Bleistift


Ein Bleistift (umgangssprachlich Bleier) ist ein Schreibgerät mit einer Graphitmine, die in einen Holzschaft eingebettet ist. Noch bis ins 20. Jahrhundert wurde der Bleistift auch im Deutschen meist nach dem französischen Wort Crayon genannt. Hauptsächlich wird er für Skizzen und Zeichnungen, zum Stenografieren, sowie in der Kunst eingesetzt. Seine Vorteile liegen in der einfachen Handhabbarkeit sowie in der Möglichkeit, das Gezeichnete leicht mit einem Radiergummi wieder zu entfernen. Die Schreibfähigkeit des Bleistiftes basiert auf der geschichteten Kristallstruktur des Graphits, den sogenannten Graphen-Lagen, bei der die Van-der-Waals-Bindung zwischen den Atomlagen so gering ist, dass sie leicht abgerieben werden können (siehe auch Kohlenstoff).
Geschichte
Schon vor ca. 5000 Jahren sollen die alten Ägypter Schilfrohr, Bambusrohr oder Papyrusrohr mit flüssigem Blei ausgegossen und als Schreibwerkzeug benutzt haben. Das war wohl die Urform des Bleistiftes.
Bereits Ende des Mittelalters schrieb man mit Legierungen aus Blei und Silber, die in Stiftform gepresst wurden, allerdings machte ihre Härte das Schreiben recht mühselig. Das Papier musste vorher präpariert werden, damit es den Beanspruchungen durch den Reißbley standhielt, zudem war der lange Kontakt mit Blei für den Schreiber ungesund. Schon im 16. Jahrhundert soll vereinzelt mit Stäben aus Graphit geschrieben worden sein. Die Firma Manufactum interpretiert das "englische Antimon", mit dem der Naturforscher Konrad Gessner (1516-1566) geschrieben hat, als Graphit und liefert eine aus Eisbeerenholz geschaffene Rekonstruktion des "Gessner-Bleistifts". Gesicherte Hinweise datieren auf das Jahr 1658 bzw. 1664, als in Borrowdale (England) ein Graphitvorkommen entdeckt wurde, das an der Verbreitung des Bleistiftes maßgeblichen Anteil hatte. Bereits in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts wurden in Holz eingefasste Graphitstäbe aus Borrowdale-Graphit in vielen Ländern verwendet. Man hielt damals das Graphit für Bleierz, woraus sich der missverständliche Name Bleistift ableitet.
Die englischen Bleistifte wurden um 1680 in Deutschland bekannt. 1726 gab es in Stein bei Nürnberg bereits Bleistiftmacher. Die junge Industrie wurde von der bayerischen Regierung in besonderen Schutz genommen; 1766 erteilte diese dem Grafen Kronsfeld die Konzession zur Errichtung einer Bleistiftfabrik in Zeltenbach.
Erst 1789 wies der deutsch-schwedische Chemiker Carl Wilhelm Scheele nach, dass es sich bei Graphit um ein auf Kohlenstoff basierendes Mineral handelt. Er gab ihm den Namen Graphit, das von dem griechischen Wort graphein (deutsch: Schreiben) abgeleitet ist. Da das reine Graphit aus Borrowdale zu großen Teilen für militärische Zwecke eingesetzt wurde, zum Beispiel zur Herstellung von Schmelztiegeln für Kanonenkugeln, verhängte England zeitweise Ausfuhrsperren, woraufhin die Graphitkosten enorm stiegen. Bis dahin galt ausschließlich das Borrowdale-Graphit als rein genug zum Schreiben. 1790 vermischte der Wiener Joseph Hardtmuth erstmals Graphitstaub mit Ton und Wasser und brannte ihn in einem Ofen. Je nach Menge des Tones konnte er somit den Härtegrad bestimmen. Joseph Hardtmuth begründete später die österreichische Traditionsfirma Koh-I-Noor (persisch f. „Berg von Licht“)]. Sein Enkel Friedrich von Hardtmuth verfeinerte die bahnbrechende Erfindung und schuf 1889 den Koh-i-noor-Stift mit 17 Härtegraden. 1795 entdeckte der Franzose Nicolas-Jacques Conté ein Verfahren, mit dem auch unreines Graphit aus Minen in Deutschland und Österreich verwendet werden konnte. Er pulverisierte das abgebaute Material und schlämmte dann das Graphit aus. Später entdeckte er dann unabhängig von Hardmuth auch die Härtegrade. Hardmuth und Conté gelten als Grundsteinleger für den Erfolg des modernen Bleistiftes.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war diese Technik weit verbreitet und führte zur Gründung der bis heute bekannten Nürnberger Firmen wie Staedtler, Faber-Castell, Lyra und Schwan-Stabilo.
