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Hygiene im Römischen Reich

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Hygiene spielte im Römischen Reich ab der späten Republik eine große Rolle. Angesichts großer Aquädukte, Thermen, der Kanalisation und Latrinen verwundert dies nicht. Anders als heute war die Körperhygiene nicht ins "geheime Kämmerchen" verbannt, sondern Bad und Latrine waren öffentliche Einrichtungen und Treffpunkte auch für Geschäftsleute. Darüberhinaus war das Baden ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens bei allen Schichten der römischen Gesellschaft. So sind denn auch Ruinen von Thermen in den abgelegensten Winkeln des Reichs zu finden.

Auf der anderen Seite gab es die Masse der Armen, denen die luxuriösen Badetempel, deren Überreste wir heute noch bewundern, nicht im selben Maße zugänglich war. Insgesamt waren die hygienischen Verhältnisse im römischen Reich noch weit von den heutigen Standards entfernt. In römischen Städten muss es ebenso gestunken haben wie in mittelalterlichen.

Quellen

Mit dem Thema der Hygiene im Römischen Reich befasst sich die Forschung erst seit kurzen. Das liegt nicht an einem Mangel an Quellen, sondern eher an der überwältigenden Vielfalt: Neben Texten aller Gattungen finden sich die Ruinen und vor allem eine Unmenge an Kleinfunden jeder Art, Abfällen und Bodenbefunden. In der Vergangenheit schufen die beeindruckenden Ruinen der Thermen und Aquädukte das Klischee vom "sauberen Römer", die gar die "reinlichste Nation der Welt" gewesen sein sollten.[1] Moderne Untersuchungen zeigen da ein anderes Bild.

Hygiene im Alltag

Bis ins 3. vorchristliche Jahrhundert unterschied sich die römische Gesellschaft hinsichtlich Körperpflege und sonstiger Hygiene nicht von den benachbarten bäuerlichen Gesellschaften. Auch als die Thermen und erste medizinische Errungenschaften aufkamen, wurden sie als "Verweichlichung" kritisiert, was ihren Erfolg bei den Wohlhabenden aber nicht aufhielt. Für die Armen änderte sich wenig.

Wohnverhältnisse

Die Masse der römischen Bevölkerung lebte in sehr beengten Wohnverhältnissen. Die Insulae besaßen höchstens in ihren unteren Stockwerken Annehmlichkeiten wie fließend Wasser und Latrinen. Zwar gab es überall öffentliche Brunnen und Pissoires, aber die Einwohner der oberen Stockwerke mussten alles hinauf- und hinunterschleppen. Dass man unter diesen Umständen mit Waschwasser sparte und den Inhalt des Nachttopfs sowie sonstige Abfälle lieber direkt durchs Fenster entsorgte, ist nachvollziehbar. Die Straßen waren entsprechend verdreckt.

Die Wohnungen in den teilweise über sechs Stockwerk hohen Insulae waren eng und schlecht belüftet und oftmals erheblich überbelegt. Wegen der Brandgefahr durften sie keine Feuerstelle haben. Zum Schutz vor Kälte oder Sonneneinstrahlung - bei der sehr engen Bebauung eher unwahrscheinlich - dienten hölzerne Fensterläden. Verglasung konnten sich nur die Reichen leisten. Das Raumklima war je nach Jahreszeit feucht-heiß oder feucht-kalt. Da sich die Wohnungen oft hinter den Läden befanden, fiel in viele Zimmer Licht nur durch kleine Fenster im Gang, was die Reinigung erheblich erschwerte.

Da die Armen meist nur die Kleidung besaßen, die sie am Leibe trugen, und auf selten gewechselten Strohsäcken schliefen, waren Ungeziefer weit verbreitet. Seuchen rafften oft genug viele dahin und die Kindersterblichkeit war hoch, während die Reichen oft ein recht hohes Alter erreichten.

Nahrungshygiene

In vielen Häusern befand sich die Toilette in der Küche, um einen gemeinsamen Schmutzwasserabfluss zu nutzen. Da es noch keine Kühlschränke gab, sorgten verdorbene Nahrungsmittel oft für Magenverstimmungen. Dass in römischen Kochbüchern oft starke Gewürze wie garum oder Pfeffer empfohlen wurde, steht auch im Zusammenhang damit, dass man den Geschmack schlecht gewordener Nahrungsmittel übertönen musste.

Das Beliebtheit des Mosaikmotivs "Ungefegter Speisesaal"[2], auf dem sich Mäuse zwischen abgenagten Knochen und sonstigen Speiseresten tummeln, spricht für sich.

Die Bewohner der Insulae mussten sich in Garküchen versorgen.

