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Schloss Gottorf

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Schloss Gottorf, Blick auf den barocken Südflügel

Schloss Gottorf (niederdeutsch, dänisch Gottorp) in Schleswig ist eine der bedeutendsten Schlossanlagen Schleswig-Holsteins. Die Anlage wurde in ihrer Geschichte mehrfach umgebaut und erweitert. Sie war in Besitz der dänischen Könige und der schleswigschen Herzöge. Nach der Annexion des Gottorper Teils des Herzogtums Schleswig 1713 diente es als Sitz des dänischen Statthalters in Schleswig. Heute beherbergt es zwei schleswig-holsteinische Landesmuseen sowie die Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf.

Die Residenz der Gottorfer Herzöge

Geschichte des Schlosses

Schloss Gottorf (links) und Schleswig, um 1600
Blick auf die Hoffassade des Nordflügels

Das Schloss entstand auf der Burginsel am Ende der Schlei aus mehreren Vorläuferbauten. Erstmals wurde hier 1161 eine Bischofsresidenz erwähnt, die 1268 an den Herzog von Schleswig fiel. Das Schloss wurde 1459 vom dänischen König Christian I. geerbt. 1492 vernichtete ein Brand weite Teile des Schlosses. Herzog Friedrich I. von Oldenburg regierte von hier als dänischer König und ließ um 1530 den Westflügel im Stil der Frührenaissance errichten. In der Neujahrsnacht 1564/65 traf das Schloss eine erneute Brandkatastrophe, in der Folge baute man das Schloss zur vierflügeligen Festungsanlage aus. Von 1697–1703 wurde es durch den schwedischen Baumeister Nicodemus Tessin d. J. (dessen Hauptwerk der Bau des Stockholmer Schlosses war) für Friedrich IV. barock umgestaltet und erweitert. Der Herzog erlebte den vollständigen Umbau in eine zeitgemäße Barockresidenz nicht mehr und bis zu seinem Tod wurde nur der gewaltige Südflügel fertiggestellt. Das Schloss erhielt durch diese Arbeiten seine heutige Gestalt. Der Südflügel wurde zur Hauptfassade ausgebaut, verbreitert und erhielt eine barocke Symmetrie. Ein ehemaliger Eckturm verbirgt sich heute im mittleren Turmrisalit. Tessins Erweiterungsbau wurde dem Hof riegelartig vorgeschoben und überragt in seiner Breite den Rest des Gebäudes. Das Schloss bildet so eine unregelmäßige, vierflügelige Anlage mit dem Grudriss eine großen P. Der lichte Hof wird noch von drei Seiten durch Gebäudeteile der ehemaligen Renaissancefestung umschlossen. Die in Sandststein gefertigte Hoffassade des Westflügels ist der am reichsten verzierte Bereich des Schlosses und steht im Kontrast zu den weiß geschlämmten Mauern der übrigen Fassaden. Die mächtigen Mauern der älteren Flügel werden teilweise von Strebepfeilern gestützt, auf der Nordseite findet sich der einzig erhaltene Turm der ehemaligen Festung. Nach 1713 wurde ein großer Teil der beweglichen Ausstattung des Schlosses durch das dänische Königshaus nach Kopenhagen verbracht und das Schloss anschließend noch bis 1848 durch den dänischen Statthalter bewohnt. Ab 1852 bis 1948 diente das Schloss als Kaserne. In der Nachkriegszeit wurde die gesamte Anlage den Landesmuseen Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt.

Ein Teil der ursprünglichen Einrichtung des Schlosses ist erhalten und kann im Rahmen der Museumsrundgänge besichtigt werden. Besonders hervorzuheben sind der Hirschsaal von 1591 und die zweigeschossige Renaissance-Kapelle (um 1590) mit dem Fürstenstuhl, der 1612 über dem Altar eingebaut wurde.

Die Kaskade im Neuwerk-Garten
Das neue Globushaus am Herkulesteich

Der Neuwerk-Garten und das Globushaus

Der zum Schloss gehörende Neuwerk-Garten, ein Barockpark, gilt als erster barocker Terrassengarten nördlich der Alpen. Die Anlage war lange Zeit nur in Fragmenten zu bewundern und wurde in den letzten Jahren nach alten Vorbildern rekonstruiert. Die offizielle Wiedereröffnung wurde im August 2007 gefeiert.

Der Park wurde im 17. Jahrhundert im Auftrag Herzogs Friedrich III. im Stil römischer Terrassengärten außerhalb der ehemaligen Befestigungsanlagen angelegt. Er bestand in seinen Grundzügen bis ins 19. Jahrhundert. In der preußischen Zeit, als das Schloss als Kaserne diente, wurde der Garten eingeebnet und die Fläche als Exerzier- und Reitplatz genutzt.

Vom Schloss führt eine 300 Meter lange Allee in den Garten auf eine tempel- und delfingeschmückte Kaskade zu. Der eigentliche Terrassengarten besteht aus mehreren ornamental bepflanzten Ebenen, diese fallen in Richtung des Schlosses zu einem großen, mit einer Herkulesfigur geschmückten Wasserbecken ab. Den Mittelpunkt dieses Gartenbereichs schmückt seit 2005 wieder ein neues Globushaus, in dem ein Nachbau des berühmten Gottorfer Riesenglobus zu sehen ist. Das virtuelle "Welt- und Himmelstheater" war 1713 in den Besitz Peters des Großen gelangt, 1941 von Kunstschutzoffizieren der Wehrmacht im Schlösserbezirk vor Leningrad sichergestellt und nach Deutschland verbracht worden. 1946 wurde es als "Kriegsbeute" wieder an die Sowjets zurückgegeben.

