Aristoteles

Aristoteles (griechisch Vorlage:Polytonisch, * 384 v. Chr. in Stageira/Makedonien; † 322 v. Chr. in Chalkis/Euböa) gilt neben Platon und dessen Lehrer Sokrates als der bedeutendste griechische Philosoph. Im Mittelalter war seine Autorität so überragend, dass er einfach nur "Der Philosoph" genannt wurde. Außerdem war er ein wichtiger Naturforscher und einer der einflussreichsten Denker der abendländischen Geistesgeschichte, der zahlreiche Disziplinen entweder selbst begründete oder entscheidend beeinflusste. Nach seiner Herkunft wurde Aristoteles auch Der Stagirit genannt.
Zeitgeschichtliches
384 v. Chr. wurde Aristoteles in Stageira als Sohn des Nikomachos geboren. Sein Vater war Leibarzt am Hof des Königs Amyntas II. von Makedonien. Im Jahr 367 v. Chr., mit 17 Jahren, trat Aristoteles in Platons Akademie in Athen ein, wo er zunächst studierte, später auch lehrte. Insgesamt verbrachte er 20 Jahre dort.
347 v. Chr. starb Platon. Die Leitung der Akademie übernahm Speusippos, ein Neffe Platons und nicht der offenbar begabtere Aristoteles. Aristoteles ging nach Assos, einer Stadt in Kleinasien. Er folgte somit dem Ruf des Tyrannen Hermias von Atarneus, dieser war ebenfalls Platonschüler und zugleich ein Vasall des Perserkönigs. Auf Rat des Hermias heiratete Aristoteles dessen Nichte und Adoptivtochter Pythias und gründete in Atarneus eine Schule (Diogenes Laertios, 5,3 f.). Von 342 v. Chr. bis 336 v. Chr. unterrichtete Aristoteles im Auftrag des makedonischen Königs Philipp II. dessen Sohn Alexander den Großen.
335 v. Chr. kehrte Aristoteles nach Athen zurück und gründete dort seine eigene Schule, das Lykeion. Die Gespräche zwischen Schülern und Lehrern fanden häufig bei Spaziergängen auf dem Schulgelände des Lykeion statt. Deshalb wurde diese Einrichtung später auch Perípatos (Wandelschule) genannt. Sie bestand bis etwa 40 v. Chr. und war der Ursprung der philosophischen Richtung der Peripatetiker. 323 v. Chr. verließ Aristoteles Athen, da nach Alexanders Tod die antimakedonische Partei die Oberhand gewann und Aristoteles der Gottlosigkeit angeklagt wurde. Er floh auf sein Landgut nach Chalkis, dem Geburtsort seiner Mutter, wo er im folgenden Jahr starb (Diog. Laert. 5,6 ff.).
Werk
Überlieferungslage
Sprache, Logik und Wissen
- Das Organon
Die Themen dieses Kapitels finden sich vor allen in den Schriften, die traditionell unter dem Titel Organon zusammengestellt werden. Diese Zusammenstellung und ihr Titel ist nicht von Aristoteles und ihre Reihenfolge gibt keine Chronologie wieder. Auch gehört die Rhetorik der Sache nach dazu, wurde traditionell aber nicht aufgenommen.[1] Eine Berechtigung für die Zusammenstellung besteht aber in dem gemeinsamen methodologisch-propädeutischen Charakter.
Sprache: Bedeutung und Beziehungen zwischen Sätzen
- Bedeutungstheorie
In folgendem Abschnitt – der als der einflussreichste Text in der Geschichte der Semantik gilt[2] – unterscheidet Aristoteles vier Elemente, die in zwei verschiedenen Beziehungen zueinander stehen, einer Abbildungsbeziehung und einer Symbolbeziehung:
„Nun sind [a] die (sprachlichen) Äußerungen unserer Stimme Symbole für [c] das, was (beim Sprechen) unserer Seele widerfährt, und [b] unsere schriftlichen Äußerungen sind wiederum Symbole für die (sprachlichen) Äußerungen unserer Stimme. Und wie nicht alle Menschen mit denselben Buchstaben schreiben, so sprechen sie auch nicht dieselbe Sprache. Die seelischen Widerfahrnisse aber, für welche dieses (Gesprochene und Geschriebene) an erster Stelle ein Zeichen ist, sind bei allen Menschen dieselben; und überdies sind auch schon [d] die Dinge, von denen diese (seelischen Widerfahrnisse) Abbildungen sind, für alle dieselben.“
Gesprochene und geschriebene Worte sind demnach bei den Menschen verschieden; geschriebene Worte symbolisieren gesprochene Worte. Seelische Widerfahrnisse und die Dinge sind bei allen Mensch gleich; seelische Widerfahrnisse bilden die Dinge ab. Demnach ist die Beziehung von Rede und Schrift zu den Dingen konventionell, die Beziehung aber von den mentalen Eindrücken zu den Dingen natürlich.
- Sätze. Aussage und logisches Quadrat
Da Wörter konventionell und nicht von Natur bezeichnen, können sie nicht wahr oder falsch sein. Wahr oder falsch kann – wie Aristoteles feststellt – nur der Aussagesatz (logos apophantikos) sein: indem einem Subjekt (S) ein Prädikat (P) entweder zu- oder abgesprochen wird. Dies kann in partikulärer oder in allgemeiner Form geschehen, so dass es vier Formen gibt, in denen S und P mit einer Kopula verbunden werden können, die folgende Tabelle zeigt. (Die Vokale werden seit dem Mittelalter für den jeweiligen Aussagetypus und auch in der Syllogistik verwendet).[4]
| zusprechen | absprechen | |
| allgemein | Jedes S ist P: a | Jedes S ist nicht P = Kein S ist P: e |
| partikular | Irgendein S ist P: i | Irgendein S ist nicht P =Nicht jedes S ist P: o |
Die für seine Logik fundamentalen Gegensatz-Verhältnisse, die Aristoteles zwischen diesen Sätzen beschreibt, sind in der späteren Kommentartradition mit dem Diagramm des sogenannten logischen Quadrats dargestellt worden. Die vier Arten, in denen ein Prädikat einem Subjekt zu- oder abgesprochen werden kann, ist die Grundlage für die syllogistische Logik.
Prädikate und Eigenschaften
Einige sprachlich-logische Themen sind für Aristoteles' Philosophie fundamental und spielen auch außerhalb der (im weiteren Sinne) logischen Schriften eine bedeutende Rolle. Hierbei geht es insbesondere um das Verhältnis von Prädikaten und (wesentlichen) Eigenschaften.
- Definitionen
Unter einer Definition versteht Aristoteles primär keine Nominaldefinition (die er auch kennt), sondern eine Realdefinition. Eine Definition von X gibt notwendige Eigenschaften von X an und was es heißt, ein X zu sein: das Wesen. Möglicher Gegenstand einer Definition ist das, was ein Wesen aufweist, insbesondere Arten wie Mensch. Eine Art wird definiert durch die Angabe einer (logischen) Gattung und der artbildenden Differenz. So lässt sich Mensch definieren als vernunftbegabtes (Differenz) Lebewesen (Gattung).
Für materielle Gegenstände verwendet Aristoteles noch einen weiteren wichtigen Definitionstyp, der die (später behandelte) Form-Materie-Unterscheidung zugrunde legt und ontologisch ist. Demgemäß ist beispielsweise ein Haus definiert als eine auf bestimmte Weise strukturierte Anordnung von Holz und Ziegeln.[5]
- Kategorien als zehn Aussageklassen
Aristoteles behauptet, dass es zehn nicht aufeinander zurückführbare Aussageweisen gibt, die zehn Kategorien. Die Kategorien haben sowohl eine sprachlich-logische als auch eine ontologische Funktion. Denn von einem Zugrundeliegendem (hypokeimenon, wird auch mit Subjekt oder Substrat übersetzt) werden einerseits Prädikate ausgesagt und ihm kommen anderseits Eigenschaften zu. Entsprechend stellen die Kategorien sowohl Klassen von Prädikaten wie von Arten des Seienden dar. Dabei hebt Aristoteles die Kategorie der Substanz, die wesentliche Prädikate enthält, von den anderen ab, die akzidentelle Prädikate enthalten.
| Bezeichnung | griechisch | Frage | Beispiel |
|---|---|---|---|
| Substanz | ousia, ti esti' | Was ist etwas? | Mensch, Pferd |
| Quantität | poson | Wieviel/groß ist etwas? | zwei Ellen lang |
| Qualitatives | poion | Wie beschaffen ist etwas? | weiß, des Lesens kundig |
| Relation | pros ti | In welcher Beziehung steht etwas (zu etwas)? | doppelt, halb, größer |
| Ort | pou | Wo ist etwas? | im Lyzeum, auf dem Marktplatz |
| Zeit | pote | Wann ist etwas? | gestern, voriges Jahr |
| Lage | keisthai | In welcher Position ist etwas? | es ist aufgestellt, sitzt |
| Haben | echein | Was hat etwas? | hat Schuhe an, ist bewaffnet |
| Tun | poiein | Was tut etwas? | schneidet, brennt[6] |
| Erleiden | paschein | Was erleidet etwas? | wird geschnitten, gebrannt |
Prädiziert man Mensch von Sokrates handelt es sich um eine wesentliche Prädikation, die vom Subjekt (Sokrates) angibt, was er ist. Dies unterscheidet sich offenbar von einer Prädikation wie Sokrates ist auf dem Marktplatz, da man angibt, wo Sokrates ist und nicht was.
Deduktion und Induktion: Argumenttypen und Erkenntnismittel
Aristoteles unterscheidet zwei Typen von Argumenten oder Erkenntnismittel: Deduktion (syllogismos) und Induktion (epagôgê). Die Übereinstimmung mit den modernen Deduktions- und Induktionsbegriffen ist dabei weitgehend, aber nicht vollständig.[7] Deduktionen und Induktionen spielen in den verschiedenen Bereichen der aristotelischen Argumentationstheorie und Logik die zentrale Rolle. Deduktionen wie Induktionen stammen ursprünglich aus der Dialektik.
- Deduktion
Nach Aristoteles besteht eine Deduktion aus Prämissen und einer von diesen verschiedenen Konklusion. Die Konklusion folgt mit Notwendigkeit aus den Prämissen; die Konklusion kann nicht falsch sein, wenn die Prämissen wahr sind.
„Eine Deduktion (syllogismos) ist ein Argument (logos), in welchem sich, wenn bestimmte Dinge vorausgesetzt werden, etwas von dem Vorausgesetzten Verschiedenes sich mit Notwendigkeit dadurch ergibt, dass dieses der Fall ist.“
Die Definition der Deduktion (syllogismos) ist also weiter als die der – traditionell Syllogismus genannten – Deduktion, die aus zwei Prämissen und drei Termen besteht.
Aristoteles unterscheidet dialektische, eristische, rhetorische und apodiktische/wissenschaftliche/demonstrative Deduktionen. Diese Formen unterscheiden sich vor allem nach der Art ihrer Prämissen.
- Induktion
Der Deduktion stellt Aristoteles explizit die Induktion gegenüber; deren Bestimmung und Funktion ist allerdings nicht so klar wie die der Deduktion. Er nennt sie
„den Aufstieg vom Einzelnen zum Allgemeinen. Zum Beispiel, wenn derjenige Steuermann, der sich auskennt, der beste (Steuermann) ist und so auch beim Wagenlenker, dann ist überhaupt in jedem Bereich, derjenige, der sich auskennt, der beste.“
Aristoteles ist klar, dass ein derartiges Übergehen von singulären zu allgemeinen Sätzen nicht – ohne weitere Bedingungen –[10] logisch gültig ist.[11] Entsprechende Bedingungen werden beispielsweise in dem ursprünglichen, argumentationslogischen Kontext der Dialektik erfüllt, da der Kontrahent einen durch Induktion eingeführten Allgemeinsatz akzeptieren muss, wenn er kein Gegenbeispiel nennen kann. Vor allem aber hat die Induktion die Funktion, in anderen, nicht folgernden Kontexten, durch das Anführen von Einzelfällen das Allgemeine deutlich zu machen, sei es als didaktisches oder heuristisches Verfahren. Eine derartige Induktion stellt plausible Gründe dafür bereit, einen allgemeinen Satz für wahr zu halten. Aristoteles rechtfertigt aber nirgends – ohne weitere Bedingungen – induktiv die Wahrheit eines solchen Satzes.[12]
Dialektik: Theorie der Argumentation
Die in der Topik behandelte Dialektik ist eine Form der Argumentation, die (ihrer genuinen Grundform nach) in einer dialogischen Disputation stattfindet. Sie geht vermutlich auf Praktiken in der Akademie zurück. Die Zielsetzung der Dialektik lautet:
„“Die Abhandlung beabsichtigt ein Verfahren zu finden, aufgrund dessen wir in der Lage sein werden, über jedes vorgelegte Problem aus anerkannten Meinungen (endoxa) zu deduzieren, und wenn wir selbst ein Argument vertreten, nichts Widersprüchliches zu sagen. [13]“
Die Dialektik hat demnach keinen bestimmten Gegenstandsbereich, sondern kann universal angewendet werden. Aristoteles bestimmt die Dialektik durch die Art der Prämissen dieser Deduktion. Ihre Prämissen sind anerkannte Meinungen (endoxa), d.h.
