Venusfigurinen

Venusfigurinen ist ein Sammelbegriff für einige vorgeschichtliche Funde von offensichtlich weiblichen Statuetten. Die meisten stammen aus dem Aurignacien oder Gravettien im Jungpaläolithikum Europas und sind bis zu 30.000 Jahre alt.
Aussehen und verwendetes Material
Die meisten der gefunden Figurinen zeigen stark ausgeprägte weibliche Merkmale, so sind besonders die Brüste und das Gesäß stark akzentuiert, aber auch Bauch und Schenkel wurden überproportional dargestellt, so das die Figurinen hochschwanger oder stark übergewichtig wirken. Massiv vernachlässigt oder auch gar nicht ausgeführt wurde dagegen meistens das Gesicht der Statuetten.
Hergestellt wurden die Venusfigurinen aus Stein, Knochen oder Elfenbein, manche sind auch aus Ton und Lehm geformt und gebrannt worden. Letztere stellen somit einige der ältesten bekannten Formen von Keramik dar.
Kulturelle Bedeutung
Die kulturelle Bedeutung dieser Objekte an sich scheint unzweifelhaft, einen offensichtlichen Nutzen dieser Kunst gibt es nicht. Welche Intentionen die Künstler allerdings bei der Herstellung und Nutzung der Figurinen hatten, bleibt ungewiss. Die meisten Interpretationen gehen von zwei Möglichkeiten aus: Darstellung oder Förderung der menschlichen Fruchtbarkeit durch Fruchtbarkeitssymbole oder Abbildungen von Göttinnen oder eine Vermischung der beiden. Ein Zusammenhang mit der Fruchtbarkeit von Feldern kann dagegen nicht vorhanden sein, da der Ackerbau erst später erfunden wurde. Interpretiert man die Überzeichnung der Formen als Fettleibigkeit, kann auch der Wunsch nach einer guten Versorgung mit Nahrung der Hintergrund sein. Der Rückschluss auf ein Matriarchat scheint nicht zwingend gegeben.
Es gibt Vermutungen über einen Zusammenhang zwischen den Figurinen und der Steatopygie der Khoisan. Genetische Untersuchungen bestätigen die Sonderstellung der Khoisan. Demnach spalteten sich die Khoisan relativ früh von den anderen genetischen Gruppen der Menschheit ab.

Zwei - allerdings viel ältere - Funde werden oft ebenfalls in die Kategorie der Venusfigurinen eingeordnet. Die Venus von Berekhat Ram (gefunden auf den Golanhöhen), zwischen 300.000 und 200.000 Jahre alt datiert, und die Venus von Tan-Tan (Marokko), zwischen 500.000 und 300.000 Jahre alt, also dem Acheuléen zugehörig. Allerdings scheinen diese beiden aus Stein bestehenden Venusfigurinen durch geologische Prozesse bereits zu einer menschenähnlichen Form vorgeformt gewesen zu sein. Beide sind sehr rauh ausgeführt, bei der Venus von Berekhat Ram finden sich Spuren einer Bearbeitung mit einem Steinwerkzeug. Die Venus von Tan-Tan scheint mit einer fettigen Substanz, in der sich Spuren von Eisen und Mangan fanden, dekoriert oder bemalt gewesen zu sein. [1]
Beispiele für Venusfigurinen:
- Venus von Balzi Rossi (Italien)
- Venus von Berekhat Ram (Golanhöhen)
- Venus von Bouret' (Sibirien)
- Venus von Brassempouy (Frankreich)
- Venus von Dolní Věstonice (Mähren)
- Venus von Gagarino (Ukraine)
- Venus vom Galgenberg (Österreich)
- Venus von Grimaldi (Italien)
- Venus von Laussel (Frankreich)
- Venus von Lespugue (Frankreich)
- Venus von Kostienki (Russland)
- Venus von Mal'ta (Sibirien)
- Venus von Savignano (Italien)
- Venus von Tan-Tan (Marokko)
- Venus von Willendorf (Österreich)
Siehe auch
Literatur
- Wilhelm Angeli, Die Venus von Willendorf, Edition Wien Verlag, Wien, 1989. ISBN 3-85058-035-0
- Richard Rudgley: Abenteuer Steinzeit. Die sensationellen Erfindungen und Leistungen prähistorischer Kulturen. Magnus Verlag, 2004. ISBN 3884004204
- Desmond Morris: Die nackte Eva. Der weibliche Körper im Wandel der Kulturen. Wilhelm Heyne Verlag, München, 2004. ISBN 3-453-12006-x
Weblinks
- Bilder von Venusfigurinen
- Beschreibungen und Bilder verschiedener Venusfigurinen
- Venus figurines through time - the mother goddess - Bericht über Muttergottheiten
- Die Venus von Tan-Tan bei BBC News