Theosophie
Theosophie ( griech. ' Gottesweisheit ', aus griech. ' Theos ' = Gott und ' Sophia ' = Weisheit ; Synonym 'Atma vidya ' sanskrit für Weisheit Gottes im Menschen , aus ' Atma ' = das Göttliche im Menschen und ' Vidya ' = Weisheit, abgeleitet von der Wortwurzel vid = wissen)
Der Begriff Theosophie hat seinen Ursprung im Neuplatonismus (ca. 3. Jahrhundert u.Z.) im Umkreis von Ammonios Sakkas und seinen Schülern. Er bezeichnet eine Weltanschauung philosophischer und religiöser Art, die durch mystische Formen der Selbst- und Welterkenntnis erworben wird, und in allen ethischen Hochreligionen anzutreffen ist. Gemeinsames Merkmal aller theosophischen Weltanschauungen ist eine detailfreudige Beschreibung von Welten und Wesen, die den normalen Sinnesorganen des Menschen verborgen sind. Um diese postulierten transzendentalen Welten und Wesen dennoch erkennen und erleben zu können, werden meistens Wegbeschreibungen mit konkreten Übungen angeboten. Sie sollen zur Erkenntnis göttlichen Wesens führen, das entweder persönlich oder unpersönlich begriffen wird. Die theosophischen Bewegungen sind in der Geschichte ein in allen Kulturen anzuteffendes Phänomen, ein permanenter Kulturfaktor. Umgangssprachlich werden unter Theosophie unzulässig vereinfachend die theosophischen Lehren eines Theosophen verstanden.
Als Vertreter theosophischer Weltanschaungen können bezeichnet werden:
Griechische Religion: Ammonios Sakkas, Plotinos um 205-270, Iamblichos um 250-330, Maximus von Ephesos uva.
Jüdische Religion: Sohar ca. 12 Jhd., Jehuda ben Samuel he-Chasid 1140-1217, Abraham bar Chija 12. Jhd., Mosche ben Schem Tov de Leon 1250-1305, Isaak Luria 1534-1572 uva.
Christentum: Dionysios Areopagita, Jakob Böhme 1575-1624 , Emanuel Swedenborg 1688-1772, Friedrich Christoph Oetinger 1702-1782, Louis Claude de Saint-Martin 1743-1803, William Blake 1757-1827, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling 1775-1854 uva.
Freimaurer: Graf von Saint Germain, -1784, Alessandro Graf von Cagliostro 1743-1193, Johann Baptist Krebs 1774-1853, Karl Christian Friedrich Krause 1781-1832, Albert Pike 1808-1891, John Yarker 1833-1913 uva.
In der modernen Theosophischen Bewegung werden die gewaltigen spirituellen Systeme des Hinduismus, Buddhismus, Jainismus, Sikhismus, Zoroastrismus, mit ihren zahllosen großen Lehrern einschließlich der Mysterienreligionen der antiken Welt als führende theosopische Strömungen betrachtet.
Durch das Wirken von Helena Petrowna Blavatsky und der Theosophischen Gesellschaft wurden die, in den Hochreligionen der Vergangenheit und Gegenwart vorhandenen theosophischen Strömungen erstmalig zusammengeführt, und damit einem neuen Paradigma innerhalb der theosophischen Kulturbewegung Bahn gebrochen. Daher wird der Begriff Theosophie besonders mit ihrem Werk verbunden. Neben Helena P. Blavatsky begründeten zahlreiche andere Autoren der Theosophischen Bewegung ihrer Zeit die Theosophischen Lehren. In den zahlosen Werken ihrer Nachfolger wird die Theosophische Lehre bis heute modifiziert und erweitert.
