Sinusitis
Als Sinusitis (lat. wörtlich Nasennebenhöhlenentzündung; Sinus=Nasennebenhöhle, -itis=Entzündung) wird die akute oder chronische Nasennebenhöhlenentzündung bezeichnet.
Akute Sinusitis
Die akute Vereiterung der Nasennebenhöhlen entsteht oftmals aus einem Schnupfen (Rhinitis), wenn durch Schwellung der Schleimhäute oder anatomische Besonderheiten der Sekretabfluss aus den Nebenhöhlen behindert wird. Meist sind die Kieferhöhlen, seltener die Siebbeinzellen und Stirnhöhlen, sehr selten die Keilbeinhöhlen betroffen. Eine Beteiligung sämtlicher Nasennebenhöhlen wird als Pansinusitis bezeichnet. Die Erkrankung geht meist mit Fieber, Kopfschmerz und genereller Abgeschlagenheit einher. Jeder siebte Deutsche ist einmal pro Jahr von einer Sinusitis betroffen. Ursache ist nur in 10-20 % der Fälle eine bakterielle Infektion. Meist sind Viren die Auslöser; andere Ursachen wie Allergien sind jedoch auch möglich. Für eine bakterielle Sinusitis spricht: Symptomdauer > 7 Tage, einseitige Gesichtsschmerzen, einseitiger eitriger nasaler Ausfluss. Eine beidseitige Symptomatik spricht dagegen mehr für eine virale Ursache. Akute virale Sinusitis kann durch Tröpfcheninfektionen übertragen werden.
Chronische Sinusitis
Als chronische Sinusitis gilt eine mehr als 2-3 Monate (je nach Quelle) dauernde Sinusitis. Sie geht meist aus einer nicht ausgeheilten akuten oder subakuten Sinusitis hervor, meist sind Kieferhöhlen und Siebbeinzellen betroffen. Eine weitere Verlaufsform ist die rezidivierende akute Sinusitis. Symptome sind langanhaltender Geruchsverlust (Anosmie), chronischer, meist wässriger Schnupfen (Rhinorrhoe), Sekretfluss in den Rachen (Post nasal drip), und dauerhafter, dumpfer Druck über den Nebenhöhlen oder hinter den Augen. Oft besteht zusätzlich das Wachstum entzündlicher Polypen in den Nasennebenhöhlen. Zur Behandlung werden Kortisonpräparate als Nasenspray oder in Tablettenform angewendet.
Bei Versagen der konservativen Therapie trotz einer Behandlungsdauer von mehr als 6 Wochen ist eine Operation angezeigt. Diese wird in 80% der Fälle das Befinden bessern, in 10% der Fälle kommt es zum Wiederauftreten der Erkrankung. Diese Operationen werden heute regelhaft von innerhalb der Nase ausgeführt, Schnitte im Gesicht (transfazialer Zugang) ist Einzelfällen vorbehalten. Patienten mit ausgedehnten Stirnhöhlenentzündungen haben eine schlechtere Prognose und ein schlechteres Risikoprofil. Risiken der Nasennebenhöhlenoperation bestehen aufgrund der räumlichen Nähe zu Augen und Gehirn in der Verletzung der Augenhöhle mit Ausbildung von Doppelbildern, dem Sehverlust, dem Abfließen von Hirnwasser, der Hirnhautentzündung und dem Einbluten in das Gehirn. Diese schwerwiegenden Komplikationen treten heute in weniger als 1% der Fälle auf.
Eine polypöse Sinusitis ist besonders häufig mit dem Auftreten eines Asthma bronchiale und einer Analgetika-Intoleranz vergesellschaftet. Das Vorkommen aller drei Erkrankungen bei einem Patienten nennt man Samter.-Trias. Diese Patienten haben mit der Standardtherapie eine deutlich erhöhte Rezidivneigung. Als neuere, unterstützende Therapie steht die adaptive Desaktivierung zur Verfügung. Hierzu nimmt man nach Einstellung durch den Arzt dauerhaft Acetylsalicylsäure (ASS / Aspirin) ein und kann so erfolgreich der Polypenneubildung entgegen wirken. Eine Sanierung der Nasennebenhöhlen bei Asthmatikern führt bei diesen zu einer durchschnittlich um 5 mg verminderten Einnahme von Kortison, um das Asthma zu kontrollieren.
