Zum Inhalt springen

Albany (London)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. Oktober 2007 um 21:12 Uhr durch 87.161.191.92 (Diskussion) (Zur Architekturgeschichte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Albany ist eine der exklusivsten Wohnanlagen Londons. Sie liegt westlich des Piccadilly Circus an einer der Hauptarterien des Londoner Westends, Piccadilly, und zwar nördlich des Palastviertels um den St. James's Palace.

Zur Architekturgeschichte

Die Hausfassade im Jahr 2004

Nach Abriss eines 1670 für Sir Thomas Clarges errichteten Vorgängerbaus wurde das Hauptgebäude des heutigen Albany mit seiner klassizistischen Fassade, Melbourne House, 1771 bis 1774 vom Hofarchitekten Sir William Chambers für Lord Melbourne an der heutigen Adresse "Albany, Piccadilly, London, W1" errichtet. 1791 tauschte dieser das Albany mit Frederick (Augustus), dem zweiten (Lieblings-) Sohn König Georgs III, Herzog von York und Albany (dem "Grand Old Duke of York"), als dieser Prinzessin Friederike (Frederica Charlotte Ulrica) von Preußen heiratete, die Tochter König Friedrich Wilhelm II. und Nichte Friedrichs des Großen. Das Tauschobjekt des Herzogs: Dover House, Whitehall, heute Teil des Scotland Office. Sein zweiter (schottischer) Titel lebte fort im Namen des Hauses, als Alexander Copland Anfang 1802 nach dessen Erwerb den Architekten Henry Holland beauftragte, dem Haupthaus ("The Mansion") zur Gartenseite hin zwei Seitenflügel anzugliedern, verbunden durch den berühmten "Rope Walk", den überdachten, von der damaligen Chinamode inspirierten Privatweg. Das Albany als Wohnkonzept war zu diesem Zeitpunkt in England ein absolutes Novum. (Wohnungen überhaupt, im Gegensatz zu Häusern, setzten sich erst Mitte des 19.Jahrhunderts durch.) Mit dem Albany wurde die Tradition des 'bachelor flat' begründet, die dieses wie kein zweites verkörpert: angesiedelt fast ausschließlich im 'Clubland' von St.James's und bis 1914 in größerer Anzahl errichtet. Die Anordnung der 1803 eingeweihten Wohnanlage, die unter Denkmalschutz steht, erinnert an die alten Colleges von Oxford und Cambridge und die Londoner Inns of Court. Eine besondere, langjährige Verbindung besteht zu Peterhouse, dem ältesten College der Universität Cambridge. Der "Squire of Piccadilly" und "King of Albany", der Botaniker William Stone, Vorbild für die Hauptfiguren von zwei Dramen und einer Sherlock Holmes - Geschichte, hinterließ bei seinem Tode 1958 im Alter von 101 Jahren seinem alten College 34 Wohnungen ("sets" of chambers ) im Albany, eine weniger als die Hälfte der Gesamtzahl. Er hatte sie im Laufe seines langen Lebens "gesammelt".

Die einzige Einzimmerwohnung ("The Mezz", Kurzform für "The Mezzanine flat") über der Pförtnerloge wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch Einziehen einer Zwischendecke gewonnen und war die erste Londoner Wohnung des Earl of Snowdon. Alle anderen Wohnungen tragen als Teil der Adresse einen Buchstaben von A ("The Mansion") bis L ( J ist ausgenommen) gefolgt von einer Ziffer von 1 bis 6, also von A 1 bis L 6.

Bewohner des Albany

Der "Rope Walk"

Die Bewohner des Albany und deren nicht minder berühmte Besucher (Wordsworth, Jane Austen, Dickens, Disraeli, Oscar Wilde, William Morris, der ein "set" vollständig ausgestaltete, Rossetti, Burne-Jones, Beardsley, Cecil Rhodes, Zola, Mark Twain, Henry James, Arthur Conan Doyle, Max Beerbohm, Kipling, Somerset Maugham, H.G.Wells, Noel Coward, Churchill, dessen Tochter Sarah und Schwiegersohn Baron Audley dort ebenso wohnten wie Earl Mountbatten of Burmas Tochter Lady Pamela Hicks , Prinzessin Diana …) spiegeln bis heute die Kultur-und Geistesgeschichte Großbritanniens wider.