Herstellung
Die Mine eines Bleistifts besteht aus einem gebrannten Graphit-Ton-Gemisch, dessen Mischungsverhältnis für die Härte entscheidend ist. Je höher der Graphitanteil ist, desto weicher wird die Mine. Grob variiert der Graphitanteil zwischen 20 % und 90 %. Die tatsächliche Härte der Mine wird außerdem von der Brennhitze und -dauer beeinflusst. Die in der Kunst eingesetzten Graphitstifte bestehen ausschließlich aus Graphit. Der Durchmesser der Minen beginnt bei 0,3 mm (Fallminen) und beträgt bei gängigen Stiften 2 mm.
Die gemischten Ausgangsstoffe werden durch eine Düse zu einem Strang gepresst und abgeschnitten. Dieser wird anschließend bei etwa 160 °C getrocknet und danach bei 1100 °C gebrannt. Anschließend wird die fertige Mine mit Wachs veredelt, was einen geschmeidigen Abrieb ermöglicht.

In Holzplatten werden Nuten gefräst, in die dann die fertig gebrannten Minen eingelegt werden. Die Platten mit den Minen werden jeweils mit einer weiteren verklebt. Anschließend werden sie zu Bleistiften zersägt und häufig lackiert. Bisher galt Zedernholz als das geeigneteste Holz für Bleistifte, weil es sich aufgrund der wenigen Astlöcher leicht durch einen Anspitzer schneiden lässt. Da Zedernholz jedoch relativ langsam wächst und somit zu hohen Produktionskosten führt, wird heutzutage auch oft Pinienholz eingesetzt. Auch Ahorn und Linde eignen sich zur Herstellung von Bleistiften. In der DDR wurden mangels Zedernholz andere Hölzer eingesetzt, die, um sie schnittweicher zu machen, mit einem Pilz durchsetzt wurden. Der Querschnitt der Stifte ist meist sechseckig, damit sie auf einer geneigten Fläche nicht davonrollen und auch aus Herstellungsgründen. Stenografen jedoch verwenden Stifte mit kreisförmigem Querschnitt, weil sich diese beim stundenlangen Schreiben nicht so sehr in die Finger eindrücken. Die genau zentrische Lage der Mine im Holz ist ein Qualitätsmerkmal und Voraussetzung für den Gebrauch von Anspitzern.
Härtebezeichnungen/Härtegrade
Härte | Charakter | Verwendung |
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9B | sehr weich, tiefschwarz |
für künstlerische Zwecke, Skizzen, Studien, Entwürfe |
8B | ||
7B | ||
6B | ||
5B | ||
4B | ||
3B | weich, tonsatt | zum Freihandzeichnen und Schreiben |
2B | ||
B | ||
HB | mittel | zum Schreiben und linearen Zeichnen |
F | ||
H | hart | für geometrische u. technische Zeichnungen |
2H | ||
3H | sehr hart | für technische Detailpläne u. graphische Darstellungen |
4H | ||
5H | ||
6H | extrem hart | für Spezialzwecke, wie Litho-, Karto-, Xylographie |
7H | ||
8H | ||
9H |
Es gibt die vier nach englischen Härtebezeichnungen benannten Grundstärken B (black), HB (hard-black), F (firm) sowie H (hard). Die Stärke H ist in neun Stärken von H bis 9H und die Stärke B in neun Stärken von B bis 9B aufgeteilt, wobei die jeweils größten Stärken von Hersteller zu Hersteller leicht unterschiedlich sind, was die Vergleichbarkeit erschwert. Die mittelharten Stärken wurden vor allem im Bereich des technischen Zeichnens eingesetzt, weil sie auf dem rauen Zeichenkarton länger spitz blieben, während die weichen Stärken sich eher für den künstlerischen Einsatz eignen. Zum Schreiben eignen sich Stärken zwischen 3B und H am besten.
