 530m Höhe nachgewiesen! Diese gigantischen Wellen nahmen ihren Ursprung allerdings keineswegs im Meer, sondern entstanden, weil heftige Erdbeben Berge in Seen rutschen ließen und diese schlagartig zum Überlaufen brachten. Auch wenn solche Bergrutsche in einer Meeresbucht enden und an der gegenüber liegenden Seite das Wasser den Hang hoch jagen, handelt es sich nicht um einen Tsunami, da es in solchen Fällen um echte Wasserverdrängung geht, während ein Tsunami auf einer Energiewelle basiert. Würde bei einem starken Seebeben der Meeresboden ruckartig angehoben und dann wieder genau an seinen alten Platz abgesenkt, gäbe es den Tsunami trotzdem, weil das Wasser die Kraft der Meeresbodenbewegung als Stosswelle weiterleitet. Echte Tsunamis von mehreren 100m Höhe sind zwar denkbar, jedoch reicht die Kraft von Erdbeben nicht aus, sie hervorzurufen. Ursache für solche Monster sind sehr grosse Hangrutsche, wie sie zum Beispiel auf Hawaii möglich sind, oder Einschläge von Meteoriten in das offene Meer.

Tsunamis und ihre Folgen

Tsunamis zählen zu den verheerendsten Naturkatastrophen, mit denen der Mensch konfrontiert werden kann, denn ein mächtiger Tsunami kann seine zerstörerische Energie über Tausende von Kilometern weit mitführen. Ohne schützende Küstenfelsen können schon 3 Meter hohe Wellen mehrere hundert Meter tief ins Land eindringen. Die Schäden, die der Tsunami beim Vordringen verursacht, werden noch vergrößert, wenn die Wassermassen wieder abfließen.

In den letzten zehn Jahren wurden weltweit 82 Tsunamis registriert, wobei 10 von ihnen zusammen mehr als 4.000 Menschenleben kosteten.

In Japan richteten in den letzten 100 Jahren nur 15% der 150 registrierten Tsunamis Schäden an oder kosteten Menschenleben. Das liegt daran, dass bei einem effektiv funktionierenden Frühwarnsystem und Aufklärung regelmäßig Trainingsprogramme für die Bevölkerung durchgeführt werden. Allerdings musste Japan in den letzen tausend Jahren die meisten Menschenleben bei Tsunamifolgen beklagen, über 160.000 Menschen starben.

Wesentlich verheerender ist die Schadensbilanz in Indonesien. Hier wirkte die Hälfte der Tsunamis katastrophal, denn die meisten der Küstenbewohner hatten das vorangehende Erdbeben nicht als natürliche Warnung erkannt und waren deshalb nicht landeinwärts geflohen. Verstärkt wurde die Sorglosigkeit durch die Unkenntnis darüber, dass sich die See zunächst zurückzieht, bevor ein Tsunami über die Küste hereinbricht. Meistens ist dort auch das Land sehr flach und die Wassermassen fließen bis ins Landesinnere.

Lissabon 1755
Lissabon 1755
(Großbild)

Nicht nur die Anrainerstaaten der Pazifikküste sind von Tsunamis betroffen. Auch an den europäischen Küsten treten diese Riesenwellen, wenn auch wesentlich seltener, auf. Da die Afrikanische Platte sich nach Norden unter die Europäische Platte schiebt, entstehen Seebeben im Mittelmeer und im Atlantik.

Um die Tsunamischäden einzuschränken, wurden überall auf der Erde Seismographen unter Wasser installiert, bisher jedoch kaum im Indischen Ozean. Eine wichtige Rolle bei der Auswertung der Daten spielt das Pacific Tsunami Warning Center (PTWC). Fehlalarme können hohe Kosten bei einer unnötigen Evakuierung auslösen. Viele japanische Städte schützen sich durch das Errichten riesiger Deiche.