„„diejenigen, die entweder (a) von allen oder (b) den meisten oder (c) den Fachleuten und dabei entweder (ci) von allen oder (cii) den meisten oder (ciii) den bekanntesten und anerkanntesten für richtig gehalten werden.“
Für dialektische Prämissen ist es unerheblich, ob sie wahr sind oder nicht. Weshalb aber anerkannte Meinungen? In ihrer Grundform findet Dialektik in einem argumentativen Wettstreit zwischen zwei Gegnern statt mit genau zugewiesenen Rollen. Auf ein vorgelegtes Problem der Form 'Ist S P oder nicht?' muss der Antwortende sich auf eine der beiden Möglichkeiten als These festlegen.[15] Das dialektische Gespräch besteht nun darin, dass ein Fragender dem Antwortenden Aussagen vorlegt, die dieser entweder bejahen oder verneinen muss.[16] Die beantworteten Fragen gelten als Prämissen. Das Ziel des Fragenden besteht nun darin, mithilfe der bejahten oder verneinten Aussagen eine Deduktion zu bilden, sodass die Konklusion die Ausgangsthese widerlegt oder aus den Prämissen etwas Absurdes oder ein Widerspruch folgt. Die Methode der Dialektik weist nun zwei Bestandteile auf:[17]
- Herausfinden, welche Prämissen ein Argument für die gesuchte Konklusion ergeben: Topen.
- Herausfinden, welche Prämissen der Antwortende akzeptiert: anerkannte Meinungen.
Für 2. bieten die verschiedenen Typen (a)-(ciii) anerkannter Meinungen dem Fragenden Anhaltspunkte, welche Fragen der jeweilige Antwortende bejahen wird, d.h. welche Prämissen er verwenden kann.[18][19]
Für 1. hilft in seinem Argumentationsaufbau dem Dialektiker das Instrument der Topen. Ein Topos ist eine Konstruktionsanleitung für dialektische Argumente, d.h. zur Auffindung geeigneter Prämissen für eine gegebene Konklusion. Aristoteles listet in der Topik etwa 300 dieser Topen auf. Der Dialektiker kennt diese Topen auswendig, die sich aufgrund ihrer Eigenschaften ordnen lassen. Die Basis dieser Ordnung stellt das System der Prädikabilien dar.
Nach Aristoteles ist die Dialektik für dreierlei nützlich: (1) als Übung, (2) für die Begegnung mit der Menge und (3) für die Philosophie. Neben (1) der Grundform des argumentativen Wettstreits – bei der es eine Jury und Regeln gibt und die wahrscheinlich auf Praktiken in der Akademie zurückgeht – gibt es damit auch Anwendungsweisen, (2) die, zwar dialogisch, aber nicht als regelbasierter Wettstreit angelegt sind sowie (3) welche, die nicht dialogisch sind, sondern in denen der Dialektiker im Gedankenexperiment (a) Schwierigkeiten nach beiden Seiten hin durchgeht (diaporêsai) oder auch (b) Prinzipien untersucht.[20] Auch prüft er an zahlreichen Stellen seiner Schriften zu Problemen vorab anerkannte Meinungen. Bei Aristoteles ist die Dialektik aber nicht wie bei Platon die Methode der Philosophie oder eine Fundamentalwissenschaft.
Rhetorik: Theorie der Überzeugung
Aristoteles definiert Rhetorik als „Fähigkeit bei jeder Sache das möglicherweise Überzeugende (pithanon) zu betrachten.“[21] Er nennt sie ein Gegenstück (antistrophos) zur Dialektik. Denn ebenso wie die Dialektik ist die Rhetorik ohne abgegrenzten Gegenstandsbereich, sie verwendet dieselben Elemente (wie Topen, anerkannte Meinungen und insbesondere Deduktionen) und dem dialektischen Schließen entspricht das auf rhetorischen Deduktionen basierende Überzeugen.[22] Rhetorik kommt im Griechenland des vierten Jahrhunderts, insbesondere in der Volksversammlung und den mit durch Los bestimmten Laienrichtern besetzten Gerichten des demokratischen Athens eine herausragende Bedeutung zu. Es gibt zahlreiche Rhetoriklehrer und Rhetorikhandbücher kommen auf.[23] Aristoteles' dialektische Rhetorik ist eine Reaktion auf die Rhetoriktheorie seiner Zeit, die – wie er kritisiert – bloße Versatzstücke für Redesituationen bereitstellt und Anweisungen, wie man durch Verleumdung und Emotionserregung das Urteil der Richter trüben kann. Der Kern seiner dialektischen Rhetorik dagegen besteht in der Auffassung: Wir sind dann am meisten überzeugt, wenn wir meinen, dass etwas bewiesen worden ist.[24] Dass die Rhetorik sachorientiert sein und das jeweils in der Sache liegende Überzeugungspotential entdecken und ausschöpfen müsse, drückt sich auch in der Gewichtung der drei Überzeugungmittel:
- Charakter des Redners,
- emotionaler Zustand des Hörers und
- Argument
aus, von denen er das Argument für am wichtigsten hält.
Unter den Argumenten unterscheidet Aristoteles das Beispiel – eine Form der Induktion – und das Enthymem – eine rhetorische Deduktion, wobei wiederum das Enthymem wichtiger als das Beispiel ist.[25] Das Entyhmem ist eine Art der dialektischen Deduktion; es unterscheidet sich von diesem aufgrund der rhetorischen Situation aber dadurch, dass seine Prämissen nur die anerkannten Meinungen sind, die von allen oder den meisten für wahr gehalten werden. (Die verbreitete, kuriose Ansicht, das Enthymem sei ein Syllogismus, in dem eine der zwei Prämissen fehle, vertritt Aristoteles nicht; sie basiert auf einem schon in der antiken Kommentierung belegten Missverständnis von 1357a7ff.)[26] Der Redner überzeugt demnach die Zuhörer, indem er eine Behauptung (als Konklusion) aus den Überzeugungen (als Prämissen) der Zuhörer herleitet. Die Konstruktionsanleitungen dieser Enthymeme liefern rhetorische Topen, z.B.:
„Ein weiterer (Topos ergibt sich) aus dem Eher und Weniger, wie zum Beispiel: 'Wenn schon die Götter nicht alles wissen, dann wohl kaum die Menschen.' Denn das bedeutet: Wenn etwas dem, dem es eher zukommen könnte, nicht zukommt, dann ist offensichtlich, dass es auch nicht dem zukommt, dem es weniger zukommen könnte.“
An den zeitgenössischen Rhetoriklehrern kritisiert Aristoteles, dass sie – die Argumentation vernachlässigend – ausschließlich die Emotionserregung thematisierten und dass diese durch Verhalten wie Jammern oder Mitbringen der Familie zur Gerichtsverhandlung erreicht würde und dabei ein sachbezogenes Urteil der Richter verhindert werde. Aristoteles' Theorie zufolge können nun alle Emotionen definiert werden, indem drei Faktoren berücksichtigt werden, indem man fragt: (1) Worüber, (2) wem gegenüber und (3) in welchem Zustand empfindet jemand die jeweilige Emotion?[28] So lautet die Definition von Zorn:
„Es soll also Zorn [3] ein mit Schmerz verbundenes Streben nach einer vermeintlichen Vergeltung sein [1] für eine vermeintliche Herabsetzung einem selbst oder einem der Seinigen gegenüber [2] von solchen, denen eine Herabsetzung nicht zusteht.“
Wenn der Redner mit diesem Definitionswissen den Zuhörern deutlich machen kann, dass der entsprechende Sachverhalt vorliegt und sie sich im entsprechenden Zustand befinden,[30] empfinden sie die entsprechende Emotion. Sofern der Redner mit dieser Methode bestehende Sachverhalte eines Falles hervorhebt, lenkt er hierbei nicht – wie bei den kritisierten Vorgängern – von der Sache ab, sondern fördert nur dem Fall angemessene und verhindert somit unangemessene Emotionen.[31] Schließlich sollte der Redner aufgrund seiner Rede für die Zuhörer glaubwürdig, d. h. tugendhaft, klug und wohlwollend erscheinen.[32]
Die sprachliche Form dient ebenfalls einer argumentativ-sachorientierten Rhetorik. Denn Aristoteles definiert ihre optimale Form (aretê) dadurch, dass sie (a) primär klar, zugleich aber (b) weder banal noch zu erhaben ist.[33] (b) soll dabei das Interesse, die Aufmerksamkeit und das Verständnis fördern und angenehm sein. Unter den Stilmitteln erfüllt insbesondere die Metapher diese Bedingungen.[34]
Syllogistische Logik
Besteht die Dialektische Logik in einer Methode des konsistenten Argumentierens, so besteht die syllogistische in einer Theorie des Beweisens selbst. In der Syllogistik zeigt Aristoteles, welche Schlüsse gültig sind. Hierfür verwendet er eine Form, die traditionell Syllogismus (der lateinischen Übersetzung von syllogismos) genannt wird. Jeder Syllogismus ist eine Deduktion (syllogismos), aber nicht jede Deduktion ist ein Syllogismus. Aristoteles verwendet aber keinen eigenen Begriff, um den Syllogismus von anderen Deduktionen abzugrenzen.
Ein Syllogismus ist eine Deduktion, die aus genau zwei Prämissen und einer Konklusion besteht, wobei Prämissen und Konklusion genau drei verschiedene Terme aufweisen, von denen sie genau einen Term gemeinsam haben, der in der Konklusion nicht vorkommt. Durch die Stellung des gemeinsamen Terms, des Mittelterms (hier immer B) unterscheidet Aristoteles folgende syllogistische Figuren:
| 1. Figur: Mittelterm ist in (1) Subjekt, in (2) Prädikat | 2. Figur: Mittelterm ist in (1) und in (2) Prädikat. | 3. Figur: Mittelterm ist in (1) und in (2) Subjekt. | |
|---|---|---|---|
| (1) | AxB | BxA | AxB |
| (2) | BxC | BxC | CxB |
| Konklusion | AxC | AxC | AxC |
Der Syllogismus verwendet genau die vier Aussagetypen, die das logische Quadrat bilden in folgender Form:
| Inverse Stellung[36] | übliche Notation | Normale Wortstellung |
|---|---|---|
| A kommt allen B zu. | AaB | Alle B sind A |
| A kommt keinem B zu. | AeB | Kein B ist A |
| A kommt einigen B zu. | AiB | Einige B sind A. |
| A kommt nicht B zu. | AoB | Einige B sind nicht A. |
Aristoteles untersucht folgende Frage: Welche der 3x4hoch3, d.h. 192 möglichen Kombinationen sind logisch gültige Deduktionen? Bei welchen Syllogismen ist es nicht möglich, dass, wenn die Prämissen wahr sind, die Konklusion falsch ist? Aristoteles unterscheidet vollkommene Syllogismen, die unmittelbar einsichtig sind, von unvollkommenen. Die unvollkommenen Syllogismen führt er mittels Konversionsregeln auf die vollkommenen zurück (dies Verfahren nennt er analysis) oder beweist sie indirekt. [37] Ein vollkommener Syllogismus ist der – seit dem Mittelalter sogenannte – Barbara:[38]
| Aristotelische, inverse Stellung | übliche Notation | Normale Stellung | |
|---|---|---|---|
| (1) | A kommt allen B zu. | AaB | Alle Griechen sind Menschen. |
| (2) | B kommt allen C zu. | BaC | Alle Menschen sind sterblich. |
| Konklusion | Also: A kommt allen C zu. | AaC | Also: Alle Griechen sind sterblich. |
(Zu den weiteren gültigen Syllogismen und deren Beweise vgl. Syllogismus).