Lord Byron, sechs Premierminister von George Canning über Lord Melbourne, Lord Palmerston und Gladstone bis zu Sir Edward Heath und Lady Thatcher (1990, nach Räumung ihrer Dienstwohnung, 10 Downing Street), die Historiker Lord Macaulay, Lord Acton und Sir Arthur Bryant, Schriftsteller wie "Monk" Lewis, Lord Bulwer Lytton ("Die letzten Tage von Pompeji"), Arnold Bennett, Aldous Huxley, Sybille Bedford, Patrick Hamilton, J. B. Priestley, Graham Greene, Evelyn Waugh, Sir Harold Nicolson, Nigel Nicolson, Malcolm Muggeridge, Georgette Heyer, Margery Sharp, Bruce Chatwin, die Schauspieler Sir Squire Bancroft, Sir Herbert Beerbohm Tree, Sebastian Shaw, Terence Stamp, die Schauspielerin Margaret Leighton und zahlreiche andere bedeutende Persönlichkeiten wie Marconi, Max Reinhardt, die Architekten Henry Holland, George Basevi, Sir Robert Smirke, der Architekt des British Museum, der Dirigent Sir Thomas Beecham, der Ideenhistoriker Sir Isaiah Berlin, William Henry Fox Talbot, der Pionier der Fotografie, der Künstler und Dickens-Freund George Cattermole, Direktoren der großen Londoner Kunstmuseen (unter anderem Lord Clark und dessen Sohn Alan, der Politiker und Historiker), eine lange Reihe von Oxbridge Rektoren und Professoren, Banker wie Coutts, Hoare und Baring, der Marquess of Queensberry (Prozessgegner Wildes), der Lord Chancellor Henry Brougham, "The Radical Dandy" (Thomas Slingsby Duncombe, MP), die Politiker Lord John Manners und Lord Lee of Fareham, König Faisal von Saudi-Arabien (als Kronprinz), Baron Philippe de Rothschild, Prinzessin Anne nach ihrer zweiten Heirat ... Sie alle waren "Albanians", wohnten im Albany, "London’s most exclusive address", wie die traditionsreiche Zeitschrift "Country Life" zum 200. Jubiläum am 12. Juni 2003 auf ihrer Titelseite lapidar feststellte und damit Buckingham Palace, 10 Downing Street, Apsley House ("No. 1 London") und die eine oder andere noble Adresse Londons außer acht zu lassen schien. (Schon in einem längeren Artikel aus dem Jahr 1903, in dem der angeblich bevorstehende Abriß des Albany gemeldet wurde, ist von dem "most famous apartment house in the world" die Rede (The New York Times, June 14,1903)) Hier lebte Lord Stanley, der im Februar 1863 die ihm angetragene Krone Griechenlands ablehnte – mit den Worten: "Don’t they know I’m going to be the Earl of Derby?" Hier wohnte Viscount Rothermere, der 1919 nach dem Vertrag von Trianon die Krone Ungarns zurückwies. Im Albany hob Sir Allen Lane "Penguin Books" aus der Taufe. Hier - in B4 - "wohnte" Ernest Worthing in Oscar Wildes "The Importance of Being Earnest" und später im wirklichen Leben die Schauspielerin Dame Edith Evans, die in ihrer Paraderolle als Lady Bracknell ("a handbag?") in dieser Komödie in Theater und Film große Erfolge feierte. Hier spielen Dramen des 20. Jahrhunderts, wie E. M. Parsons’ "Shades of Albany", das auf der Gartenparty zum 125. Jubiläum spielt, und "While the Sun Shines" des Albany-Bewohners Sir Terence Rattigan, in dessen Wohnung Laurie Slades "Joe & I" (Weltpremiere am 8. November 2005 in London) spielt, Romane des 19. Jahrhunderts von Dickens ("Sketches by Boz", "Our Mutual Friend"), W. M. Thackeray, Trollope (drei Romane), Disraeli und Oscar Wilde ("The Picture of Dorian Gray") und des 20. Jahrhunderts von Sir Compton Mackenzie, Virginia Woolf ("Jacob's Room"), Dorothy L. Sayers, G. K. Chesterton ("Father Brown"), H. G. Wells, Sir P. G. Wodehouse, Anthony Burgess, mehrere Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle…: insgesamt über siebzig fiktionale Werke. Hier wurden mehrere Filme gedreht, teilweise am Originalschauplatz; mehrmals wurde das Albany in Film- und Fernsehstudios und einem Schloßpark nachgebaut, so zum Beispiel allein für sechs Verfilmungen der in Großbritannien sehr bekannten Abenteuergeschichten des fiktiven Albany-Bewohners A. J. Raffles von E. W. Hornung, dem Schwager Conan Doyles. Drei weitere Autoren verfassten Raffles-Abenteuer, Graham Greene eine Raffles-Komödie, und George Orwell schrieb einen Essay über ihn.

