Zum Inhalt springen

Stranggießen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. November 2003 um 10:23 Uhr durch ErikDunsing (Diskussion | Beiträge) (typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Stranggießen ist ein Verfahren zum Herstellen von Halbzeug aus Metallen und ihren Legierungen. Im Gegensatz zum Blockguß wird das Verfahren kontinuierlich durchgeführt. Dabei wird eine bodenlose wassergekühlte Kokille verwendet, in die das flüssige Metall gegossen wird. Innerhalb der Kokille erstarrt die Strangschale, die dann in Gießrichtung abgezogen werden kann und den flüssigen Kern umschließt. Anschließend wird die Strangschale mit Wasser gekühlt, bis der Strang vollständig erstarrt ist.


Stranggießen von Aluminium

Technologie des Gießens

Das Stranggussverfahren für Aluminium wird auch als Wasserguss bezeichnet. Das Verfahren in der hier beschriebenen Weise ist ein halbkontinuierlicher Prozess. Das flüssige Metall wird in eine wassergekühlte rahmenartige Kokille mit absenkbarem Boden gegossen. Hat die Schmelze in der Kokille eine bestimmte Füllhöhe erreicht, so wird der erstarrte Strang nach unten stetig abgesenkt, und zwar im selben Ausmaß, wie flüssiges Metall zuläuft. Der Querschnitt des gegossenen Metalls wird durch die Form der Kokille vorgegeben.

Die Kokille ist ein Metallrahmen, der über dem absenkbaren Kokillenfuß befestigt wird, der verhindert, dass das flüssige Metall nach unten in den Sumpf des Gießgrube wegläuft. Durch Fehler in der Absenkautomatik kann es vorkommen, dass ein Bereich des Stranges unten an der Kokille austritt, obwohl er noch nicht fest ist. Dann ergießt sich das flüssige Metall in die darunterliegene Gießgrube und der Guss des betroffenen Stranges muss abgebrochen werden. Die Gießgrube ist mit Wasser gefüllt, damit das flüssige Metall sich auf dem Boden als Granulat sammelt und nachher relativ problemlos entfernt werden kann. Diese Probleme treten meist schon beim Anguss des Strangs auf, also wenn es Fehler in der Automatik gibt, dann werden diese sofort ersichtlich. Aus wirtschaftlichen Gründen werden deshalb auch z.B. 5 Barren angegossen obwohl nur 4 benötigt werden. Der zusätzliche Barren dient als Sicherheit. Der Guss des Sicherheitsbarrens wird abgebrochen, wenn es ersichtlich wird, dass die restlichen 4 Barren ohne Probleme die vorgesehene Länge erreichen.

Vor dem Austritt aus der Kokille hebt sich die Kruste des Barrens infolge Volumenkontraktion von der Kokillenwand ab. Eine zweite, schnell folgende Kühlung wird durch Kühlwasser erreicht, das am unteren Rand der Kokille austritt und gegen die Barrenoberfläche gespritzt wird. Die wassergekühlte Kokille und das anspritzen des noch heißen Barrens mit Wasser bewirken eine sehr rasche Erstarrung. Nahe der angespritzten Blockoberfläche herrschen Temperaturen von etwa 300 bis 500 °C.

Je nach Gießbedinungen ist der Sumpf d.h. das noch flüssige Metall verschieden tief. Ideal wäre eine scheibenförmige Erstarrung die aber nicht auf wirtschaftliche Weise realisiert werden kann. Also nimmt man eine gewisse Sumpftiefe in Kauf. Besonders empfindliche Legierungen gießt man langsamer, so dass der Sumpf flacher wird.

