Dampflokomotivkessel

Ein Dampfkessel ist ein geschlossenes Gefäß, das dem Zweck dient, Dampfdruck von höherem als atmosphärischem Druck zu Heiz- und Betriebszwecken zu erzeugen.
Die verschiedenen Kesseltypen kann man entweder nach der Bauform oder der Feuerungs- oder Brennstoffart unterscheiden.
Bei der Bauform hat man Rauchrohrkessel und Wasserrohrkessel. Bei ersterem ist der Rauch im Rohr und das Wasser außen, beim Wasserrohrkessel befindet sich das Wasser im Rohr und der Rauch außen. Große Dampfkessel werden heute nur noch als Wasserrohrkessel gebaut. Der klassische Dampflokkessel ist ein Rauchrohrkessel.
Bei Wasserrohrkesseln unterscheidet man weiter nach der Art der Trennung von Wasser und Dampf. Beim Trommelkessel findet diese in einem zylindrischen Gefäß (Trommel) statt, beim Bensonkessel im Rohr.
Die Befeuerung kann mit gasförmigen, flüssigen oder festen Brennstoffen erfolgen. Bei festen Brennstoffen unterscheidet man Staubfeuerung, Rostfeuerung und Wirbelschicht.
Der Dampflokomotivkessel
Der Dampflokomotivkessel besteht, bedingt durch die Begrenzungen des Lichtraumprofils, aus einem Stehkessel mit einem liegenden Langkessel.
In den Stehkessel ist die Feuerbüchse eingebaut, in der das Feuer brennt. Stehkessel und Feuerbüchse bilden zusammen einen Wassermantel um das Feuer.
Nach oben ist ein zusätzlicher Dampfraum vorhanden. Nach vorne geht der Stehkessel in den Langkessel über, in dem der größte Teil der Heizfläche des Kessels durch Rauch und Heizrohre gebildet wird.
An den vorderen Teil des Langkessels schließt sich die Rauchkammer an, in der sich der Rauch sammelt, um über den Schornstein zu entweichen.
Die Kräfte, die durch den Dampfdruck auf die Kessel- und Feuerbüchsenwand einwirken, werden durch eine Vielzahl von Stehbolzen, Deckenstehbolzen
und Deckenquerankern aufgenommen, die die Wände verbinden. Der Langkessel stabilisiert sich weitgehend durch seine Zylinderform.
Historische Baustoffe und Technologien
Die Entwicklung der Dampfkessel ist eine Geschichte der Havarien. Die Kesselmaterialien waren von der Metallurgie noch nicht so weit entwickelt, die Bleche enthielten Herstellungsmängel, die durch die fehlenden Werkstoffprüftechniken nicht gefunden werden konnten.
Zu Beginn wurde hauptsächlich Kupfer im Kesselbau eingesetzt. Die Verbindung der Bleche erfolgte durch Nieten. Ein Niet hält seine Verbindung durch Leibung und den angeformten Kopf. Bei der Nietung wird ein erhitztes Metallstück in eine Bohrung durch zwei Bleche gesteckt und mit Hämmern von beiden Seiten gestaucht und ein Kopf angeformt.
Später wurde wegen der besseren Festigkeit Eisen verwendet. Auch das Eisenblech wurde mit Nieten verbunden. Etwas später kam für die Verbindung des Eisenblechs das Feuerschweißen auf. Dabei werden die beiden zu verbindenden Bleche einseitig geschärft und im Feuer erhitzt. Die Oxyd- und Zunderschichten werden mit Hilfe eines reduzierenden Schweißpulvers beseitigt. Die Schmiede schlagen die überlappenden geschärften Flächen mit Hämmern zusammen und verschweißen sie dabei.
Die Schmiede konnten im nachhinein ebenfalls nicht feststellen, wie gut die Verbindung des Materials ausgefallen war. Deshalb musste ein gewisser Sicherheitszuschlag in der Überlappung gegeben werden.
Aufbau
Heute werden Kessel nur noch geschweißt. Die Kesselbleche müssen einer Norm entsprechen. Die Außennähte des Kessels werden durch Röntgen geprüft. Die Kesselbleche werden schon beim Hersteller einer 100 % Ultraschallprüfung auf Dopplungen und Lunkerstellen unterzogen. Des weiteren muss das Kesselblech eine Zerreißprobe, eine Kerbschlagprüfung und eine Faltprobe überstehen.
Die Stehbolzen werden in die Kessel- und Feuerbüchsenwand eingeschweißt. Die Rohre des Langkessels werden in die stehkesselseitige Rohrwand eingeschweißt und in die Rohrwand der Rauchkammer wasserdicht eingewalzt.