Als Folge einer chronischen Sinusitis können Erkrankungen der Lunge (Sinu-bronchiales-Syndrom) auftreten. Manchmal ist eine chronische Sinusitis resistent gegenüber konservativer Therapie und auch eine operative Verbesserung der nasalen Belüftungsverhältnisse bringt keinen nachhaltigen Erfolg. In solchen Fällen sollten weitere Untersuchungen in Erwägung gezogen werden. Zu den Untersuchungen, die evtl. Aufschluss über eine bisher nicht erkannte Ursache bringen und somit eine gezieltere Therapie ermöglichen, zählen:
- Panorama-Röntgen der Zahnwurzeln (Zum Ausschluss einer in die Kieferhöhlen ausstrahlenden Zahnwurzelentzündung)
- Analyse der immunmodulierenden Flora im Stuhl (v.a. e.coli, Enterococcus faecalis) (Zur Beurteilung der Immunitätslage im Bereich der Schleimhäute)
- Differentialblutbild (Basis-Diagnostik zum Zustand des Immunsystems)
- Lymphozytentypisierung (Zum Ausschluss der meisten primären und sekundären Immundefekte)
- Bestimmung der Immunglobuline (IgA, IgG, IgM) im Blut (Zum Ausschlus eines Antikörpermangelsyndroms)
- Bestimmung der IgG-Subklassen im Blut (Zum Ausschluss eines IgG-Subklassenmangels)
- Bestimmung des sekretorischen IgA im Speichel (Zum Ausschluss einer durch s-IgA-Mangel ausgelösten Schleimhautschwäche)
- Biopsie der Nasenschleimhaut (Zum Ausschluss von eosinophilen Clustern, die zu einer Überempfindlichkeit gegenüber von Pilzsporen führen und dadurch die Verbreitung von pathogenen Bakterien und Viren in den Nebenhöhlen fördern)
- Bestimmung der Antikörper (IgG/IgM) gegen bestimmte Virusinfektionen (v.a. EBV, Cytomegalie, Herpes Simplex) (Zum Ausschluss einer Immunschwächung durch chronische Virusinfektion)
- Bestimmung der Lymhozytenfunktion durch Lymphozytentransformations-Test (Zum Ausschluss einer Störung der T-Lymphozytenfunktion)
- Bestimmung des Mannose-bindenden-Lektins im Blut (Zum Ausschluss einer MBL-Defizienz)
- Bestimmung von Pilz-Antikörpern im Blut (v.a. Candida, Aspergillus) (Zum Ausschluss einer durch Pilzbefall im Darm, Blut oder Nasenschleimhaut ausgelösten chronischen Sinusitis)
- HIV-Test (Zum Ausschluss einer durch eine HIV-Infektion manifestierte chronische Nebenhöhlenentzündung)
- Bestimmung eines bestimmten Autoimmunantikörpers (ANCA) im Blut (Zum Ausschluss einer Immunvaskulitis wie etwa Morbus Wegener)
- Schweißtest (Zum Ausschluss einer bisher nicht erkannten Mukoviszidose)
Arten
- Sinusitis ethmoidalis, eine Entzündung der Siebbeinzellen
- Sinusitis frontalis, eine Stirnhöhlenentzündung
- Sinusitis maxillaris, eine Kieferhöhlenentzündung
- Sinusitis sphenoidalis, eine Entzündung der Keilbeinhöhle
Untersuchung
Durch einfache endoskopische Untersuchung, Abstrich der Nasenflüssigkeit (Nasensekret) und gezielte Befragung der im Fall der Sinusitis recht eindeutigen Symptomatik kann der Arzt oft die Diagnose einer Sinusitis stellen. (Diese recht eindeutige Symptomatik kann zwar, muss aber nicht unbedingt erscheinen. Eine chronische Sinusitis/Pansinusitis kann u.U. nicht selten überhaupt keine erkennbaren Symptome hervorrufen.) Zur Abklärung müssen bildgebende Verfahren (Sonographie), Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden. Röntgenaufnahmen und Sonographie sind dagegen bezüglich Sinusitis ziemlich unzuverlässig. Sonographie ist nur zur Verlaufskontrolle und bei einem akuten Schub wertvoll. Bei genereller Abgeschlagenheit kann das Fehlen jeglicher anderer Symptome zusammen mit dem Ergebnis einer Röntgenaufnahme der Nasennebenhöhlen leicht zu einem voreiligen Ausschließen der Sinusitis führen.