Die Museen

Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte

Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte ist seit 1945 im Schloss Gottorf untergebracht. Seine bedeutenden Sammlungen reichen vom hohen Mittelalter bis zur Moderne und zur Kunst der Gegenwart.

Die Kunst des Mittelalters wird in der imposanten „Gotischen Halle“ von 1490 ausgestellt, einem der ältesten noch erhaltenen Räume der Schlossanlage. Einen Sammlungsschwerpunkt der Gemäldesammlung zur Renaissance bildet die Gruppe von Werken Lucas Cranachs dem Älteren. Eine besondere Kostbarkeit ist die Gutenberg-Bibel von 1452/54.

Der Hirschsaal

Zur originalen Ausstattung des Schlosses gehören der Hirschsaal sowie die Schlosskapelle der Renaissance. Bilder, Skulpturen und Kunsthandwerk geben einen Eindruck der früheren herzoglichen Sammlungen in der barocken Glanzzeit Gottorfs. Einen Schwerpunkt der Sammlungen bilden Möbel und kostbares Tischgerät vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Dazu zählt eine einzigartige Sammlung nordeuropäischer Fayencen.

Die wichtigsten Vertreter des „Goldenen Zeitalters“ der dänischen Malerei werden in der Galerie des 19. Jahrhunderts präsentiert. In der Jugendstil-Abteilung verbinden sich Malerei, Plastik und Kunsthandwerk zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk. In der Galerie der Klassischen Moderne mit der Stiftung Rolf Horn sind unter anderem Hauptwerke der drei großen norddeutschen Meister des Expressionismus zu sehen: Emil Nolde, Ernst Barlach und Christian Rohlfs. Die Ausstellung umfasst darüber hinaus eine für Norddeutschland repräsentative Sammlung zeitgenössischer Kunst. Zahlreiche weitere Plastiken werden im Skulpturenpark im Schlossgarten vor dem Hintergrund der großartigen Landschaft von Schlossinsel und Schlei gezeigt.

Die frühere volkskundliche Gerätesammlung des Landesmuseums ist 1995 in ein eigenes Museumsgebäude umgezogen. Das Volkskunde Museum Schleswig befindet sich etwa 1 km vom Schloss Gottorf entfernt auf dem Schleswiger Hesterberg unweit von Globushaus und Barockgarten.

Archäologisches Landesmuseum

Die Sammlungen des Archäologischen Landesmuseums mit über drei Millionen Fundstücken führen durch die Geschichte Nordeuropas von der Steinzeit bis ins hohe Mittelalter. Die ältesten Gegenstände im Archäologischen Landesmuseum wurden vor etwa 120.000 Jahren vom Neandertaler aus Stein gefertigt. Feuersteinwerkzeuge, Waffen und Keramik geben Zeugnis vom langen Weg des Menschen von den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit bis zu den Bauern der Jungsteinzeit.

Datei:Schloss Gottdorf heller.jpg
Schloss Gottorf, Blick auf das Hauptportal

Seit etwa 1700 v. Chr. führten neue Werkstoffe aus Metall zu einer tief greifenden Veränderung der Gesellschaft. Besonders eindrucksvoll sind die kostbaren Gefäße aus Gold und die Dolche und Schwerter aus Bronze. Aus der Eisenzeit sind in Schleswig-Holstein annähernd 30.000 Grabfunde bekannt. Untersuchungen an den Gräbern ermöglichen erstmals ein genaueres Bild vom Aufbau der Gesellschaft in unserem Land in den Jahrhunderten um die Zeitenwende. Zu den berühmtesten Funden zählen die Moorleichen, wie beispielsweise die Moorleichen von Windeby.

Im ehemaligen Exerzierhaus neben dem Westflügel des Schlosses liegt seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein Exponat von internationaler Bedeutung: Das 23 Meter lange Nydam-Schiff, das um 320 gebaut wurde. Es war während des Krieges aus Kiel ausgelagert worden. Die dort gezeigten Moorfunde von Thorsberg und Nydam aus dem 3. und 4. Jahrhundert gehören zu den eindrucksvollsten archäologischen Zeugnissen des Landes und Nordeuropas. Militärausrüstung, Pferdegeschirr, Alltagsausstattung und Kleidung zeichnen ein anschauliches Bild von den Germanen des Nordens. Jütland war in Antike und Mittelalter eine wichtige Brücke zwischen Nord- und Mitteleuropa, was sich auch in den Bodenfunden widerspiegelt.

Die Ausstellung „Dorf – Burg – Kirche – Stadt“ zeigt archäologische Funde zur Geschichte Schleswig-Holsteins im Mittelalter. Seit 1995 umfasst das Archäologische Landesmuseum auch die Völkerkundlichen Sammlungen der Universität Kiel. Gezeigt werden unter anderem Ausstellungen zu den japanischen Samurai und zum nordeuropäischen Volk der Samen. Bis heute faszinieren die Rüstungen und Waffen der Samurai durch ihre handwerkliche Perfektion, Ästhetik und hohe Funktionalität.

Außenstellen

Weitere Museen in Schleswig, Cismar, Büdelsdorf und Rendsburg werden von der im Schloss angesiedelten Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen betreut, siehe dort.

Literatur

  • Herwig Guratzsch (Hrsg.): Der neue Gottorfer Globus. Leipzig: Koehler und Amelang 2005, ISBN 3-7338-0328-0.
  • Ernst Schlee: Das Schloss Gottorf in Schleswig. Flensburg: Wolff 1965.

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