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Schweizer Parlamentswahlen 2007

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Nationalratssaal

Die Schweizer Parlamentswahlen 2007 werden am 21. Oktober 2007 abgehalten. Dabei sind die 200 Mandate des Nationalrats sowie 43 der 46 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 48. Legislaturperiode wird vier Jahre bis Oktober 2011 dauern.

Am 12. Dezember 2007 wird das neue Parlament, die Vereinigte Bundesversammlung, die neue Schweizer Regierung, den Bundesrat, wählen.

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d.h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Eine Ausnahme bilden die sechs kleinsten Kantone, die aufgrund ihrer Grösse nur einen Sitz im Nationalrat haben: Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden, Obwalden und Uri. Deren Vertreter werden nach dem Majorzwahlsystem gewählt.

Den Wählenden ist es erlaubt, zu panaschieren und zu kumulieren. 2003 panaschierten 60 Prozent der Wählenden, wobei nur 14 Prozent Kandidaten anderer Parteien eintrugen. Die anderen setzten Kandidaten, die auf anderen Listen derselben Partei (z.B. Liste der Jungpartei) waren, auf ihre Wahlliste.

Listenverbindungen

Listenverbindungen sind nur bei den Nationalratswahlen möglich. Zwei miteinander verbundene Listen werden in der ersten Sitzverteilung wie eine einzige Liste behandelt. Erst in späteren Verteilungen wird ermittelt, welche der verbundenen Listen wieviele Sitze erhält.

Restmandate

Restmandate sind jene Sitze, die bei der ersten Verteilung aufgrund der Listenstärken nicht eindeutig zugewiesen werden können. Sie werden in einer zweiten Verteiligung auf jene Listen verteilt, die die Sitze annähernd erreicht haben. Bei den letzten Nationalratswahlen erhielten die SP und die FDP je 11 Restmandate, die SVP 7, die CVP 5 und die Grünen 4. Alle anderen Parteien bekamen ein oder kein Restmandat.

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. Ausser dem Kanton Jura wenden alle Kantone das Majorzwahlrecht an. Mit Ausnahme der Kantone Appenzell Innerrhoden und Zug wird in allen Kantonen auch die Ständevertretung am 21. Oktober gewählt. Zug hat seine beiden Ständeräte bereits am 29. Oktober 2006 bestimmt, Appenzell Innerrhoden wählte seinen (einzigen) Ständerat, Ivo Bischofberger (CVP), am 29. April 2007 an der Landsgemeinde. Im Kanton Graubünden finden die Ständeratswahlen zum ersten Mal gleichzeitig mit den Nationalratswahlen statt.

Wahlgeschichte

Wichtige Einschnitte im Wahlgeschehen der Schweiz waren 1919 (Nationalrat erstmals nach Proporzbedingungen gewählt) und 1959 mit der Einführung der Zauberformel für die Zusammensetzung des Bundesrates nach Konkordanzbedingungen. 1971 schliesslich konnten die Frauen erstmals bei den Parlamentswahlen teilnehmen.

1995 setzte nach einer längeren Phase der parteipolitischen Stabilität die Polarisierung im schweizerischen Parteiensystem ein, die 2003 ihren (bisherigen) Höhepunkt erreichte. Sie brachte vor allem der SVP Stimmengewinne, etwas eingeschränkt auch der SP und den Grünen. Gleichzeitig verschwanden mit der Freiheitspartei oder dem Landesring verschiedenen Parteien auf nationaler Ebene, und es nahm die Wahlbeteiligung wieder etwas zu. Da so die beiden grossen Parteien an den Polen gestärkt wurden, spricht man häufig auch von Polarisierung oder Bipolarisierung.

Gleiches, wenn auch abgeschwächt, zeigt sich seit 1995 auch bei den Ständeratswahlen. Seit 1995 werden die SP und die SVP stärker, ohne die CVP und FDP jedoch überholt zu haben. Gleichzeitig sind die LP und der LdU nach längerem im Ständerat verschwunden, und die Lega, 1991 erstmals gewählt, konnte sich schon bei der ersten Wiederwahl nicht mehr halten.

Die Wahlbeteiligung bei Schweizer Parlamentswahlen ist im internationalen Vergleich seit längerem tief. Sie sank unter den Bedingungen der Konkordanz und erreicht 1995 mit 41,6 Prozent ihren bisherigen Tiefpunkt. Seither steigt sie, wenn auch nicht kontinuierlich leicht an. Bei den Wahlen 2003 lag sie bei 45,2 Prozent.

Die Ursachen werden verschieden gedeutet: Einmal aufgrund der Polarisierung, mit der die Polparteien durch klarere Positionen rechts und links bisherige Nicht-WählerInnen mobilisieren können; sodann mit der erleichterten brieflichen Wahl, die das Wählen administrativ vereinfacht hat.

Auswirkungen 2003 auf die Bundesratswahlen

Die verstärkte Polarisierung in den Wahlergebnissen von 2003 hatte Folgen: Die seit 1959 konstante Zusammensetzung des Bundesrates nach der Zauberformel 2 FDP, 2 CVP, 2 SP und 1 SVP wurde geändert: Die CVP verlor einen Sitz an die SVP. Damit büsste sie auch ihre entscheidende Scharnierrolle in der Landesregierung ein.

Die Verlagerung des Schwerpunktes im Bundesrat nach Mitte/Rechts, verbunden mit der Wahl des SVP-Protagonisten Christoph Blocher in die Landesregierung, brachte eine erhebliche Unruhe in die schweizerische Politik. 2004 verloren Bundesrat und Parlament die ersten acht Volksabstimmungen; Ende 2004 / Anfang 2005 hat sich diese politische Unruhe wieder etwas gelegt.

