Terpentin
Terpentin (Terpentinöl, Terpentinspiritus, Balsamöl, Kiefernöl) nennt man die frischen, durch Lufteinwirkung noch nicht veränderten Harzausflüsse verschiedener Koniferen, besonders Kiefern (Pinus), die als Gemische von Harz und ätherischen Ölen zu den Balsamen gehören und erst beim Eintrocknen unter Verlust der flüchtigen Stoffe in Harz übergehen. Terpentin ist eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit, meist cremige, der Hauptbestandteil ist 2-Pinen und andere monocyclische Monoterpene. Terpentin ist gesundheitsschädlich und umweltgefährdend. In Wasser ist die Flüssigkeit unlöslich. Die CAS-Nummer für das Gemisch lautet 8006-64-2.
Eigenschaften
Das Gemisch kondensiert (ich denke eher "schmilzt/friert") bei ungefähr -50 °C und siedet zwischen 154 und 170 °C. Die Dichte beträgt 0,86 g/cm³. Der Dampfdruck beträgt bei 20 °C 5 hPa. Auch ein MAK-Wert ist für das Terpentin festgelegt, er liegt bei 560 g/m³, die Gefahren des Gemisches sind aber stark vom Pinen- und 3-Carengehalt abhängig. Die R-Sätze 10-20/21/22 und S-Sätze (2-)61 sind beim Umgang mi Terpentin zu beachten.
Gewinnung
Zur Gewinnung der zwischen Holz und Rinde oder in besonderen Hohlräumen gebildeten Ausscheidungen macht man entweder durch die Rinde senkrechte rinnenartige Einschnitte, an deren unterem Ende die Masse in besonderen Vertiefungen oder untergestellten Gefäßen aufgefangen wird, oder man bohrt die Stämme an und läßt aus den mit Pfropfen verschlossenen Löchern von Zeit zu Zeit den Balsam ausfließen. Das Anhauen oder Anbohren der Bäume erfolgt im Frühjahr, das Ausfließen dauert bis in den Herbst, und zwar am reichlichsten bei der Sonne ausgesetzten Bäumen mit dicker Rinde (siehe auch: Pecherei).
Reinigung
Die gesammelten, oft durch Erde oder Sand, Nadeln und Rindenstückchen verunreinigten Massen werden durch Schmelzen bei gelindem Feuer verflüssigt, durch grobe Tücher oder eine Strohschicht geseiht und auf Fässer gefüllt. In den Vereinigten Staaten setzt man sie einfach in Fässern mit durchlöchertem Boden der Sonnenwärme aus, worauf das reine Terpentin von selbst abtropft. Auch in Frankreich wird Terpentin auf diese Weise gereinigt und Pâte de térébenthine au soleil, als dickflüssige, oder à la chaudière, als dünnflüssige Sorte, genannt.
Arten
Die Terpentine sind honigdicke, sehr zähflüssige, je nach der Herkunft klare oder trübe, aromatisch riechende und schmeckende Massen, die, obschon im allgemeinen von gleicher Zusammensetzung, doch in Konsistenz, Färbung, Geruch und Ölgehalt Abweichungen zeigen und nach den Ursprungsländern in folgende Handelssorten unterschieden werden:
- Der gewöhnliche, gemeine oder deutsche Terpentin (lat. Terebinthina communis), hauptsächlich von Pinus Laricio, seltener von der Weiß- und Rottanne, ist von zäher, etwas körniger Konsistenz, gelblichweiß gefärbt und trübe sowie von stark harzigem Geruch und bitterlich gewürzhaftem Geschmack. Französischen Terpentin nennt man besonders die Abscheidung der Seestrandkiefern (Pinus maritima und P. pinaster), die in verschiedenen Gegenden Südfrankreichs Wälder bilden. Er ist dünnflüssiger und feiner und von angenehmem Geruch. Amerikanischer Terpentin von Pinus palustris unterscheidet sich vom gewöhnlichen nicht wesentlich und fällt daher in dieselbe Gruppe.
- Die beste Sorte des Terpentins ist der venetianische oder Lärchen-Terpentin (lat. Terebinthina veneta), der hauptsächlich in Tirol, Kärnten, Steiermark und weiter östlich bis nach Ungarn von der Lärche, Larix decidua, gewonnen wird. Doch gibt es auch in der Provence Lärchenwälder, die echten venetianischen Terpentin liefern. Die dickflüssige, klebrige, ziemlich durchsichtige Masse ist nur schwach gelblich gefärbt und stark fadenziehend und besitzt einen harzig gewürzhaften, etwas zitronenartigen Geruch.
- Nordamerika erzeugt die feinste aller Terpentinarten, den kanadischen Terpentin (s. Kanadabalsam).
- Österreichischer Terpentin (lat. Terebinthina austriaca) wird von Pinus Laricio gewonnen und aus Niederösterreich in sog. Lägeln, kleinen ovalen Fässern, versandt.
- Italienischer Terpentin (lat. Terebinthina italica) ist von derselben Abstammung wie der venetianische Terpentin, aber dunkler an Farbe. Die sonst noch vorkommenden Terpentine, wie ungarischer und zyprischer Terpentin von Pistacia terebinthina, haben wenig Bedeutung.
Verwendung
Terpentin dient hauptsächlich dazu, Harze weicher und geschmeidiger zu machen, und wird daher als Zusatz für Siegellacke, Harzfirnisse, Lacke, Kitte und Ätzgründe verwandt. Zur Herstellung von Lack kann nur die wasserfreie Venetianer Sorte benutzt werden, da sonst trübe Lacke entstehen. Sie verbrennt im Gegensatze zu dem gewöhnlichen wasserhaltigen Terpentin ohne prasselndes Geräusch. Weiter wird Terpentin als Zusatz zu Salben, Pflastern und Hufkitt sowie in der Medizin viel verwandt. Auch bildet er den Rohstoff zur Darstellung des Terpentinöls, des Kolophoniums und des Isoprens (für Kautschuksynthese).