Normalerweise wird beim Stranggießen eine Absenkgeschwindigkeit von 5 bis 10cm/min angewendet. Bei dieser Gießgeschwindigkeit ist die Erstarrungsgeschwindigkeit im Mittel etwa 10 mal größer als beim Blockguss in eiserne Kokillen ohne Wasserkühlung. Die unterschiedliche Erstarrungsgeschwindigkeit macht sich im Gussgefüge deutlich bemerkbar. Im Stranggussgefüge sind Zellen und Einlagerungen wesentlich feiner als beim Kokillenguss. Auf Grund der raschen Erstarrung ist der Stranggussbarren weitgehend frei von Blockseigerung. Das heißt, man findet über den Barrenquerschnitt kaum Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der rasche Wärmeentzug beim Stranggießen verhindert allerdings einen Ausgleich der Legierungselemente in den Körnern des Gussgefüges, so dass die Übersättigung und Kornseigerung stärker ist als beim langsam erstarrenten Kokillenguss. Allerdings kann man Übersättigung und Kornseigerung durch eine Hochglühung des Gussgefüges beseitigen. Im Unterschied zur Makroseigerung Blockseigerung, die nicht mehr ausgeglichen werden kann.

Die Gusshaut von Stranggussbarren weißt im allgemeinen starke Ausschwitzungen auf, in welchen eine deutliche Anreicherung der Legierungsmetalle festgestellt werden. Hier handelt es sich also um eine Blockseigerung, welche durch eine Barrenhochglühung nicht mehr beseitigt werden kann. Allerdings ist die Erscheinung auf einen Bereich von wenigen Millimetetern unter der Oberfläche beschränkt, welcher nach dem Gießen meistens durch abfräsen entfert wird. Zur unterdrückung der Aussschwitzung sowie zur Steigerung der Gießgeschwindigkeit kommt es darauf an, den durch Kontraktion der bereits erstarrten Außenzonen entstehenen Schrumpfspalt zwischen Gusshaut und Kokillenwand möglichst klein zu halten, da durch dieses Luftpolster fast keine Wärme abgeleitet wird.

Kokillen für Luftfahrtlegierungen haben über die Breite eine größere Ausbauchung um die erhebliche höhere Schrumpfung dieser Werkstoffe zu kombensieren. Zur Reduzierung des Schrumpfspaltes sind viele Maßnahmen vorgeschlagen worden. Insbesondere das Gießen mit möglichst niedrigem Metallstand in der Kokille. Eine andere Möglichkeit besteht im Einsatz konischer oder geriefter Kokillen. Eine geriefte Kokille bewirkt durch Lufteinschlüsse zwischen Kokillenwandung und flüssigem Metall in eine Verzögerung der Wärmeabfuhr wodurch bei gleich hohem Metallstand in der Kokille das Metall länger in Kontakt mit der Kühlfläche bleibt.Die Kontraktion verschiebt sich weiter nach unten, das heißt, der Schrumpfstpalt wird kürzer. Neuerdings wurde das in der ehemaligen UdSSR erfundene, berührungslose Stranggießen in einm Magnetfeld durch AluSuisse zur industriellen Reife entwickelt. Das Schrumpfspaltproblem wird hierdurch eliminiert.

Wasserstoffgehalt und Oxideinschlüsse

Unter den natürlichen Verunreinigungen des Aluminiums gibt es nichtmetallische und metallische; wichtig sind bei letzteren der Eisen- und Siliziumgehalt des Elektrolysemetalls. Bei den nichtmetallischen stehen Wasserstoff und Oxide im Vordergrund. Die wichtigste Ursache für die Entstehung von Wasserstoff besteht in der Reaktion zwischen dem flüssigen Metall und Wasser welches meistens in der Form von Wasserdampf in der Atmosphäre vorliegt.