Ausgangslage

Bei den letzten Nationalratswahlen 2003 erzielten die Parteien folgende Ergebnisse:

Partei: SVP SP FDP CVP Grüne LPS EVP EDU PdA SD Lega CSP SGA SolidaritéS
Sitze: 55 52 36 28 13* 4 3 2 2 1 1 1 1* 1
Wähleranteil in %: 26.73 23.33 17.30 14.38 7.62 2.18 2.28 1.26 0.90 0.92 0.35 0.36 0.50
Entwicklung des Wähleranteils bei Nationalratswahlen

* Während der Legislatur wechselte Martin Bäumle zur neu gegründeten Grünliberalen Partei, was für die Grüne Partei einen Sitzverlust zur Folge hatte. Umgekehrt trat Jo Lang von der SGA im Kanton Zug der Grünen Fraktion bei und vertritt seither die Zuger Alternativen.

Die 46 Sitze im Ständerat sind wie folgt verteilt:

Partei Sitze 2003 Sitzanteil 2003
CVP 15 32,6 %
FDP 14 30,4 %
SP 9 19,6 %
SVP 8 17,4 %

Die Wahlen in den Kantonsrat des bevölkerungsreichsten Kantons Zürich am 15. April 2007 brachten der SP einen Einbruch von 26.7 auf 19.5 % der Wählerstimmen. Gewinner der Wahlen waren die Grünliberale Partei, die bei ihrem ersten Antreten 5.8 % der Wählerstimmen erreichte, und die Grüne Partei, die ihren Wähleranteil von 8.1 auf 10.4 % steigern konnte.[1] Die SP führte ihr schwaches Abschneiden neben der neuen Konkurrenz auf eine verfehlte Kommunikation und fehlgeschlagene Mobilisierung ihrer Wählerschaft zurück. Untersuchungen der Wahlströme kamen zum Schluss, dass die Grünen mehr als die SP (und FDP) an die Grünliberalen verloren. Die SP musste aber zusätzlich grössere Wechslerverluste an die Grünen hinnehmen. Sichtbar wurde, dass insbesondere das linksliberale Lager im Kanton Zürich parteipolitisch in Bewegung geraten ist.

Im Vergleich zu allen kantonalen Wahlen seit den letzten eidgenössischen Parlamentswahlen ergibt sich aber ein differenziertes Bild. Das Parteienbarometer, das alle kantonalen Parlamentserneuerung nach einem einheitlichen Raster bewertet, spricht von einer abgeschwächten Bi-Polarisierung. Es zeigten sich neu auch eigentliche Links- resp. Rechtsrutsche. In ausgewählten Fällen wurde sogar das Zentrum wieder gestärkt, oder es obsiegten nur kantonale Aussenseiterparteien.

Gemäss einer Untersuchung des Lausanner Instituts IDHEAP[2] ergeben die Trends in den kantonalen Wahlen auf die nationale Ebene hochgerechnet: Gewinne für die Grünen (+3,4%), für die SVP (+0,6%), weitgehende Stabilität bei der CVP (-0,6%) und beschränkte Verluste für SP (-1,7%) und FDP (-1,8%). Die Problematik solcher Extrapolationen liegt indessen darin, das sie nur bisher bekannte Entwicklungen abschätzen, nicht aber neue Wirkungen des laufenden Wahlkampfes. So werden beispielsweise keine Aussagen zu den Grünliberalen gemacht.

Legislaturbilanzen

An medialer Beliebtheit gewonnen haben im Wahlkampf 2007 Legislaturbilanzen und Rankings der bisherigen Parlamentarier/-innen.

In der ausgehenden Legislatur hat die CVP die höchste Erfolgsquote. In 93 % der Namensabstimmung war mehr als die Hälfte ihrer Fraktion im Mehrheitslager. Es folgt die FDP mit 87 %, während die SVP auf 70 %, die SP auf 69 % und die Grünen auf 63% kommen. Unabhängig traten zwischen 2003 und 2007 die Grünen am geschlossensten auf. 89 Prozent ihrer Fraktion stimmten in der Regel gleich; bei der SP waren es 88 %, bei der FDP und der SVP je 77 und bei der CVP 73 %.

Das umfangreichste Ranking der Politiker/-innen im Nationalrat ermittelte aufgrund der eingenommenen Positionen und Fremdeinschätzungen der Politiker/-innen die Fraktionspräsidenten von FDP und SVP, Felix Gutzwiller und Caspar Baader, als die einflussreichsten Nationalräte. Gefolgt werden sie von Jacqueline Fehr (SP) und Christine Egerszegi-Obrist (FDP) als den einflussreichsten Politikerinnen im Nationalrat. Einflussreichster Ständerat der Gegenwart ist demnach der St. Galler Eugen David (CVP).

Wie schon 2003 gilt die ehemalige Konsumentenschützerin und heutige Berner SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga in der wahlberechtigten Bevölkerung als die glaubwürdigste Parlamentarier/-in in der Schweiz.

Nationalratswahlen

Folgende Ratsmitglieder treten nicht mehr zur Wahl an:[3]

Nach vorläufigen Angaben kandidieren in den 20 Wahlkreisen mit mehr als einem Nationalratsmandat 3089 Personen auf total 311 Listen für einen der 194 Sitze im Nationalrat, die effektiv nach dem Proporzverfahren vergeben werden. Dies übertrifft die bisherige Höchstmarke von 1999, als 2845 Kandidaturen aufgestellt wurden. Der Frauenanteil beträgt 35 % und ist stabil.