Lage und Charakteristika

Direkt (östlich) neben der Royal Academy of Arts, im Albany Court Yard, gegenüber der Hofbuchhandlung "Hatchards" und dem exklusiven Kaufhaus "Fortnum & Mason" liegt das Albany im Herzen des Westend in Mayfair, angrenzend an St. James’s. Die berühmte London Library am St. James's Square, Europas grösste Buchhandlung (Waterstone's Flaggschiff in Piccadilly), die großen Auktionshäuser, Antiquariate, Kunsthandlungen, Museen, Theater und Gentlemen’s Clubs sind nur wenige Gehminuten entfernt. Durch Einfahrt und Vorhof vom Verkehrslärm verschont, bildet es ein "Paradise in Piccadilly", so der Titel eines 1925 erschienenen Buchs des Karikaturisten Harry Furniss über das Albany. Um "Peace in Piccadilly" (so der Buchtitel von Lady Sheila Birkenheads Standardwerk über das Albany von 1958) zu gewährleisten, gibt es strenge Regeln: keine Immobilienmakler, keine Journalisten, keine kleinen Kinder, keine Tiere, kein schnelles Laufen, kein Pfeifen, kein Fotografieren.

Neubewerber werden nach Einreichen diverser Empfehlungsschreiben einem ausführlichen Bewerbungsgespräch unterzogen. Die Chemie soll stimmen. Da das Interesse das Angebot weit übersteigt, stand zum Beispiel Edward Heath dreizehn Jahre auf der Warteliste. Die Anhänglichkeit von mindestens zwei ehemaligen Bewohnern reichte über den Tod hinaus: Ihre Asche wurde in den beiden Gärten verstreut.

Klärungen

  • Bei ihrer Gründung trug die Wohnanlage den schlichten Namen "Albany"; im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte sich "The Albany" durch. Um 1900 waren die Bewohner überwiegend der Meinung, mit Artikel klinge der Name zu sehr nach "pub". Man legte daher zunehmend Wert auf die ursprüngliche Bezeichnung, die sich bis heute wieder weitgehend eingebürgert hat.
  • Immer wieder finden sich in der Literatur über das Albany und in fiktionalen Werken die irrigen Aussagen, das Albany sei ein Club, beherberge die ersten "serviced flats" der Welt, sei "bewirtschaftet", besäße einen gemeinsamen Speisesaal oder ein Restaurant. Letzteres galt nur für die Jahre 1803-1810.
  • Die weit verbreitete Auffassung, dass es nach dem Gründungsdokument Frauen nicht gestattet sei, im Albany zu leben, trifft nicht zu. Es war nur im 19. Jahrhundert selten der Fall, dass Frauen ihren eigenen Hausstand gründeten. Tatsächlich haben Frauen seit den achtziger Jahren des vorletzten Jahrhunderts im Albany gewohnt.
  • Ein weiteres Gerücht: Albany-Bewohner grüßen sich nicht, wenn sie sich im "Rope Walk" begegnen. Sie grüßen sich sehr wohl.
  • Zur Aussprache: Die erste Silbe von "Albany" wird wie das englische Wort "all" ausgesprochen.
  • Aus Gründen der Diskretion und des Datenschutzes werden in diesem Artikel nur prominente Bewohner erwähnt, die in der Vergangenheit im Albany gewohnt haben.

Literatur

  • 'Albany',Survey of London: volumes 31 and 32: St. James Westminster, Part 2(1963), pp. 367-389. URL:http://www.british-history.ac.uk/report.aspx?compid=41481
  • Jonathan Ray, Albany - A Prosopographical Study in Fact and Fiction (Royal Holloway and Bedford New College, University of London PhD thesis) London 1997
  • David Watkin, Albany, Piccadilly, Country Life, June 12,2003,102-107
  • Elizabeth Oliver (Hrsg.), Albany, London (Trustees of Albany) 2003

Vorlage:Koordinate Artikel