Die Anwendung der – in der Analytica Priora ausgearbeiteten – Syllogistik sieht Aristoteles in seiner Wissenschaftstheorie der Analytica Posteriora.
Aristoteles entwickelt zudem eine modale Syllogistik, die die Begriffe möglich und notwendig einschließt. Diese Modalsyllogistik ist sehr viel schwieriger zu interpretieren als die einfache Syllogistik. Ob eine konsistente Interpretation dieser modalen Syllogistik überhaupt möglich ist, ist noch heute umstritten. Interpretatorisch problematisch, aber auch bedeutend ist Aristoteles' Definition von möglich. Er unterscheidet hierbei die sogenannten einseitige und zweiseitige Möglichkeit:
- Einseitig: p ist möglich insofern nicht p nicht notwendig ist.
- Zweiseitig: p ist möglich, wenn p nicht notwendig und nicht-p nicht notwendig ist, d.h. p ist kontigent.
Damit lässt sich der Indeterminismus, den Aristoteles vertritt, als der Zustand charakterisieren, der kontingent ist.[39]
Wissen und Wissenschaft
- Stufen des Wissens
Aristoteles unterscheidet verschiedene Stufen des Wissens, die sich folgendermaßen darstellen lassen:[40]
| Epistemische Stufe | Lebewesen |
|---|---|
| Wissen | Mensch |
| Erfahrung | einige Tiere im eingeschränkten Sinn; Mensch |
| Erinnerung | die meisten Lebewesen |
| Wahrnehmung | Alle Lebewesen |
Mit dieser Stufung beschreibt Aristoteles auch die Entstehung von Wissen: Aus Wahrnehmung entsteht Erinnerung und aus Erinnerung durch Bündelung von Erinnerungsinhalten Erfahrung. Erfahrung besteht in einer Kenntnis einer Mehrzahl konkreter Einzelfälle und gibt nur das Dass an, ist bloße Faktenkenntnis. Wissen bzw. Wissenschaft (epistêmê bezeichnet beides) unterscheidet sich von Erfahrung dadurch, dass es[41]
- (i) allgemein ist;
- (ii) nicht nur das Dass eines Sachverhalts, sondern auch das Warum, den Grund oder die erklärende Ursache angibt.
In diesem Erkenntnisprozess schreiten wir nach Aristoteles von dem, was für uns bekannter und näher an der sinnlichen Wahrnehmung ist zu dem vor, was an sich oder von Natur aus bekannter ist, die Prinzipien und Ursachen der Dinge.
Dass Wissen an oberster Stelle steht und überlegen ist, bedeutet aber nicht, dass es im konkreten Fall die anderen Stufe in dem Sinne enthält, dass es sie ersetzte. Im Handeln ist die Erfahrung als Wissen vom Einzelnen den Wissensformen, die aufs Allgemeine gehen, mitunter überlegen.[42]
- Ursachen und Demonstrationen
Unter einer Ursache (aitia) versteht Aristoteles in der Regel nicht ein von einem verursachten Ereignis B verschiedenes Ereignis A. Die Untersuchung von Ursachen dient auch nicht dazu, Wirkungen vorherzusagen, sondern Sachverhalte zu erklären. Eine aristotelische Ursache gibt einen Grund auf bestimmte Warum-Fragen an. (Aristoteles unterscheidet vier Ursachentypen, die genauer im Abschnitt Naturphilosophie behandelt werden).
Nach Aristoteles hat Ursachenwissen die Form einer Demonstration, d.h. eines Syllogismus mit wahren Prämissen, die Ursachen für den in der Konklusion ausgedrückten Sachverhalt angeben. Ein Beispiel:
| Inverse Stellung | Formal | Normale Wortstellung | |
|---|---|---|---|
| 1. Prämisse | Aus Bronze zu sein kommt allen Statuen zu. | BaC | Alle Statuen sind aus Bronze. |
| 2. Prämisse | Schwer zu sein kommt Bronze zu. | AaC | Bronze ist schwer. |
| Konklusion | Schwer zu sein kommt allen Statuen zu. | AaB | Alle Statuen sind schwer. |
Aristoteles spricht davon, dass die Prämissen einiger Demonstrationen Prinzipien (archê; wörtl. Anfang) sind, erste wahre Sätze, die selbst nicht demonstrativ bewiesen werden können.
- Nicht-Beweisbare Sätze
Neben den Prinzipien kann auch die Existenz und die Eigenschaften der behandelten Gegenstände einer Wissenschaft sowie bestimmte, allen Wissenschaften gemeinsame Axiome nach Aristoteles nicht demonstriert werden, wie beispielsweise der Satz vom Widerspruch. Dass beispielsweise Geometrie die Existenz von Punkten oder die Biologie die von Lebewesen mit bestimmten Eigenschaften voraussetzt, ist weniger problematisch. Vom Satz vom Widerspruch zeigt Aristoteles, dass er nicht geleugnet werden kann. Dieser lautet: X kann Y nicht zugleich in derselben Hinsicht zukommen und nicht zukommen.[43] Aristoteles argumentiert, dass, wer dies leugnet, etwas und somit etwas Bestimmtes sagen muss. Wenn er z. B. 'Mensch' sagt, bezeichnet er damit Menschen und nicht Nicht-Menschen. Mit dieser Festlegung auf etwas Bestimmtes setze er aber den Satz vom Widerspruch voraus. Dies gelte sogar für Handlungen, insofern eine Person etwa um einen Brunnen herumgeht und nicht in ihn hinein fällt.[44]
Dass diese Sätze und auch Prinzipien nicht demonstriert werden können, liegt an Aristoteles' Lösung eines Begründungsproblems: Wenn Wissen Rechtfertigung enthält, dann führt dies in einem konkreten Fall von Wissen entweder (a) zu einem Regress, (b) einem Zirkel oder (c) zu fundamentalen Sätzen, die nicht begründet, gerechtfertigt werden können. Prinzipien in einer aristotelischen demonstrativen Wissenschaft sind solche Sätze, die nicht demonstriert, sondern auf andere Weise gewusst werden.[45]
- Das Verhältnis von Definition, Ursache und Demonstration
Aristoteles spricht zudem davon, dass sofern die Prämissen Prinzipien sind, sie auch Definitionen darstellen können. Wie ungefähr sich Demonstration, Ursache und Definition zueinander verhalten, illustriert folgendes Beispiel: Der Mond weist zum Zeitpunkt t eine Finsternis auf, weil (i) immer wenn etwas im Sonnenschatten der Erde ist, es eine Finsternis aufweist und (ii) der Mond zum Zeitpunkt t im Sonnenschatten der Erde liegt. Demonstration:
| Inverse Stellung | Formal | |
|---|---|---|
| 1. Prämisse | Finsternis kommt allen Fällen zu, in denen die Erde die Sonne verdeckt. | AaB |
| 2. Prämisse | Verdecken der Sonne durch die Erde kommt Mond zum Zeitpunkt t zu. | BiC |
| Konklusion | Finsternis kommt Mond zum Zeitpunkt t zu. | AiC |
Mittelterm: Verdecken der Sonne durch die Erde.
Ursache: Verdecken der Sonne durch die Erde kommt dem Mond zum Zeitpunkt t zu.
Die Definition wäre hier etwa: Mondfinsternis ist der Fall, in dem die Erde die Sonne verdeckt. Sie erklärt nicht das Wort 'Mondfinsternis'. Vielmehr gibt sie an, was eine Mondfinsternis ist. Indem man die Ursache angibt, schreitet man von einem Faktum zu seinem Grund fort. Das Verfahren der Analyse besteht darin bottom-up zu einem bekannten Sachverhalt, die nächste Ursache zu suchen bis eine letzte Ursache erreicht ist.
- Status der Prinzipien und Funktion der Demonstration
Aristotelische Wissenschaft wurde in der Neuzeit und bis in das 20 Jh. als ein top-down-Beweisverfahren verstanden. Die unbeweisbaren Prinzipien, seien notwendig wahr und würden durch Induktion und Einsicht/Intuition (nous) erlangt. Es folgten – in einer axiomatischen Struktur – alle Sätze einer Wissenschaft aus ihren Prinzipien. Wissenschaft bestehe dabei in zwei Schritten: Zunächst würden die Prinzipien intuitiv erfasst, dann würde top-down aus ihnen Wissen demonstriert.[46]
Gegner dieser top-down Interpretation stellen vor allem infrage, dass für Aristoteles
- die Prinzipien immer wahr sind;
- die Prinzipien durch Intuition gewonnen werden;
- die Funktion der Demonstration darin besteht, dass aus obersten Prinzipien Wissen erschlossen wird.
Eine Interpretationsrichtung behauptet, die Demonstration habe didaktische Funktion. Da Aristoteles in den naturwissenschaftlichen Schriften seine Wissenschaftstheorie nicht befolge, lege diese nicht dar, wie Forschung durchgeführt, sondern wie sie didaktisch präsentiert werden soll. Eine andere Interpretation weist auch die didaktische Interpretation zurück, da sich sich sehr wohl Anwendungen seines wissensschaftstheoretischen Modells in naturwissenschaftlichen Schriften finden ließen. Vor allem aber kritisiert sie die erste Lesart damit, dass sie nicht zwischen Wissensideal und Wissenskultur unterscheide; denn Aristoteles halte Prinzipien für fallibel und die Funktion der Demonstration für heuristisch. Sie liest die Demonstration bottom-up: Zu bekannten Sachverhalten würden mithilfe der Demonstration deren Ursachen gesucht. Die wissenschaftliche Forschung gehe von dem für uns bekannteren empirischen (meist universalen) Sätzen aus. Zu einer solchen Konklusion werden Prämissen gesucht, die für den entsprechenden Sachverhalt Ursachen angeben.
Der wissenschaftliche Forschungsprozess besteht nun darin, die Verknüpfung von 'Schwere' und Statue oder Mond und Finsternis in der Weise genauer zu analysieren, indem man Mittelterme sucht, die sie als Ursache miteinander verknüpfen. Im einfachsten Fall gibt es nur einen Mittelterm.
Top-down wird das Wissen von den erklärenden Prämissen zu den erklärten universalen empirischen Sätzen präsentiert. Dabei geben die Prämissen den Grund für den in der Konklusion beschriebenen Sachverhalt an.
Dies trifft auf alle Disziplinen einzeln zu, denn für Aristoteles hat jede Wissenschaft eine abgegrenzten Bereich, eigentümliche Objekte und somit eigene Prinzipien. Das Ziel jeder Disziplin besteht in einer derartigen demonstrativen Darstellung des Wissens, in der die nicht demonstrierbaren Prinzipien dieser Wissenschaft Prämissen sind.
- Erfassen der Prinzipien
Wie Prinzipien erfasst werden, bleibt undeutlich und ist umstritten. Vermutlich werden sie durch Allgemeinbegriffe gebildet, die durch einen induktiven Vorgang entstehen, einem Aufstieg innerhalb der oben beschriebenen Wissensstufen: Wahrnehmung wird Erinnerung, wiederholte Wahrnehmung verdichtet sich zu Erfahrung und aus Erfahrung bilden wir Allgemeinbegriffe. Mit dieser auf der Wahrnehmung basierenden Konzeption der Bildung von Allgemeinbegriffen weist Aristoteles sowohl Konzeptionen zurück, die diese aus einem höheren Wissen ableiten als auch die, die behaupten, diese seien angeboren. Vermutlich auf Grundlage dieser Allgemeinbegriffe werden die Prinzipien, Definitionen gebildet. Die Dialektik, die Fragen in der Form 'Trifft P auf S zu oder nicht' behandelt, ist vermutlich ein Mittel Prinzipien zu prüfen. Das Vermögen, das diese grundlegenden Allgemeinbegriffe und Definitionen erfasst, ist der Geist, die Einsicht (nous).