USA | Europa | Russland |
---|---|---|
#1 | B | М |
#2 | HB | ТМ |
#2 1/2 | F | - |
#3 | H | Т |
#4 | 2H | 2Т |
Kunst
Der Bleistift eignet sich nicht nur zum Schreiben, sondern auch zum Zeichnen von Bildern. Dabei besticht vor allem die Möglichkeit, sehr feine Linien zu erzeugen, was mit vergleichbaren Materialien wie Pastellkreide und Zeichenkohle nicht möglich ist. Besonders in den für die Romantik typischen Landschaftszeichnungen wurde der Bleistift aufgrund seines feinen Striches häufig eingesetzt. Des Weiteren gibt es Graphitkreide, die aus einer dicken Graphitmine mit einer Folie als Ummantelung besteht, die sich vor allem für das Skizzieren und Einfärben großer Flächen eignet.
Umwelt und Wirtschaft
Die für Bleistifte benutzten Hölzer werden von den meisten Herstellern in eigens dafür eingerichteten Plantagen angepflanzt. Die Lackierung des Stiftes hingegen ist oft umweltschädlich, weshalb viele namhafte Hersteller mittlerweile als umweltschonend geltende Wasserlackfarben einsetzen oder auf eine Lackierung ganz verzichten. Die Graphitmine hingegen ist völlig unbedenklich.
Allein Faber-Castell, der weltweit größte Hersteller von Bleistiften, produziert jährlich ca. 1,8 Milliarden Exemplare. Die Bleistiftproduktion der vier Nürnberger Firmen beläuft sich auf deutlich über 3 Milliarden. Das verwendete Holz wird meist per Schiff aus Südamerika importiert, das Graphit hingegen aus Minen in Asien.
Hilfsmittel und Varianten
- Der Farbstift hat statt einer Graphitmine eine farbige Mine aus Farbpigmenten, Fetten, Wachsen, Bindemitteln sowie Mineralien wie Talkum oder Kaolin.
- Der Kopierstift wird zur dokumentenechten Zeichnung verwendet.
- Der Zimmermannsbleistift wird zum Anzeichnen auf Werkstoffen mit rauer, fester Oberfläche wie zum Beispiel Holz eingesetzt. Er wird -da er aufgrund der breiten, nicht kegelförmigen Spitze nicht in einen Anspitzer passt- meist mit einem scharfen Messer oder ähnlichem gespitzt.
- Der Fallminen-, Dreh- oder Druckbleistift, mit einer Metall- oder Plastikhülle und mechanischem oder automatischem Minenvorschub.
- Das Kaugummi, zum Entfernen des Bleistiftstriches.
- Der Anspitzer, zum Spitzen des Bleistiftes.
Kurioses
- Der so genannte „Jumbo-Bleistift“ ist eine Variante, die etwa dreimal so groß wie ein normaler Bleistift ist, und wird mit bunter Werbung bedruckt vor allem als Souvenir verkauft. Auch für Schreibanfänger ist er sehr geeignet, weil er dicker und somit besser zu halten ist.
- Der längste Bleistift der Welt wurde im November 2002 von Faber-Castell hergestellt. Er ist 19,75 Meter lang, hat einen Durchmesser von 80 Zentimetern und besitzt eine echte Bleimine. Er wird senkrecht stehend in einem Glasturm in Selangor (Malaysia) aufbewahrt.
- Im Deutschen Kaiserreich wurde die Verwendung von Bleistiften aus deutsch-ostafrikanischem Zedernholz "unter Hinweis auf das patriotische Interesse" den Schulbehörden und -vorständen nahegelegt.
- Die Frankfurter nennen ihren Messeturm wegen seiner Form "Bleistift", ebenso die Franzosen, die den Tour du Crédit Lyonnais in Lyon crayon (frz. für Bleistift) nennen.
- Bei den Streitkräften der Deutschen Bundeswehr wird für das Anfertigen von Skizzen und Meldungen traditionell ein Bleistift der Stärke 6B verwandt, damit auch auf feuchtem Papier und bei großer Kälte geschrieben werden kann. Warum sich hierfür gerade die Stärke 6B und nicht 5B oder 7B etabliert hat (obwohl dies auch nicht in einer Vorschrift geregelt ist), ist nicht bekannt.
Weblinks
- Bleistiftgeschichte und Lexikon
- Herstellung von Bleistiftminen + Bleistiften (Bildergeschichten aus der Sendung mit der Maus)
- Reportage über Holzplantagen für Bleistifte
- Herstellerseite über Historie und Fertigung