Selbstverständnis
Unter den klassischen theosophischen Autoren der Theosophischen Gesellschaften bestehen keine identischen Beschreibungen des Wesens der Theosophie und der Theosophischen Lehren. Dies führt innerhalb und ausserhalb der Theosophischen Bewegung zu einer unterschiedlichen Toleranz und Offenheit des Lehrsystems und einer unterschiedlichen Gewichtung des schriftlichen Werks und auch der Person Helena Blavatskys. Zum genauen Verständnis der Theosophie und der Theosophischen Lehre sind die Selbstaussagen Franz Hartmanns am hilfreichsten:
"Die Theosophie im wahren Sinne des Wortes ist weder ein religiöses noch ein wissenschaftliches System, sondern das Licht der Selbsterkenntnis, das im Inneren des Menschen aufgeht, wenn er dem Selbstwahne entwächst und seine Einheit mit dem Schöpfer des Alls und allen seinen Werken empfindet." Franz Hartmann 1911
" Die Lehren der Theosophie sind die , die die Weisheit selbst den Menschen lehrt, die "Die Wahrheit" lieben und in deren Seelen und Gemüt sie sich offenbart und deren Verstand sie erleuchtet. >> Theosophische Lehren<< werden die Lehren genannt, die von Menschen herstammen, die zur Selbsterkenntnis des Wahren gekommen sind. Hierzu gehören die Weisen und Erleuchteten aller Nationen vom Anfange der Schöpfung bis zum heutigen Tag." Franz Hartmann 1905
(Quelle: | Franz Hartmann, Theosophie - Was sie ist und was sie nicht ist, Schatzkammerverlag , o.J., S.24 und S.78)
(mit Genehmigung des Verlages zitiert)
Blavatskys Theosophische Lehren erheben den Anspruch, dass ihre Aussagen auf den geistigen, mentalen und physischen Grundprinzipien und Wirkungsweisen der Natur beruhen. Nach Blavatskys Darstellung resultieren sie aus den Erkenntnissen und Erfahrungen der großen Weisen des Menschengeschlechts, die der Menschheit in ihrer Evolution bereits weit vorausgingen und das geistige Erbe der Menschheit überliefern. Von solchen „Meistern“ will Blavatsky ihr Wissen empfangen haben, wobei es sich zum Teil (Geheimlehre) um die Übersetzung alter asiatischer Geheimliteratur handele.
Begründet wurde diese Lehre durch diverse Schriften Blavatskys, vor allem Isis entschleiert (engl. Isis Unveiled, 1877) und Die Geheimlehre (engl. The Secret Doctrine, 3 Bände, 1888-1897). Zusammen mit Henry Steel Olcott, William Quan Judge und anderen gründete Blavatsky 1875 auch die Theosophische Gesellschaft in New York, USA.
Grundlagen der theosophischen Lehre
Allumfassende Bruderschaft der Menschheit
Das 1. Ziel der Theosophischen Gesellschaft lautet:"..einen Kern der allumfassenden Bruderschaft der Menschheit zu bilden ohne Unterschied von Rasse, Glauben, Geschlecht, des Standes oder der Hautfarbe."(Fassung der TGAdyar)
Für TheosophInnen konstituiert allein dieses Ziel die Theosophische Bewegung und bildet das Zentrum des gesamten theosophischen Lehrsystems, welches nur von diesem Ziel ausgehend richtig verstanden werden kann. Der kraftvolle Einsatz in selbstloser Liebe für andere Menschen, Tiere und Pflanzen ist auch die Hauptpraxis des theosophischen Pfades.
Das Ideal der allumfassenden Bruderschaft (Geschwisterschaft) bedeutet für das einzelne Mitglied und für die Gesellschaft insgesamt die unumstößliche Grundlage ihres Erkennen, Denken, Fühlen, Wollen und Handeln. Das Ideal der Menschenverbrüderung ohne Unterschied der Rasse etc wird nicht aus den Lehren begründet, sondern aus den indivduellen Lebenserfahrungen jeder TheosophIn, begründet aber selbst die Erkenntnis der Theosophie im Inneren des Menschen. Sie bildet das weltanschauliche Zentrum im System Theosophischer Lehren, als die Lehre von der Einheit allen Seins.
Hierbei wird die Aussage aufgestellt, dass alle Wesen im Innersten d e r s e l b e n göttlichen Natur teilhaftig sind, welche sie im Verlauf einer postulierten geistigen Evolution entdecken und willentlich entwickeln sollen. Daraus folgt die Aufstellung, dass durch diese innewohnende göttliche Natur, alle Wesen Brüder sind bzw. sogar alle nur e i n göttliches "Ich" ,eine Wurzel haben.
Diese Aufstellung ermöglicht es dem theosophischen System einen konsequenten spirituellen Monismus und einen von anspruchsvoller Ethik geformten Individualismus zu konzipieren.