Müll

Obwohl vier Ädile für die Straßenreinigung zuständig waren, existierte keine öffentlich organisierte Müllabfuhr, sondern die Anwohner, obwohl zur Entsorgung verpflichtet, warfen ihre Abfälle einfach aus dem Fenster. Überall gab es wilde Mülldeponien, der Monte Testaccio ist die bekannteste davon. Selbst in reichen Häusern wurden Küchenabfälle einfach in den Lehmboden getreten.

Bei Herakleia fand man Bronzetafeln, auf denen Gesetze festgehalten wurden. Dort ist davon die Rede, dass die Karren, die Abfälle aus der Stadt herausbringen, von den ansonsten üblichen Sperrstunde für Fuhrwerke während des Tages befreit waren. Da es sich dabei um dieselben Karren handelt, die abends Waren in die Stadt hineinbefördern, ist anzunehmen, dass die Bauern auf dem Rückweg Speiseabfälle und den Inhalt von Dunggruben als Dünger für ihre Felder mitnahmen. [3]

Medizin

Die Behandlung der Kranken mit Heilkräutern und Diäten gehörte im antiken Rom traditionell in die Familie. Lange standen die Römer daher der wissenschaftlichen griechischen und ägyptischen Medizin skeptisch gegenüber. Verachtung der meist als Sklaven nach Rom gekommen Ärzte mischte sich mit Misstrauen gegenüber dem Unbekannten. Cato der Ältere sah die hehren Traditionen durch Verweichlichung gefährdet und empfahl in "de agri cultura" Kohl als Allheilmittel. Plinius der Ältere meinte gar, die Römer seien sechs Jahrhunderte gut ohne Ärzte ausgekommen. Für ihn war es unmoralisch, mit dem Leiden anderer sein Geld zu verdienen.

Trotzdem erlangten ab dem 3. vorchristlichen Jahrhundert Ärzte größeres Ansehen, wobei es sich meistens um griechische Sklaven oder Freigelassene handelte. Zum Beispiel besaß Cicero mit dem Griechen Alexio einen eigenen Hausarzt. Als die Ärzte unter Kaiser Augustus von den für die übrigen Bürger verpflichtenden Abgaben befreit wurden, wandten sich erstmals auch Römer dem Studium der Heilkunst zu, jedoch blieb die wissenschaftliche Fortentwicklung fest in griechischen Händen. Dabei war der Bereich der Bäderheilkunde (neben der Chirurgie bei den Militärärzten) der am weitesten entwickelte Zweig. Spätestens zur Zeit Caesars fanden die Römer mehr und mehr Geschmack an Heilbädern und Badekuren. Die schwefelhaltigen Heilquellen von Baiae und Puteoli waren äußerst beliebt. Viele Bäder z.B. Baden-Baden, die damals entstanden sind, existieren noch heute.[4]

Unter Kaiser Antoninus Pius wurden erstmals Amtsärzte eingestellt, die die Armen kostenlos behandeln sollten. In jedem Militärlager gab es ein Lazarett. In den Städten spezialisierten sich die Ärzte auf Chirurgie, Gynäkologie, Blasenleiden u.ä., wobei die Augenheilkunde besonders beliebt war. Man hat diverse Augenarztstempel gefunden, die zur Kennzeichnung der Salben dienten.

Doch obwohl Ärzte wie Aulus Cornelius Celsus und Galenos beachtenswerte anatomische, chirurgische und pharmazeutische Fähigkeiten besaßen, war das Wissen über die Vermeidung und Bekämpfung von Infektionen und Epidemien gering. Zumindest wandte man es außerhalb des Militärs (siehe unten: Latrinen in Militärkastellen) selten an. Lieber vertrauten die einfachen Römer auf ihre Götter Hygeia, Panakeia und Asklepios, Amulette und obskure Heilmittel wie Theriak - und benutzten das xylospongium, den auf einem Holzstock befestigten Schwamm zur Reinigung nach dem Latrinenbesuch, gemeinsam.

Friedhöfe

Während die Leichen der Wohlhabenden verbrannt und in mehr oder weniger luxuriösen Grabmälern entlang der großen Straßen beigesetzt wurden, entsorgte man tote Sklaven, ausgesetzte Kinder und die Kadaver von Tieren in puticuli, Verrottungsgruben. Allein bei Ausgrabungen auf dem Esquilin hat man 75 solcher Gruben gefunden.[5] Bei warmem Wetter konnte niemand in der Stadt dem Gestank entgehen.