Symptome
- häufig sind bei einer akuten Sinusitis Kopfschmerzen begleitet von Druckgefühl oder bohrendem Schmerz im vorderen Kopfbereich. Diese Schmerzen verschlimmern sich, sobald man sich nach vorne neigt, mit dem Oberkörper herunterbückt oder fest auftritt. Je nach betroffenen Nebenhöhlen variiert die Lage der Beschwerden. So kann pochender Schmerz über der Stirn, im Wangenbereich (unter Umständen von Zahnschmerzen begleitet), hinter den Augen oder seltener im Hinterkopfbereich auftreten. Zur Lokalisierung kann sich der Patient mit der flachen Hand auf den Hinterkopf schlagen, der Impuls verursacht einen dumpfen, stechenden Schmerz in den flüssigkeitsgefüllten Nebenhöhlen.
- häufig gleichzeitig Schnupfen mit eitrig verändertem Nasensekret
- bei schweren Entzündungen Fieber, Abgeschlagenheit und Sehstörungen aber auch starker Husten, welcher durch abgehenden Schleim in die Atemwege, besonders die Nachtruhe stören kann, sowie bei lang anhaltendem Hustenreiz die Brustmuskeln schmerzen lässt und schwächt
- manchmal sichtbare schmerzhafte Schwellung
Vermehrtes Nasenbluten sollte an seltene bösartige Neubildungen im Bereich der Nasennebenhöhlen denken lassen.
Therapie
Ziel der Therapie ist es in erster Linie, die Entzündung zu reduzieren sowie den natürlichen Schleimabfluss der Nebenhöhlen wiederherzustellen:
- Maßnahmen zur Verflüssigung und verbesserten Ausscheidung des Schleims (erhöhte Flüssigkeitszufuhr durch Trinken, Sicherstellung einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit der Atemluft, Dampfinhalation, Isotonische Kochsalzlösung als Nasenspülung/-dusche oder Meerwassersprays, Wirkstoffe zur Schleimlösung/-verflüssigung bzw. erhöhten Schleimproduktion wie Beispielsweise Acetylcystein [ACC akut®] und Ambroxol, pflanzliche Präparate wie Sinupret® oder Enzympräparate wie Wobenzym N®.
- Einsatz von schleimhautabschwellenden Nasensprays oder -tropfen.
- Einnahme von myrtolhaltigen Medikamenten.
- Maßnahmen zur Verringerung der Entzündung (beispielsweise durch Einsatz von Enzympräparaten oder kortisonhaltigen Nasensprays).
- Gabe von Antibiotika nur bei schwerer Symptomatik und wenn eine bakterielle Infektion gesichert oder zumindest wahrscheinlich ist.
- In schwerwiegenden Fällen kann ein operativer Eingriff notwendig werden, um einen organisch erschwerten Schleimabfluss zu ermöglichen (Polypenentfernung, Verkleinerung der Nasenmuschel, Knochenabschabung, Begradigung der Nasenscheidewand).
Vorsichtsmaßnahmen
- Gegen Viren haben Antibiotika, die nur bei bakterieller Sekundärinfektion einzusetzen sind, keine Wirkung. In jedem Fall ist bei Einsatz von Antibiotika die negative Auswirkung auf die symbiotischen Organismen (Darmbakterien, Mundbakterien) zu beachten. Eine antibiotische Therapie soll bisweilen eine probiotische Nachbehandlung (beispielsweise Enterococcus faecalis, milchsäurebildende Bakterien) erfordern.
- Beim Putzen der Nase durch Schnäuzen:
- den Pressdruck kontrolliert niedrig halten, um den Schleim nicht in schwer zugängliche Bereiche der Nasennebenhöhlen hineinzupressen,
- möglichst einseitiges Schnäuzen,
- „Warme“ Hausmittel wie Heißwasserdampfbad und Infrarotbestrahlung sollten sparsam und nur bis zur baldigen Wirkung eingesetzt werden, da es nicht förderlich ist, eine Entzündung zusätzlich zu erwärmen. Jedoch fördert eine Infrarotlampe auch die Durchblutung in den Nebenhöhlen. Auf jeden Fall sinnvoll hingegen ist es, auch prophylaktisch, insbesondere im Winter ein Auskühlen des Gesichts zu verhindern.