In der Praxis sollen nach den Vorstellungen führender TheosophInnen (z.B. Annie Besant, Charles Leadbeater, Rukmini Devi etc) letztlich alle Bereiche menschlichen Zusammenlebens im Sinne tätiger spiritueller Liebe und göttlicher Weisheit verwandelt werden und eine neue Zivilisation hervorbringen.
Die fundamentalen Grundsätze
In „Die Geheimlehre“ stellt H. P. Blavatsky drei fundamentale Sätze auf, auf denen die Theosophie beruht (Bd. I, S. 42-46, 1. Auflage 1999, Hannover). Sie postuliert:
- Ein allgegenwärtiges, ewiges, grenzenloses und unveränderliches PRINZIP, über das gar keine Spekulation möglich ist, da es die Kraft menschlicher Vorstellung übersteigt und durch irgendwelche menschliche Ausdrucksweise oder Vergleiche nur erniedrigt werden könnte.
- Die Ewigkeit des Weltalls in toto als einer grenzenlosen Sphäre, die periodisch der Spielplatz ist von zahllosen unaufhörlich erscheinenden und verschwindenden Universen‘, den sogenannten ,manifestierenden Sternen‘ und ,den Funken der Ewigkeit‘.
- Die fundamentale Identität aller Seelen mit der universellen Oberseele, welch letztere selbst ein Aspekt der unbekannten Wurzel ist; und die Verpflichtung für jede Seele – einen Funken der vorgenannten –, den Zyklus von Inkarnation, oder ,Notwendigkeit‘, in Übereinstimmung mit zyklischem und karmischem Gesetz während seiner ganzen Dauer zu durchwandern. Kosmologie und Anthropologie basieren auf fundamentalen Prinzipien der sowohl physischen als auch metaphysischen Natur. In dem anfang- und endlosen Universum ist alles Existierende, jede Wesenheit, in seiner fundamentalen Essenz mit dem kosmischen Bewusstsein verwandt und wird von ihm in allen seinen Teilen belebt und beseelt. Damit sind alle Lebewesen als eine unauflösbare Universale Bruderschaft miteinander verbunden.
Die siebenfältige Konstitution des Menschen
Das Modell von der siebenfältigen Konstitution bildet den Schlüssel zum Verstehen der modernen Theosophischen Lehren. Es ist im theosophischen Gesamtsystem das wichtigste Modell - andere Modelle sind z.B das dreifältige (Geist, Seele, Körper), das zweifältige ( unsterblich - sterblich bzw. Höheres Selbst - Niederes Selbst usw.) Die Wesensprinzipien durchdringen einander, werden also nicht von einander getrennt gedacht.
1. Atman (Geist) : eins mit dem Absoluten, in Verbindung mit Buddhi die innere Göttlichkeit des Menschen.
2. Buddhi (spirituelle Weisheit und Liebe) : von der Sanskritwurzel "budh" = erleuchten ", erleuchtet die mentalen Tätigkeiten des Menschen, intuitives Verstehen, auch spirituelle Urteilskraft, überströmende Liebe und Weisheit (Vidya) aus dem göttlichen Zentrum des Menschen, Theosophie
3. Manas (Denken) : umfasst alle mentale Tätigkeiten, Zentrum des menschlichen Ich-Bewußtseins im Menschen, zerfällt in zwei Teile:
- Buddhi-Manas (begierdefreies Denken, durch Intuition geleitet, unsterblich, Vernunftprinzip)
- Kama-Manas (begierdegeleitetes Denken, vergänglich, Verstandesprinzip, Intellekt)
4. Kama (Wünsche) : die Summe der Begierden, Leidenschaften, Gefühle; neutral d.h. weder gut noch schlecht, vergänglich
5. Prana (Lebenskraft) : Lebenskraft welche a)die atomaren Partikel des Astralkörpers und physischen Körpers zusammenhält und b) im Wachzustand des Menschen eingesogen und im Schlafzustand abgegeben wird. Der natürliche Tod tritt ein, wenn das eingesogene Prana nicht mehr abgegeben werden kann. Prana ist individualisiertes Jiva
6. Linga Sharira, Astralkörper : Sanskritwort aus Linga = "charakteristisches Merkmal" bzw. "Modell" oder "Muster" und "Sharira" = "Form". Linga Sharira stellt ein komplettes Modell des physischen Körpers dar, sozusagen das Muster nach dem der physische Körper herangebildet wird.
