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Kristallstrukturanalyse

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Kristallstrukturanalyse ist die Bestimmung der Struktur eines Kristalls im atomaren Bereich mittels Beugung geeigneter Strahlung am Kristallgitter. Sehr häufig wird hierfür monochromatische Röntgenstrahlung verwendet, da sich diese verhältnismäßig einfach als charakteristische Röntgenstrahlung einer Röntgenröhre erzeugen lässt. Hierfür hat sich der Begriff Röntgenstrukturanalyse eingebürgert. Alternativ lassen sich auch Neutronenstrahlen oder Synchrotronstrahlung verwenden. Die Kristallstrukturanalyse mit Elektronenstrahlen ist aufgrund der starken Wechselwirkung zwischen dem Elektronenstrahl und dem Kristall besonderen Schwierigkeiten unterworfen und steckt noch in den Kinderschuhen.

Aus dem beobachteten Beugungsmuster kann anschließend die Kristallstruktur berechnet werden. Die Geometrie der Elementarzelle des Kristallgitters kann vollständig anhand der Winkel abgeleitet werden, unter denen die Beugungsmaxima auftreten. Aus der Stärke der Beugungsmaxima kann mittels verschiedenen mathematischer Methoden die Anordnung der Atome innerhalb der Elementarzelle berechnet werden. Die hierbei benötigten Rechnungen werden allerdings für größere Moleküle (z.B. Biomoleküle) schnell sehr komplex, so dass sie ohne Computer nicht durchführbar sind. Daher können Proteinstrukturen erst seit den 60er Jahren, nach der Entwicklung des Computers, durchgeführt werden, obwohl Forscher bereits in 1934 herausfanden, dass das Enzym Pepsin regelmäßige Kristalle bildet.

Bei der Kristallstrukturanalyse mittels Röntgen-, Elektronen- oder Synchrotronstrahlung werden streng genommen nicht die Postionen der Atome, sondern wird die Verteilung der Elektronen in der Elementarzelle bestimmt, da diese mit der Strahlung in Wechselwirkung treten. Man erhält also eigentlich eine Elektronendichtekarte, und bei sehr exakten Kristallstrukturanalyse von Molekülen mit leichten Atomen findet man in der Tat Bindungeselektronen. Neutronen treten dagegen mit dem Atomkern in Wechselwirkung. Allerdings ist der Unterschied in der Position in den meisten Fällen vernachlässigbar. Eine genaue Beschreibung der Beugungseffekte an Kristallen und deren Interpretation ist im Artikel Röntgenbeugung zu finden.

Idealerweise wird die Beugung an einem Einkristall durchgeführt. Häufig ist dies aber nicht möglich, da nicht immer genügend große Einkristalle einer Substanz zur Verfügung stehen. Heutzutage ist es möglich, auch das Beugungsmuster von Kristallpulvern im Rahmen einer Kristallstrukturanalyse auszuwerten. Allerdings geht durch die hierbei auftretende Überlagerung von Beugungsmaxima Information verloren, so dass die Ergebnisse im allgemeinen von geringerer Qualität sind.

Neben der eigentlichen kristallographischen Anwendung der Methode, bei welcher der Kristall selber von Interesse ist, wird die Kristallstrukturanalyse auch zur Aufklärung von Molekülstrukturen verwendet. Dies ist heute eine Standardmethode der Chemie und der Biochemie. Hierfür ist allerdings die Kristallisation der Moleküle Voraussetzung, was insbesondere bei Proteinkristallen sehr schwierig sein kann. Durch Kristallisation in Gegenwart von Substraten kann versucht werden, verschiedene metabolische Zustände des Proteins zu erfassen. Ein weiteres Problem hierbei besteht darin, dass die Proteinstruktur sich durch die Kristallisation möglicherweise ändert. Da man von der Struktur auf die Funktion des Proteins sowie auf mögliche Liganden (z.B. Medikamente) schließen möchte, können solche Strukturänderungen problematisch für die Anwendung in Medizin und Forschung sein.

Auf dem Gebiet der Kristallstrukturanalyse gab es mehrere Nobelpreise, angefangen bei Max von Laue und Wilhelm Conrad Röntgen, die die Grundlagen legten, über zum Beispiel Dorothy Crowfoot Hodgkin, die viele biologisch relevante Moleküle erstmalig strukturell bestimmte, bis zu Robert Huber und Johann Deisenhofer, die Proteine (unter anderem auch das Chlorophyll-haltige Photoreaktionszentrum ) als Proteinkristalle untersuchten. Eines der bekanntesten Beispiele für die Strukturaufklärung mittels Röntgenbeugung ist die Entschlüsselung der DNA-Struktur durch James Watson und Francis Crick, deren Modell wesentlich auf Röntgenbeugungsdaten von Maurice Wilkins und Rosalind Franklin beruhte.

Literatur

  • Massa, Werner: Kristallstrukturbestimmung, Stuttgart: Teubner 2002, ISBN 3519135272