Der dabei entstehende Wasserstoff wird großenteils von der Schmelze aufgenommen (gelöst) Gelegenheist zum Ablauf dieser Reaktion besteht vor allem bei der Reaktion von flüsisgem Aluminium mit der Luftfeuchtigkeit oder feuchten Verbrennungsgasen sowie beim einschmelzen von öligem, feuchtem oder korrodiertem Schrott. Das Korrosionsprodukt von Aluminium ist ein wasserhaltiges Oxid.
Je größer der Wasserdampfdruck über der Oberfläche und je höher die Temperatur der Schmelze, um so höher ist der Wasserstoffgehalt, der sich in der Schmelze einstellt. Der Einfluss der Tempereratur auf die Gleichgewichtslöslichkeit des Wasserstoffs im Aluminium ist in Bild 1 wiedergegeben. Da das frich geschöpfte Elektrolysemetall eine hohe Temperatur von 900 °C. aufweist, reagiert es begierig mit Wasserdamf und weist daher meist einen relative hohen Wasserstoffgehalt auf (unter Umständen über 1 cm³ / 100g Aluminium) man erkennt in Bild 1 insbesondere einen sprunghaften Rückgang der Löslichkeit des Wasserstoffs bei der Erstarrung. Die Wasserstoffgehalte, welche im Regelfall in der Praxis vorliegen, sind in Bild 1 schraffiert eingezeichnet. Die Löslichkeit des Wasserstoffs in Aluminium beträgt im festen Zustand bei der Solidustemperatur nur noch etwas 10 % der Löslichkeit in der Schmelze bei Liquidustemperatur. Dennoch kann der in der Schmelze vorhandene Wasserstoff bereits im verlaufe der Erstarrung und erst recht im festen Aluminium stark übersättigt vorliegen.
Bei rascher Erstarrung, wie sie bei technischen Gießverfahren vorliegt, hat der Wasserstoff nicht genug Zeit um aus dem erstarrenden Gefüge in die Schmelze zu entweichen, so dass man im festen Aluminium fast immmer mehr Wasserstoff findet als im Gleichgewicht löslich ist.
Ausser Wasserstoff entsteht auch Aluminiumoxid (Al²O³) das sich auf der Oberfläche des festen oder flüssigen Metallles schichtartig ansammelt. Diese Oxidhaut kann beim Einschmelzen sowie beim Bewegen oder Fließen der Schmelze in das Innere des flüssigen Metalls gelangen wo das Oxid dann als Einschluss vorliegt. (Bild 2)
Zu hoher Wasserstoffgehalt und Oxideinschlüsse sind beim Stranggießen wie auch beim Formgießen gleichermaßen unerwünscht. Daher trachtet man danach, vor dem vergießen Oxide und Wasserstoff aus der Schmelze möglichst weitgehend zu entfernen. Die entsprechenden Verfahren werden teilweise auch als Raffination der Schmelze bezeichnet. Wichtig ist, insbesondere das durchperlen von Chlorgas (chlorieren) eine Salzwäsche der Schmelze oder ein längeres abstehen lassen der Schmelze vor dem vergießen. Alle drei genannten Verfahren verringern sowohl den Wasserstoff- als auch den Oxidgehalt.


Schmelzefiltration

Zur Herstellung von Aluminiumprodukten (Gussteilen oder Halbzeug) mit hoher Qualität müssen Oxideinschlüsse und Wasserstoff bereits vor der Erstarrung zu einem großen Teil entfernt werden. In der Vergangenheit wurde dazu hauptsächlich eine Chlorgasbehandlung der Schmelze durchgeführt. Die Chlorierung von Aluminiumschmelzen hat aber verschiedene Nachteile. Unter anderem wird der Magnesiumgehalt der Schmelze verringtert und insbesondere entstehende Probleme in Sachen Umweltschutz, da das entweichende Aluminiumchlorid in die Umwelt gelangen kann. Auch für die Arbeitsplatzhygiene ist der Umgang mit Chlor unterwünscht. Daher werden heute teilweise Gasmischungen aus 90 % Stickstoff mit 10 % Chlor benutzt oder es wird anstelle einer Gasbehandlung mit Chlor die Schmelze filtriert.

Seite einigen Jahren haben sich insbesondere zwei Filtrierverfahren durchgestetzt. Anwendung eines porösen Keramikfilters oder eines Filterbettes, welches entweder aus Aluminiumkugeln oder Petrolkoks besteht. In jedem Falle eignet sich dieses Verfahren dazu, die meiten Oxideinschlüsse zurückzuhalten.

Ein Keramikfilter ist ein kreisrunder oder rechteckiger porösen Filterstein, der meist unmittelbar vor der Strangussanlage eingesetzt wird und jeweis am Ende eine Gießcharge ersetzt werden kann. (Weggwerffilter im Hinblick auf seine geringen Kosten) Für Luftfahrtanwendungen sind max 10 Güsse pro Filter, für normale Anwendungen maximal 18 Güsse möglich.