Ständeratswahlen

Ständeratssaal
  • Bern: Im Kanton Bern tritt die bisherige SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga wieder an. Für den zurücktretenden Hans Lauri schickt die SVP Regierungsrat Werner Luginbühl in die Ausmarchung. Sommaruga gilt als gesetzt, während die Ausgangslage für den zweiten Sitz offen ist. Chancen können sich auch Dora Andres (FDP) respektive Franziska Teuscher (Grüne) ausrechnen. Würden sie gewählt, wäre der Kanton Bern im Ständerat erstmals durch zwei Frauen vertreten.
  • Neuenburg: Im Kanton Neuenburg stellen sich die beiden SP-StänderätInnen der Wiederwahl. Mit der Bestätigung von Gisèle Ory rechnet man allgemein, während das bei Pierre Bonhote unsicher ist. Er wird sowohl vom kommunistischen Stadtpräsidenten von Le Locle herausgefordert, als auch von der liberalen Regierungsrätin Sylvie Perrinjaquet und dem FDP-Nationalrat Didier Burkhalter.
  • Solothurn: Die beiden bisherigen solothurnischen Ständeräte Rolf Büttiker (FDP) und Ernst Leuenberger (SP) treten zur Wiederwahl an. Sie werden von Annelies Peduzzi, Präsidentin der CVP des Kantons Solothurn, herausgefordert. Es besteht keine gemeinsame Wahlempfehlung der bürgerlichen Parteien FDP und CVP oder der SP und einer dieser Parteien. Die Kandidatur von Peduzzi wird von der FDP als Angriff auf ihren Ständerat Büttiker wahrgenommen. Leuenberger wird ausserdem von den Grünen unterstützt, Büttiker von der SVP und den Schweizer Demokraten, Peduzzi von der EVP. [5] [6]
  • Tessin: Im Kanton Tessin geht der bisherige FDP-Ständerat Dick Marty als Favorit ins Rennen. Bedrängt ist dagegen der Bisherige Filippo Lombardi (CVP), der wegen verschiedenen Gesetzesverstössen als Autofahrer ins Gerede gekommen ist. Er könnte durch den früheren SP-Nationalrat und weltweit bekannten Krebsforscher Franco Cavalli (SP) abgelöst werden. Repräsentative Umfragen im Vorfeld geben ihm bessere Wahlchancen als Lombardi.
  • Thurgau: Im Kanton Thurgau treten die zwei bisherigen Ständeräte Hermann Bürgi (SVP) und Philipp Stähelin (CVP) für ihre dritte Amtsperiode zur Wiederwahl an. Sie werden von drei Kandidaten herausgefordert. Chancen auf einen Sitz werden vor allem der grünen Kantonsrätin Isabella Stäheli-Tobler und dem SP-Kantonsrat Walter Hugentobler eingeräumt, während Gabriela Coray, die für den Nationalrat auf ihrer eigenen Liste „Alternative Liste gegen Politlügen“ antritt, keine Chance haben wird.
  • Waadt: Im Kanton Waadt versuchen Charles Favre (FDP) und Géraldine Savary (SP) die Zurücktretenden ihrer Parteien zu ersetzen. Sie werden von Guy Parmelin (SVP) und Luc Recordon (GP) herausgefordert. Es wird mit einem zweiten Wahlgang gerechnet, bei dem die Taktik der Parteien entscheidend sein dürfte.

Wahlkampf

Wahlziele der Parteien

Es wurden folgende Wahlziele bekanntgegeben:

  • SVP: „100'000 neue Wähler gewinnen und Wähleranteil erneut steigern.“
  • SP: „Stärkste Partei werden und die rechte Mehrheit im Bundesrat sprengen.“
  • FDP: Sechs zusätzliche Sitze für die FDP-Fraktion (FDP und LPS)
  • CVP: Zulegen und (jetzt oder 2011) zweiten Bundesratssitz zurückerobern
  • Grüne: „Drei bis fünf zusätzliche Sitze im Nationalrat und Einzug in den Ständerat.“
  • EVP: Fraktionsstärke sichern

Wahlkampfauftritte der Parteien

  • SVP: Die Schweizerische Volkspartei hat eindeutig den sichtbarsten und aggressivsten Wahlkampf betrieben. Sie besass das weitaus grösste Wahlkampfbudget und betrieb erfolgreiches Agenda Setting. Ihre Plakate gegen Ausländerkriminalität, auf dem weisse Schafe ein schwarzes Schaf über die Grenze bugsieren, und ihr Film „Himmel und Hölle“[7] sorgten für teils friedliche, schliesslich sogar gewalttätige Proteste. Mit ihrer Verschwörungstheorie, die den anderen Parteien einen Geheimplan zur Abwahl von Christoph Blocher vorwarf, trieb sie den Personenkult auf die Spitze.
  • SP: Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz versuchte mit sogenannten „Gipfelkonferenzen“ Sachthemen in den Vordergrund zu stellen. Sie sammelte Unterschriften für ihre Steuergerechtigkeitsinitiative und gegen die Unternehmenssteuerreform und führte mit einer neuen Website und Blogs einen fortschrittlichen Online-Wahlkampf. Ein Plakat, das ein an einem AKW zerschellendes Flugzeug zeigt, erntete intern wie extern Kritik.
  • FDP: Unter dem Titel „Hop Sviz“ setzte die Freisinnig-Demokratische Partei auf vier Projekte: Die intelligente Schweiz, die offene Schweiz, die gerechte Schweiz und die wachsende Schweiz. In ihrer Werbung setzte sie vorwiegend auf positive Emotionen und am wenigsten aller Parteien auf einzelne Köpfe.
  • Grüne: Die Grünen verzichteten weitgehend auf einen national geführten Wahlkampf und konzentrierten ihre Mittel vorwiegend auf Kantone, in denen sie mit Sitzgewinnen rechnen. Trotzdem machten sie auf einem Plakat landesweit mit einem schmelzenden Eis am Stiel auf den Klimawandel aufmerksam.
  • EVP: Die Evangelische Volkspartei ist eine Mitte-Partei. Leitmotiv ist Gewissen vor Interessen. Die EVP vertritt in wirtschaftspolitischen Fragen einen Zentrumskurs, ist wertkonservativ und ökologisch ausgerichtet.

Wahlkampfthemen

Das Wahlbarometer lässt die folgenden Rückschlüsse auf die für die wahlberechtigte Bevölkerung relevanten Sachthemen zu:

In den letzten sechs Monaten vor der Wahl dominierten abwechslungsweise die Themen „Umwelt/Klima“ und „Ausländer/Integration/Ausschaffung“. Im gleichen Zeitraum etablierten sich Fragen der sozialen Sicherheit und der Sozialversicherungen einerseits, sowie der Arbeitslosigkeit und Wirtschaftslage anderseits als die dritt- und viertmeist-interessierenden Themen. Weitere für die wahlberechtigte Bevölkerung relevante Themen sind: Asyl/Flüchtlingspolitik, Familienpolitik, Gesundheitswesen, Krankenkassenprämien, Verhältnis zur EU, Staatsfinanzen.

