Marktrecht (historisch)

Das Marktrecht war im Mittelalter die Erlaubnis, einen ständigen Markt, einen Wochen- oder Jahrmarkt abzuhalten, auf einem bestimmten Platz, der dann unter Marktfrieden, also einem besonderen, für den Markt und seine Besucher geltenden Recht stand und vom Marktherrn (König, Bischof, Fürst) geschützt wurde. Für die städtische Wirtschaft war dieses Privileg von entscheidender Bedeutung. Die Verleihung des Marktrechtes stand seit der fränkischen Zeit dem König zu, und erst später besaßen geistliche und weltliche Fürsten diese Regalie, die ihnen die Gründung von Städten gestattete.
Noch heute gibt es in Bayern, Österreich und Südtirol Gemeinden, die die Bezeichnung Markt als Ortsbezeichnung führen und einem kommunalrechtlichen Status als Marktgemeinde haben.
Rechtsgeschichte
Das Marktrecht wurde den Ortschaften vom Kaiser/König des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ausgestellt. Eingeführt wurde es in einer Verwaltungsreform Heinrichs IV. von Bayern, der 1016 dem Marienstift Prüm als dem ersten Stift im Deutschen Reich Münzprivilegien und das Marktrecht verlieh. Das Marktrecht musste bei Antritt eines jeden neuen Landesfürsten erneut bestätigt und durch einen bestimmten Geldbetrag abgegolten werden.
Wahrzeichen für die Marktfreiheit war anfänglich das Marktkreuz, oft mit Handschuh und Schwert als den Symbolen des Marktrecht gewährenden Königs geschmückt. Später gab es je nach Region auch andere Kennzeichen, wie zum Beispiel Fahnen oder mit Zeichen und Symbolen versehene Steinsäulen. Diese wurden vor den Einfahrten zum Marktplatz, der gewöhnlich durch verschließbare Gatter oder Tore zu betreten war, aufgestellt.
Für die Einhaltung des Marktfriedens (Königsfrieden), unter dem der Markt und seine Besucher standen, waren eigene Marktgerichte zuständig. Streitigkeiten aus dem Marktverkehr wurden ohne den Formalismus des Landesrechts entschieden. Der Marktherr garantierte die Freiheit des Handelsverkehrs sowie die Sicherheit der Wege. Außerdem erleichterte er den Handel durch Einrichtung von Münzen. Als Entgelt erhob er von den Marktbesuchern einen Marktzoll.
Das Marktrecht galt zunächst nur für die Zeit des Marktes, für die Marktstätte selbst und deren Besucher. Ab dem 11. Jarhundert entfiel die zeitliche Beschränkung und der Kreis der Nutznießer weitete sich aus, bis schließlich alle Bürger an den Privilegien eines Ortes teilhatten. Damit war eine der wichtigsten Grundlage für das besondere Stadtrecht geschaffen. Das Marktrecht wurde meist zusammen mit dem Stadtrecht verliehen, aber auch ohne dieses. Je nach Größe und Bedeutung der Ortschaft konnte die Verleihung der Marktprivilegien mit zusätzlichen Freiheiten gegenüber den Grund- und Landesherren verbunden sein. Im Marktrecht eingeschlossen war das Bürgerrecht, das unter anderem das Privileg einer besseren Rechtsstellung und eines niedrigeren Steuersatzes mit sich brachte.
Markt als Ortsbezeichnung
Nachdem das Marktrecht heute anderweitig geregelt ist (grundsätzlich kann jede Gemeinde Märkte abhalten), hat die Bezeichnung „Markt“ keine besondere praktische Bedeutung mehr.
In Bayern können dennoch größere kreisangehörige Gemeinden auf Antrag auch heute noch von der Staatsregierung offiziell zum Markt erklärt werden. Das bayerische Kommunalrecht unterscheidet insofern bei kreisangehörigen Gemeinden zwischen Städten, Märkten und Gemeinden. Den Begriff „Marktgemeinde“ gibt es in Bayern nicht. Grundlage ist eine entsprechende Regelung in der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern. Hier heißt es in Artikel 3:
- Städte und Märkte heißen die Gemeinden, die diese Bezeichnung nach bisherigem Recht führen oder denen sie durch das Staatsministerium des Innern neu verliehen wird.
- Die Bezeichnung Stadt oder Markt darf nur an Gemeinden verliehen werden, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und wirtschaftlichen Verhältnissen der Bezeichnung entsprechen.
Zur Verleihung des Titels Markt sind also bestimmte Voraussetzungen erforderlich. Insbesondere eine besondere oder überragende Bedeutung gegenüber den umliegenden Gemeinden in kultureller, wirtschaftlicher oder historischer Hinsicht. Die Märkte in Bayern sind damit eine Form der Minderstadt.
In Österreich und in Südtirol ist die Verleihung des Titels Marktgemeinde ähnlich geregelt.
Sowohl in Österreich als auch in Bayern kommt es vereinzelt vor, dass der Begriff „Markt“ offizieller Bestandteil des Gemeindenamens ist, z. B. in Bayern Markt Berolzheim, Markt Bibart, Markt Einersheim, Markt Erlbach, Markt Wald, oder auch zusammengezogen Marktheidenfeld; in Österreich Markt Piesting oder Aschbach-Markt, Aspang-Markt oder des Hauptortes einer Großgemeinde, wie Ardagger-Markt.
Da es sich um einen Titel ohne Recht handelt, hat es heute im Grundsatz keinerlei praktische Bedeutung mehr, ob eine Gemeinde sich als Markt oder Marktgemeinde bezeichnen darf oder nicht. Wenn eine Gemeinde einen Markt, Wochenmarkt oder Jahrmarkt veranstalten möchte, gelten andere Kriterien, der Titel Markt bzw. Marktgemeinde ist hierzu keine Voraussetzung. Er ist vor allem ein Schmuckwerk für die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde bzw. hat darüber hinaus in Bayern und Österreich, wo Tradition noch einen hohen Stellenwert genießt, durchaus seinen Platz.
Die Schweiz kennt diese Bezeichnungen nicht, hingegen sind manche, auch recht kleine Schweizer Orte, schon im Mittelalter zu Städten bzw. zu Marktflecken erhoben worden. Obwohl viele Orte bis heute vielleicht noch dörflich klein sind, bezeichnet sich bis heute manches Schweizer „Städtchen“ stolz als Stadt.
Siehe auch
Gemeindearten in Deutschland, Liste der Märkte in Deutschland
Quellen
- Ferdinand Seibt: Glanz und Elend des Mittelalters; Wolf Jobst Siedler Verlag, Berlin, Sonderausgabe 1999, ISBN 3-88680-279-5, S. 167.
- Dr. Fritz Winzer (Herausgeber): Kulturgeschichte Europas, Georg Westermann Verlag, Braunschweig; Sonderausgabe der Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft, Köln, S. 341.
- Meyers Enzyklpädisches Lexikon; Bipliographisches Institut, Lexikonverlag, Mannheim/Wien/Zürich 1975, Band 15, S. 646.
- Rolf Schneider: Alltag im Mittelalter; Weltbild Verlag, Augsburg 1999, ISBN 3-89604-673-X, S. 66.