Ausserdem kann in einer Durchlauffiltration der zuvor genannten Art ein Gasgegenstrom eingebaut werden, wobei entweder Argon oder trockener Stickstoff verwendet wird. Dadurch werden Oxidnester und Wasserstoff entfernt und man kann mit diesem Verfahren Produkte herstellen, welche einen extrem niedrigen Gehalt an Einschlüssen Wasserstoff aufweisen.

Entstehung von Wasserstoffporen

Im Gussgefüge können drei verschiedene Arten von Hohlräumen auftreten:

Lunker, hervorgerufen durch die starke Volumenabnahme, die das erstarrende Metall beim Übergang vom festen Zustand erleidet (6-7% bei Reinaluminium, bei Legierungen meist weniger).
Lufteinschlüsse, entstanden durch Luft die beim Gießen in das Metall gelangt und nicht mehr rechtzeitig vor dem Erstarren entweichen kann.
Wasserstoffporen in denen sich der während der Erstarrung oder im festen Zustand ausgeschiedene Wasserstoff angesammelt hat.

Die beiden ersten Fehlerformen sind beim Formguss wichtig. Wasserstoffausscheidungen spielen sowohl beim Strangguss und Knethalbzeug als auch bei Formgussstücken eine Rolle und sollen hier näher betrachtet werden: Wasserstoffausscheidungen im Gussgefüge treten in der Form von feinen bis mittleren Poren auf (Durchmesser etwa 0,001 bis 0,5 mm). Diese Poren können nicht nur während sondern auch nach der Erstarrung entstehen und werden dementsprechend in primäre und sekundäre Porösität unterteilt. Je höher der Wasserstoffgehalt der Schmelze ist und je langsamer die Erstarrung erfolgt, umso mehr wird die primäre Porösität begünstigt.

Die primäre Porösität ist meist relativ ungleichmäßig im Gefüge verteilt. Bei Reinaluminium - Strangguss mit den meist vorliegenden Wasserstoffgehalten von 0,1 bis 0,2 cm³/100g liegt die primäre Porösität bei oder unter 0,1 Vol%. was bei diesem Werkstoff und den Knetlegierungen mittlerer Festigkeit noch als unschädlich gilt.
Höhere Wasserstoffgehalte verursachen merkliche primäre und sekundäre Porösität, wodurch Rissbildung beim Warmwalzen und Blasenbildung beim Weichglühen der Bleche begünstigt werden. Beim Stranggießen hochfester Legierungen muss der Wasserstoffgehalt der Schmelze bedeutend niedriger, und zwar unter 0,08 cm³/100 g gehalten werden. Einmal, weil das breite Erstarrungsinterwall und das meist dendritische Kristallwachstum dieser Legierungen die Ausscheidung von Wasserstoff als primäre und sekundäre Porösität begünstigen; zum anderen, weil die hochfesten Legierungen gegenüber derartigen Störungen des Gefügezusammenhangs empfindlicher sind als relativ weiche Werkstoffe.
Die sekundäre Porösität besteht aus sehr feinen Poren von meist nur einigen Micrometern Durchmesser (0,001 bis 0,01 mm) Diese Poren entstehen oder vergrößern sich oftmals beim Glühen von Barren und Halbzeug. Die sekundäre Porösität tritt sehr gleichmäßig auf und wurde bisher, im Gegensatz zur primären Porösität, als weitgehend oder völlig unschädlich erachtet.

Allgemeine Regeln beim Gießen

Gießtemperatur: 25 K - 40 K über dem Schmelzpunkt je tiefer - desto feiner das Korn - desto geringer die Gasaufnahme - desto weniger Abbrand.

Metallzufuhr: langsam und turbulenzfrei, damit durch ein Aufreißen der Oxidschicht nicht losgelöste Oxidpartikel in den Gussbarren gelangen und die Wasserstoffaufnahme reduziert wird.

Metallverteilung: durch geeignetes Verteilsystem (Prallplatte) die Schmelze nahe an die Kokillenwand führen.

Kühlwasser: kontrolliert und gleichmäßig für glatte Barrenoberflächen

Gießgeschwindigkeit: = wichtigster Einflussfaktor, legierungsabhängig
große Gießgeschwindigkeit - langsame Abkühlung, tiefer Sumpf
kleine Gießgeschwindigkeit - schnelle Abkühlung, flacher Sumpf