7. Sthula-Sharira, (Physischer Körper) : Darunter wird der physische Körper verstanden, durch den sich die menschliche Seele in der physischen Welt bewegt, diese wahrnimmt und an ihr teilnimmt.
Reinkarnation
Die Lehre von der periodischen Wiederkehr oder Wiedergeburt einer menschlichen Seele in einen menschlichen Körper.Reinkarnation ist ein Wort lateinischer Herkunft und bedeutet nach theosophischer Meinung "Wieder-ins-Fleisch-eintreten".
In den Theosophischen Lehren wird ein universell gültiges Gesetz der Periodizität postuliert. Es besagt, dass alle Dinge des Alls periodischem Wechsel unterliegen, z.B. Tag und Nacht, ein- und ausatmen, der Rythmus des Herzens, wachen und schlafen. Dieses Gesetz wirkt nach den Lehren auch bei Tod und Geburt. Im System der theosophischen Lehren ist die Reinkarnation ein Teil der allgemeine Lehre von der periodischen Wiederverkörperung aller Wesen, wie z.B. Sonnen, Planeten, Götter, Tiere, Pflanzen, Mineralien usw. Der Begriff Reinkarnation bezieht sich vor allem auf die Wiederverkörperung eines körperlosen "Ich" in einen menschliche Körper. Unzählige solcher Inkarnationen hat ein Mensch schon erlebt und unzählige liegen noch vor ihm.
Anders als in der fernöstlichen Wiedergeburtslehre, ist in der theosophischen der endlose Verlauf der Verkörperungen der Menschen verbunden mit einer ewigen sittlichen Evolution, in deren Verlauf der Mensch, die menschliche Zivilisation zu höchster Vollkommenheit gelangen soll. Die fernöstliche Ansicht, dass Menschen in Tiere inkarnieren können, wird verneint: "Einmal Mensch - immer Mensch!"
Die Überwindung des Zwanges, "Wieder-ins-Fleisch-eintreten" zu müssen, ergibt sich nach theos. Auffassung auf dem Weg des hingebungsvollen Dienstes an der Menschheit irgendwann von selbst.Ein egoistisches Streben nach Freiheit vom Inkarnationszwang führt letztlich nicht zum Ziel.
Es besteht weiterhin die Vorstellung, dass ein Mensch in seinen verschiedenen Inkarnationen immer wieder mit Menschen aus früheren Leben zusammentrifft, da zwischen ihnen karmische Verbindungen bestehen. So wird behauptet, jeder Mensch wird in der Familie und in dem menschlichen Milieu geboren, wo Menschen inkarniert sind, zu denen er starke karmische Beziehungen hat, die erst noch ausgeglichen werden müssen. Karma wurde deshalb auch die Zwillingslehre zur Reinkarnation genannt, weil eine die andere bedingt.
Die Behauptung, dass ein Mensch immer im gleichen Volk, der gleichen sogenannten "Rasse", dem gleichen Geschlecht reinkarniert, wird vom System der theos. Lehren verneint. Ein Mensch wechselt von Geburt zu Geburt das Volk und auch interessanterweise öfter mal das Geschlecht.
Karma
Karma (richtiger: Karman); Sanskrit, abgeleitet von der Wortwurzel "kri" d.h. "tun", "machen"
Die Karmalehre ist die Lehre von „Ursache und Wirkung“ und wird als Zwillingslehre der „Reinkarnation“ bezeichnet. Jede Handlung ruft eine ihr entsprechende Wirkung hervor. Diese kommt auf ihren Ausgangspunkt, den verursachenden Menschen zurück. In der Regel wird dies als „negativ“ oder „positiv“ erfahren, ist aber letztlich nur die in der ursprünglichen Handlung liegende Charakteristik, die von der jeweiligen Person entsprechend empfunden wird. Da alles in der Natur miteinander verbunden ist und gegenseitig ineinandergreift, werden auch andere Personen und Wesen von den Taten eines Einzelnen beeinflusst. Dies ruft dementsprechende Rückwirkungen hervor, die sich manigfach verändern können, bevor sie zum Verursacher zurückkehren.
