Peter Ustinov
Sir Peter Ustinov (* 16. April 1921 in Cottage Village, London; † 28. März 2004 in Genolier bei Genf; eigentlich Peter Alexander von Ustinow) war 1. ein Schriftsteller, 2. ein Schauspieler und Regisseur, 3. ein politischer Mensch (in dieser Reihenfolge laut seiner eigenen Darstellung). Er nannte sich einmal einen "praktizierenden Europäer", dabei war er das Musterbeispiel für einen Weltbürger.
Biografie
Sir Peter Ustinov entstammte einer internationalen Familie und wuchs viersprachig auf. Seine Mutter (Nadja (Nadezhda) Leontievna Benois) war eine französische Bühnenbildnerin und Kostümzeichnerin russischen Ursprungs. Sein Vater (Iona von Ustinow) war Offizier in der zaristischen russischen Armee, aber deutscher Staatsbürger, später Presseattaché der deutschen Botschaft in London und während des 2. Weltkrieges (nach dem Zerwürfnis mit Ribbentrop) britischer Spion. Zu seiner Herkunft sagte Peter Ustinov immer, er sei "in St. Petersburg gezeugt, in London geboren und in Schwäbisch Gmünd getauft".
Ustinov verließ die ihm verhasste Eliteschule Westminster mit 16 Jahren und absolvierte am London Theatre Studio eine schauspielerische Ausbildung. Mit 17 Jahren trat er in seiner ersten Theaterrolle auf. Doch er beschränkte sich bereits zu dieser Zeit nicht auf die Schauspielerei, sondern schrieb eigene Bühnenstücke. Bereits 1939 wurde sein erstes Werk The Bishop of Limpopoland uraufgeführt. Mit 19 Jahren heiratete er 1940 die Schauspieler-Kollegin Isolde Denham. Im gleichen Jahr folgte eine erste kleine Filmrolle, eine beachtete größere dann 1942 in The Goose Steps Out. Nachdem er von 1942 bis 1945 Soldat war, führte er 1946 bei dem Film School for Secrets zum ersten Mal Regie.
1950 wurde er von Isolde Denham geschieden; 1954 heiratete er die Schauspielerin Suzanne Cloutier, die Mutter seiner Kinder Pavla, Igor und Andrea. Nach der Scheidung 1971 heiratete er die Schriftstellerin Hélène du Lau d'Allemans, mit der er schließlich 31 Jahre lang im eigenen Haus in Bursins am Genfersee zusammenlebte.
Er wurde einem breiten Publikum durch seine Charakterrollen in Quo Vadis, Wir sind keine Engel und Spartacus bekannt. Erfolgreich waren auch die Agatha-Christie-Verfilmungen, in denen er den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot verkörperte. Zuletzt war er im Oktober 2003 im Film Luther als Friedrich der Weise zu bewundern. Ustinov hatte keine Berührungsängste, für das Fernsehen Rollen zu übernehmen. Ihm persönlich wichtiger war seine Kreativität als Schriftsteller und Drehbuchautor. Er brachte es auf neun Drehbücher, mehr als elf Romane und Erzählbände sowie über 20 Theaterstücke, am bekanntesten "Beethovens Zehnte". Als großer Kenner klassischer Musik inszenierte er Opern in Berlin, Salzburg, London, Paris und Moskau.
Für seine Rolle als sarkastischer Sklavenhändler in Spartacus und für die des Arthur Simpson in der Gauner-Komödie Topkapi erhielt er je einen Oscar als bester Nebendarsteller. Viele weitere Auszeichnungen folgten. 1989 wurde er, als einer von insgesamt 15 Ausländern, in die französische Académie des Beaux Arts (Akademie der schönen Künste) aufgenommen. 1990 wurde er von der britischen Königin Elizabeth II. geadelt. Zuletzt erhielt er Anfang 2004 den Bremer Hansepreis für Völkerverständigung.
Ustinov war als hervorragender Erzähler beliebt. Er verstand es, seine Auftritte, Conférencen und Interviews mit viel Humor und zahlreichen Geschichten zu würzen. Doch neben dem Künstler Ustinov stand stets auch der engagierte Mensch Ustinov. Seit 1968 war er Botschafter der UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF. Schon zuvor, Anfang der 1950er Jahre, trat Ustinov den Weltföderalisten bei und amtierte von 1991 bis zu seinem Tod 2004 als Präsident ihrer internationalen Organisation, dem World Federalist Movement. Laut sagte er seine Meinung zu politischen Fragen, zuletzt im März 2004 als Mitaufrufer zum Ostermarsch der Friedensbewegung im deutschen Ramstein, das einen US-amerikanischen Militärstützpunkt mit vielen "taktischen" atomaren Sprengköpfen beherbergt.
Seit dem Jahr 2000 entstanden auf seine Initiative hin in Budapest und im britischen Durham Institute für Vorurteilsforschung. Gemeinsam mit der Universität und der Stadt Wien gründete er am 11. August 2003 das entsprechende deutschsprachige Sir Peter Ustinov Institut, und hielt dort auch Vorträge. Die Stiftungsprofessur wurde im Sommersemester 2004 erstmals besetzt, und zwar mit Professor Dr. med. Dr. phil. Horst-Eberhard Richter.
Ustinov, der seit Jahren an Diabetes und Ischias litt, war zuletzt auf den Rollstuhl angewiesen. Das hinderte ihn keineswegs, wie der Reporter der FAZ berichtete, sehr agil und beweglich seinen "Auftritt" vor dem Medienvertreter zu inszenieren. Er starb am 28. März 2004, im Alter von nahezu 83 Jahren, in einer Privatklinik in Genolier bei Genf an Herzversagen.