Körperpflege

In der römischen Königszeit und der frühen Republik waren die Römer vermutlich kaum sauberer als ihre "barbarischen" Nachbarn, aber ab dem 3. vorchristlichen Jahrhundert kam das Baden und Frisieren in Mode. Bald galten Haarpflege, Zähneputzen, tägliche Körperwäsche und das Enthaaren von Achseln und Beinen mit Wachs oder Pinzetten nicht nur für Frauen, sowie das Zupfen der Augenbrauen als natürlich, wie Ovid in seiner Ars amatoria[6] beschreibt und zahlreiche Funde von Pinzetten und Kämmen belegen. Kosmetik und Parfüm gehörten selbstverständlich zum Alltag. Neben Spiegeln, Schminkkästchen und Flakons für Duftmittel, Salben und Öle sind mehrere Werke über die Schönheitspflege überliefert. Und es fehlte auch nicht an Kritikern, die das tägliche Salben des Körpers und kunstvolle Frisuren als unmännlich oder als überflüssigen Luxus geißelten[7]. Seife (sapo) aus Ziegenfett und der Asche Seifenkraut dagegen nutzte man anfangs zum Haarefärben und erst spät zu Körperreinigung, stattdessen schabte man Schweiß und Dreck von dem eingeölten Körper mit dem Strigilis ab oder schrubbte sich mit Bimsstein oder Schwämmen.

Nicht nur die reichen Sklavenbesitzer kamen in den Genuss eines gepflegten Aussehens: Der Besuch eines Bades kostete nur einen Viertel As. Friseure hatten ihre Läden an jedem öffentlichen Platz. Es gab sogar professionelle Haarausrupfer (alipili)[8], deren Dienste man in den Thermen in Anspruch nehmen konnte.

Latrinen

Nicht jedes römische Haus hatte eine Toilette mit Spülung oder Anschluss an die Kanalisation. In den einfachen Mietshäusern (insulae) stand meistens nur ein großer Kübel unter der Treppe. Andere Häuser hingegen hatten Einzeltoiletten auf hohem Standard. Neben den Großlatrinen war den Römern auch der im Mittelmeerraum und Frankreich bekannte Hockabort bekannt. In Alba Fucens in Mittelitalien an der Via dei Pilastri hat solch eine Latrine bis heute überdauert.

In den vornehmeren Bedürfnisanstalten trieben foricarii Benutzungsgebühren ein. Wer sich das nicht leisten konnte, dem blieben die amphorae in angiporto - Amphoren in der Nebengasse, die die Gerber und Stoffwalker aufstellten, weil sie den Urin für ihre Arbeit benötigten. Der Kaiser Vespasian ließ das Aufstellen solcher Amphoren sogar besteuern.[9]

Ausstattung der Latrinen

latrinae in Ostia antica

In Rom gab es wahre Prachtlatrinen, oft geschmückt mit Mosaikfußböden und Wänden aus Marmor oder mit aufwändigen Malereien. Hier saß die Mittelschicht entspannt beieinander und klönte, anstatt nervös und eilig in eine dunkle Ecke zu urinieren. Vor allem unter Geschäftsleuten spielte der gemeinsame Besuch der Latrine eine große Rolle. Noch heute ist uns der Satz »ein (gutes) Geschäft machen« überliefert. Und der trifft den Kern: Nach einem erfolgreichen Abschluss eines Geschäftes gingen die Kaufleute gemeinsam auf die Latrine. Was damals ganz normal war, scheint heute unvorstellbar. So verwundert es nicht, dass der Toilettengang und die Pflege der persönlichen Gesundheit für die Römer eine Einheit bildeten. Die bevorzugten Orte für diese gemeinsame Körperpflege waren in der Kaiserzeit die großen Thermenanlagen. Doch auch in Versammlungsräumen in den Gildenhäusern der Kaufleute befanden sich Gemeinschaftstoiletten. Daneben wurden Latrinen als gewerbliche, öffentliche Einrichtungen betrieben. Im Regionalverzeichnis Roms aus dem 4. Jahrhundert sind 144 latrinae und 253 necessariae, worunter auch Urinale zu verstehen sind, verzeichnet. Ein Exemplar dieser öffentlichen Toiletten, das aus Hadrians Regierungszeit stammt, liegt nördlich der Läden im Forum Iulium; während sich andere im Gebiet des Largo Argentina und beim Theater des Pompeius befanden.