Erreger
Komplikationen
Bei schweren Verläufen kann die Entzündung die Nebenhöhlen überschreiten und benachbarte Strukturen schädigen:
- Wenn die dünne Knochenplatte, welche Augenhöhle und die Nasennebenhöhlen voneinander trennt, von der Entzündung betroffen ist, kann es zum Durchbruch kommen. Eiter und Bakterien gelangen so in die Augenhöhle, was zu schweren Augenschäden bis hin zur Erblindung führen kann.
- Auch die knöcherne Trennung von Gehirn und Nebenhöhle kann von der Entzündung durchbrochen werden. Eine lebensbedrohliche Hirnhautentzündung kann die Folge sein.
- Meist vernachlässigt ist das Zusammenspiel von Kieferhöhle und Zahnwurzelentzündungen.
- Ein oft übersehenes und unterschätztes Problem ist das Schnarchen. Durch die gestörte Nasenatmung wird der Luftstrom behindert, das im Weg befindliche Sekret „gluckert“ unüberhörbar bei jedem Atemzug. Bei fortschreitendem Verschluss wird auf Mundatmung übergegangen, was zur Austrocknung der Rachenschleimhaut führt. Die Sinusitis wird damit negativ beeinflusst, weil einerseits die Schleimhäute gereizt werden und andererseits die notwendige Erholung im Schlaf ausbleibt.
Vorbeugung
Bei häufig wiederkehrender Sinusitis sollte man einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen.
Oft sind gutartige Schleimhautwucherungen (Polypen), eine schiefe Nasenscheidewand und/oder verengte Abflusswege Ursache für wiederkehrende Sinusitis. Eine Operation kann in diesen Fällen Abhilfe schaffen.
Häufige Unterkühlung des Kopfbereiches bei kühler Witterung, insbesondere durch nasse Haare, begünstigt Erkältungen und/oder einer Sinusitis. Abhilfe leistet eine Kopfbedeckung, die neben dem Stirnbereich auch den Bereich der Ohren, idealerweise auch die Wangenknochen, abdeckt.
Problematisch sind auch die üblichen Verhaltensweisen des westlichen Kulturkreises. Die Nase schnäuzen gilt als höflich, sie hochzuziehen gilt als unfein. Dabei verhält es sich bei gleichem Lärmpegel so, dass beim „Hochziehen“ und Schlucken die Bakterien durch die Magensäure zerstört werden, beim Schneuzen die Druckverhältnisse hingegen ein Eindringen von Erregern in die Nebenhöhlen begünstigen. Dieses Putzen bewirkt dann unter Umständen überhaupt erst das Eindringen von Bakterien und Viren in die Nebenhöhlen. In Asien, wo das "Hochziehen" der Nase gesellschaftlich opportun ist, sind Nebenhöhlenentzündungen unbekannt.
Rauchen trägt erheblich zur Entstehung von Sinusitis bei.
Bei wiederholt auftretenden Beschwerden ist als Ursache an eine allergische Rhinitis zu denken.
Andere Gründe für wiederkehrende Sinusitiden können eine angeborene Schleimhautschwäche oder auch Zahnwurzelprobleme sein.
Regelmäßige Nasenspülungen (sogenannte Nasendusche) mit Salzwasser können auch zur Vorbeugung eingesetzt werden.
Siehe auch
- Kieferhöhle (Sinus maxillaris)
- Stirnhöhle (Sinus frontalis)
- Tränenbeinhöhle (Sinus lacrimalis)
- Gaumenhöhle (Sinus palatinus)
- Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis)
- Siebbeinzellen (Cellulae ethmoidales)
Weblinks
- Net Hausarzt
- Artikel über die Entzündung der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen(Sinusitis) bei Onmeda
- offizielle Leitlinien zur Behandlung der Sinusitis bei der AWMF
- Artikel zum Thema Sinusitis aus "Der Arzneimittelbrief", einer unabhängigen Zeitschrift mit dem Schwerpunkt Pharmakotherapie
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Weiterführende Literatur: Strutz, Mann: Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Thieme Verlag Werner Hosemann, Rainer K. Weber, und Rainer Keerl: Minimally Invasive Endonasal Sinus Surgery: Principles, Techniques, Results, Complications, Revision Surgery, Thieme