Naturphilosophie
- Natur
In Aristoteles' Naturphilosophie meint Natur (physis) zweierlei: Zum einen besteht der primäre Gegenstandsbereich in den von Natur aus bestehenden Dinge (Tiere, Pflanzen,die Elemente), die sich von Artefakten unterscheiden. Zum anderen ist Natur ein Prinzip, der Ursprung (archê) der Veränderung (kinêsis) und Ruhe (stasis) , das die Naturdinge in sich enthalten. Bei Artefakten kommt das Prinzip jeder Veränderung von außen.[47] Der zentrale Begriff der Naturphilosophie ist somit die Veränderung bzw. Bewegung (kinêsis). Die Wissenschaft der Natur hängt von der Kenntnis der Prinzipien und Ursachen der Veränderung ab.
- Definition, Prinzipien und Arten der Veränderung
Ein Veränderungsprozess von X ist gegeben, wenn X, das (i) der Wirklichkeit nach die Eigenschaft F und (ii) der Möglichkeit nach G aufweist, die Eigenschaft G verwirklicht. Bei Bronze (X), die der Wirklichkeit nach ein Klumpen ist (F) und der Möglichkeit nach eine Statue (G), liegt Veränderung dann vor, wenn die Bronze der Wirklichkeit nach die Form einer Statue (G) wird; der Prozess ist abgeschlossen, wenn die Bronze diese Form besitzt. Entsprechend: Wird der ungebildete Sokrates gebildet, so verwirklicht sich ein Zustand, der der Möglichkeit nach schon vorlag. Der Veränderungsprozess ist also durch seinen Übergangsstatus gekennzeichnet und setzt voraus, dass etwas, das der Möglichkeit vorliegt, verwirklicht werden kann. (Vgl. Physik III 1, 201a10-201b5)
Für alle Veränderungsprozesse hält Aristoteles (in Übereinstimmung mit seinen naturphilosophischen Vorgängern) Gegensätze für grundlegend. Er vertritt die darüber hinaus These, dass in einem Veränderungsprozess diese Gegensätze (wie gebildet-ungebildet) immer an einem Substrat oder Zugrundeliegendem (hypokeimenon) auftreten, so dass sein Modell folgende drei Prinzipien aufweist:
- Substrat der Veränderung (X);
- Ausgangszustand der Veränderung (F);
- Zielzustand der Veränderung (G).
Wird der ungebildete Sokrates gebildet, so ist er dabei an jedem Punkt der Veränderung Sokrates, entsprechend bleibt die Bronze Bronze. Das Substrat der Veränderung, an dem die Veränderung sich vollzieht, bleibt dabei mit sich selbst identisch. Den Ausgangszustand der Veränderung fasst Aristoteles dabei als einen Zustand, dem die entsprechende Eigenschaft des Zielzustands ermangelt (Privation). (Vgl. Phys. I 7)
Aristoteles unterscheidet vier Arten der Veränderung:
- Qualitative Veränderung:
- Quantitative Veränderung:
- Ortsbewegung.
- Entstehen/Vergehen.
Bei jeder Veränderung – so Aristoteles – gibt es ein zugrundeliegendes, numerisch identisches Substrat.[48] Im Falle qualitativer, quantitativer und Ortsveränderung ist dies ein konkretes Einzelding, das seine Eigenschaften, seine Größe oder seine Position verändert. Wie verhält sich dies aber beim Entstehen/Vergehen konkreter Einzeldinge? Die Eleaten hatten die einflussreiche These vertreten, Entstehen sei nicht möglich, da sie es für widersprüchlich hielten, wenn Seiendes aus Nicht-Seiendem hervorginge. (Bei Entstehen aus Seiendem vertreten sie ein ähnliches Problem.) Die Lösung der Atomisten, Entstehen sei ein Prozess, in dem durch Mischung und Trennung unvergänglicher und unveränderlicher Atome aus alten neue Einzeldinge hervorgehen, führt nach Aristoteles' Ansicht Entstehen illegitimerweise auf qualitative Veränderung zurück.[49]
- Form und Materie bei Entstehen/Vergehen
Aristoteles' Analyse von Entstehen/Vergehen basiert auf der innovativen Unterscheidung von Form und Materie (Hylemorphismus). Aristoteles akzeptiert, dass kein konkretes Einzelding aus Nichtseiendem entstehe. Er analysiert den Fall Entstehen jedoch folgendermaßen. Ein konkretes Einzelding des Typs F entsteht nicht aus einem nicht-seiendem F, sondern aus einem zugrundeliegendem Substrat, das nicht die Form F aufweist: die Materie. Ein Ding entsteht, indem Materie eine neu hinzukommende Form annimmt. So entsteht eine Bronzestatue, indem eine Bronzemasse eine entsprechende Form annimmt. Die fertige Statue besteht aus Bronze, die Bronze liegt der Statue als Materie zugrunde. Als Antwort auf die Eleaten entspricht einer nicht-seienden Statue die Bronze als Materie, die durch Hinzukommen einer Form zur Statue wird. Der Entstehungsprozess ist dabei von verschiedenen Seinsgraden gekennzeichnet. Die tatsächliche, aktuale, geformte Statue entsteht aus etwas, das potentiell eine Statue ist, nämlich Bronze, die Materie. [50]
Materie und Form sind Aspekte eines konkreten Einzeldings und treten nicht selbstständig auf.[51] Materie ist immer Stoff eines bestimmten Dings, das schon eine Form aufweist. Sie ist ein relativer Abstraktionsbegriff zu Form. Indem eine derartige Materie in einer neuen Weise strukturiert wird, entsteht ein neues Einzelding. Ein Haus setzt sich aus Form (dem Bauplan) und Materie (Holz und Ziegel) zusammen. Die Ziegel als Materie des Hauses sind durch einen bestimmten Prozess auf eine bestimmte Weise geformter, konfigurierter Lehm.[52] Unter Form versteht Aristoteles seltener die äußere Gestalt (dies nur bei Artefakten), sondern die innere Struktur oder Natur, das, was durch eine Definition erfasst wird. Die Form eines Gegenstandes eines bestimmten Typs beschreibt dabei Voraussetzungen, welche Materie für diesen geeignet ist und welche nicht.
- Ursachen
Um Wissen von Veränderungsprozessen und so von der Natur zu besitzen, muss man – so Aristoteles – die entsprechenden Ursachen (aitia) kennen.[53] Aristoteles behauptet, es gibt genau vier Ursachentypen, die auf vier verschiedene Weisen auf die Frage Warum antworten und die in der Regel bei einer vollständigen Erklärung alle angegeben werden müssen:[54]
| Bezeichnung | traditionelle Bezeichnung | Erläuterung | Beispiel |
|---|---|---|---|
| Materialursache | causa materialis | das, aus dem eine Sache entsteht und dabei in ihr enthalten ist | Holz und Ziegel |
| Formalursache | causa formalis | die Struktur; das, was angibt, worin das Sein einer Sache besteht | Bauplan |
| Bewegungsursache | causa efficiens | das, woher der erste Anlass von Bewegung und Ruhe kommt | Architekt |
| Finalursache | causa finalis | das Ziel worumwillen etwas geschieht | Schutz vor Unwetter |
Der aristotelische Ursachenbegriff unterscheidet sich – wie schon oben gesagt – weitgehend von modernen. In der Regel treffen zur Erklärung desselben Sachverhaltes oder Gegenstandes verschiedene Ursachen zugleich zu. Die Formursache fällt oft mit der Bewegungsursache und Finalursache zusammen. Die Ursache eines Hauses sind so Ziegel und Holz, der Bauplan, der Architekt und der Schutz vor Unwetter. Letztere drei fallen oft zusammen, insofern beispielsweise der Zweck Schutz vor Unwetter den Bauplan (in der Seele) des Architekten bestimmt.
Die Finalursache ist im Zuge der mechanistischen Physik seit der Neuzeit kritisiert worden. Von einer im ganzen teleologisch ausgerichteten Natur wie bei Platon setzt sich Aristoteles jedoch weitgehend ab. Finale Ursachen treten für ihn in der Natur vor allem in der Biologie auf, und zwar beim funktionellen Aufbau von Lebewesen und der Artenreproduktion. Sie spielen auch in seiner Kosmologie eine wichtige Rolle. Daneben sind sie zentral zur Erklärung von Handlungen.
Metaphysik
- Metaphysik als Erste Philosophie
Aristoteles gebraucht den Ausdruck 'Metaphysik' nicht; gleichwohl trägt eines seiner wichtigsten Werk diesen Titel. Die Metaphysik ist eine von einem späteren Herausgeber zusammengestellte Sammlung von Einzeluntersuchungen, die ein mehr oder weniger zusammenhängendes Themenspektrum abdecken, indem sie nach den Prinzipien und Ursachen des Seienden und der dafür zuständigen Wissenschaft fragen. Ob der Titel (ta meta ta physika: die <Dinge, Schriften> nach der Physik) einen bloß bibliografischen oder einen sachbezogenen Hintergrund hat, ist unklar.[55]
Aristoteles spricht in der Metaphysik von einer allen anderen Wissenschaften vorgeordneten Wissenschaft, die er Erste Philosophie, Weisheit (sophia) oder auch Theologie nennt. Diese Erste Philosophie wird in dieser Sammlung aus Einzeluntersuchungen auf drei Weisen charakterisiert:[56]
- als Wissenschaft der allgemeinsten Prinzipien, die für Aristoteles' Wissenschaftstheorie zentral sind;
- als Wissenschaft vom Seienden als Seienden, der aristotelischen Ontologie;
- als Wissenschaft des Göttlichen, der aristotelischen Theologie.
Ob bzw. inwieweit diese drei Projekte zusammenhängende Aspekte derselben Wissenschaft oder voneinander unabhängige Einzelprojekte sind, ist kontrovers. Aristoteles behandelt später metaphysisch genannte Themen auch in anderen Schriften.
Ontologie
Im Corpus Aristotelicum finden sich in zwei Werken unterschiedliche Theorien des Seienden: in den frühen Kategorien sowie in der späten Metaphysik.
- Substanzen in den Kategorien
Die Kategorien, die die erste Schrift im Organon bilden, sind vermutlich das einflussreichste Werk des Aristoteles und der Philosophiegeschichte überhaupt.
Die frühe Ontologie der Kategorien lässt sich im Kontext der Frage 'Was ist das eigentlich Seiende' bzw. 'Wie ist das Seiende geordnet?' und dabei als eine Kritik der Position Platons verstehen. Das vermutliche Ausgangsproblem lässt sich folgendermaßen skizzieren: Unterschieden werden Eigenschaften die Einzeldingen zukommen (X kommt Y zu). Dann scheinen (unter der Voraussetzung ...) zwei Positionen naheliegend: Das eigentlich Seiende, die Substanz (ousia)[57] sind
- abstrakte, unabhängig existierende Universalien als Ursache und Erkenntnisgegenstand von Eigenschaften.
- konkrete Einzeldinge als Träger von Eigenschaften.
Aristoteles selbst berichtet, Platon habe gelehrt, man müsse von den wahrnehmbaren Einzeldingen getrennte, nicht sinnlich wahrnehmbare, unveränderliche, ewige Universalien unterscheiden. Platon nahm an, dass es Definitionen und – für ihn somit – Wissen von den Einzeldingen, die sich beständig änderten, nicht geben kann. Gegenstand der Definition und des Wissens sind die Ideen[58] , die für die Ordnungsstruktur des Seienden ursächlich seien.[59] Verdeutlichen lässt sich dies an einer von allen Menschen getrennten, einzelnen und numerisch identischen Idee des Menschen, die für deren jeweiliges Menschsein ursächlich ist und die Erkenntnisgegenstand ist für die Frage: 'was ist ein Mensch?'.
