Zeit der Drei Reiche

Die Zeit der drei Reiche ist eine Epoche in der Geschichte Chinas. Am Ende der Han-Dynastie zeichneten sich drei große Konkurrenten ab, von denen keiner stark genug war, um seine beiden Rivalen zu vernichten. China war in drei Königreiche aufgespalten: Wei im Norden, Wu im Süden und Shu Han im Westen. Das letztere war von einem Fürsten regiert, der behauptete, einem Seitenzweig der Han-Kaiserfamilie anzugehören. In Wirklichkeit sind die chinesischen Historiker nie imstande gewesen zu entscheiden, ob die Han jemals einen rechtmäßigen Nachfolger hatten; so hat diese Periode nur den Namen Drei Reiche.
Streng genommen beginnt diese Periode mit der Absetzung des letzten Han-Kaisers durch den ersten Wei-Kaiser Cao Pi im Jahre 220 und endet mit der Einigung des Landes durch den ersten Kaiser der Westlichen Jin-Dynastie. Allgemein wird jedoch angeführt, dass praktisch seit das Jahr 189 die Zentralregierung nicht mehr handlungsfähig ist und die Teilung des Landes zu diesem Zeitpunkt bereits Faktum ist.
Der Aufstand der Gelben Turbanen und die Auferstehung der Warlords
Die Östliche Han-Dynastie war bereits kurz nach ihre Gründung von inneren Schwächen geplagt. Nicht nur dass die soziale Probleme, die bereits zum Sturz der Westlichen Han-Dynastie geführt hatte, ungelöst blieb, auch innerhalb der höchsten Regierungsschicht fehlte es durchgehend an einer starke Figur. Fast alle Kaiser der Dynastie bestiegen den Thron als Minderjährige, einer sogar im Alter von drei Monaten. So blieben sie alle Marionette der Kaiserinwitwen, mächtigen Eunuchen oder machthungrigen Minister.
Die Gelben Turbane war ein Geheimbund mit taoistischen Färbung. Sie appellierte an dem Unmut der Unterschicht, den Bauern und Handwerker und propagierte für eine gerechtere Sozialordnung. Sie war so erfolgreich, dass als sie im Jahre 184 zum Aufstand rief, binnen kürzester Zeit im ganzen Land überall Aufstandszellen das Reich erschütterte. Um der Situation Herr zu werden, musste die schwache Zentralregierung die Provinzgouveneure sowie lokale paramilitärische Streitkräfte, die von den Großgrundbesitzer zum eigenen Schutz organisiert wurden, um Hilfe bitten. Dabei stattete die Zentralregierung diese Lokalmächten mit weitreichenden militärischen und zivilen Rechten aus. Zwar zeigte die Maßnahme in so weit Wirkung, als dass der Aufstand schnell niedergeschlagen werden konnte, jedoch blieben nun regional die halbautonomen Mächte zurück, die über eine große Anzahl von Bewaffneten verfügten, viel mehr als die Zentralregierung.
Zur gleichen Zeit spitzten sich auch die Machtkämpfe um den Kaiser herum zu. Dieser Machtkampf war bereits während der gesamten Östlichen Han-Dynastie zu beobachten, und dass sie blutig ausgetragen wurde, war auch nicht ein singuläres Ereignis des Jahres 189. Zu den Parteien der drei Machtblöcke zählten die Eunuchen, die durch ihren Nähe zum Kaiser und Kaiserinwitwen eine Machtfülle erlangen konnten, den Verwandten der Kaiserfamilie, davon hauptsächlich die Verwandten der Kaiserin und Kaiserinwitwen, sowie die Minister und Generäle innerhalb der Zentralregierung. Was das Ereignis von 189 so einzigartig machte, war die Einbindung der Warlords in diesen Machtkampf. Bislang war der Machtkampf immer eine Angelegenheit in der Hauptstadt, während die Provinzen mehr oder weniger tatenlos zusehen mussten, so hatte sich die Situation durch die Bildung der mächtigen Warlords grundlegend verändert. Im Jahr 189 startete der General He Jin (何进) einen Angriff gegen den zehn mächtigsten Eunuchen, die bis dahin die Politik der Zentralregierung bestimmt hatten. Zwar konnte He einige der Eunuchen töten, verlor aber im Kampf selbst das Leben. Einige der Eunuchen kidnapten kurzerhand den Kaiser und flüchteten. Hes Adjutant rief den mächtigsten der Provinzgouveneure Dong Zhuo (董卓) zur Hilfe. Damit öffnete er das Tor für die Lokalfürsten, ihre Interessen in die Hauptstadt zu tragen. Zugleich brach er mit dem Tabu, dass lokale Militärmachthaber ihre Armeen nicht in die Nähe der Hauptstadt bringen durften.