Doch Rom bildet hier keine Ausnahme. Rund um das Mittelmeer gab es in vielen Städten reich geschmückte Großlatrinen, in denen bis zu 80 Personen Platz finden konnten. In Nordafrika und Großbritannien gibt es einige gut erhaltene. Die Latrinen waren immer auf dem neuesten technischen Stand. In Rom wurden sie permanent mit Überlaufwasser aus Thermen, Aquädukten und Brunnen gespült. Abwasserkanäle verliefen unter den marmornen oder hölzernen Toilettensitzen und spülten so Fäkalien in große Sammelkanäle oder gleich in den Tiber. In der Mitte des Raumes war eine weitere Wasserrinne eingelassen, welche Spritzwasser und Urin aufnahm. Der immer noch verbreiteten Vermutung, hier habe es sich um Frischwasser zum Eintauchen des xylospongiums (eines Stabes mit aufgesetztem Schwamm) gehandelt, muss wohl widersprochen werden.

Aus der Latrine in den »Thermen der sieben Weisen« in Ostia sind noch drei Wandgemälde erhalten, welche in belehrender und ironischer Weise zugleich den gesundheitlichen Aspekt der römischen Bade- und Latrinenkultur unterstreichen. Die Wandgemälde zeigten ehemals sieben Gelehrte und Philosophen, die den auf der Toilette Sitzenden gute Ratschläge erteilen: So wusste der kluge Solon aus Athen, dass man sich den Bauch massieren müsse, um den Stuhlgang zu erleichtern (»… ut bene cacaret ventrem palpvit Solon …«). Sein Nachbar Thales von Milet mahnte, bei hartem Stuhl fest zu drücken (»… durum cacantes moniut ut nitant Thales…«). Und Chilon von Sparta befasste sich mit den unvermeidlichen Nebengeräuschen: »vissire tacite Cilon docuit subdolus« (»Leise zu furzen lehrte der listige Chilon«)[10]

Latrinen in der römischen Gesellschaft

Die gesellschaftlichen Schichten teilten sich auch beim Gang auf die Toilette. Der Plebs pinkelte in die Kanalisation oder an die nächste Häuserecke. Inschriften aus Pompeji lassen vermuten, dass besorgte Hausbewohner die Passanten ermunterten, doch bitte an das Nachbarhaus zu urinieren.[11] Die Mittelschicht saß sich in Prachtlatrinen gegenüber. Und der Kaiser? Wohin ging er, wenn er zu Fuß unterwegs war? Der Standesunterschied verbot den Gang auf eine allgemein zugängliche Toilette, egal wie prachtvoll diese ausgestattet war. Daneben gab es noch einen anderen, praktischeren Grund. Meistens waren Kaiser oder die senatorische Oberschicht in der Staatstoga unterwegs, deren Anlegung meistens eine Schar Sklaven benötigte. So war ein alleiniger Besuch einer Latrine völlig unmöglich. Trotzdem liebte auch der Kaiser beim Gang auf die Latrine die Gesellschaft. Man blieb aber unter sich. Der Althistoriker Henry Thédenat identifizierte in der Domus Augustana auf dem Palatin ein noch bestehendes Bauwerk mit drei Nischen als kaiserliche Latrine. Daneben sind noch im Vatikanisches Museum und im Louvre zwei Porphyrsessel aus dem konstantinschen Lateranpalast zu besichtigen, die als kaiserliche Latrinensitze gelten.

Wann die ersten Latrinen in Rom eingerichtet wurden, weiß man nicht genau. Vermutlich baute man die ersten in der Zeit der späten Republik. Einen Hinweis darauf gibt eine Baugruppe des Pompeiustheaters am Largo Argentina, dort ist eine Latrine zu erkennen. Aber auch Julius Caesar hat sich auf dem nach ihm benannten Forum eine bauen lassen. Die meisten uns bekannten stammen aus dem 1. bis 4. Jahrhundert. Es erstaunt aber, dass anscheinend die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Gruppierungen den Bau der Latrinen bestimmte und nicht der Bedarf der Volksmassen. So wurde der Bau von Latrinen meist privat finanziert, denn die Römer investierten nur Geld in Hygiene, wenn es einen messbaren Nutzen gab. Deswegen gibt es auch keine Latrinen in großen öffentlichen Gebäuden wie in den Amphitheatern und Kaiserforen; ja selbst im Kolosseum nicht!

Latrinen in Militärkastellen

Im Gegensatz dazu gab es in den fernsten Ecken des Reiches in den Militärkastellen Latrinen. Den römischen Heerführern war der Zusammenhang zwischen Hygiene und Krankenstand, Seuchenprävention und Leistungsfähigkeit des Heeres sehr wohl bewusst. Zur Hygieneprävention gehörten neben Lazaretten, reichlich Frischwasser und Bädern eben auch Latrinen. Die Latrinen und Bäder in den Kastellen standen denjenigen in den Mittelmeerstädten in nichts nach. Am besten erforscht ist die Kastelllatrine von Vercovicium am Hadrianswall. Diese liegt am tiefsten Punkt des Kastells, so dass alle Abwässer zur Spülung genutzt werden konnten. Während des 2. bis 4. Jahrhunderts wurde sie immer wieder umgebaut und in der Wasserführung verbessert. Dabei wurde nachträglich eine Zisterne hinzugefügt, um jederzeit eine vom anfallenden Abwasser unabhängige Spülung zu gewährleisten. Die Fäkalien wurden mit dem Abwasser durch die Kastellmauer in den Graben geleitet. So entfiel die Anlage einer Sickergrube. Ähnliche Anlagen gab es auch in benachbarten Kastellen und kleinen Städten entlang dieser Militärgrenze.