Klimaschutz und Energie

Durch den UN-Klimabericht, Al Gores Film Eine unbequeme Wahrheit und Unwetterereignisse hat das Thema Klimaschutz neuen Auftrieb erhalten. Es wird vorausgesagt, dass vor allem die Grünen davon profitieren werden können – überwiegend auf Kosten der SP, die trotz langjährigem Leistungsausweis auf diesem Gebiet eine Verschiebung zu den Grünen kaum verhindern kann. Zentrale Forderungen der linken Seite sind eine CO2-Abgabe, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und die staatliche Förderung der erneuerbaren Energien. Die bürgerlichen Parteien FDP und CVP haben sich, auch angesichts der neuen Konkurrenz durch die GLP, ebenfalls dieses Themas angenommen.

Während die bürgerlichen Parteien den Bau eines neuen Atomkraftwerks befürworten, da damit eine drohende Abhängigkeit vom Ausland abgewendet werden und gegenüber Gaskraftwerken Treibhausgasemmissionen eingespart werden könnten, lehnt die Linke AKWs kategorisch ab und setzt stattdessen auf Effizienzsteigerungen und die erneuerbaren Energien.

Die FDP will mit einer Volksinitiative das Verbandsbeschwerderecht beschneiden, das Umweltverbänden wie dem Verkehrs-Club der Schweiz die Möglichkeit gibt, behördliche Entscheide auf Übereinstimmung mit dem Umweltgesetz richterlich prüfen zu lassen.

Jugendgewalt

Obwohl über die Zunahme der Jugendgewalt von Polizei und Jugendanwaltschaft scheinbar widersprüchliche Statistiken aufgestellt werden, ist die Bedeutung dieses Themas gewachsen. Verschiedene Fälle, insbesondere von Vergewaltigungen durch Jugendliche, wurden öffentlich und sorgten für Aufsehen. Ein Inserat der SVP, das ein Bild eines Rappers zum Thema Jugendkriminalität zeigt, erzürnte die Hip-Hop-Szene – Rapper wie Gimma und Stress protestierten lautstark. Die SVP sieht das Problem vor allem als Ausländerproblem, obwohl die Delikte der Jugendlichen mit Schweizer Pass stärker zugenommen haben, und fordert härtere Massnahmen. Aufsehen erregte auch SP-Ständeratskandidatin Chantal Galladé mit der Forderung, das Strafrechtsalter zu senken.

Ausländerkriminalität und -integration

Die SVP fordert mit ihrer Ausschaffungsintitative eine konsequente Ausschaffung von kriminellen Ausländern. Insbesondere die linken Parteien fordern hingegen verstärkte Integrationsbemühungen nach dem Motto «fördern und fordern». Das Basler Modell von Thomas Kessler dient dabei oft als Vorbild.

Steuern

Durch den Steuerwettbewerb unter den Kantonen versuchen die Kantone mit verschiedenen Modellen, Reiche und Unternehmen anzulocken. Die bürgerlichen Parteien sehen den Steuerwettbewerb als Mittel zur Förderung der Standortattraktivität. Die linken Parteien möchten ihn begrenzen, da er vor allem den Reichen nütze und den Staat ruiniere. Das Bundesgericht beurteilte das im Kanton Obwalden eingeführte Steuermodell mit degressiven Elementen als nicht verfassungskonform.

Mit ihrem Modell Easy Swiss Tax will die FDP die Steuererklärung stark vereinfachen, indem viele Möglichkeiten für Abzüge gestrichen werden. Dadurch sollen Steuerschlupflöcher gestopft werden. Damit gekoppelt will sie Steuersenkungen durchbringen. Auch eine Flat Tax ist im Gespräch. Die SP will die Steuererklärung noch stärker vereinfachen. Mit ihrer Steuergerechtigkeitsinitiative fordert sie einen Mindeststeuersatz für Superreiche und die Verankerung des Verbots von degressiven Steuermodellen in der Verfassung.

Wirtschaft und Bildung

Linke Parteien fordern mehr Investitionen in die Bildung. Ausserdem setzen sie sich für die Konsumenten (tiefe Preise, Parallelimporte) und die Arbeitnehmenden (Mindestlöhne) ein. Die CVP hat sich mit ihrer Forderung nach einer einseitigen Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips hervorgetan.

Aussenpolitik

Die Aussenpolitik war während des Wahlkampfes wenig prominent. Die SVP fährt weiterhin einen klar isolationistischen Kurs und ist gegen einen EU-Beitritt und erweiterte Personenfreizügigkeit. Die wirtschaftsnahen bürgerlichen Parteien FDP und CVP sind in der Frage des EU-Beitrittes gespalten, befürworten aber eine starke Anbindung an die EU mit bilateralen Verträgen. Die SP spricht sich als einzige Partei klar für EU-Beitrittsverhandlungen aus.

Völkerrecht und Anti-Rassismus-Gesetz

Während einem laufenden Rechtsverfahren gegen Doğu Perinçek wegen Leugnung des Armenier-Genozids kritisierte Blocher im Oktober 2006 in der Türkei die schweizerische Anti-Rassismus-Strafnorm. In seinen Reden zum Nationalfeiertag 2007 warnte Blocher vor internationalem Recht, das die Volksrechte beschneide. Für die anderen Partei sind die internationalen Völkerrechtsnormen nicht diskutabel.