Dong folgte den Ruf nur allzu freiwillig. Er konnte den flüchtigen Eunuchen schnell fassen, den Kaiser retten, jedoch dachte er nicht daran, die nun gewonnene Machtstellung aufzugeben. Die Schwächlichkeit der Zentralregierung, die ihm offenbart wurde, steigerte nur seine Machtgelüster. Er setzte kurzerhand den Kaiser ab und ließ ihn später töten und setzte einen neuen Kaiser ein, den erst neunjährigen Kaiser Xian. Dass er allzugern selbst den Thron besteigen würde und dies über kurz oder lang auch tun würde, war offenkundig. Dong Zhou wurde später von Lu Bu ermordet
Lu Bu
- Der mächtige Lu Bu, Meister aller Kampfkünste. Häufige Redensart: "Mann aller Männer: Lu Bu - Pferd aller Pferde: Feuersturm." Nur sich selbst gegenüber loyal, streckte seinen eigenen Stiefvater Ding Yuan nieder und schoss sich Dong Zhuo an, den er später ebenfalls verriet. Lu Bu verstand es zu töten, er war der meist gefürchtestes Soldat in ganz China, sein Pferd schien unverwundbar. Die Legende um Lu Bu besagt das Feuersturm in 10 Tagen 1000km gelaufen ist.
Cao Cao einigte den Norden
Dass viele Historiker den Beginn der Periode auf das Jahr 189 festlegten statt 220 hat ein gewichtiger Grund. Denn, mit der Machtergreifung Dongs hatte die zentrale Han-Regierung de fakto aufgehört zu existieren. Die Warlords, die bislang mindestens den Anschein wahrten, kaiserlichen Befehl zu empfangen, sagten nun offen von der Zentralregierung los. Allianzen wurden geschmiedet, um gegen Dong zu opponieren. Lokale Kämpfe brachen aber auch zwischen den Warlords los. Das Buch der Späteren Han (后汉书) dokumentierte: Namenhafte Metropolen sind leer und ohne Einwohner. Landstriche, die über hunderte von Meilen menschenleer sind, davon gibt es unzählige! (名都空而不居,百里绝而无民者!不可胜数。)
Dong wurde durch Intrigen innerhalb seines eigenem Machtblocks getötet. Doch sein Tod brachte nicht Frieden für das Land, der Kampf um das nun noch nicht ganz tote Han hatte erst richtig begonnen. Von den Warlords, die das Geschehen dieser Zeit bestimmten, waren einige frühere Provinzgouveneure, andere taten aus dem Kampf gegen den Gelben Turbanen hervor und erlangten erst jetzt Macht und Ansehen. Wieder andere waren selbst Aufständige, die sich vor allem am Randgebiet etablieren konnten.
Im Kernland von China konnten sich vor allem zwei Warlords ihre Machtbasis ausbauen:
- Yuan Shao (袁绍) war anfangs der stärkere. Er stammte aus eine angesehene Familie, die über Jahrhundert mächtige Minister in der Zentralregierung gestellt hatte.
- Cao Cao (曹操) war dagegen ein Emporkömmling, der sich im Kampf gegen den Gelben Turbanen seine Macht ausbauen konnte. Vor allem konnte er viele ehemaligen Turbankämpfer unter seine eigene Befehl nehmen. Nach dem Tod von Dong Zhuo konnte er Kaiser Xian unter seinem Schutz nehmen und somit eine Hauch Legitimation in allem geben, was er machte. Auch verfügte er mehr Weitsicht als seinen ärgsten Konkurrenz Yuan. Er betrieb zum Beispiel aktiv eine Politik der Landerholung, um wirtschaftliche Grundlage für seinen Feldzügen zu schaffen.