Abwasserentsorgung

Mit der Cloaca Maxima besaß Rom schon in seiner Frühzeit eine effektive Entwässerung. Ursprünglich war sie zwar von Lucius Tarquinius Priscus angelegt worden, um das morastige Gebiet zwischen den sieben Hügeln trockenzulegen und bewohnbar zu machen, doch diente sie von Anfang an auch dem Abtransport der Abwässer in den Tiber. Ausgebaut zu einem weiten Netz ist sie noch heute in Funktion. Nach ihrem Vorbild legten die Römer überall dort, wo sie Städte gründeten oder größere Legionslager errichtete, Kanalisation an. Da die Kloaken jedoch nur durch die Spülung durch Regenwasser und bedauernswerte Sklaven, den canalicolae, gereinigt wurden, stank es in den Städten trotzdem nach Fäkalien. Dass die, denen der Weg zur öffentlichen Latrine zu weit war, sich einfach auf der Straße erleichterten oder den Nachttopf aus dem Fenster der obersten Stockwerke der engen Stadtwohnungen kippten, tat sein Übriges. Der Tiber war so verdreckt, dass keine Fische mehr in ihm lebten. Wenn er durch Hochwasser stieg, wurde auch das Abwasser in der Kanalisation nach oben gedrückt.

Keine römische Stadt war vollständig mit einer Entwässerung versorgt. In vielen Orten gab es nur überirdische Kanäle zur Ableitung des Schmutzwassers. Die meisten Haushalte waren ohnehin nicht an die Kanalisation angeschlossen, sondern leiteten ihr Schmutzwasser auf die Straße, wo es im besten Fall im Gulli versickern konnte. Abfall und Fäkalien entsorgten sie - wie in kleineren Siedlungen allgemein üblich - in Gruben. Diese Senkgruben wurden gelegentlich entleert und ihr Inhalt als Dung verkauft. Urin benutzte man für die Gerberei oder Färberei, weshalb solche Betreibe oft eigene Becken unterhielten, in denen die Anwohner und Passanten sich erleichtern konnte. In kleineren Siedlungen, die ihr Wasser nicht durch Aquädukte und Zisternen aus der Ferne bezogen, war das Grundwasser oft durch Senkgruben kontaminiert.

Wasserleitungen

Siehe auch: Hauptartikel Wasserversorgung im Römischen Reich

Allgemeines

Am bekanntesten sind die Aquädukte der Römer, da sie oft auf gewölbten Bogenstellungen geführt wurden und zu den bedeutendsten Bauwerken der Antike gehören. Die Leitungen der Römer bestanden aus Holz, Blei oder Leder, meist waren es jedoch Steinkanäle. Die in die einzelnen Häuser führenden Leitungen waren, wie Ausgrabungen in Pompeji ergaben, gewöhnlich aus Blei. Einige Aquädukte hatten mehrere Stockwerke und in jedem floss Wasser einer anderen Quelle. Da das Wasser stetig weiterfließen musste, wurden die Aquädukte so gebaut, dass sie ein stetiges leichtes Gefälle aufwiesen. Dies wurde durch frühere Architekten genaustens ausgemessen. So betrug das Gefälle nach Vitruvius mindestens 0,5%.

Ruine des Aquädukts von Aspendos, Kleinasien von der Oberstadt her gesehen

Der Beginn des Aquädukts ist das Quellhaus, das Ende des Laufes bezeichnet das Reservoir, von wo aus das Wasser in die Bäder, Gärten etc. geleitet wird. Besondere Beamte waren für die Regelung der Wasserzuteilung zuständig, die durch strenge Gesetze den Schutz der Anlagen gewährleistete. Im Gegensatz zu den größeren Überlandleitungen mit Freispiegelgefälle verwendete man in der Stadt häufig Druckleitungen und schaltete im Bedarfsfalle „Wassertürme“ dazwischen. Die Druckleitungen bestanden aus Blei- oder Tonrohren. Die Bleirohre wurden industriell aus in der Breite genormten, gegossenen Bleiplatten gefertigt. Durch das Zusammenbiegen und Verlöten erhielten die Rohre einen etwa birnenförmigen Querschnitt. Für die Rohrherstellung wurden noch andere Baustoffe wie Holz, Stein und sogar „Fertigbeton“ eingesetzt.