Bundesfeier auf dem Rütli

Nach den Störaktionen von Rechtsextremen in den Jahren 2004 und 2005 und dem massiven Polizeieinsatz im Jahr 2006, der einen weiteren Auftritt von Rechtsextremen verhinderte, konnte für das Jahr 2007 zunächst keine Lösung für eine friedliche Durchführung der Bundesfeier auf dem Rütli gefunden werden, da weder die angrenzenden Kantone noch der Bund für die Kosten des Polizeieinsatzes aufkommen wollten. Trotzdem kündigte Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey an, sie werde auf dem Rütli sprechen. Während die SVP die Feier auf der "Wiese mit Kuhdreck" ausfallen lassen wollte, wollten andere auf keinen Fall die Rechtsextremen "siegen" lassen. Schliesslich ermöglichten private Spender um Johann Niklaus Schneider-Ammann und Nicolas Hayek eine Durchführung.

Fall Roschacher

Am 5. September 2007 wurde ein Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) veröffentlicht, der die Geschehnisse rund um den Rücktritt des Bundesanwalts Valentin Roschacher untersuchte. Darin wird SVP-Bundesrat Christoph Blocher der Kompetenzüberschreitung und Verletzung der Gewaltenteilung beschuldigt.

Anlässlich der öffentlichen Präsentation dieses Berichts erwähnte die Präsidentin der mit dessen Erarbeitung betrauten Subkommission, Lucrezia Meier-Schatz, Hinweise auf weitergehende Auffälligkeiten in dieser Angelegenheit: Bei der Verhaftung von Bankier Oskar Holenweger, der von der Bundesanwaltschaft der Geldwäscherei verdächtigt wird, seien Dokumente gefunden wurden, deren Inhalt auffällige Parallelen zu späteren Ereignissen im Zusammenhang mit Roschachers Abgang verrate. In der Folge war von einem „H-Plan“ die Rede, der darauf abgezielt habe, Roschacher zu Fall zu bringen und in den auch Bundesrat Blocher involviert gewesen wäre. Die SVP, die bereits vorgängig die anderen Parteien bezichtigt hatte, einen Geheimplan zur Nichtwiederwahl Blochers zu verfolgen, sah ihre Vermutungen aufgrund dieser Entwicklung bestätigt. Beide Seiten forderten eine rasche und lückenlose Aufklärung der Vorwürfe gegen Blocher – nach dem Willen der SVP noch vor den Wahlen, wofür die GPK ihrerseits keine Garantie abgeben konnte.

Die offen bleibenden Fragen wurden in der Folge breit diskutiert und trugen erheblich zur Emotionalisierung des Wahlkampfs bei. Bundesrat Pascal Couchepin steigerte diese, indem er in Anspielung auf seinen Kollegen Blocher sagte, für das Wohlergehen eines Landes brauche es keinen „Duce“. Daraufhin bezichtigte Bundesrat Christoph Blocher die französischsprachigen Bundesratsmitglieder, Pascal Couchepin und Micheline Calmy-Rey, Teil der Putschplanes zu sein. Die SVP und die SP erzwangen kurz vor den Wahlen eine dringliche Nationalratsdebatte, die aber keine Lösungen brachte. Zu lösen gilt es es vor allem die Frage, wer die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft haben soll.

Ausschreitungen vom 6. Oktober 2007

Am 6. Oktober 2007 kam es in Bern zu schweren Ausschreitungen im Vorfeld der anstehenden Parlamentswahlen. Anlass war der sogenannte „Marsch nach Bern“, eine bewilligte Demonstration der SVP, und eine unbewilligte, jedoch geduldete Gegendemonstration des Komitees „Schwarzes Schaf“, welches einen Gegenpunkt zur Politik der SVP setzen wollte. An der SVP-Kundgebung nahmen rund 2000 Personen teil, die Gegenveranstaltung wurde von etwa 5000 Personen besucht. Mit Sitzblockaden erzwangen linke Aktivisten die Umkehr des SVP-Umzuges. In der Folge kam es zu Ausschreitungen von vermummten Personen, die Autos, Imbissstände und öffentliche Einrichtungen demolierten und zum Teil in Brand setzten.[8][9]

Die Berner Polizei wurde schwer kritisiert, da sie den Ausschreitungen nicht Herr geworden war. Alle Schweizer Parteien verurteilten die Ausschreitungen als Angriff auf die Demonstrationsfreiheit scharf. Zudem kritisierten die linken Parteien das provokative Verhalten der SVP. Diese stellt sich dagegen als Opfer von demokratiefeindlichen Organisationen dar.

Fazit

Der Wahlkampf war wohl der härteste in der jüngeren Geschichte der Schweiz. Es kann klar eine Tendenz zur Fokussierung auf einzelne Personen festgestellt werden, und die Bundesräte und Bundesrätinnen, entgegen der früheren Praxis, vermehrt in den Wahlkampf einbezogen werden resp. diesen selber führen.

In diesem Wahlkampf standen sie phasenweise im Zentrum des Interesses und der Handlung. Christoph Blocher eröffnete in der Hauptphase des Wahlkampfes eine Serie von TV-Videos auf Internet und Privatfernsehstationen. Selbst Silvia Blocher, die Frau von Bundesrat Blocher, griff im Stile einer "First Lady" in den Wahlkampf ein.

Internationale Wahrnehmung

Mit Verwunderung und Sorge nahmen internationale Medien zur Kenntnis, dass in der Schweiz die grösste, an der Regierung beteiligte Partei derartige Werbung machen kann und es politische Ausschreitungen gibt. Sie zeichneten vorwiegend ein Bild eines egoistischen, rassistischen und gespaltenen Landes. The Independent fragte am 7. September 2007 auf der Titelseite: „Ist die Schweiz das Herz der Finsternis in Europa geworden?“[10] Die New York Times berichtete am 8. Oktober auf der Frontseite von den Ausschreitungen in Bern.[11]

Entscheidungshilfen

Smartvote bietet im Internet systematisierte Kandidaten- und Kandidatinnen-Profile an. Sie basieren auf 73 Sachfragen, welche die Bewerber und Bewerberinnen ausgefüllt haben. Interessierte Wähler und Wählerinnen können die gleichen Fragen beantworten und so die Übereinstimmung der Präferenzen mit den Bewerbenden und der Parteien ermitteln lassen. Die Profile werden anhand von acht Faktoren erstellt: aussenpolitische Öffnung, gesellschaftliche Liberalisierung, ausgebauter Sozialstaat, mehr Umweltschutz, wirtschaftliche Liberalisierung, restriktive Finanzpolitik, Recht und Ordnung, sowie restriktive Migrationspolitik. Sie lassen sich auf zwei Dimensionen abbilden, einerseits dem Gegensatz zwischen links und rechts, andererseits jenem zwischen Konservatismus und Liberalismus.

