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Goldene Regel

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Als Goldene Regel wird allgemein ein für eine gesellschaftliche Gruppe wichtiger Merkspruch oder ein markantes Motto bezeichnet, im engeren Sinne bezieht sich die Bezeichnung aber auf die in dem Sprichwort

Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.

ausgedrückte moralische Regel. Gelegentlich wird die Anschauung vertreten, die goldene Regel gehe auf das neue Testament zurück. Sie ist aber in mannigfaltigen Variationen Grundbestandteil der ethischen Vorstellungen vieler Religionen. Zu unterscheiden ist sie von Kants Kategorischem Imperativ.

Beispiele (chronologisch geordnet)

  • 500 v. Chr.: "Ein Wort, dass als Verhaltensregel für das Leben gelten kann, ist Gegenseitigkeit. Bürde anderen nicht auf, was du selbst nicht erstrebst." (Lehre vom mittleren Weg 13, 3), Konfuzianismus
  • 500 v. Chr.: "Daher übt er (der Weise) keine Gewalt gegen andere, noch heisst er andere so tun." (Acarangasutra 5, 101-102), Jainismus
  • 4. Jahrhundert v. Chr.: "Man soll sich nicht auf eine Weise gegen andere betragen, die einem selbst zuwider ist. Dies ist der Kern aller Moral. Alles andere entspringt selbstsüchtiger Begierde." (Mahabharata, Anusasana Parva 113, 8; Mencius Vii, A, 4), Hinduismus
  • 90er: "Was Du selbst zu erleiden vermeidest, suche nicht anderen anzutun." Epiktet
  • 2. Jahrhundert: "Was Dir selbst verhasst ist, das tue nicht Deinem Nächsten an. Dies ist das Gesetz, alles andere ist Kommentar." (Talmud, Shabbat 31a), Judentum
  • 9. Jahrhundert: "Niemand von Euch ist ein Gläubiger, bevor er nicht für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst begehrt." (Hadith), Islam
  • (?): "Und wenn Du Deine Augen auf die Gerechtigkeit wendest, so wähle für Deinen Nächsten dasjenige, was Du für Dich selbst erwählet hast." (Brief an den Sohn des Wolfs 30), Bahá'í
  • 1870er: "Wünsche er nicht anderen, was er nicht für sich selbst erwünschet." Bahá'í
  • 1999: "Tue nichts, was Du nicht möchtest, dass man Dir tun soll." (British Humanist Society), Humanismus

Zwischen den einzelnen Versionen sind leichte, aber relevante Unterschiede feststellbar. So sind die muslimische und Bahá'í-Variante wie auch die aus der Bergpredigt entnommene christliche positiv formuliert und fordern nicht nur das Nichttun dessen, was selbst nicht gewünscht wird, sondern auch das Tun dessen, was man selbst erstrebt. Damit wird insbesondere die christliche Version von vielen als anspruchsvoller angesehen.

Dabei wird allerdings kritisch eingewandt, dass auch die Goldene Regel dem Egoismus Vorschub leisten kann, da der Wille des Handelnden zum alleinigen Maßstab gemacht wird. Das von ihm selbst Erstrebte muss nicht notwendig das auch vom Nächsten Gewollte sein und die positiven Formulierungen können daher nach Taten rufen, die der Begünstigte möglicherweise gar nicht wünscht. Daher seien für eine tugendhafte Lebensweise weitere ethische Prinzipien in Betracht zu ziehen. z. B.: die Nächstenliebe.