In der Konsequenz – so Platon – existieren im eigentlichen, unabhängigen Sinne allein die unveränderlichen Ideen und die Einzeldinge existieren nur in Abhängigkeit von ihnen. Diese ontologische Konsequenz kritisiert Aristoteles. Die Ideen könnten nicht zugleich Universalien sein und als Einzelnes getrennt von konkreten Einzeldingen selbstständig existieren. [60]
Aristoteles' Einteilung des Seienden in den Kategorien scheint sich von der skizzierten Position Platons abzugrenzen. Er orientiert sich dabei an der sprachlichen Struktur einfacher Sätze der Form 'X ist Y' und der sprachlichen Praxis.[61]
Einige Ausdrücke – wie 'Sokrates' – können nur die Subjektposition X in dieser sprachlichen Struktur einnehmen, alles andere wird von ihnen prädiziert. Die Dinge, die in diese Kategorie der Substanz fallen und die er erste Substanz nennt, sind ontologisch selbstständig; sie bedürfen keines anderen Dinges um zu existieren. Daher sind sie ontologisch primär, denn alles andere ist von ihnen abhängig und nichts würde ohne sie existieren. Diese abhängigen Eigenschaften bedürfen eines Einzeldings, einer ersten Substanz als eines Trägers, an der sie vorkommen. Derartige Eigenschaften (z.B. weiß, sitzend) können einem Einzelding (etwa Sokrates) jeweils zukommen oder auch nicht zukommen und sind daher akzidentelle Eigenschaften. Dies betrifft alles außerhalb der Kategorie der Substanz.
Für einige Eigenschaften (z.B. 'Mensch') gilt nun, dass sie in der Weise von einem Einzelding (z.B. Sokrates) ausgesagt werden können, dass ihre Definition (vernünftiges Lebewesen) auch von diesem Einzelding gilt und kommen ihm daher notwendig zu. Dies sind die Art und die Gattung. Aufgrund dieses engen Bezugs – in dem die Art und die Gattung angeben, was eine erste Substanz jeweils ist (etwa in der Antwort auf die Frage 'Was ist Sokrates?': 'ein Mensch') – nennt Aristoteles sie zweite Substanz. Dabei hängt auch eine zweite Substanz von einer ersten Substanz ontologisch ab.
- A) Kategorie der Substanz:
- 1. Substanz: Merkmal der Selbstständigkeit.
- 2. Substanz: Merkmal der Erkennbarkeit.
- B) Nicht-Substanziale Kategorien: Akzidenzien.
Aristoteles vertritt also folgende Thesen:
- Nur Einzeldinge (erste Substanzen) sind selbstständig und daher ontologisch primär.
- Alle Eigenschaften hängen von den Einzeldingen ab: Es existieren keine unabhängigen, nicht-exemplifizierten Universalien.
- Neben kontingenten, akzidentellen Eigenschaften (wie 'weiß'), gibt es notwendige, essentielle Eigenschaften (wie 'Mensch'), die angeben, was ein Einzelding jeweils ist.
- Die Substanztheorie der Metaphysik
In der Metaphysik vertritt Aristoteles im Rahmen des Projektes das Seiende als Seiendes zu untersuchen die Auffassung, dass alles Seiende entweder eine Substanz ist oder auf eine bezogen ist.[62] In den Kategorien hatte er ein Kriterium für Substanzen formuliert und Beispiele (Sokrates) für diese gegeben. In der Metaphysik thematisiert er nun abermals die Substanz, um nach den Prinzipien und Ursachen einer Substanz, eines konkreten Einzeldings zu suchen. Er fragt nun: Was macht etwa Sokrates zu einer Substanz? Substanz ist hier also ein zweistelliges Prädikat (Substanz von X), so dass man die Frage so formulieren kann: Was ist die Substanz-X einer Substanz?[63][64] Dabei spielt die Form-Materie-Unterscheidung eine entscheidende Rolle, die in den Kategorien nicht präsent ist.
Aristoteles scheint die Substanz-X vor allem mithilfe zweier Kriterien zu suchen, die in der Theorie der Kategorien auf die erste und zweite Substanz verteilt sind:
- (i) Selbstständige Existenz bzw. Subjekt für alles andere, aber nicht selbst Subjekt zu sein (erste Substanz);
- (ii) Definitionsgegenstand zu sein, Erkennbarkeit garantieren d.h. auf die Frage 'Was ist X?' antworten (zweite Substanz).[65]
Das Kriterium (ii) wird genauer erfüllt, indem Aristoteles das Wesen als Substanz-X bestimmt. Mit Wesen meint er dabei, was ontologisch einer Definition entspricht.[66] Das Wesen beschreibt die notwendigen Eigenschaften, ohne die ein Einzelding aufhören würde, ein und dieselbe Sache zu sein. Fragt man: Was ist die Ursache, dass diese Materie Sokrates ist? ist Aristoteles' Antwort: Das Wesen von Sokrates, welches weder ein weiteres Bestandteil neben den materiellen Bestandteilen (dann bedürfte es eines weiteren Strukturprinzips um zu erklären, wie es mit den materiellen Bestandteilen vereint ist) noch etwas aus materiellen Bestandteilen (dann müsste man erklären, wie das Wesen selbst zusammengesetzt ist).[67]
Aristoteles ermittelt die Form (eidos)[68] eines Einzeldings als sein Wesen und somit als Substanz-X. Mit Form meint er weniger die äußere Gestalt, sondern eher die Struktur: Die Form
- wohnt dem Einzelding inne,
- bewirkt
- geht der Entstehung eines aus Form und Materie zusammengesetzten Einzeldings voraus und entsteht und verändert sich nicht und bewirkt so (bei natürlichen Arten) eine Kontinuität der Formen (die für Aristoteles ewig ist); [72]
- ist Ursache, Erklärung der wesentlichen Eigenschaften und Fähigkeiten eines Einzeldings (Beispielsweise ist die Form eines Menschen die Seele[73], welche sich aus Fähigkeiten wie Nährvermögen, Wahrnehmungsvermögen, Denkvermögen u. a. konstituiert[74]).
Dass die Form als Substanz-X auch das genannte Kriterium (ii), selbstständig zu sein erfüllen muss, und dies teilweise als Kriterium für etwas Individuelles aufgefasst wird, ist einer von vielen Aspekten in folgender zentralen interpretatorischen Kontroverse: Fasst Aristoteles die Form (A) als etwas Allgemeines oder (B) als etwas (dem jeweiligen Einzelding) Individuelles auf? Als Problem formuliert: Wie kann die Form, das eidos zugleich Form eines Einzeldings und Gegenstand des Wissens sein? [75] Für (A) spricht insbesondere, dass Aristoteles an mehreren Stellen davon ausgeht, dass die Substanz-X und somit die Form definierbar ist,[76]und dies für ihn (wie für Platon) nur auf Allgemeines zutrifft [77] Für (B) hingegen spricht vor allem, dass Aristoteles kategorisch die (als Absetzung von Positionen wie Platons aufzufassende) Position zu vertreten scheint: Kein Allgemeines kann Substanz-X sein.[78] Nach (B) besitzen Sokrates und Kallias zwei auch qualitativ verschiedene Formen. Definierbar müssten dann zu separierende, überindividuelle Aspekte dieser beiden Formen sein. Die Interpretation (A) hingegen löst das Dilemma etwa, indem sie die Aussage Kein Allgemeines ist Substanz-X als Nichts allgemein Prädizierbares ist Substanz-X interpretierend entschärft. Die Form nun werde nicht auf herkömmliche Weise (wie die Art 'Mensch' von 'Sokrates' in den Kategorien) prädiziert und sei daher nicht im problematischen Sinne allgemein. Vielmehr werde die Form von der unbestimmten Materie einer Weise 'prädiziert', die einen Einzelgegenstand erst konstituiere.[79]
- Aktualität und Potentialität
Die für die Ontologie wichtige Beziehung zwischen Form und Materie wird durch ein weiteres Begriffspaar genauer erläutert: Aktualität/Wirklichkeit (energeia, entelecheia) und Potentialität/Vermögen (dynamis) (bzw. Tätigkeit und Fähigkeit).
Für die Form-Materie-Unterscheidung ist die – später ontologisch genannte – Bedeutung von Vermögen, Potentialität wichtig.[80] Potentialität ist hier ein Zustand, dem ein anderer Zustand – Aktualität – gegenübersteht, indem ein Gegenstand der Wirklichkeit nach F oder dem Vermögen, der Möglichkeit nach F ist. So ist ein Junge der Möglichkeit nach ein Mann, ein ungebildeter Mensch der Möglichkeit nach ein gebildeter. (Vgl. Met. IX 6)
Dieses (hier diachron beschriebene) Verhältnis von Aktualität und Potentialität bildet die Grundlage für das (auch synchron zu verstehende) Verhältnis von Form und Materie. Denn Form und Materie sind Aspekte eines Einzeldings, nicht dessen Teile. Sie sind im Verhältnis von Aktualität und Potentialität miteinander verbunden und konstituieren so (erst) das Einzelding. Die Materie eines Einzeldings ist demnach genau das potentiell, was die Form des Einzeldings und das Einzelding selbst aktual sind.[81] Zum einen ist zwar (diachron betrachtet) eine bestimmte Portion Bronze potentiell eine Kugel wie auch eine Statue. Zum anderen aber ist (synchron als konstituierender Aspekt) die Bronze an einer Statue potentiell genau das, was die Statue und deren Form aktual sind. Die Bronze der Statue ist ein Konstituens der Statue, ist aber nicht mit ihr identisch.[82] Und so sind auch Fleisch und Knochen potentiell das, was Sokrates oder seine Form (die für einen Menschen typische Konfiguration und Fähigkeiten seiner materiellen Bestandteile, vgl. Psychologie) aktual sind.
So wie die Form gegenüber der Materie, ist für Aristoteles auch die Aktualität gegenüber der Potentialität primär.[83] Unter anderem ist sie der Erkenntnis nach primär. Man kann man nur dann ein Vermögen angeben, wenn man Bezug auf die Wirklichkeit nimmt, zu der es ein Vermögen ist. Das Sehvermögen lässt sich nur bestimmen, indem man auf die Tätigkeit 'Sehen' Bezug nimmt.[84] Des Weiteren ist die Aktualität im entscheidenden Sinne auch zeitlich früher als die Potentialität. Denn ein Mensch entsteht durch einen Menschen, der aktual Mensch ist.[85]
Theologie
Aristoteles unterscheidet im Vorfeld seiner Theologie drei Substanzen: (i) sinnlich wahrnehmbare vergängliche, (ii) sinnlich wahrnehmbare ewige und (iii) nicht sinnlich wahrnehmbare ewige und unveränderliche. (i) sind die konkreten Einzeldinge (der sublunaren Sphäre), (ii) die ewigen, bewegten Himmelsobjekte, (iii) ist der unbewegte Ursprung aller Bewegung.
Naturwissenschaften
Kosmologie
Biologie und Zoologie
Psychologie: Theorie des Lebendigen
Ethik
Glück (eudaimonia) und Tugend bzw. Bestzustand (aretê) sind in Aristoteles' Ethik die zentralen Begriffe. Aristoteles vertritt zum einen die These, dass das Ziel aller absichtlichen Handlungen das gute Leben, das Glück ist. Zum anderen hält er die Ausbildung von Tugenden wesentlich dafür, dies Ziel zu erreichen.
- Wissenschaft der Ethik
Aristoteles betont, dass es im Gegenstandsbereich der praktischen Philosophie – nämlich im Bereich der Handlungen – nicht dieselbe Genauigkeit geben kann wie im Bereich der theoretischen Wissenschaften. Es ist zwar eine Wissenschaft der Ethik möglich, aber ihre Sätze gelten nur in der Regel. Auch kann diese Wissenschaft nicht für alle möglichen Situationen die richtige Handlungsweise vorgeben. Stattdessen liefert die Ethik ein Grundrisswissen, das allein aber noch nicht zu einer erfolgreichen Lebensführung befähigt, sondern hierfür an Erfahrungen und bestehende Haltungen anschließen muss.