Entgegen den Überzeugungen vieler Anhänger der Lehre vom Karma, verdeutlichen theosophische Autoren immer wieder, dass Karma keine Gerechtigkeit ist, und dass es auch nicht automatisch Gleiches mit Gleichem vergilt, sondern evolutionsorientiert pädagogisch wirkt. Der Mensch kann die Lektionen, welche die Evolution für ihn bereithält, durch Erkenntnisarbeit freiwillig lernen, oder muss den harten, bitteren Weg einer Belehrung durch Karma gehen. Mit Hilfe seiner Erkenntnis kann der Mensch das mit ihm verbundene Karma beeinflussen, indem er
a) darauf achtet, andere Wesen nicht zu verletzen (den Impulsen karmischer Vergeltung die in ihm auftauchen nicht nachgeben - Vergebung )
b) seine schlechten Eigenschaften überwindet ( das Karma seines Charakters - Läuterung)
c) durch selbslosen Dienst an anderen Menschen zukünftiges negatives Karma vermeidet (Mitgefühl, tätige Liebe).
d) Inmitten bitteren Schicksals stoisch den Weg von Weisheit und Liebe einhalten, wodurch sich die karmisch negativen Rückwirkungen mildern.
Somit liegt im Gesetz von Karma eine tiefgehende Ethik. Theosophen treten solchen Auffassungen entgegen, wie: "Geht es einem Menschen schlecht, ist er selber schuld - das ist sein Karma!" Solche Auffassungen vom Karma sind dem theosophischen Ideal der Bruderschaft der Menschheit entgegen gesetzt. Nach theosophischer Überzeugung bewirken solche brutalen Behauptungen selbst schon negatives Karma, für den, der sie verbreitet.
Evolution
Evolution im Sinne der Theosophie bedeutet „Auswickeln“, das „Entfalten“, „Ausrollen“ verborgener Kräfte und Fähigkeiten, die der betreffenden Wesenheit angeboren sind und ihr innewohnen – ihre eigenen essenziellen und charakteristischen Merkmale, oder allgemein ausgedrückt, die Kräfte und Fähigkeiten ihres eigenen Charakters.
Der Mensch (wie tatsächlich alle sich evolvierenden Wesen) enthält alles in sich, was der Kosmos enthält, da er ein untrennbarer Teil von ihm und sein Kind ist. Man kann den Menschen nicht vom Universum trennen. Alles, was das Universum enthält, ist auch in ihm enthalten, latent oder aktiv; und Evolution ist das Hervorbringen dessen, was im Innern ist. Ziel dieser Evolution ist das Erreichen der sogenannten 5. Einweihung - jenes Stadiums, ab dem eine weitere Inkarnation nicht mehr erforderlich ist. Das Entwicklungsziel des Menschen ist hiermit erreicht. Das ist vergleichbar mit der Möglichkeit des Ausstieges aus dem Inkarnationsrad, wie es aus dem Buddhismus bekannt ist. Eine genaue Beschreibung dieses Evolutionsweges findet man u. a. in Blavatskys Buch „Stimme der Stille“ (Original: „Voice of the Silence“). Hier findet man auch erläutert, welche Bedeutung die sogenannten Meister der Weisheit (oder auch einfach kurz „Meister“ genannt) für die Entwicklung eines jeden einzelnen Menschen in der Endphase seines Inkarnationsweges haben. Besonders seien hier jene erwähnt, die auch bei der Gründung der Theosophischen Gesellschaft die treibende Kraft im Hintergrund waren, nämlich die Meister Kuthumi und Morya.
