Apollo Guidance Computer

Der Apollo Guidance Computer (AGC) war der bei den Apollo-Raumflügen eingesetzte Navigationscomputer. Er wurde benutzt um in Echtzeit Fluginformationen zu sammeln und zur Verfügung zu stellen, sowie alle Navigationsfunktionen des Apollo-Raumfahrzeugs automatisch zu steuern. Er war damit das erste erkennbar moderne eingebettete System.
Er wurde ab 1961 für das Apollo-Programm unter der Leitung von Charles Stark Draper am MIT Instrumentation Laboratory entwickelt. Die bei den Flügen benutzte Hardware wurde von Raytheon hergestellt.
Einsatz im Apollo-Programm
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Bei jedem Mondflug wurden jeweils zwei AGC eingesetzt. Einer im Servicemodul (SM) des Apollo-Raumfahrzeugs und einer in der Mondlandefähre (LM). Beide Systeme waren baugleich aber mit unterschiedlicher Software ausgestattet. Der AGC war Bestandteil des sogenannten Primary Guidance, Navigation and Control System (PGNCS (ausgesprochen: pings)), dem unabhängigen inertialen Navigationssystem der Apollo-Raumfahrzeuge.
Darüber hinaus wurden bei den Mondmissionen zwei weitere Computer eingesetzt:
- Ein Launch Vehicle Digital Computer (LVDC) genannter Flugcomputer, der im Booster Instrumentation Ring der Saturn V untergebracht war. Hierbei handelte es sich um einen von der IBM Federal Systems Division gebauten seriellen Rechner.
- Ein kleiner von TRW gebauter Rechner im sogenannten Abort Guidance System (AGS) der Mondlandefähre. Dieses sollte im Falle eines Fehlers des PGNCS eingesetzt werden. Das AGS konnte zum Start der Landefähre vom Mond und zum Rendezvous mit dem Kommandomodul (CM) benutzt werden, aber nicht zum Landen auf dem Mond.
Anwendung außerhalb des Apollo-Programms

Der AGC bildete 1972 die Basis für ein experimentelles Fly-by-wire-System, welches in einer Vought F-8 "Crusader" installiert wurde, um die Machbarkeit und die Vorzüge eines rechnergestützten Fly-by-wire-System zu demonstrieren. Dabei wurde der AGC nur in der ersten Phase dieses Projekts eingesetzt, und in einer zweiten Phase durch einen anderen Rechner ersetzt. Die hierauf folgende Forschung führte zum Fly-by-wire-System des Space Shuttle und indirekt zu den Fly-by-wire-Systemen moderner Luftfahrzeuge.
Beschreibung
Prozessor
Der Apollo-Flugcomputer war der erste, bei dem intergrierte Schaltkreise (ICs) eingesetzt wurden. Die bis 1966 benutzte Block I-Version des AGC war aus 4100 ICs aufgebaut. Jedes dieser ICs beinhaltete jeweils ein einzelnes NOR-Gatter mit je drei Eingängen. Bei der ab Apollo 7 eingesetzten Block II-Version des AGC waren jeweils zwei NOR-Gatter mit je drei Eingängen in einem IC mit Flat-Pack-Gehäuse untergebracht. Es wurden hier annährend 5600 Gatter benutzt. Die in Widerstands-Transistor-Logik aufgebauten Gatter wurden von Fairchild Semiconductor hergestellt. Die Verdrahtung der ICs war mittels Wickelverbindung (Wire Wrap) aufgebaut und in Epoxidharz eingegossen. Der Prozessor arbeitete mit 16-Bit-Datenworten (14 Bit Daten, 1 Überlaufbit und 1 Vorzeichenbit (Einerkomplement)).
Speicher
Der Schreib-Lese-Speicher (RAM) des AGC war als Ringkernspeicher (Magnetic Core Memory) und der Festwertspeicher (ROM) als sogenannter Core Rope Memory aufgebaut.
Die Block I-Version des AGC verfügte über ein RAM mit einer Kapazität von 1K Datenworte und ein ROM mit einer Kapazität von 12K Datenworte, die später auf 24K erweitert wurde. Die Block II-Version des AGC verfügte über ein RAM mit einer Kapazität von 4K Datenworte und ein ROM mit einer Kapazität von 32K Datenworte.
Beide Speicher hatten eine Taktzeit von 12 μs. Die Datenworte hatten eine Länge von 16 Bit (15 Bit Daten und 1 Paritätsbit (Gerade Parität)).
Taktgeber
Als Taktgeber wurde beim AGC ein Schwingquarz mit einer Taktfrequenz von 2,048 MHz benutzt. Dieses Taktsignal wurde durch 2 dividiert, um ein Taktsignal mit einer Taktfrequenz von 1,024 MHz zu erzeugen. Mit diesem Takt wurden die internen Operationen des AGC abgearbeitet. Das 1,024 MHz-Taktsignal wurde wiederum durch 2 dividiert, um ein Taktsignal mit einer Taktfrequenz von 512 kHz zu erzeugen. Dieser MASTER FREQUENCY genannte Takt diente zur Synchronisation der externen Systeme des Apollo-Raumfahrzeugs.
Software
Die Software des AGC war in der AGC-Assemblersprache geschrieben.
Es gab ein einfaches EXEX genanntes Echtzeitbetriebssystem. EXEX konnte bis zu 8 Prozesse gleichzeitig in einem nichtpräemptiven Multitasking-Verfahren bearbeiten (jeder Prozess musste dabei periodisch die Kontrolle an EXEC zurückgeben).
Darüber hinaus gab es eine unterbrechungsgesteuerte Komponente, die WAITLIST genannt wurde.
Benutzerschnittstelle
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Die Benutzerschnittstelle des AGC wurde DSKY (Display/Keyboard) genannt und bestand aus einer Reihe von Ziffernanzeigen und einer Tastatur, die an einen Taschenrechner erinnert. Befehle wurden numerisch als zweistellige Zahlen eingegeben.
Das Kommandomodul verfügte über zwei DSKY. Eines auf der Hauptinstrumententafel und eines im unteren Geräteraum in der Nähe des Sextanten zur Ausrichtung des inertialen Navigationssystems. Beide DSKY wurden durch den gleichen AGC betrieben.
Die Mondlandefähre verfügte über nur ein DSKY für sein AGC.
Weblinks
- Computers in Spaceflight: The NASA Experience – von James Tomayko (Chapter 2, Part 5, The Apollo guidance computer: Hardware)
- Computers in Spaceflight: The NASA Experience – von James Tomayko (Chapter 2, Part 6, The Apollo guidance computer: Software)
- Computers in Spaceflight: The NASA Experience – von James Tomayko (Chapter 2, Part 7, Using the AGC)
- National Air and Space Museum's AGC Block I und DSKY
- The Lunar Module Computer – aus in Space: our gateway to the stars der Australian Broadcasting Corporation (1999)
- Schaltbilder des Apollo Guidance Computer