Glück als das Ziel des guten Lebens
- Strebenshierarchie der Güter
In ihren (absichtlichen) Handlungen streben alle Menschen nach etwas, das ihnen gut erscheint. Einige dieser erstrebten Güter (a) werden nur als Mittel erstrebt, um andere Güter zu erreichen (b) andere sind sowohl Mittel als auch selbst ein Gut. Es muss, so Aristoteles, ein oberstes Gut und letztes Strebensziel geben, da das Streben nicht unendlich sein kann. Dies wird nur um seiner selbst willen erstrebt und wird offenbar allgemein 'Glück' (eudaimonia) genannt.(Vgl. EN I 1)
- Definition des Glücks, des oberstes Guts
Um umrisshaft zu bestimmen, worin das Glück, das oberste Gut für den Menschen besteht, fragt Aristoteles: Worin besteht seine spezifische Funktion oder Aufgabe (ergon)? Dies ist das Vermögen der Vernunft (logos), das den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet. Der eine (a) für den Menschen spezifische Seelenteil verfügt über dieses Vermögen der Vernunft. Der andere (b), aus Emotionen und Begierden bestehende Seelenteil, ist zwar selbst nicht vernünftig, kann sich aber durch die Vernunft leiten lassen. Für das Glück nun muss das Individuum das Vermögen Vernunft gebrauchen, nicht bloß besitzen, und zwar auf Dauer und in einem Bestzustand (aretê). Demgemäß ist „das Gut für den Menschen“, das Glück, eine
„Tätigkeit der Seele gemäß der Gutheit (kat' aretên) und wenn es mehrere Arten der Gutheit gibt, im Sinn derjenigen, welche die beste und am meisten ein abschließendes Ziel (teleios) ist. Hinzufügen müssen wir noch: 'in einem ganzen Leben'. Denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, auch nicht ein Tag. So macht auch ein Tag oder eine kurze Zeit keinen selig (makarios) und glücklich (eudaimôn). EN I 7, 1098a17-19.“
Tugenden
Um den Zustand der Vortrefflichkeit zu erreichen, muss man den beiden Seelenteilen entsprechend (a) Verstandestugenden und (b) Charaktertugenden ausbilden. Tugenden sind für Aristoteles Haltungen, zu denen jeder Mensch die Anlage besitzt, die sich jedoch durch Erziehung und Gewöhnung erst ausbilden müssen.
- Verstandestugenden. Klugheit
Unter den Verstandestugenden beschäftigen sich einige mit dem Wissen von Unveränderlichem oder der Herstellung von Gegenständen. Allein die Klugheit (phronêsis) bezieht sich auf das Handeln, und zwar als Tugend mit dem Ziel eines guten Lebens. Sie ist – neben den Charaktertugenden – notwendig, um in konkreten Entscheidungssituation im Hinblick auf das gute Leben handeln zu können. Im Bereich menschlicher Handlungen gibt es – anders als in den Wissenschaften – keine Beweise und um klug zu sein, bedarf es dabei auch der Erfahrung. Die Funktion der Klugheit besteht darin, die Mitte (mesotês) zu wählen.
- Charaktertugenden
Charaktertugenden sind Haltungen (hexis), für die kennzeichnend ist, dass man sie loben und tadeln kann. Sie werden durch Erziehung und Gewöhnung ausgeprägt, wobei dies nicht als eine Konditionierung zu verstehen ist. Zwar hängt von Kindheit an sehr viel von der Gewöhnung ab (Vgl. EN II 1, 1103b24), Charaktertugenden liegen jedoch erst vor, wenn jemand sich wissentlich für die entsprechenden Handlungen entscheidet, und zwar nicht wegen möglicher Sanktionen, sondern um tugendhafter Handlungen selbst willen und dabei auch nicht ins Wanken gerät (Vgl. EN II 3, 1105a26-33). Auch unterscheidet sich der Tugendhafte vom Selbstbeherrschten (der dieselben Handlungen ausführen mag, sich aber zu ihr zwingen muss) dadurch, dass er an der Tugend Freude empfindet.[86]
Durch Gewöhnung ausgeprägt werden die Charaktertugenden, indem Übermaß und Mangel vermieden werden.
„Wer alles flieht und fürchtet und nirgends standhält, wird feige, wer aber nichts fürchtet und auf alles losgeht, wird tollkühn. Ebenso wird, wer jede Lust genießt und sich keiner Lust enthält, unmäßig, wer aber jede Lust meidet wie ein ungehobelter Bauer, wird unempfindlich.“
Das Instrument der Mitte bestimmt die Charaktertugenden genauer. So ist beispielsweise die Tugend der Tapferkeit eine Mitte zwischen den Lastern Tollkühnheit und Feigheit. Grundlage für die Tugenden sind dabei sowohl die Handlungen als auch die Emotionen und Begierden. Nicht tapfer sondern tollkühn ist jemand, der entweder in einer bestimmten Situation völlig furchtlos ist, obwohl die Situation bedrohlich ist, oder der in einer ernsten Bedrohungssituation seine Furcht ignoriert. Die Mitte besteht also – hier wie bei den anderen Charaktertugenden – darin angemessene Emotionen zu haben und diesen angemessen zu handeln. Dabei ist diese Lehre von der Mitte vermutlich nicht in konkreten Situationen als normativ handlungsleitend, sondern nur als Beschreibungsinstrument der Charaktertugenden aufzufassen.[87] Sie ist auch keine arithmetische Mitte, sondern eine Mitte für uns (pros hêmas), die die jeweilige Emotion, die Person sowie die Situation berücksichtigt. Dies lässt sich am folgenden Schema darstellen:[88]
| Gegenstandsbereich | Mangel | Charaktertugend | Übermaß |
|---|---|---|---|
| Furcht/Mut | Feigheit | Tapferkeit | Tollkühnheit |
| Lust/Unlust | Zügellosigkeit | Besonnenheit | Gefühllosigkeit |
| Zorn | Schwächlichkeit | Sanftmut | Jähzorn |
| Scham | Schüchternheit | Feinfühligkeit | Schamlosigkeit |
| Ehre | Kleinmütigkeit | Großgesinntheit | Eitelkeit |
Aristoteles definiert die Charaktertugend dementsprechend als
„eine auf Entscheidung begründete Haltung, die in einer Mitte in Bezug auf uns besteht, und die bestimmt wird durch Überlegung, das heißt so, wie der Kluge (phronimos) sie bestimmen würde.“
Lebensformen und Lust
Aristoteles unterscheidet im Kontext der Analyse des guten Lebens drei Lebensformen, die verschiedene Ziele verfolgen:
- das Genussleben – mit dem Ziel Lust;
- das politische Leben – mit dem Ziel Ehre;
- das theoretische Leben – mit dem Ziel Erkenntnis. (Vgl. EN I 3)
Das Genussleben im Sinne einer bloßen Befriedigung der Begierden hält Aristoteles für sklavisch und verwirft er. (Gelderwerb als Lebensform und Reichtum als Ziel hält er nicht für eine Lebensform, da Geld immer nur Mittel zu einem Zweck, aber nie selbst Ziel ist). Aristoteles argumentiert für das theoretische Leben als beste Lebensform. Die Tätigkeit des Theoretikers (der Erste Philosophie, Mathematik etc. betrachtet) ist die beste Tätigkeit, die in der Glücksdefinition gesucht wird. Denn sie bedeutet Muße, dient keinem anderen Zweck, betätigt mit den Verstandestugenden das Beste im Menschen und weist die besten Erkenntnisgegenstände auf. (Vgl. EN X 7, 1177a18-35) Nun hält er zwar das theoretische Leben für das bestmögliche, weist jedoch darauf hin, dass die Betrachtung als Lebensform den Menschen als Menschen übersteigt, eher etwas Göttliches ist. (Vgl. EN X 7, 1177b26-31) Das zweitbeste Leben ist das politische Leben. Es besteht in der Betätigung der Charaktertugenden, die den Umgang mit anderen Menschen sowie mit unseren Emotionen bestimmen. Da Betätigung der Charaktertugenden und Verstandestugenden sich nicht ausschließen, meint Aristoteles möglicherweise, dass selbst der Theoretiker, insofern er gesellschaftliches und mit Emotionen ausgestattetes Wesen ist, sich im Sinne des zweitbesten Lebens betätigen muss.
Aristoteles fasst die Betätigung der Verstandestugenden (mindestens der Klugheit) und der Charaktertugenden als wesentliche Elemente des Glücks auf. Gleichwohl hält er äußere oder körperliche Güter und auch die Lust für Bedingungen, die hilfreich oder sogar notwendig sind, um glücklich zu werden. Güter wie Reichtum, Freunde und Macht verwenden wir als Mittel. Fehlen einige Güter, wird das Glück getrübt, wie bei körperlicher Verunstaltigung, Einsamkeit oder missratenen Kindern. (Vgl. EN I 9, 1099a31-1099b6)
Aristoteles meint, das Genussleben führe nicht zum Glück und hält die Lust nicht für das oberste Gut. Gegenüber lustfeindlichen Positionen macht er jedoch geltend, dass das gute Leben Lust einschließen muss und hält die Lust für ein Gut (Vgl. EN VII 14). Auch könne man einen Tugendhaften, der „auf das Rad geflochten sei“, nicht als glücklich bezeichnen. (EN VII 14, 1153b18-20)
Gegen Platons Auffassung, Lüste seien – einen Mangel beseitigenden – Prozesse (kinêsis) (wie Lust beim Durstlöschen), und somit sei das Vollenden des Prozesses besser als dieser selbst, argumentiert Aristoteles dafür, dass Lüste Tätigkeiten (energeia) sind, die kein Ziel außer sich aufweisen. Paradigmatische Fälle sind Wahrnehmen und Denken. Mit dieser Lustkonzept, die Lust als „unbehinderte Tätigkeit“ bzw. „Vervollkommnung der Tätigkeit“ definiert[89], macht er geltend, dass die Betätigung der Verstandestugenden wie der Charaktertugenden lustvoll sein können. Ob nun Lüste gut oder schlecht sind, hängt davon ab, ob die entsprechenden Tätigkeiten gut oder schlecht sind. Bei körperlichen Lüsten ist dies etwa der Fall, wenn sie im Übermaß auftreten oder wenn sie gute Handlungen verhindern, und so dem Glück abträglich sind.
Politische Philosophie
Aristoteles Politische Philosophie schließt an seine Ethik an. Als umfassende Form aller Gemeinschaften besteht der Staat (polis) um des höchsten Gutes willen, des Glücks. (Vgl. EN I 1, 1094a26-b11; Pol. I 1, 1252a1-7) Die politische Philosophie fragt also nach den Bedingungen des Glücks für einen Staat. Hierfür analysiert er zum einen die Bestandteile jeder menschlichen Gemeinschaft und jedes Staates. Zum anderen untersucht er, welches die beste Verfassung (politeia) ist und für welche besonderen Bedingungen welche Verfassung (politeia) die richtige ist.
Bestandteile des Staates
- Entstehung, Bestandteile und Zweck des Staates
Nach Aristoteles besteht der Staat von Natur aus. (Vgl. Pol. I , 1253a1) Betrachtet man die Teile des Staates so liegen zunächst zwei grundlegende Beziehungen vor: die zwischen Mann und Frau, deren Zweck die Fortpflanzung ist, und die von Herr und Sklave mit dem Zweck den Lebensunterhalt zu sichern. Beide gemeinsam ergeben die kleinste Gemeinschaft: das Haus. Mehrere Häuser ergeben ein Dorf, in dem Arbeitsteilung bessere Versorgung ermöglicht, und mehrere Dörfer einen Staat, der schließlich autark in dem Sinne ist, dass er die Bedingungen für ein gutes Leben bereitstellt. Aristoteles unterscheidet den Grund der Entstehung vom Zweck eines Staates. Entsteht die Stadt um zu überleben, so besteht ihr Ziel jedoch im guten Leben (eu zên). Vgl. Pol. I 2, 1252a25-1253a1)
Nach Aristoteles gehört es zur Natur des Menschen in Gemeinschaft zu leben: Dieser ist ein „zôon politikon“, ein politisches Lebewesen. (Pol. I 2, 1253a3) Nur im Staat kann der Mensch das gute Leben verwirklichen. Auch sei, wer des Staates nicht bedürfe „entweder ein Tier oder ein Gott.“ (Pol. I 2, 1253a29)
- Sklaverei und die Rolle der Frau
In der Antike war die Sklaverei ein üblicher Bestandteil der Gesellschaft.[90] Nach Aristoteles gehört ein Sklave zum Haushalt und wird von ihm als „beseeltes Besitzstück“ aufgefasst. (Pol. I 4, 1253b33) Aristoteles rechtfertigt die Sklaverei, indem er die These vertritt, dass in einigen Fällen ein Sklave von Natur aus Sklave ist. Sklaven von Natur – so Aristoteles – hätten nur geringen Anteil an der Vernunft und daher sei es nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar für diese Personen vorteilhaft, wenn sie als Sklave dienen müssten. (Vgl. Pol. I 5, 1254b20-23; 1255a1f.)