Historisches
Nach Ansicht Blavatskys und ihrer Anhänger gab es Theosophie als universelles Bemühen um das Verständnis des Göttlichen, des zugrundeliegenden Planes der Evolution, in allen alten Kulturen, so namentlich in Indien, aber auch im altem Griechenland, wie die Schriften von Platon, Plotin und anderen Neuplatonikern zeigen sollen. Nach dem sonstigen Sprachgebrauch und aus Sicht der Esoterikforschung[1] liegen die Anfänge der Theosophie jedoch im Deutschland des 16. und 17. Jahrhunderts, namentlich bei Jakob Böhme, wenngleich sich Verwandtes unter anderen Bezeichnungen bis in die Spätantike zurückverfolgen lässt. Die von Böhme repräsentierte «klassische» Theosophie schloss an die Theologie Martin Luthers an, insbesondere an dessen Forderung, neben dem Studium der Bibel einen individuellen Zugang zum Göttlichen zu suchen. Im frühen 18. Jahrhundert entwickelte sich eine stärker intellektuell ausgerichtete Theosophie, deren wichtigster Vertreter Friedrich Christoph Oetinger war. Drittens ist eine hochgradig spekulative Phase in der Vorromantik und Romantik mit den Hauptvertretern Louis Claude de Saint-Martin und Franz von Baader zu unterscheiden. Diese christliche Theosophie hatte Fortsetzungen bis ins 20. Jahrhundert hinein (Nikolai Alexandrowitsch Berdjajew, Leopold Ziegler, Valentin Tomberg, mit Abstrichen auch Rudolf Steiner).[2]
Die Geschichte der «modernen» Theosophie beginnt am 17. November 1875 in New York mit der Gründung der Theosophischen Gesellschaft (TG) unter der Leitung von Helena Petrovna Blavatsky und Henry Steel Olcott. Die Bezeichnung „theosophisch“ wurde dabei einem Wörterbuch entnommen; sie impliziert keine nähere Beziehung zu dem, was es bis dahin vor allem im deutschen Sprachraum unter dieser Bezeichnung gegeben hatte. Den von Olcott ursprünglich angedachten Zweck dieser Gesellschaft würde man heute als die wissenschaftliche Untersuchung von Parawissenschaften bezeichnen. Das blieb jedoch nur eine Idee, und als 1877 Blavatskys erster Bestseller Isis entschleiert (Isis Unveiled) erschien und nach 10 Tagen bereits vergriffen war, hatte die Gesellschaft eine neue Aufgabe als Organisation der Anhänger Blavatskys. In Deutschland kam es 1879 zur ersten Gründung einer allerdings inoffiziellen Gruppe, der „Loge Isis“ in Hamburg; 1884 folgte die erste offizielle Loge Germania.
Nach dem Tod Blavatskys 1891 kam es innerhalb der TG zum Streit über die Lehre und auch über die Nachfolgeschaft von Frau Blavatsky. 1895 spaltete sich die TG (siehe Judge Case) in zwei große Richtungen, einerseits die sogenannte Theosophische Gesellschaft Adyar (Adyar-TG) unter der Führung Olcotts und andererseits die Theosophische Gesellschaft in Amerika (TGinA) unter William Quan Judge. Die Adyar-Richtung hat ihren Hauptsitz in Adyar bei Madras, Indien, wo sie für lange Zeit eine nicht unbedeutende Rolle in der indischen Gesellschaft spielte. Die TGinA zog von New York nach Point Loma, Kalifornien, wurde daraufhin „TG-Point Loma“ genannt, später nach Covina, daher „TG-Covina“, und schließlich nach Pasadena, wo sie sich heute (2007) noch befindet und unter „TG-Pasadena“ bekannt ist. In Point Loma entstand Anfang des 20. Jahrhunderts unter der Leitung von Katherine Tingley, der Nachfolgerin von Judge, und später auch Gottfried de Purucker, die theosophische Community Lomaland mit einer theosophischen Universität, an der unter anderem Sanskrit gelehrt wurde.
Sowohl von der TGinA als auch der Adyar-TG spalteten sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zahlreiche Logen ab und gründeten eigene, zum Teil konkurrierende Organisationen. Dies führte zu einer verwirrenden Zahl von unterschiedlichen Theosophischen Gesellschaften, die jedoch alle von sich behaupten, die „wahre“ und „echte“ Theosophie zu vertreten. In Deutschland ist noch eine von Franz Hartmann beeinflusste Internationale Theosophische Verbrüderung (ITV) zu nennen, nach ihrem Gründer „Hartmannianer“ genannt. Aus der zur Adyar-TG gehörenden Deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft ging 1912/13 die Anthroposophische Gesellschaft unter Rudolf Steiner hervor. Die Gründe für diese Abspaltung waren vor allem die Hinwendung der Adyar-TG zum Hinduismus unter der neuen Präsidentin Annie Besant seit 1907 und besonders die Verehrung Jiddu Krishnamurtis als wiedergeborener Christus und kommenden Weltlehrer im Order of the Star in the East, die mit seiner „Entdeckung“ durch Charles W. Leadbeater im Jahre 1909 einsetzte.
