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Abtei Cadouin

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Abtei Cadoin und ihr Kreuzgang

Cadouin ist eine französische Gemeinde im Périgord (Aquitaine; Dordogne), ca. 40 km westlich von Sarlat, ca. 40 km östlich von Bergerac und 5 km entfernt von der Dordogne.

Geschichte der Zisterzienserabtei Cadouin

Die Abtei Cadouin, in einem engen Tal bei dem Wald la Bessède gelegen, wurde 1115 gegründet. Stifter war Géraud de Salles, ein Schüler von Robert d’Arbrissel, dem Stifter von Fontevrault. 1117 erfolgte eine Schenkung des „Leichentuchs Christi“, mit dessen Gesichtsabdruck, durch den Bischof von le Puy, Adhémar de Monteil. Das Tuch soll von einem Priester aus dem Périgord aus Antiochia mitgebracht worden sein. 1119 wurde Cadouin an die Abtei Pontigny, als zweite Tochter von Citeaux, angegliedert. Damit wurde das Kloster damit Zisterzienserabtrei. Citeaux überließ Cadouin zwölf Mönche zur ersten Besiedlung des Klosters.

Das "heilige Schweißtuch Christi von Cadouin" wurde in der Folgezeit zur berühmtesten Reliquie des Périgord und die Abtei ein weithin bekanntes Wallfahrtszentrum mit lebhaftem Zulauf. Ludwig der Heilige, Richard Löwenherz , Karl V. und viele andere hochgestellte Persönlichkeiten sollen der Reliquie ihre Referenz erwiesen haben. Entgegen den Gepflogenheiten der Zisterzienser, sich von derartigem Wallfahrerandrang zu distanzieren, wurde Cadouin unter ihrer Leitung für acht Jahrhunderte ein wichtiger Wallfahrtsort mit großem Ansehen und Zulauf, folglich auch von großem Reichtum. Die Lage Cadouins als Etappe auf dem Weg nach Santiago de Compostela sicherte den Pilgerstrom.

Im hundertjährigen Krieg (1339 – 1459) wurde die Reliquie nach Toulouse und später in die Zisterzienserabtei Aubazine (Corrèze) verlegt. Den nach Kriegsende ausgebrochenen Streit zwischen Cadouin und Aubazine um die Rückgabe des Tuches konnten letztlich der Papst und Ludwig XI. beenden. Die im Krieg durch die Engländer beschädigten Abteigebäude wurden wieder in Stand gesetzt. Der Kreuzgang wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jhs. mit Hilfe der finanziellen Unterstützung Ludwigs XI. im spätgotischen Stil wiederaufgebaut und erst im 16. Jh. entsprechend dem neuen Stil der Zeit ausgestattet.

Der Klosterbetrieb schrumpfte seitdem kläglich, bis 1789 die Abtei Cadouin mit gerade noch vier Mönchen durch die Revolution aufgelöst, ihr reichhaltiges Inventar geplündert und ihre Bibliothek auf dem Dorfplatz verbrannt wurde. Der Bürgermeister Pierre Bureau rettete die Klostergebäude vor Abbruch und Verfall, indem er sie 1792 kaufte.

1933 datierte eine Gruppe von Experten das "heilige Schweißtuch" an Hand arabischer Schriftzeichen auf das 11. Jahrhundert. Der Bischof von Périgeux untersagte daraufhin die Wallfahrten. 1982 kamen andere Forscher zu dem Ergebnis, dass lediglich die Einfassung mit Bordüren mit kufischen Schriftzeichen aus dem 11. Jh. stammt. Das eigentliche Tuch konnte nicht näher datiert werden.

Die Abteikirche von Nôtre-Dame-de-la-Nativité

Abteikirche, Fassade

Das 1154 fertig gestellte Kirchengebäude weicht von den vorgeschriebenen Regeln der Zisterzienser für den Kirchenbau ab, da der Bau zum Zeitpunkt des Anschlusses an Citeaux bereits erheblich fortgeschritten war. Anstelle einer typischen Basilika errichtete man eine dreischiffige Halle mit leicht erhöhtem Mittelschiff (Pseudobasilika oder Stufenhalle) und einer Vierungskuppel, wie sie im Poitou und im Limousin damals gängig waren. Die Fassade ist beeinflusst von denen der Saintonge, mit ihren dreizonigen Aufbau, ihren Blendarkaden und den beiden äußeren Scheinportalen. An das vier Jochen messende Langhaus schließt das Querhaus an, dessen Arme die Breite der drei Schiffe nur geringfügig überschreiten, sowie die drei Chorapsiden. Die Vierung überspannt eine Kuppel, darüber erhebt sich ein Glockenturm mit pyramidenförmigem Schieferdach.