Diese Aufnahmen zeigen einen teilentrohrten Kesseln bei einer Revision und die Rauchkammerrohrwand mit Hauptbläser.
Das ist notwendig um die Längsausdehnungskräfte des Langkessels auszugleichen. Der ganze Kessel ist nur am Kopfende bei den Hauptdampfrohren fest am Lokrahmen angebracht. Der restliche Kessel lagert auf Stehblechen, die sich biegen können, um die Längsausdehnung aufzunehmen. Am Feuerbüchsenende wird der Kessel im Betrieb mit Schlingerkeilen gesichert, die beim Löschen des Feuers gelöst werden müssen. Der obere Teil des Kessels oberhalb der Rohre und der Feuerbüchse ist der Dampfsammelraum der in einem Dampfsammeldom mündet.
Der Wasserraum muss ständig mit Wasser bedeckt sein. Sinkt der Wasserspiegel zu weit ab, fängt die Feuerbüchsendecke an zu glühen und bricht. Dabei strömt Dampf in die Feuerbüchse, woraufhin der Druck im Kessel absinkt und das verbleibende Wasser schlagartig verdampft. Hierbei entstehen sehr große Dampfmengen, die innerhalb von sehr kurzer Zeit den Druck exorbitant ansteigen lassen, was den Kessel platzen läßt, es kommt zum Kesselzerknall. Um die Katastrophe im letzten Augenblick noch zu verhindern, ist in der Feuerbüchsendecke ein Schmelzpfropfen eingesetzt. Der Schmelzpfopfen ist eine Hohlschraube mit einem Schmelzlotverschluss. Erhitzt sich die Feuerbüchsendecke zu stark, schmilzt das Lot und der Dampfstrahl löscht das Feuer ehe die Decke anfangen kann zu glühen.
Betriebsschäden
Lokdampfkessel unterliegen im Betrieb verschiedenen Belastungen, die zu Schäden führen.
In erster Linie sind sie durch die Materialausdehnung bei Erwärmung zurückzuführen. Weiter tritt das Kesselmaterial in chemische Reaktion mit dem Wasser und den Wasseraufbereitungsstoffen. Auf der Feuerseite treten Abzehrungen durch Oxydation des Kesselblechs und Lochfraß durch saure Rauchgase auf.
- Vor allem in den Rauch- und Heizrohren sowie den Überhitzerelementen sind die Abzehrungen durch die Rauchgase sehr stark. Nach genügender Betriebszeit führt das zu Löchfraß oder Längsrissen im Material. Zur Instandsetzung sind die betroffenen Enden rauszuschneiden und durch neue Rohrstücke zu ersetzen.
- In der Feuerbüchse kommt es zu Materialabzehrung unmittelbar an der Feuerbüchsenwand und zum Reißen der Stehbolzen, die die Feuerbüchse im Kessel halten. Bei der Kesselrevision werden ausgeglühte Stehbolzen verworfenen oder zu stark abgezehrte Blechstücke ausgetrennt und durch neue geprüfte Bleche ersetzt. Bedingt durch die geschlossenen Bauweise können die Austauschstücke nur so groß sein, dass sie durch den Aschkasten oder die Feuertür passen.
Im Betrieb kann es immer wieder vorkommen, dass ein Stehbolzen bricht. Um den Bruch eindeutig identifizieren zu können, sind die Stehbolzen von der Feuerbüchsenseite aus mindestens 60 mm tief aufgebohrt.
Bei einen Bruch tritt Wasser aus dem Kessel ins Feuer ein. Es ist zulässig, einige gebrochene Stehbolzen zu vernageln. Dabei dürfen keine zwei nebeneinander liegenden Stehbolzen vernagelt werden. Die Kräfte, die die Stehbolzen aufnehmen müssen, führen mit der Zeit zu strahlenförmigen Rissen, die von den Stehbolzen ausgehen. Die betroffenen Bleche müssen dann getauscht werden. - In den tiefgezogenen Umbügen, aus denen die unteren Ecken zwischen äußerer Kesselwand und Feuerbüchse bestehen, treten mit der Zeit Materialeinschnürungen auf. Diese können nicht geschweißt werden, der Umbug muß getauscht werden.
- Am Kesselboden kommt es zu chemischen Reaktionen zwischen dem Material und den Ausfällungen der chemischen Wasseraufbereitung. Die entstehenden Löcher werden bei der nächsten Revison ausgeschweißt und blecheben verschliffen.