Aus Nachrufen
Die Münchener Boulevardzeitung "tz" meinte im Nachruf: Am stärksten wird uns das Lächeln im Gedächtnis bleiben. Dieser kleine, listige Gesichtsausdruck, bei dem die Augen immer ein bisschen mehr zu wissen schienen, als der Mund grade sagte. Es war wohl dieser leise, niemals polternde Humor, den die Menschen so geliebt haben am großen Sir Peter Ustinov. Nur nichts allzu ernst nehmen, strahlte er aus ... Hat die Zuneigung, die ihm überall entgegenschlug, in Hilfe für andere umgemünzt.
Die FAZ schrieb am 30. März 2004: Er ... war einer der raren Allrounder mit europäischer Basis und Hollywood-Überbau: ein an Leibes- und Pointen- und Witzumfang stets zunehmendes Multi-Talent ...
Filmografie
- 1940 Hullo fame (Darsteller)
- 1941 One of our Aircraft is missing (Darsteller)
- 1942 The Goose Steps Out (Darsteller)
- 1944 Der Weg nach oben (Darsteller, Drehbuch)
- 1946 School for Secrets (Produzent, Regie, Drehbuch)
- 1951 Quo vadis (Darsteller)
- 1954 Sinuhe, der Ägypter (Darsteller)
- 1955 Lola Montez (Darsteller)
- 1955 Wir sind keine Engel (Darsteller)
- 1955 Beau Brummel - Rebell und Verführer (Darsteller)
- 1957 Der Hund, der Herr Bozzi hieß (Darsteller)
- 1960 Spartacus (Darsteller)
- 1960 Der endlose Horizont (Darsteller)
- 1961 Romanoff und Julia (Produzent, Darsteller, Regie, Drehbuch)
- 1961 Die Verdammten der Meere (Produzent, Darsteller, Regie, Drehbuch)
- 1964 Topkapi (Darsteller)
- 1964 Eine zuviel im Harem (Darsteller)
- 1965 Ladie L. (Regie, Drehbuch)
- 1967 Käptn Blackbeards Spukkaschemme (Darsteller)
- 1967 Die Stunde der Komödianten (Darsteller)
- 1969 Viva Max (Darsteller)
- 1972 Hammersmith is out (Darsteller, Regie)
- 1973 Robin Hood (Sprecher von Prinz John)
- 1975 Wer hat unseren Dinosaurier geklaut (Darsteller)
- 1976 Flucht ins 23. Jahrhundert (Darsteller)
- 1976 Der Goldschatz der Matecumbe (Darsteller)
- 1977 Tod auf dem Nil (Darsteller)
- 1977 Drei Fremdenlegionäre (Darsteller)
- 1977 Vom Blitz getroffen (Darsteller)
- 1977 Jesus von Nazareth (Film) (Darsteller)
- 1978 Ashanti (Darsteller)
- 1980 Charlie Chan und der Fluch der Drachenkönigin (Darsteller)
- 1982 Das Böse unter der Sonne (Darsteller)
- 1987 Rendezvous mit einer Leiche (Darsteller)
- 1987 Memed, mein Falke (Darsteller, Regie, nach dem Roman von Yasar Kemal)
- 1989 In 80 Tagen um die Welt (Darsteller)
- 1990 Spatzi, Fratzi & Co. (Darsteller)
- 1992 Lorenzos Öl (Darsteller)
- 1995 Weltmacht Vatikan (Moderator in TV-Dokumentation)
- 1999 Der Junggeselle (Darsteller)
- 2003 Luther (Darsteller)
- 2003 Wintersonne (Darsteller)
TV-Serie
- 1989 Der fließende Fels (Hauptrolle in allen sechs Episoden)
Bibliografie
- Krumnagel Roman (1971)
- Ach du meine Güte: Unordentliche Memoiren (1977)
- Mein Russland historische Studie (1984)
- Der alte Mann und Mr. Smith satirischer Roman (320 S. Tb. 2000)
- Die Heirat und andere Komödien drei Neuinterpretationen (186 S. August 2000)
- Monsieur Réné schwarz-humoriger Roman (349 S. Tb. September 2000)
- Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kurzgeschichten-Sammlung (258 S. Tb. 2001)
- Karneval der Tiere humorige Satiren (109 S. geb. Mai 2001)
- Was ich von der Liebe weiß Aphorismen, Dialoge (222 S. Tb. Juli 2001)
- Ich und ich Erinnerungen (2001)
- Achtung! Vorurteile (Dezember 2003)
Bühnenstücke und Drehbücher
- Die Liebe der vier Obersten (aufgeführt 1951)
- Romanoff und Juliet (1956, verfilmt 1961)
- Halb auf dem Baum (1967)
- Der unbekannte Soldat und seine Ehefrau (1967, aufgeführt 1973 New London Theatre)
- Hot Millions (1969 Oscar Nominierung für sein Drehbuch)
- Belauscht (1981)
- Beethovens Zehnte (1983, er selbst in der gefeierten Hauptrolle)
Zitate, Bonmots
- "Der Terrorismus ist ein Krieg der Armen gegen die Reichen.
Der Krieg ist ein Terrorismus der Reichen gegen die Armen."
weitere Zitate bei Wikiquote
Weblinks
- Peter-Ustinov-Stiftung (internationales Kinderhilfswerk)
- World Federalist Movement
- Sir Peter Ustinov Institut zur Erforschung und Bekämpfung von Vorurteilen
- Sir Peter Ustinov: Avantgardist für eine bessere Weltordnung (in Telepolis)
- Gut geschriebene und bebilderte webjournalistische Kurzbiografie
- Ein Leben in 18 eindrucksvollen Bildern
- Sir Peter Ustinov Gedenkbuch