Die ausgewogenen Proportionen des Innenraumes und der weitgehende Verzicht auf Dekorationselemente kommen dem Ideal zisterziensischer Kirchen recht nahe.

Der Kreuzgang

Kreuzgang,Vierungsturm

Trotz seiner Beschädigungen in den Religionskriegen und der Französische Revolution kann der Cloître (= franz. Kreuzgang) von Cadouin nach seiner Rettung und Restaurierung im 19. und 20. Jh. heute den Besucher mit einer lebendigen und teilweise humorvollen Skulpturensprache der Spätgotik begeistern.

Der rechteckige Gartenhof wird umschlossen von vier eingeschossigen Galerien, die mit Gewölben und Skulpturen ausgestattet sind, und zwar in der Nord-, Ost- und Südgalerie im Stil der Spätgotik und in der Westgalerie im Stil der Renaissance. Die Lasten der Gurt- und Diagonalrippen der Kreuzrippengewölbe werden eingeleitet in halbrunde Pfeilervorlagen. Beim Übergang der Rippenbündel in den Pfeiler gibt es in Sichthöhe teilweise Kapitelle, im Nordflügel noch zusätzliche Kapitelle in halber Pfeilerhöhe und auch teilweise in Sitzhöhe bei den Bänken der Mönche. Dargestellt sind Szenen des täglichen Lebens und Themen über die Gefährdung durch Sünden.

Die Nordgalerie

Thron des Abtes, Sitzbänke und Reliefs in der Nordgalerie

Die Nordgalerie ist besonders reich mit Skulpturen ausgestattet, und zwar im Bereich oberhalb des Abt-Sitzes, bei den sog. "Abhänglingen" und an den Türen.

Der Sitzplatz des Abtes, der Hocker des Vorlesers und die Bänke der Mönche sind an der Außenwand der Kirche angeordnet, hergestellt aus ockerfarbenen Steinen der Umgebung. Sie sind Überreste des ursprünglichen Kreuzgangs.

Das Relief über dem Abtstuhl wurde gegen Ende des 15. Jhs. gefertigt. In seinem oberen Teil befand sich ein Kalvarienberg, der heute nicht mehr vorhanden ist. Im linken Teil zieht eine Prozession karikierter Mönche auf den Gekreuzigten zu, geführt vom Abt, durch ein Wappen als Pierre V. de Gaing namentlich genannt. Er spielte beim Bau des Klosters eine bedeutende Rolle. Noch weiter rechts ist eine trauernde Maria Magdalena dargestellt. Im rechten Teil sieht man römischen Soldaten, die um das Gewand Christi würfeln, sowie den Aufstieg der frommen Frauen und Marias zum Kalvarienberg.

Der Kielbogen im Mittelteil ist außen mit Wirsingblättern geschmückt, innen mit Distelblättern. Darunter befindet sich das Wappen der Abtei Cadouin mit einem Quittenbauern.

Die ehemals zahlreichen Fresken auf der nördlichen Außenwand dur Kirche sind bis auf spärliche Reste rechts neben dem Abtstuhl nicht mehr erhalten. Die Verkündigung Mariens ist eine Darstellung aus der ersten Hälfte des 15. Jhs.

Ein wenig weiter zeigt ein Figurenrelief Zwei Mönche im Beichtstuhl.

Die Abhänglinge

Kreuzrippenfeld mit 5 Abhänglingen

Abhänglinge sind "Hängezapfen",d.h. knaufartige, herabhängende Schlußsteine an Rippengewölben oder an der Kreuzung von Deckenbalken [1] Sie tauchen im letzen Gewölbefeld der Nordgalerie auf sowie in der Ostgalerie. Von ehemals 95 Stück sind heute nur noch 25 erhalten. Die Abhänglinge sind hier selbstständige, oft feingliedrige Skulpturen der Spätgotik, die mittels Metallankern an die konstruktiven, lastübertragenden Schlusssteine oder Gewölbezwickel an- oder abgehängt sind. Sie sind stets unsymmetrisch und teilweise deutlich größer im Umfang als die Schlusssteine, und alle jeweils unterschiedlich gestaltet. Die Schlusssteine des Cloître de Cadouin sind dort, wo keine Abhänglinge mehr anhängen, vollständig zu erkennen. Es handelt sich in der Regel um kreisrunde Scheiben aus Stein, die überwiegend am unteren Rand radial mit Profilen abgerundet sind. In der Mitte der Scheiben von ca 20-25 cm Durchmesser sind unterseitig kreisrunde Löcher (Bohrungen) eingebracht, in die die Abhängeanker eingelassen werden können.