Die größten Tsunamis:

  • Am 26. Dezember 2004 ereignete sich eine der bisher schlimmsten Tsunamikatastrophen in Südostasien durch ein Seebeben der Magnitude von 9.0 auf der Richterskala vor der Insel Sumatra. Über 30.000 Menschen (vorläufig/N 24) in 10 Ländern (insbesondere: Indien, Malediven, Sumatra (Indonesien), Sri Lanka, Thailand) wurden getötet.
  • 17.7.1998: An der Nordküste von Papua-Neuguinea werden 2.000 Menschen von einer Flutwelle getötet, die von einem Beben ausgelöst wurde.
  • 16.8.1976: Eine Tsunami im Morogolf kostet auf den Philippinen mehr als 5.000 Menschenleben.
  • 28.3.1964: Am Karfreitag löst ein Erdbeben vor Alaska an der gesamten Westküste der USA eine Flutwelle aus. In Alaska kommen 107, in Oregon vier und in Kalifornien elf Menschen ums Leben.
  • 22.5.1960: Eine elf Meter hohe Welle im Pazifik tötet in Chile 1.000 Menschen, weitere 61 kommen auf Hawaii ums Leben.
  • Am 9 Juli 1958 entstand im Lituya Bay (Alaska) eine 524 m hohe Welle durch einen Erdrutsch. BiggestWave;Lituya Bay
  • 1.4.1946: Vor Alaska reißt eine Springflut infolge eines Erdbebens die fünfköpfige Besatzung eines Leuchtturms in den Tod. Stunden später erreicht die Welle Hawaii (fast 3700 km entfernt), wo 159 Menschen sterben.
  • 31.1.1906: Die Küsten Kolumbiens und Ecuadors werden von einer verheerenden Flutwelle überschwemmt, 500 bis 1.500 Menschen kommen ums Leben.
  • 15.6.1896: Die so genannte Sanriku-Tsunami, eine Wasserwand von 23 Metern Höhe, überrascht Japan inmitten religiöser Großfeierlichkeiten. 26.000 Menschen ertrinken.
  • Der Vulkan Krakatau explodierte in einer gewaltigen Detonation am 27. August 1883, eine unglaubliche Druckwelle entstand und flog sieben Mal um die Erde. Die Druckwelle löste einen Mikrotsunami in dem 8.000 Kilometer entfernten Lake Taupo in Neuseeland aus, und im nahen Umkreis 40 Meter hohe Tsunamis, die 36.000 Menschen töteten.
  • Am 1. November 1755 wurde die portugiesische Hauptstadt Lissabon von einem Brand zerstört, der in Folge eines Erdbebens auftrat. Als die Einwohner vor den Flammen an das Tejoufer flüchteten, wurden sie von haushohen Flutwellen überrascht. Zwei Drittel der Stadt wurden zerstört, 60.000 Menschen starben. Der Tsunami war noch in Irland und jenseits des Atlantiks auf den kleinen Antillen zu spüren, Madeira wurde von 15 Meter hohen Wellen erreicht. Das Erdbeben war noch in Venedig deutlich zu spüren (siehe Memoiren von G. Casanova).
  • Als 1228 v. Chr. auf Santorin ein Vulkan explodierte, sendete er Tsunamiimpulse aus, die im gesamten östlichen Mittelmeer spürbar waren - in Form von 60 Meter hohen Wellen. Man nimmt an, das habe zur Auslöschung der minoischen Kultur geführt.

Andere Riesenwellen

Riesenwellen, deren Ursprung nicht seebebenbedingt ist, werden z.B. am Kap Hoorn oder in anderen Regionen regelmäßig beobachtet; sie werden in der Seemannsprache auch Kaventsmann genannt. Sehr lange wurden sie als Seemannsgarn belächelt, bis Satellitenaufnahmen und andere Messungen ihre Existenz bewiesen. Etwa jede 3000. Welle ist doppelt so hoch wie der Durchschnitt der anderen Wellen. Etwa alle 20 Jahre, so die statistische Wahrscheinlichkeit, kann ein Schiff von einer Riesenwelle oder Monsterwelle (25 bis 35 m hoch) überrascht und schwer beschädigt oder gar zerstört werden. Der letzte bekannt gewordene Fall betraf das Kreuzfahrtschiff "Bremen", das nur knapp einer Katastrophe entkam. Große Aufmerksamkeit erregte um Weihnachten 1978 der Fall des deutschen Containerschiffs "München", das fast spurlos samt 28 Mann Besatzung im Atlantik nördlich der Azoren verschwand. Die Seeamtsverhandlung ergab, dass vermutlich eine Riesenwelle das Schiff zunächst manövrierunfähig machte und dann in der Folge untergehen ließ.

Siehe auch

Externe Verweise