Wahlbeobachtung

Erstmals werden die Parlamentswahlen 2007 von einer Delegation der OSZE beobachtet. Positiv interessiert man sich für die schweizerischen Erfahrungen mit dem hohen Anteil der Briefwahl, weil dieser auch international steigt. Kritisch hinterfragt werden die Wahlbeteiligung, die Wahlbwerbung und die Abhängigkeit der Printmedien von Parteiinseraten. Hierzu soll nach den Wahlen ein Bericht mit Empfehlungen erscheinen.

Zuvor hatte Doudou Diène, der UN-Sonderberichterstatter für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, im Menschenrechtsrat den Rückzug der "Schäfchen"-Plakate der SVP gefordert, da sie nicht nur betont ausländerfeindlich, sondern auch aggressiv seien. Der Bundesrat wies das als unerlaubte Einmischung in den Wahlkampf zurück. Die SVP reduzierte ihre Plakat in der Folge und ersetzte sie mit Plakat zu Justizminister Christoph Blocher. Dieser wiederum verteidigte mehrfach die Plakate seiner Partei in der Oeffentlichkeit.

Instrumente der Wahlanalyse

Vorwahlumfragen

Wahlumfragen über das Ergebnis der Nationalratswahlen sind in der Schweiz wegen der komplizierten Zuteilung der Sitze schwierig zu erstellen. Aus folgenden Gründen können die durch Umfragen auf nationaler Ebene gewonnenen Stimmenanteile praktisch nichts darüber aussagen, wie der nächste Nationalrat sitzmässig zusammengesetzt sein wird:

  1. Die Stimmenanteile der Parteien werden nicht wie in Deutschland auf Bundesebene auf Mandate umgerechnet, sondern jeder der 26 Kantone bildet einen eigenen Wahlkreis, innerhalb dessen die dem Kanton zustehenden Sitze proportional zugeteilt werden.
  2. In den Kantonen können die Parteien ihre Parteilisten zu Listenverbindungen vereinigen. Diese bilden bei der Zuteilung der Mandate zunächst eine den Parteilisten übergeordnete Einheit, die durch Proporzglück oftmals Anspruch auf mehr Sitze hat als die Parteilisten getrennt erzielt hätten.
  3. Durch das Panaschieren kann der Wähler Kandidaten verschiedener Listen auf einer neuen Liste vereinigen. Jede Stimme, die er dabei einer Kandidatur einer anderen Partei gibt, wird der Partei, deren Liste verwendet wird, anteilsmässig zu den vorhandenen Linie abgezogen.
  4. In den vielen kleinen Kantonen, denen aufgrund ihrer niedrigen Bevölkerungszahl nur wenige Sitze im Nationalrat zustehen, sind kleinere Parteien traditionell benachteiligt. Dies gilt zumal für die Kantone Uri, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden, die nur je 1 Nationalrat nach dem Majorzverfahren wählen. Hier ist, wenn nur eine einzige Person kandidiert, sogar Stille Wahl möglich. Zwei weitere Kantone (Schaffhausen und Jura) wählen nur je 2 Nationalräte.

Alle Wahlbefragungen in der Schweiz verzichten deshalb darauf, die ermittelten Parteistärken auf Sitze umzurechnen.

Wahlbefragungen sind ein nützliches Instrument, um den Willen der Wählenden (beschränkt auch der Nicht-Wählenden) zu ergründen. Sie zeigen die Motive der Wählenden auf, und sie lassen analytische Modelle, die Ursachen der Wahlentscheidungen nach Gesichtspunkten der Wahlforschung zu untersuchen. Zu den vorläufigen Schlüssen für die Wahlen von 2007 gehören:

  • die wichtige Form der Identifikation mit Parteien verläuft über Personen (Bundesräte, ParteiexponentInnen, lokale Spitzenkandidaturen;
  • die zweitwichtigste geht über die Wahlkampfführung, die motivierend wirken muss;
  • die drittwichtigste betrifft die politische Position auf der Links/Rechts-Achse, die mit Werten gefüllt werden muss, die ein klares Bild der Partei zeichnen;
  • am viertwichtigsten sind Themen, welche die Wählenden interessieren, resp. von den Parteien mit Positionen besetzt werden können; und
  • der fünftwichtigste Identifikationsansatz betrifft die Konsequenzen der Parteienwahl für die Zusammensetzung des Parlaments, das den neuen Bundesrat bestimmt.

Je nach Partei ist die Wichtigkeit der fünf Gründe für den Parteientscheid unterschiedlich. Zudem änderte sich die Hierarchisierung gegen Ende des Wahlkampfes: Die Bedeutung der Themenidentifikation ging zurück. Bei der Personenidentifikation rückte die Haltung zu Bundesrat Blocher ins Zentrum.