Die Abhänglinge sind überwiegend Skulpturen höchster Qualität und Finesse. Durch die relativ geringe Höhe der Abhängung sind alle Details deutlich zu erkennen.

Die Darstellungen der Abhänglinge 1 bis 21 in der Nord- und Ostgalerie haben folgende Themen: Nr. 1, 2, 3 Leiden Christi; Nr 4 und 6 die Evangelisten, Johannes der Täufer und der Hl. Mathias; Nr. 8 bis 11 Propheten; Nr 12 Unzucht; Nr 14 Samson und Dalila, 15 Aristoteles von einer Kurtisane beritten, 16 Opfer des Abrahams, 17, 19, 20, 21 das Jüngste Gericht.

Die Pforten und Fenster

Königspforte

Die Königspforte in der Nordwand ist die Verbindung zur Kirche. Sie stammt aus dem ausgehenden 15. Jh., ist reich gegliedert und wird gekrönt von einem Zentralwappen mit Lilien (in der Revolution herausgehämmert) und ist umgeben von einer Muschelkette des St. Michaelordens. Ein Wappen rechts, mit Hermelin der Bretagne, erinnert an die Königin Anne de Bretagne.

Die romanische Pforte in der Ostwand ist noch ein Reststück aus dem 12. Jh. mit einem gebrochenen Sturzbogen, auf dem noch Reste einer farbigen Fassung zu erkennen sind. Durch den späteren Umbau des Kreuzganges mit spätgotischen Gewölben wurde die Einheit der Pforte teilweise entstellt.

Die Ostgalerie weist noch vier Fensteröffnungen und einen doppelten Eingang auf, als Zugang zum Kapitelsaal.

Der Rhythmus dieser schönen romanischen Einheit wird durch drei Pfeiler aus dem Ende des 15 Jhs. unterbrochen. Es sind folgende Themen dargestellt: Gleichnis von Lazarus beim bösen Reichen, Laienbruder von Virgil, Tod des Lazarus. Auf der gegenüberliegenden Seite der Galerie haben zwei Pfeiler folgend Themen: Hiob auf dem Misthaufen, Tod des schlechten Reichen. Das Gewölbe des Kapitelsaals, die beiden in die Ostwand gebrochenen großen Öffnungen und der Kieselsteinboden stammen aus dem 17. Jh.

Zwischen der romanischen Pforte und den Öffnungen des Kapitelsaals stellt ein Konsolrelief den Zorn dar und weiter unten auf dem Pfeiler einen gefräßigem Mönch.

Bogenfeld der Magdalenenpforte
Bogenfeld der Christuspforte

Die Magdalenenpforte in der Ostwand besitzt einen leichten Kielbogen, von Wirsing- und Kohlblättern umgeben. Verstreute Muscheln erinnern daran, dass Cadouin eine Etappe auf dem Weg nach Santiago de Compostela war.

Die Christuspforte ist gestaltet im Stil der Renaissance. Das Bogenfeld zeigt Christus, der auf einem Eichenzweig gekreuzigt ist. Drei Königswappen auf Hermelingrund erinnern an königliche Wohltaten. Über den Wappen links ist ein Pelikan mit der Fütterung der Jungen beschäftigt, womit die Opferung versinnbildlicht ist, und rechts ein Phönix, der aus der Asche neu ersteht, bedeutet die Auferstehung.

Die Südgalerie

Die Südgalerie ist wesentlich schlichter ausgestattet, da die Arbeiten mit nur geringen Mitteln ausgestattet waren. Man kann die Wiederverwendung romanischer Steine feststellen. Einige stark verwitterte kleine Reliefs sind kaum noch zu erkennen. Auf dem vorletzten Pfeiler der Gartenhofseite finden wir eine merkwürdige, dreiköpfige Skulptur. In der Südgalerie gibt es keine Abhänglinge mehr. Die Schlusssteine besitzen aber Bohrungen, die zum Aufhängen von Skulpturen gedacht sind.

Die Westgalerie

Die Westgalerie wurde im 16. Jh. im Stil der Rennaissance errichtet und zu großen Teilen Anfang des 20. Jhs. wiederhergestellt. In dieser Galerie fehlen wieder die Abhänglinge. Bei der Ausstattung wurden hier keine religiösen Motive verwendet.

Einzelnachweise

  1. Binding, Architektonische Formenlehre, S. 169.

Quellen

  • Broschüre vom Kiosk des Kreuzganges;
  • Droste-Hennigs, Jutta und Thorsten Droste: Frankreich, Der Südwesten. 2007
  • Périgord - Dordogne. Michelin, Der grüne Reiseführer 2006