Aquädukte in Rom

Die imposantesten Aquädukte wurden in Rom errichtet. Sie führten das Quellwasser aus dem Gebirge 15 - 30 Stunden lang über Täler, Schluchten und Abgründe oder durch Höhlen herbei. Die erste Wasserleitung, die „aqua Appia“, erbaut 312 v. Chr. durch Appius Claudius Caecus, begann an der Via Praenestina, wurde fast vier Wegstunden lang unterirdisch geführt, trat bei der Porta Capena in die Stadt und goss im Campus Martius ihr Wasser aus.

Später entstanden unter Manius Curius Dentatus 290 v. Chr. weitere Aquädukte. Unter den späteren Kaisern kamen noch etwa 20 andere hinzu. Ihre Gesamtlänge betrug mehr als 400 km, davon 64 km Bogenaquädukte und 2,5 km Tunnel. Welche Wassermenge diese gesamten Aquädukte einst Rom gespendet haben mögen, lässt sich daraus ermessen, dass die drei noch jetzt bestehenden hinreichend jedes Haus sowie die unzähligen öffentlichen Brunnen der heutigen Stadt versorgen.

Das römische Aquädukt in Segovia
Das römische Aquädukt in Segovia

Diese sind:

Die Kanäle der römischen Wasserleitungen waren nach Sextus Iulius Frontinus, der die genaueste Schilderung dieser hinterlassen hat, durchweg gemauert, sowohl unter als über der Erde, und hier auf Unterbauten oder Bogengängen in Hausteinen oder Ziegeln ausgeführt und nach oben überall entweder mit Gewölben oder Steinbalken überdeckt. Der Querschnitt der Kanäle richtete sich nach der Quantität des zu leitenden Wassers, und die Höhe übertraf stets den höchsten Wasserstand. Die inneren Wände und Sohlen der Kanäle erhielten anstelle eines Sandputzes einen wasserdichten, aus Kalk und zerschlagenen Ziegelstückchen gemischten Bewurf, der auch in den durch festes Felsengebirge getriebenen Stollen nicht fehlte.

Aquädukte in Italien und den römischen Provinzen

Von Aquädukten in den römischen Provinzen sind noch Reste vorhanden, so die Römersteine in Zahlbach bei Mainz, dem so genannten Römerkanal aus der Eifel nach Köln, die sogenannte Heidenmauer in Wiesbaden, zu Metz, zu Nîmes in Frankreich (Pont du Gard), zu Segovia, Tarragona und Mérida in Spanien, sowie zu Phaselis und Aspendos in der Türkei.

Hervorzuheben ist noch das vom Ostgotenkönig Theoderich um 500 zwischen zwei steilen Abhängen erbaute Aquädukt bei Spoleto in der italienischen Provinz Umbrien. Das Aquädukt mit 89 m Höhe wurde aus zwei Etagen mit 10 unteren Öffnungen von je 21, 4 m Spannweite und 30 oberen Bogen errichtet, welche eine Rinne tragen, worin das Wasser über den Wildbach Mareggia nach Spoleto geleitet wird.

Thermen

Hauptartikel: Römische Thermen

Allgemeines

Thermen (Plural, lat. thermae), gelegentlich auch Therme (Singular), waren in der Antike ein öffentliches Bad. Nach einer Zählung um 400 n. Chr. [12] gab es in Rom elf allgemein zugängliche Thermen und 856 Privatbäder. Die Thermen waren Orte der Kommunikation und des Zeitvertreibes: hier traf man sich, entspannte sich von der Hektik der Stadt und vom Stress des Tages. Thermen boten zahlreiche Dienstleistungen, wie etwa Massagen, Gymnastikübungen, Maniküre und Schönheitspflege. Beheizt wurden die Thermen durch das Hypocaustum, ein unterirdisches Netz von Leitungen mit erhitzter Luft und heißem Wasser. Es gab in den römischen Städten zahlreiche private Thermen, die man gegen geringes Entgelt besuchen konnte, aber meist nicht den Luxus der öffentlichen Thermen bieten konnten. Öffentliche Thermen waren weitaus prächtiger und großzügiger ausgestattet, so gab es Bibliotheken, Wandelgänge, Schwimmbäder. Die wohl berühmtesten aller römischen Thermen sind die Caracalla-Thermen, die - nach dem gleichnamigen römischen Kaiser und Despoten benannt - mit üppigsten und prächtigsten Marmorplatten ausgekleidet waren und die Größe eines Palastes hatten.