Wahlbarometer

Vor den Wahlen führt das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse in regelmässigen Abständen repräsentative Wahlumfragen durch. Diese ergaben bisher folgende Resultate:[12]

Partei: SVP SP FDP CVP Grüne LPS EVP glp PdA EDU
Oktober 2006: 26.4 23.5 15.5 14.2 9.2 1.1 1.9 1.2 1.1
Januar 2007: 27.0 23.0 16.1 14.9 9.0 1.0 1.9 1.0 0.8 1.2
April 2007: 26.2 22.6 15.6 14.6 10.7 1.9 1.7 1.5 1.4 0.9
4.–16. Juni 2007: 25.1 22.1 17.0 15.0 10.9 1.0 1.4 1.3 1.6 1.1
9.–21. Juli 2007: 26.2 21.6 16.2 14.6 10.3 1.5 1.8 1.8 1.4 1.2
6.-18. August 2007: 26.2 22.8 15.8 15.2 9.5 1.5 1.9 1.5 1.1 1.4
27. August – 8. September 2007: 25.6 22.6 14.7 15.0 10.7 1.1 1.7 2.2 1.2 1.6
12.–22. September 2007: 26.7 22.3 15.0 15.4 10.6 1.0 1.8 2.5 < 1 1.7
24. September – 6. Oktober 2007: 27.3 21.7 15.5 15.4 10.0 1.6 2.2 2.5 < 1 1.2

Das Wahlbarometer beruht auf einer repräsentativen Befragung von jeweils mindestens 2000 wahlberechtigten Personen, die innert zehn Tagen mit einem einheitlichen standardisierten Fragebogen befragt werden. Die Interviews werden computergesteuert telefonisch geführt. Der statistische Stichprobenfehler beträgt (in 95% der Fälle) +/-2.2 Prozent. Der effektive mittlere Prognosefehler liegt bei rund einem Prozent.

Das Wahlbarometer rechnet mit einer höheren Stimmbeteiligung als 2003 (damals: 45 %), obwohl die Mobilisierungsbereitschaft zuletzt nach einem Zwischenhoch im August 2007 wieder sank.

Das Wahlbarometer lässt einige Rückschlüsse über das Wechselwählen zu: Demnach kennen die Grünen aktuell die höchste Wechselwählenden-Attraktivität. Sie gewinnen vor allem von der SP Stimmen hin, aber auch von allen bürgerlichen Parteien und von den kleinen Linksparteien etwas. Die FDP verliert namentlich an die CVP, aber auch an die grünen Parteien und an die SVP.

Schliesslich relativiert das Wahlbarometer die Stimmenkraft der Grünliberalen in Umfrage, weil die Partei nur in 2 Kantonen antritt. Rund zwei Fünftel ihres Potenzials in Befragungen holt sie so nicht ab.

Politbarometer

Auch das Meinungsforschungsinstitut Isopuplic führt Umfragen durch. Deren Resultate unterscheiden sich teilweise deutlich von denjenigen des „Wahlbarometers“.

Partei: SVP SP FDP CVP Grüne LPS EVP CSP PdA EDU SD FPS andere
20.–28. Oktober 2006[13]: 24.7 25.3 15.2 14.1 9.1 3.8 3.3 0.4 0.4 0.3 0.3 0.2 2.9
6.–23. Juni 2007[14]: 24.6 24.2 15.4 14.6 9.8 4.2 3.2 0.4 0.6 0.3 -- 0.2 2.5
5. September – 1. Oktober 2007 [15]: 26.1 22.3 15.3 14.9 12.6 1.9 2.3 0.4 0.3 1.3 0.8 -- 1.8

Schliesslich hat auch das Institut Demoscope eine Wahlumfrage veröffentlicht, zu der jedoch nur beschränkt technische Daten[16] verfügbar sind.

Partei: SVP SP FDP CVP Grüne
März 2007: 29.1 23.1 15.4 15.6 8.1
Juni 2007: 24.4 25.2 15.9 15.0 9.8
2.-4. Oktober 2007: 27.0 22.8 15.8 13.3 10.8

Zu den bisher ungelösten Problemen aller Wahlbefragungen in der Schweiz zählt, dass die Stimmen der Auslandschweizer nicht erfasst werden. Auch die amtliche Statistik weist diese in der Regel nicht aus. Eine Untersuchung aus dem Jahre 2003 legte jedoch nahe, dass die Ausland- und Inlandschweizer vor allem aufgrund ihrer unterschiedlichen soziologischen Struktur nicht die gleichen Parteipräferenzen haben.

Bei allen Vorwahlbefragungen muss man zudem den Zeitpunkt der Erhebung berücksichtigen. 10 Tage vor dem Wahlsonntag dürfen in der Schweiz keine Wahlbefragungen mehr veröffentlicht werden. Die Umfragen, die dann erscheinen, sind meist 1 bis 2 Wochen alt.

2007 veröffentlichte das von Asien aus finanzierte Marktforschungsinstitut CBC erstmals eine Wahlbefragung innerhalb der 10tägigen Sperrfrist.

Wahlbörsen

Das Schweizer Fernsehen bietet neben dem Wahlbarometer auch die Wählbörse als spielerische Orientierungshilfe zu den Parteistärken an. Dabei werden die Parteistärken mit Aktienwerten der Parteien bestimmt, die sich aus dem täglichen virtuellen Aktienkauf und -verkauf an der Wahlbörse ergeben. Die Ergebnisse gleichen auffällig jenen des Wahlbarometers und gleichen sich diesen nach der Publikation des Wahlbarometers häufig an. Weitere Wahlbörsen bieten der Blick und die NZZ an. Die Ergebnisse unterscheiden sich vor allem bei der SVP, die gemäss NZZ klar verlieren würde. Die Behandlung der Grünliberalen Partei zeigt die Grenzen von Wahlbörsen auf. SF und Blick lassen sie ganz weg, während die NZZ ihr auf Anhieb 6 Prozent der WählerInnen zuschreibt.

Partei: SVP SP FDP CVP Grüne GLP
SF: 26.4 21.0 15.3 15.8 11.3 k.A.
Blick: 26.9 21.8 15.2 14.6 10.5 k.A.
NZZ: 25.0 20.7 15.0 14.7 10.2 6.2

Wahlbörsen kennen keine statistischen Fehlerquoten und wurden bisher auch nicht systematisch evaluiert.

Sitzschätzungen

Schliesslich bieten verschiedene Zeitungen Schätzungen zu den Auswirkungen der Wahlen auf die Sitzverteilungen im Nationalrat an. Sie beruhen nicht auf eigenen Erhebungen. Sie berücksichtigen in der Regel die Restmandatverteilung der letzten Wahl, die kantonalen Wahltrends, die letzten Wahlbefragungen und eigene Erfahrungen.