Die Rechtfertigung der Sklaverei ist sicher die unrühmlichste Passage im Werk des Aristoteles und auch voller Widersprüche.[91] So rät er beispielsweise als Lohn Sklaven die Freiheit zu versprechen, was der Natur eines Sklaven widersprechen muss. (Vgl. Pol. VII 10, 1330a20f.) Von der Frau behauptet Aristoteles nun, dass es für sie in ähnlicher Weise besser sei, vom Mann beherrscht zu werden, da ihre kognitiven Fähigkeiten zu urteilen weniger ausgeprägt seien. (Vgl. Pol. I 5, 1254b10-15; I 13, 1259a12)
So problematisch Aristoteles' Positionen diesbezüglich auch sind, so muss allerdings berücksichtigt werden, dass er Positionen rechtfertigt, die der sozialen Realität des antiken Griechenlands entsprechen. So sollen im zeitgenössischen Athen bis zu 40% der Einwohner Sklaven gewesen sein. Auch folgte Aristoteles selbst seinem genannten Rat und verfügte in seinem Testament, seine Sklaven schließlich freizulassen.[92]
Bürger und Verfassung eines Staates
Eine Polis (ein Staat) besteht wesentlich darin, dass sie über freie Bürger verfügt. Darüber hinaus ist der Zweck eines Staates immer das gute Leben; Militär- oder Handelsbündnisse machen noch keinen Staat aus. Entscheidendes Merkmal für einen bestimmten Staat ist seine Verfassung.
- Der Bürger
Bürger sind die Einwohner, die aktiv am politischen Geschehen beteiligt sind, d.h. die Anteil am Richten und Regieren haben. (Vgl. Pol. III 1, 1275a22) Den Bürger bestimmt Aristoteles also primär nicht über die Herkunft oder den Wohnort, sondern über Partizipation an den politischen Institutionen des Staates. Wie im Athen der Zeit sind Frauen, Kinder, Sklaven und Fremde keine Bürger. Ein Bürger darf auch nicht für seinen Lebensunterhalt arbeiten müssen, sodass Lohnarbeiter und Handwerker keine Bürger sein können. (Vgl. Pol. III 5, 1278a11) Die jeweilige Verfassung eines Staates bestimmt genauer, wer Bürger ist und wer nicht.
- Theorie der Verfassungen
In seiner Unterscheidung der verschiedenen Verfassungen stellt Aristoteles zwei Fragen:
- Wer herrscht?
- Zu wessen Nutzen wird geherrscht?
Bei der ersten Frage unterscheidet er drei mögliche Antworten: Einer, wenige, viele. In der zweiten Frage unterscheidet er zwei mögliche Zustände und Nutznießer: die Verfassung ist gerecht, wenn zum Nutzen aller geherrscht wird, die Verfassung ist ungerecht oder entartet, wenn allein zum Nutzen der Herrschenden geherrscht wird. (Vgl. Pol. III 6, 1279a17-21) Demgemäß unterscheidet er folgende sechs Formen:
| Wer herrscht | zum Nutzen aller | zum Nutzen der Herrschenden |
|---|---|---|
| Einer | Monarchie | Tyrannis |
| Wenige | Aristokratie | Oligarchie |
| Viele | Politie | Demokratie |
(Vgl. Pol, III 6-8)
Die verschiedenen Verfassungen wenden auf unterschiedliche Weise die distributive Gerechtigkeit an. (Pol. III 9, 1280a7-22). Distributive Gerechtigkeit bestimmt er als die Verteilung proportional nach Leistung oder Würde. (Vgl. EN V 6)
- Kritik an schlechten Verfassungen
Unter den schlechten, nicht am Gemeinwohl interessierten Verfassungen hält er die Tyrannis für die schlechteste, denn in ihr herrscht der Tyrann über den Staat im Sinne einer despotischen Alleinherrschaft wie der Herr über den Sklaven. (Vgl. Pol. III 8, 1279b16) Für etwas weniger schlecht erachtet er die durch die Herrschaft der Reichen gekennzeichnete Oligarchie, die wie auch die Tyrannis sehr instabil ist. (Vgl. Pol. V 12) Für den Grundirrtum der Oligarchie hält Aristoteles die Auffassung, dass die, die in einer, nämlich in Hinsicht des Besitzes ungleich sind, in allen Hinsichten ungleich wären. Entsprechend ist der Grundirrtum der Demokratie zu glauben, dass die in einigen Hinsichten gleich sind, dies in allen wären. (Vgl. Pol. V 1, 1301a25-36) Die Demokratie hält Aristoteles für weniger schlecht als die Tyrannis und Oligarchie. Sie ist neben Gleichheit durch Freiheit gekennzeichnet. Freiheit meint dabei, so zu leben wie man will, Gleichheit, dass das Regieren und Regiertwerden reihum geht (Vgl. 1317b2-12). Die absolute Freiheit, so zu leben wie man will, hält Aristoteles insofern für problematisch, als sie mit der Herrschaft der Verfassung in Konflikt steht. (Vgl. Pol. V 9, 1310a30-35) Gleichheit kritisiert er, wenn sie als totale arithmetische interpretiert wird, die dazu führe, dass die Herrschaft der Unvermögenden die Besitzenden enteignet.
- Gute Verfassungen
Unter den guten Verfassungen ist die Monarchie (unter der Aristoteles nicht zwingend ein Königtum, sondern nur eine Alleinherrschaft versteht) am wenigsten gut. Insofern sie nicht gesetzgebunden ist, ist sie eine bloße Herrschaftsform, teilweise kaum eine Verfassung und insofern problematisch, als nur das Gesetz unbeeinflusst von Emotionen herrschen kann. Unter einer Aristokratie versteht er eine Herrschaft der Guten, d.h. derjenigen, die am meisten Anteil an der Tugend (aretê) haben, und weniger eine Herrschaft des Geburtsadels. Da das Ziel des Staates, das gute Leben, in einer Aristokratie im höchsten Maße verwirklicht wird, hält Aristoteles sie (neben einer bestimmten Form der Monarchie, nämlich der Königsherrschaft) für die beste Verfassung. (Vgl. Pol. IV 2, 1289a30-32)
Aristoteles diskutiert Verfassungstheorie allerdings nicht ohne Realitätsbezug. Oft – so Aristoteles – ist eine absolut beste Verfassung in einem bestimmten Staat nicht möglich. Was am besten für einen konkreten Staat ist, muss immer relativ zu den Umständen bestimmt werden. (Vgl. Pol. IV 1, 1288b21-33) Solche Überlegungen durchziehen die ganze Verfassungstheorie, zeigen sich aber insbesondere im Modell der Politie, die Aristoteles als die bestmögliche für die meisten zeitgenössischen Staaten ansieht. (Vgl. Pol. IV 11, 1295a25) Die Politie ist eine Mischverfassung, sie enthält Elemente der Demokratie und Oligarchie. Hierbei werden die Interessen nach Gleichheit auf der einen und nach Reichtum auf der anderen Seite zum Ausgleich gebracht. Dieser Ausgleich wird u. a. durch Ämterzuteilung nach Klassenzugehörigkeit erreicht. (Vgl. Pol. V 8, 1308b26) Er erhöht die Stabilität und vermeidet die (in griechischen Staaten häufigen) sozialen Unruhen. Besondere Stabilität verleiht ein großer Mittelstand einem Staat. (Vgl. Pol. V 11, 1295b25-38)
Poetik
Nachwirkung der Philosophie des Aristoteles
Rezeption in der Antike
Die Lehre des Aristoteles hat auf seine Schule, den Peripatos, nach seinem Tode weit weniger Einfluss ausgeübt als Platons Lehre auf dessen Akademie. Aristoteles wurde keine Verehrung zuteil, die mit derjenigen Platons bei den Platonikern vergleichbar wäre. Dies bedeutete einerseits Offenheit und Flexibilität, andererseits Mangel an inhaltlich begründetem Zusammenhalt. Die Peripatetiker widmeten sich vor allem empirischer Naturforschung und befassten sich u.a. auch mit Ethik, Seelenlehre und Staatstheorie. Dabei kamen Aristoteles’ Schüler Theophrastos, sein Nachfolger als Leiter der Schule, und dessen Nachfolger Straton zu teilweise anderen Ergebnissen als der Schulgründer. Nach Stratons Tod (270/268 v. Chr.) begann eine Periode des Niedergangs.
Das Studium und die Kommentierung der Schriften des Aristoteles wurde im Peripatos anscheinend vernachlässigt, jedenfalls weit weniger eifrig betrieben als das Platonstudium in der konkurrierenden Akademie. Erst im ersten Jahrhundert v. Chr. sorgte Andronikos von Rhodos für eine Zusammenstellung der Lehrschriften (Vorlesungen) des Aristoteles. Die für die Öffentlichkeit bestimmten "exoterischen" Schriften, insbesondere die Dialoge, waren lange populär, gingen aber in der römischen Kaiserzeit verloren. Cicero hat sie noch gekannt. Die Peripatetiker betrachteten die Lehrschriften als speziell für ihren internen Unterrichtsgebrauch bestimmt. In der römischen Kaiserzeit war der einflussreichste Repräsentant des Aristotelismus Alexander von Aphrodisias, der gegen die Platoniker die Sterblichkeit der Seele vertrat.
Obwohl Aristoteles großen Wert auf die Widerlegung von Kernbestandteilen des Platonismus gelegt hatte, waren es gerade die Neuplatoniker, die in der Spätantike einen maßgeblichen Beitrag zur Erhaltung und Verbreitung seiner Hinterlassenschaft leisteten, indem sie seine Logik übernahmen, kommentierten und in ihr System integrierten. Eine besonders wichtige Rolle spielten dabei im 3. Jahrhundert n. Chr. Porphyrios, im 5. Jahrhundert Proklos und schließlich als letzter im 6. Jahrhundert Simplikios, der bedeutende Aristoteleskommentare verfasste. Im 4. Jahrhundert schrieb Themistios Paraphrasen zu Werken des Aristoteles, die eine starke Nachwirkung erzielten. Er war unter den spätantiken Kommentatoren der einzige Aristoteliker; die anderen strebten eine Synthese platonischer und aristotelischer Auffassungen an, wobei den platonischen das Übergewicht zukam.
Bei den prominenten antiken Kirchenvätern war Aristoteles wenig bekannt und unbeliebt, manche verachteten und verspotteten seine Dialektik. Sie verübelten ihm, dass er das Weltall für ungeschaffen und unvergänglich hielt und die Unsterblichkeit der Seele bezweifelte (bzw. nach ihrem Verständnis bestritt). Ein positiveres Verhältnis zu Aristoteles hatten hingegen manche christliche Gnostiker und andere häretische Christen: Arianer (Aetios, Eunomius), Monophysiten, Pelagianer und Nestorianer – ein Umstand, der den Philosophen für die kirchlichen Autoren erst recht suspekt machte. Syrer – monophysitische wie nestorianische – übersetzten das Organon in ihre Sprache und setzten sich intensiv damit auseinander. Im 6. Jahrhundert schrieb Johannes Philoponos Aristoteles-Kommentare, übte aber auch scharfe Kritik an der aristotelischen Kosmologie und Physik. Er war mit seiner Impetustheorie ein Vorläufer spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Kritik an der aristotelischen Bewegungslehre.
Rezeption im Mittelalter

Im Byzantinischen Reich des Frühmittelalters wurde Aristoteles wenig beachtet. Sein Einfluss machte sich vorwiegend indirekt geltend, nämlich über die meist neuplatonisch gesinnten spätantiken Autoren, die Teile seiner Lehre übernommen hatten. Daher war Vermischung mit neuplatonischem Gedankengut von vornherein gegeben. Bei Johannes von Damaskus tritt die aristotelische Komponente deutlich hervor. Im 11. und 12. Jahrhundert kam es zu einer Wiederbelebung des Interesses an aristotelischer Philosophie: Michael Psellos, Johannes Italos und dessen Schüler Eustratios von Nikaia (beide wegen Häresie verurteilt) sowie der primär philologisch orientierte Michael von Ephesos schrieben Kommentare. Die Kaisertochter Anna Komnena förderte diese Bestrebungen.