Otium

Während man sich in der Frühzeit des römischen Reiches einfach nur im Waschtrog wusch oder in natürlichen Gewässern schwamm, entwickelte sich die Körperpflege in der Kaiserzeit zu einem Ritual, das in wahren Tempel, den Thermen, zelebriert wurde. Das otium ist die Zeit der Ruhe, die Zeit der geistigen und körperlichen Wiederherstellung, eine recht komplizierte Abfolge aus Reinigung, Bad und Massage. Das otium wurde begleitet oder gefolgt von Lesungen, musikalischen Vorträgen oder auch dem Vergnügen mit einer hübschen Sklavin. Die Reinigung fand ihren Abschluss im triclinium, einer ausgiebigen Mahlzeit mit Kollegen und Freunden. All dies stand unter dem Gebot des mens sana in corpore sano (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper). Das nachmittägliche otium wurde mit einem gemeinsamen erleichternden Gang zur latrina, einer großen Gemeinschaftstoilette in den römischen Thermen, eingeleitet. Und da die Römer gemeinsam badeten, die vielfältigen Unterhaltungen genossen und anschließend zu Tische lagen, so saß man auch in Gesellschaft auf Toilette.

Aufbau

Grundriss der Diokletian Thermen in Rom 1=Caldarium 2=Tepidarium 3=Frigidarium 4=Natatio 5=Palaestra 6=Eingang

Thermen sind öffentliche oder private Badeeinrichtungen, die aus mindestens vier Abteilungen bestehen: dem Umkleideraum (apodyterium), den Hallen für die Kaltbäder (frigidarium), Hallen für die lauwarmen Bäder (tepidarium) und dem Warmbad (caldarium). In größeren Anlagen gab es auch ein laconicum oder sudatorium, ein Raum, in dem eine trockene Hitze erzeugt wurde (ähnlich der Finnischen Sauna). Teilweise gab es auch Schwimmbecken (natatio) und Sportplätze (palaestra). Ein wichtiger Teil des antiken Badevorgangs war auch das Einölen zwischen den einzelnen Badegängen und abschließend, dabei wurde das Öl mittels Strigilis wieder abgeschabt und somit auch Schweiß und Schmutz entfernt. Zu vielen Thermen gehörten Sportplätze und Ruheräume.

Manche großen Bäder hatten getrennte Abteilungen für Männer und Frauen, in andere gab es getrennte Badezeiten.

Die beheizten Räume

Die Römer verwendeten in ihren Thermalbädern sowohl Fußboden- als auch Wandheizungen mit Heißluft (Hypokaustum). Beide Techniken wurden zunächst für die Thermen entwickelt und angewendet.

Die beheizten Räume konnten je nach Bad sehr unterschiedlich aussehen. In den Caracalla-Thermen war das caldarium (Heißbad) rund und von einer großen Kuppel überdacht. Das caldarium der Trajansthermen war von gewölbten unterirdischen Durchgängen flankiert, die oft nur 2 Meter breit und 2,5 Meter hoch waren und durch rechteckige Löcher in der Decke beleuchtet wurden. Von diesen Gängen aus bedienten Sklaven die Wandheizung durch zahlreiche Schürklappen, die in die Sockel der Hauptwände des Gebäudes eingelassen waren. Die Arbeitsbedingungen in diesen Gängen müssen entsetzlich gewesen sein, da der Rauch nur allmählich durch die Deckenlöcher entwich. Die Heizkammern (praefurnia) wurden von den Sklaven regelmäßig mit Holzkohle beschickt. Die heiße Luft stieg durch die Hohlräume nach oben und erhitzte den Boden.

Die Hitze der römischen Bäder war fast immer Dampfhitze, mit Ausnahme des mitunter vorhandenen laconicum, in dem eine trockene Hitze herrschte. In diesem Raum konnte es viel heißer als in dem traditionell beheizten caldarium sein, weswegen die Verweildauer hier geringer war.

Bedeutung

Seepferdchen-Mosaik aus Bath

Die literarischen und epigraphischen Quellen zeigen, dass die Beliebtheit des Badens bei den Römern in der Zeit zwischen Cicero (106–43 v. Chr.) und Martial (ca. 40–104 n. Chr.) stark anwuchs. Die Frage nach den Gründen dieser wachsenden Beliebtheit sind schwer zu beantworten, da viele Faktoren dabei eine Rolle gespielt haben dürften: zum einen das Anwachsen der Bevölkerung im Rom des 1. Jh. n. Chr. und das verstärkte Bedürfnis nach Möglichkeiten des Waschens und Möglichkeiten der Flucht aus armseligen Wohnumständen. Ein weiterer Grund kann in der Verbreitung medizinischer Theorien, die das Baden als gesundheitsfördernd empfahlen gesehen werden. Bestätigt wird die Wichtigkeit dieser Einrichtung durch die große Zahl und prächtige Ausstattung der römischen Badegebäude – sei es privater oder öffentlicher Art.