Im Jahr 200 kam es zum Show-Down zwischen den beiden Hauptkontrahenten. Im Schlacht um Guandu (官渡之战) konnte Cao Yuans Hauptstreitkraft vernichtend schlagen, obwohl Yuans Armee in zehnfache Überzahl war. Cao jedoch erwies sich als der viel brillantere Taktiker und Stratege. Mit lediglich 5000 Mann startete er einen risikoreichen Überraschungsangriff: Er konnte unbemerkt den Gelben Fluss überqueren und die schwach verteidigte Hauptlage von Yuan angreifen. Durch diesen Angriff wurde die Hauptversorgung von Yuans Armee vernichtet und Yuans Kämpfer völlig demoralisiert. Mit hunderttausend Mann ausgezogen, um das Land zu einigen, kehrte Yuan nach dem Zusammenbruch mit lediglich 800 Männer zu seiner Hauptstadt zurück. Er fiel in Depression und starb im nächsten Jahr. Cao wurde der unangefochtene Herrscher über das Kernland. Bis 207 konnte er auch den Rest von Yuans Söhne und Generäle vernichten und den gesamten Norden einigen.
Der Schlacht um Chibi
Im Jahr 208 begann Cao Cao nach Süden vorzustoßen. Sein erster Opfer soll der Warlord Liu Biao (刘表) werden. Liu Biao regierte bis dahin das heutige Provinz Hubei. Er gehörte der kaiserlichen Familie an und war schon seit jeher der Provinzgouveneur der Region. Er war jedoch kein Machtmensch. An den Umstürzen in der Hauptstadt nahm er nicht teil. An den Machtkämpfen zeigte er auch keine Interesse. Er war bedacht mit der Erhaltung seiner eigenen lokalen Macht. Zudem war er zu diese Zeit alt und kränklich. Dass er die Armee von Cao Cao nicht standhalten würde, war offensichtlich. Liu Bei (刘备), ebenfalls eine Angehörige der kaiserlichen Familie sein sollte, der zu diese Zeit unter dem Schutz von Liu Biao stand, war jedoch nicht damit einverstanden, Cao Cao einfach zu ergeben. Von seinem Berater Zhuge Liang (诸葛亮) angeraten, beschloss Liu Bei, selbst das Heft in die Hand zu nehmen und Cao Widerstand zu leisten.
Nachdem Cao Cao mit Leichtigkeit Liu Biao vernichtet hatte, flüchtete Liu Bei nach heutigem Wuhan und bat Sun Quan (孙权) um Hilfe.
Sun Quan hatte bis dahin das fruchtbare Gebiet südlich von Jangtsekiang, das den heutigen Provinzen Jiangxi und Zhejiang entspricht, unter seine Kontrolle gebracht und gehörte zu den stärksten restlichen Warlords. Zwar erreichte ihn auch Unterhändler von Cao Cao, der ihn unverholen davor warnte, Liu Bei zu helfen, war Sun Quan klar, dass wenn er jetzt untätig blieb und Cao Cao zusehen würde, den restlichen Warlords einen nach den anderen zu vernichten, dass er am Ende selbst an der Reihe wäre. Um das Bündnis mit Liu Bei zu besiegeln verheiratete er seine Schwester mit Liu Bei.
Cao Cao beschließ, den Yangtse zu überqueren und Sun Quan anzugreifen.
Dazu musste er zuerst seine an Landoperationen gewöhnte Streitkraft für die Yangtseüberquerung vorbereiten. An Chibi (赤壁, die rote Wand) errichtete er einen Stützpunkt, die als Basis für seine Wasserstreitkraft dienen sollte. Damit seine Landstreitkraft ihre gewohnte Taktik auch über Wasser verwenden konnte und somit die Marine von Sun Quan Paroli bieten konnte, ließ er die Schiffe zu überdimensionale Flossen zusammenbinden, damit wurde der Wellengang auf vermindert. Über diesen Flossen wurden Holzpalette gelegt, so dass selbst seine Kavelerie darauf operieren konnte. Sun Quan jedoch nutzte die Schwäche dieser Riesenflossen aus: seine Unbeweglichkeit, und die Tatsache, dass die Schiffe jener Zeit aus Holz gebaut wurden. Mit zehn kleine Schiffe, die als Deserteuren getarnt waren und voll mit Brennstoff beladen war, zündete er die gesamte Lage von Cao Cao an. Zur gleichen Zeit fiel die Armee von Liu Bei übers Land über Cao her. Nur mit Not konnte sich Cao Cao retten.