Neben den genannten sind zahlreiche andere religiös-reformerische und esoterische Organisationen aus der Theosophie hervorgegangen oder haben Einflüsse aus ihr aufgenommen. Im deutschen Kontext bedeutend war die Ariosophie des Guido von List als eine unter vielen ideologischen Quellen des Nationalsozialismus. List griff Inhalte der Theosophie wie die Wurzelrassentheorie, die als rassistisch und fragwürdig interpretiert werden können, auf und verband sie mit der völkischen Runenlehre. Seine Lehren sind aber in vielen wesentlichen Grundsätzen deutlich verschieden von den theosophischen Lehren und können als Missbrauch der Theosophie angesehen werden.
Quellen
- ↑ Antoine Faivre: Esoterik im Überblick. Geheime Geschichte des abendländischen Denkens. 2001.
- ↑ Kocku von Stuckrad: Was ist Esoterik?. 2004. S. 156f.
Literatur
- Blavatsky, Helena: Der Schlüssel zur Theosophie (The Key to Theosophy), ISBN 3927837512, [1]
- Blavatsky, Helena: Stimme der Stille – Gespräche von Annie Besant und C. W. Leadbeater. F. Hirthammer Verlag, München 1986, ISBN 3-88721-048-4.
- Blavatsky, Helena: Die Zwei Wege – Gespräche von Annie Besant und C. W. Leadbeater. F. Hirthammer Verlag, München 1986, ISBN 3-88721-049-2.
- Blavatsky, Helena: Die Sieben Portale – Gespräche von Annie Besant und C. W. Leadbeater. F. Hirthammer Verlag, München 1986, ISBN 3-88721-050-6.
- Cranston, Sylvia: H. P. B.: Leben und Werk der Helena Blavatsky, Begründerin der Modernen Theosophie, ISBN 3-927837-53-9, Adyar Verlag
- Barborka, Geoffrey A.: Der Göttliche Plan. Ein Kommentar zu Die Geheimlehre von H. P. Blavatsky, ISBN 3-00016407-3
- Flemming, Beatrice: Das Theosophische Weltbild in 3 Bänden. Aquamarin. Band I. Fundamente des Urwissens in allen Zeiten und Ländern. ISBN 3894272910. Band 2.Esoterische Wissenschaft, Forschung und Philosophie. ISBN 3921288371. Band 3. Religion. Ethik. Kunst. ISBN 3894272937. Kleines Lexikon & Register für das theosophische Weltbild. ISBN 389427297X.
- Seidel-Dreffke, Björn: Die russische Literatur Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhundert und die Theosophie E. P. Blavatskajas. Exemplarische Untersuchungen (A. Belyj, M. A. Vološin, V. I. Kryžanovskaja, Vs. S. Solov'ev), ISBN 3-89846-308-7
- Charles W. Leadbeater: Das Innere Leben Bd. 1, ISBN 3-89427-001-2, Aquamarin Verlag
- Eine Reihe von Büchern verschiedener theosophischer Autoren ist verfügbar beim Theosophischen Verlag. Die Titel sind zum größten Teil online als PDF verfügbar.
Weblinks
- Die Theosophische Gesellschaft Pasadena
- Über die Gründerin der Theosophischen Gesellschaft und ihr Hauptwerk „Die Geheimlehre“
- Helena Blavatksy Begründerin der Theosophie
- Blavatskaja
- Theosophische Informationsstelle
- Die Theosophische Gesellschaft Adyar in der Schweiz
- Religionen im Vergleich
- Theosophie in Bewegung e.V. Frankfurt am Main
Englischsprachige Links
- Blavatsky Archives
- Blavatsky Net
- Theosophische Gesellschaft Adyar
- Theosophische Gesellschaft Pasadena
- Vereinigte Loge von Theosophen
Kontroverse
- Refutation of charges against Madame Blavatsky
- Controversies Surrounding Madame Blavatsky's Work & the Teachings of Theosophy
- Root Races In Theosophy and in Anthroposophy von Defending Steiner – „Wurzelrassen“ in Theosophie und Anthroposophie