Die Bedeutung des Badens als Bestandteil des Lebens eines Römers wird auch anhand der vielen Bäder, die in neuen Provinzen bald nach der Eroberung entstanden, deutlich. Nimmt man die Nordwestprovinzen als Beispiel, so zeigt sich, dass bald nach der Eroberung durch die Römer nahezu überall Thermen entstanden. Eingeführt wurde diese Badesitte und die dazugehörigen Bauten natürlich von den Römern, die auf diese Annehmlichkeit nicht lange verzichten wollten. Ihre schnelle Verbreitung in der Provinz auch an Orten, die nicht ausschließlich von Römern bewohnt waren, zeigt jedoch die baldige Übernahme der Sitte durch die einheimische Bevölkerung.

Hygiene in der römischen Religion

Daneben wussten die Römer die Hygiene nicht nur individuell zu schätzen. Vor den Stufen der Basilica Aemilia auf dem Forum Romanum befindet sich ein Steinring von knapp zwei Metern Durchmesser, der wie ein zu großer Kanaldeckel aussieht. Es ist auch einer, aber gleichzeitig auch ein Altar für die Schutzgöttin Venus cloacina. Es ist ein alter Einstieg zur Cloaca Maxima, dem zentralen Entwässerungskanal des antiken Roms. Göttliche Verehrung also für die geordnete Abführung von Schmutz und Fäkalien.

Zusammenfassung

Zum Schluss sei erwähnt, dass die Römer mit ihrer Technik der Latrinen und Abwasserführung ein hygienisches Niveau erreichten, welches - abgesehen von mittelalterlichen Klöstern - , in Europa erst wieder im 16. Jahrhundert mit der Einführung des wassergespülten Klosetts in England erreicht wurde. Der Vorläufer unserer modernen, mit Geruchssperre versehenen Toilette, wurde erst 1775 erfunden. Ebenso bezeichnend ist, dass man sich an der Entsorgung antiker Großbauten orientierte, als man 1842 in London damit begann, eine Schwemmkanalisation einzurichten.

Anmerkungen

  1. Günther Thüry: Müll und Marmorsäulen. Siedlungshygiene in der römischen Antike, Zabern 2001, S.59
  2. Abbildung eines "asaroton" altgr. = ungefegt) - Mosaiks, ein weiteres beispiel aus Canterbury
  3. Günther Thüry: Müll und Marmorsäulen. Siedlungshygiene in der römischen Antike, Zabern 2001,S.6ff
  4. http://geschichtsverein-koengen.de/RoemMedizin.htm Römische Medizin
  5. Alltag im Alten Rom. Das Leben in der Stadt, ein Lexikon von Karl-Wilhelm Weber, S. 113.
  6. Ovid, LiebeskunstIII, 200ff
  7. z.B. die satirischen Epigrammata des Martial
  8. Seneca Epistulae morales 56,2
  9. Daher stammt der Ausspruch: "pecunia non olet" - "Geld stinkt nicht" Sueton: Vespasian 23,3; Cassius Dio 65, 14[1]
  10. Richard Neudecker: Die Pracht der Latrine - Zum Wandel öffentlicher Bedürfnisanstalten in der kaiserzeitlichen Stadt. München, 1994
  11. Richard Neudecker: Die Pracht der Latrine - Zum Wandel öffentlicher Bedürfnisanstalten in der kaiserzeitlichen Stadt. München, 1994
  12. Notitia regionum urbis Romae

Literatur

  • Peter Connolly, Hazel Dodge: Die antike Stadt Das Leben in Athen und Rom 1998 Könemann Verlagsgesellschaft, ISBN 3-8290-1104-0
  • Jean-Claude Fredouille: Lexikon der römischen Welt, nikol, Hamburg, 2005. S. 210. ISBN 978-3937872063
  • Richard Neudecker: Die Pracht der Latrine - Zum Wandel öffentlicher Bedürfnisanstalten in der kaiserzeitlichen Stadt. München, 1994 ISBN 978-3923871865
  • Günther Thüry: Müll und Marmorsäulen. Siedlungshygiene in der römische Antike (Zaberns Bildbände zur Archäologie) ISBN 978-3805326759
  • Karl-Wilhelm Weeber: Alltag im Alten Rom. Das Leben in der Stadt, ISBN 3-491-69108-7

Siehe auch