Die Basler Zeitung sieht Sitzgewinne für die Grünen (+5) und für die SVP (+1) und die Grünliberalen (+1), während FDP (-1), CVP (-1) und SP (-2) leicht Sitzverluste erleiden würden. Der Bund sieht deutlich mehr Verluste bei der SP (-6) sowie beschränkte Abgänge für FDP und SVP (je -1). Zulegen könnten demnach die Grünen (+3) und die CVP (+2). Der Blick kommt auf folgende Verschiebungen: Gewinne für die Grünen (+4), GLP (+2), CVP (+1) und die äussere Rechte (+1), Verluste für die SP (-3), die FDP (-2), die SVP (-2) und die EVP (-1). Im Ständerat rechnet der Blick aufsummiert mit einer Sitzverschiebung von der CVP zu den Grünen.

Wahlergebnisse

Die Ergebnisse der Nationalratswahlen werden am 21. Oktober 2007 bekannt. Die ersten gesamtschweizerischen Hochrechnungen der SRG SSR idée suisse liegen um 19 Uhr vor. Die vorläufig amtlichen Endergebnisse werden in der Nacht vom Sonntag auf den Montag vollständig vorliegen. Die ersten Wahlanalysen auf Befragungsbasis sind auf Montag 18 Uhr angekündigt.

Die Ergebnisse der Ständeratswahlen liegen erfahrungsgemäss schon am Wahlsonntagabend vor. Wo die KandidatInnen keine absolute Mehrheit erreichen, kommt es aber zu zweiten Wahlgängen. Die letzten Nachwahlen sind am 25. November 2007. Erst dann wird die definitive Verteilung des neuen Parlaments in der Schweiz abschliessend feststehen.

Diskutierte Auswirkungen

Das neue Parlament wird am 12. Dezember 2007 auch den neuen Bundesrat wählen. Im Normalfall werden wiederkandidierende Bundesräte wiedergewählt. Bisher sind erst drei Regierungsmitglieder abgewählt worden, nach über Hundert Jahren letztmals 2003, als Christoph Blocher (SVP) für Ruth Metzler-Arnold (CVP) nach dramtischer Kampfabstimmung mit fünf Stimmen Vorsprung gewählt wurde (121 zu 116 im dritten Wahlgang, nachdem es im ersten Wahlgang noch 116 zu 116 stand; im ersten und zweiten Durchgang wurde das absolute Mehr nicht erreicht).

2003 einigte man sich unter den Regierungsparteien darauf, die Sitze nach der arithmetischen Konkordanz zu verteilen. Diese sieht vor, dass die sieben Bundesratssitze möglichst proportional zu den Stärken der Regierungsparteien verteilt werden. Zudem sollen die Parteien ihrer Vertretung(en) selber bestimmen können.

2007 haben die Grünen ihr Interesse an einer Regierungsbeteiligung angekündigt, allerdings nur unter der (wenig wahrscheinlichen) Bedingung, dass die SVP aus dem Bundesrat ausscheidet. Obwohl das von grünen Vertretern gelegentlich als kleine Konkordanz bezeichnet wird, entspricht es nicht der Regel der arithmetischen Konkordanz.

Sollte ihr umstrittener Vertreter Christoph Blocher nicht wiedergewählt werden, hat die SVP bereits ein Jahr vor den Wahlen den Rückzug der Partei auf schweizerischer Ebene in die Opposition angekündigt. Der zweite SVP-Bundesrat, Samuel Schmid kündigte indessen an, in diesem Szenario weiterhin (als Parteiloser) in der Landesregierung zu verbleiben.

Ausserdem kündigte die CVP einen Anspruch auf Wiedererlangung des 2003 verlorenen zweiten Bundesratssitzes auf Kosten der FDP für den Fall an, dass sie diese im Wähleranteil überholen sollte.

Von Bundesrat Christoph Blocher selbst ist schliesslich ein rein bürgerlicher Bundesrat (3 SVP, 2 FDP, 2 CVP) gefordert worden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Szenarien eintreffen, hängt zunächst von den mehrheitsfähigen Allianzen ab. Mit der Möglichkeit einer rein bürgerlichen Mehrheit in beiden Kammern rechnen eigentlich alle BeobachterInnen; sie ist auch jetzt schon gegeben, ohne dass sie bei der Regierungsbildung entscheidend wäre. Die massgebliche Gegenfrage ist deshalb, ob auch Rot-Grün-Orange (SP, CVP, Grüne) eine numerische Mehrheit in der Bundesversammlung bekommt oder nicht. Ohne diese dürfte die Regierungszusammensetzung bleiben, wie sie ist.

Sodann hängt das Eintreffen dieser Szenarien auch vom politischen Willen der Parteien ab. Vor der Wahl bekannten sich alle Parteien und Bundesräte aus Christoph Blocher zur (arithmetischen) Konkordanz.

Quellen

  1. Wahlstatistik des Kantons Zürich
  2. Wahlvorhersage IDHEAP (Working Paper)
  3. Parlament.ch: Rücktritte NR 2007
  4. http://www.sz.ch/wahlen/sr_kandidierende.pdf
  5. SZonline.ch, Artikel vom 31.8.2007
  6. Espace.ch, Artikel vom 29.9.2007
  7. „Himmel und Hölle“ auf YouTube
  8. http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/aktuell/kundgebungen_in_bern_svp_1.565570.html Zwischen SVP-Himmel und schwarzer Hölle]
  9. Basler Zeitung online: Bern: SVP-Veranstaltung löst massive Ausschreitungen aus, 6. Oktober 2007
  10. http://news.independent.co.uk/europe/article2938940.ece
  11. http://www.nytimes.com/2007/10/08/world/europe/08swiss.html
  12. gfs-Wahlbarometer
  13. http://www.isopublic.ch/publikationen/archiv/2006/30.10.06_Politbarometer3.pdf
  14. http://www.isopublic.ch/publikationen/pdf/Wahlen.pdf
  15. http://www.isopublic.ch/publikationen/pdf/Wahlen.pdf
  16. http://www.nzz.ch/2007/06/29/il/newzzF3IX4U05-12.html

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