Der Schlacht um Chibi stoppte Caos Vorstoß nach Süden und besiegelte die Dreiteilung des Landes. Mit dem Schlacht um Guandu gehörte er zu einem der wichtigsten Schlachten in der chinesischen Geschichte.
Dreiteilung
Nach der Debakel von Chibi kehrte Cao Cao nach Norden zurück, um sich zu erholen und neue Kraft zu sammeln.
Liu Bei konnte die Zeit nutzen, um sich Sichuan und dem heutigen Hunan-Provinz zu bemächtigen.
Ohne die Bedrohung von außen zerfiel jedoch das Bündnis zwischen Liu Bei und Sun Quan schnell. Später konnte Sun noch Hunan und Hubei von Liu abnehmen. Außerdem konnte Sun noch weiter nach Süden Richtung heutigem Fujian und Guangdong entwickeln, die bis dahin zum Randgebiet von China zählte.
220 starb Cao Cao, sein Sohn Cao Pi nahm seine Stellung ein. Er setzte den Han-Kaiser ab und errichtete die Wei-Dynastie. Ein Jahr darauf rief sich Liu Bei in Sichuan zum Han-Kaiser aus. Dieses Reich wurde in der Geschichte Shu Han genannt. Im nächsten Jahr versuchte er erfolglos mit einem Feldzug die verlorene Provinzen Hunan und Hubei zurückzuerobern. Kurz darauf starb er. Sun Quan nannte sich ab 222 König von Wu und ab 229 Kaiser der Wu-Dynastie.
Zwischen den Jahren 220 und 260 kehrte eine Art Pattsituation zwischen den drei Staaten ein, wobei kriegerische Auseinandersetzung hauptsächlich an der Grenze zwischen Shu Han und Wei stattfand. Der Großvisir von Shu Han Zhuge Liang versuchte fünf Male vergeblich ins chinesische Kernland vorzustoßen, um die Han-Dynastie wieder einzusetzen.
Im Jahre 249 ereignete sich in Wei ein Staatsstreich, wobei der General Sima Yi (司马懿) die Macht an sich riss. Seitdem wurde die Sima-Familie die tongebende Familie im Staat.
263 konnte sein Sohn Sima Zhao (司马昭) die innere Zerstrittenheit von Shu Han ausnutzen und in Sichuan einfallen. Shu Han brach binnen kurzeste Zeit zusammen. 265 setzte Sima Zhaos Sohn Sima Yan (司马炎) den letzten Wei-Kaiser ab und errichtete die Jin-Dynastie. Gleichzeitig wurde die Vorbereitung gegen Wu getroffen. Nach Jahre lange Vorbereitung schließlich konnte Jin mit eine eigene Marine auf dem Yangtse aufwarten. Im November des Jahre 279 setzte die Jin-Armee über den Strom. Fünf Monaten später kapitulierte Wu. Damit war die Zeit der drei Reiche zu Ende.
Zeit der drei Reiche in der Literatur
Der Roman „Die Geschichte der Drei Reiche“ vermischt historische Begebenheiten mit literarischen Erfindungen und beschreibt die Abenteuer von drei an der Niederschlagung der „Gelben Turbane“ beteiligter Generäle. Dank vieler Fassungen der Geschichte der Drei Reiche in Dichtung und Drama ist diese Periode allen Chinesen vertraut. Die beliebtesteten Helden dieser Geschichten sind Guan Yu, der spätere Kriegsgott, der für Treue und Aufrichtigkeit steht und außerdem Zhuge Liang, der sich durch Weisheit und Intellekt auszeichnet.
Zitat
Reiche wachsen und schwinden. Staaten kommen und vergehen. Als sich die Herrschaft des Kaiserhauses Zhou ihrem Ende näherte, stritten sieben Staaten um die Macht, und das Fürstenhaus von Qin blieb Sieger. Als die Macht der Qin erlosch, kämpften die Fürstenhäuser von Chu und Han um den Vorrang, und der Thron fiel, an das Haus Han. Fast vier Jahrhunderte währte, schon, die glorreiche Herrschaft der Han, da begann auch sie zu verfallen, und ihr Glanz zu verbleichen. (Einleitung des Romans „Geschichte der Drei Reiche“ in der Ü)
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