Im islamischen Raum setzte die Wirkung der Werke des Aristoteles früh ein und war breiter und tiefer als in der Spätantike und im europäischen Früh- und Hochmittelalter. Der Aristotelismus dominierte qualitativ und quantitativ gegenüber der übrigen antiken Tradition. Schon im 9. Jahrhundert waren die meisten Werke des Aristoteles in arabischer Sprache verfügbar, ebenso antike Kommentare. Hinzu kam ein reichhaltiges unechtes (pseudo-aristotelisches) Schrifttum teilweise neuplatonischen Inhalts. Zu letzterem zählten Schriften wie die Theologie des Aristoteles und der Kalam fi mahd al-khair (Liber de causis). Die aristotelischen Ideen waren von Anfang an mit neuplatonischen vermischt, und man glaubte an eine Übereinstimmung der Lehren Platons und des Aristoteles. In diesem Sinne deuteten al-Kindi (9. Jahrhundert) und al-Farabi (10. Jahrhundert) und die ihnen folgende spätere Tradition den Aristotelismus; bei ibn Sina (Avicenna) trat das neuplatonische Element stärker in den Vordergrund. Einen relativ reinen Aristotelismus vertrat hingegen im 12. Jahrhundert ibn Rušd (Averroes), der zahlreiche Kommentare schrieb und die aristotelische Philosophie gegen al-Ghazali verteidigte.
Im lateinischen Mittelalter war zunächst bis ins 12. Jahrhundert nur ein kleiner Teil des Gesamtwerks des Aristoteles verbreitet, nämlich zwei der logischen Schriften (Kategorien und De interpretatione), die Boethius im frühen 6. Jahrhundert übersetzt und kommentiert hatte, zusammen mit der Einleitung des Porphyrios zur Kategorienlehre. Dieses Schrifttum, später als Logica vetus bezeichnet, bildete die Grundlage des Logikunterrichts. Diese enge Begrenzung änderte sich mit der großen Übersetzungsbewegung des 12. und 13. Jahrhunderts. Im 12. Jahrhundert wurden die bisher fehlenden logischen Schriften (Analytiken, Topik, Sophistici elenchi) in lateinischer Sprache verfügbar; sie machten die Logica nova aus. Dann kamen eines nach dem anderen fast alle restlichen Werke hinzu (teils erst im 13. Jahrhundert). Die meisten Schriften wurden mehrmals ins Lateinische übertragen (entweder aus dem Arabischen oder aus dem Griechischen). Michael Scotus übersetzte Aristoteleskommentare des Averroes aus dem Arabischen. Sie wurden eifrig benutzt, was in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Entstehung des lateinischen Averroismus führte, der ein für damalige Verhältnisse relativ konsequenter Aristotelismus war.
Im Lauf des 13. Jahrhunderts wurden die Schriften des Aristoteles als Standardlehrbücher zur Grundlage der an den Universitäten (in der Fakultät der Freien Künste) betriebenen scholastischen Wissenschaft; 1255 wurden seine Logik, Naturphilosophie und Ethik an dieser Fakultät der Pariser Universität als Lehrstoff vorgeschrieben. Die Führungsrolle kam der Pariser und der Oxforder Universität zu. Wegweisend waren die Aristoteleskommentare des Albertus Magnus. Das Verfassen von Aristoteleskommentaren wurde eine Hauptbeschäftigung der Magister, und viele von ihnen hielten die kommentierten Lehrbücher für praktisch irrtumsfrei. Besonders intensiv studierte man neben der aristotelischen Methodik die Wissenschaftstheorie, um sie als Basis für ein hierarchisch geordnetes System der Wissenschaften zu verwenden. Widerstand erhob sich allerdings von theologischer Seite gegen einzelne Lehren, vor allem gegen die Thesen von der Ewigkeit der Welt und der absoluten Gültigkeit der Naturgesetze (Ausschluss von Wundern), sowie gegen den Averroismus. Daher kam es 1210, 1215, 1231, 1245, 1270 und 1277 zu kirchlichen Verurteilungen von Lehrsätzen und zu Aristotelesverboten. Sie richteten sich aber nur gegen die naturphilosophischen Schriften bzw. gegen einzelne Thesen und konnten den Siegeszug des Aristotelismus nur vorübergehend hemmen. Diese Verbote betrafen nur Frankreich (vor allem Paris), in Oxford galten sie nicht. Aristoteles wurde „der Philosoph“ schlechthin: mit Philosophus (ohne Zusatz) war immer nur er gemeint, mit Commentator Averroes. Gegenpositionen (vor allem in der Erkenntnistheorie und Anthropologie) vertraten Anhänger der platonisch beeinflussten Lehren des Augustinus, besonders Franziskaner ("Franziskanerschule"). Schließlich setzte sich das von dem Dominikaner Thomas von Aquin abgewandelte und weiterentwickelte aristotelische Lehrsystem (Thomismus) durch, zunächst in seinem Orden und später in der gesamten Kirche. Allerdings schrieb man weiterhin neuplatonische Schriften zu Unrecht dem Aristoteles zu, wodurch das Gesamtbild seiner Philosophie verfälscht wurde.
Rezeption in der Neuzeit
In der Renaissance fertigten Humanisten neue, viel leichter lesbare Aristotelesübersetzungen ins Lateinische an, und man begann auch die griechischen Originaltexte zu lesen. Es kam zu heftigem Streit zwischen Platonikern und Aristotelikern, wobei die beteiligten Humanisten mehrheitlich zu Platon neigten. Es gab in der Renaissance aber auch bedeutende Aristoteliker wie Pietro Pomponazzi (1462–1525) und Jacopo Zabarella (1533–1589), und es entstanden damals im Abendland mehr Aristoteleskommentare als während des gesamten Mittelalters. Wie im Mittelalter herrschte auch noch bei vielen Renaissance-Gelehrten das Bestreben vor, platonische und aristotelische Standpunkte untereinander und mit der katholischen Theologie und Anthropologie zu versöhnen. Seit dem 15. Jahrhundert war es aber möglich, dank des besseren Zugangs zu den Quellen das Ausmaß der fundamentalen Gegensätze zwischen Platonismus, Aristotelismus und Katholizismus besser zu verstehen. Bei der Vermittlung dieser Erkenntnisse spielte der byzantinische Philosoph Georgios Gemistos Plethon eine wichtige Rolle. Unabhängig davon herrschte der (neu)scholastische Aristotelismus, der die mittelalterliche Tradition fortsetzte, mit seiner Methode und Terminologie an Schulen und Universitäten noch bis tief in die Neuzeit, auch in den lutherischen Gebieten, obwohl Luther den Aristotelismus ablehnte.
Im sechzehnten Jahrhundert unternahmen Bernardino Telesio und Giordano Bruno Frontalangriffe auf den Aristotelismus, und Petrus Ramus trat für eine nichtaristotelische Logik ein (Ramismus). Bereits Giovanni Battista Benedetti (1530-1590) widerlegte 1554 in seinem Werk Demonstratio proportionum motuum localium contra Aristotilem et omnes philosophos in einem simplen Gedankenexperiment die aristotelische Annahme, dass Körper im freien Fall umso schneller fallen, je schwerer sie sind: Zwei gleiche Kugeln, die durch eine (masselose) Stange fest verbunden werden, fallen mit derselben Geschwindigkeit wie jede der beiden Kugeln allein.
Aber erst seit dem 17. Jahrhundert verdrängte ein neues Wissenschaftsverständnis die aristotelisch-scholastische Tradition. Den Umschwung in der Physik leitete Galileo Galilei ein. 1647 konnte die von Aristoteles aufgestellte Hypothese des Horror vacui von Blaise Pascal mit dem Versuch Leere in der Leere widerlegt werden. Erst in der 1687 veröffentlichten Schrift Philosophiae Naturalis Principia Mathematica von Isaac Newton wurde mit dem Trägheitsprinzip ein Fundament der neuen klassischen Mechanik errichtet, das die aristotelischen Annahmen ersetzte. In der Biologie konnten sich aristotelische Auffassungen bis ins 18. Jahrhundert halten.
Sehr stark und anhaltend war die Nachwirkung der Poetik des Aristoteles, insbesondere seiner Tragödientheorie (siehe Regeldrama). Sie prägte Theorie und Praxis des Theaters während der gesamten Frühen Neuzeit, abgesehen von manchen gewichtigen Ausnahmen besonders in Spanien und England (Shakespeare). Die Poetik lag seit 1278 in lateinischer Übersetzung vor, 1498 und 1536 erschienen humanistische Übersetzungen. Auf ihr fußte die Poetik des Julius Caesar Scaliger (1561), die Dichtungslehre von Martin Opitz (1624), die französische Theaterlehre des 17. Jahrhunderts (doctrine classique) und schließlich die von Johann Christoph Gottsched geforderte Regelkunst (Critische Dichtkunst, 1730).
Im 19. Jahrhundert begann die moderne Aristotelesforschung mit der Aristoteles-Gesamtausgabe der Berliner Akademie, die Immanuel Bekker ab 1831 besorgte. Nach ihren Seiten- und Zeilenzahlen wird Aristoteles noch heute zitiert.
Auf die Philosophie des 20. Jahrhunderts hat Aristoteles nicht mit seinem Wissenschaftssystem eingewirkt, sondern sie hat seinem Werk nur einzelne Anregungen entnommen, besonders auf ontologischem Gebiet und hinsichtlich der Unterscheidung von praktischer und theoretischer Vernunft und Wissenschaft.
Aristoteles in der Kunst
-
Aristoteles, seine Ethik haltend. Detail aus dem Fresko Schule von Athen von Raphael
-
Aristoteles vor der Büste des Homer, von Rembrandt
-
Aristoteles auf einem Wandgemälde
-
Aristoteles, gemalt von Francesco Hayez
Werke (Auswahl)
Überblick, siehe auch Corpus Aristotelicum
- Organon (nacharistotelische Zusammenstellung der logischen Schriften), bestehend aus:
- Physik
- De Caelo
- De Anima
- Metaphysik
- Nikomachische Ethik
- Eudemische Ethik
- Politik
- Der Staat der Athener
- Rhetorik
- Poetik
- Protreptikos
Literatur
Primärtexte
- Übersetzungen:
- Philosophische Schriften. Übers. von Hermann Bonitz, Eugen Rolfes, Horst Seidl und Hans Günther Zekl. 6 Bde. Meiner, Hamburg 1995, ISBN 978-3-7873-1243-6
- Nikomachische Ethik. Hrsg. von Günther Bien. 4., durchgesehene Aufl. Philosophische Bibliothek, Band 5. Meiner, Hamburg 1985, ISBN 978-3-7873-0655-8
- Politik. Übersetzung und Anmerkung von Eugen Rolfes., 3. Aufl. Philosophische Bibliothek, Band 7. Meiner, Hamburg 1990, ISBN 978-3-7873-0514-8
- Metaphysik. Griechisch-deutsch. Hrsg. von Horst Seidl. 3., verbesserte Aufl. 2 Bde. Meiner, Hamburg 1989 und 1991, ISBN 978-3-7873-0932-0 und 978-3-7873-1021-0
- Physik. Vorlesung über Natur. Griechisch-deutsch. Übers. und hrsg. von Hans Günther Zekl. 2 Bde. Meiner, Hamburg 1987 und 1988, ISBN 978-3-7873-0649-7 und ISBN 978-3-7873-0712-8
- Über die Seele. De anima. Griechisch-deutsch. Hrsg. von Horst Seidl. Philosophische Bibliothek, Band 476. Meiner, Hamburg 1998, ISBN 978-3-7873-1381-5
- Organon. Griechisch-deutsch. Hrsg. von Hans Günther Zekl. 3 Bde. Philosophische Bibliothek 492–495. Meiner, Hamburg 1998 und 2001, ISBN 978-3-7873-1593-2
- Grumach, Ernst (Begr.), Flashar, Hellmut (Hrsg.): Aristoteles. Werke in deutscher Übersetzung. 19 Bde., Akademie Verlag, Berlin 1965 ff. (mit in der Regel sehr guten Kommentarteilen)
- Jonathan Barnes (Hrsg.): The Complete Works of Aristotle, 2 Bde., Princeton 1995 (Sammlung der maßgeblichen englischen Übersetzungen)
- Christof Rapp, Tim Wagner: Aristoteles, Topik. Übersetzung, Einleitung und Kommentar. Reclam, Stuttgart 2004
- Griechische Textausgaben:
- Diverse Hrsg. in der Reihe: Oxford Classical Texts (OCT) bei Oxford University Press ediert.
- Diverse Hrsg. und Übersetzer in der Reihe: Loeb Classical Texts (LCT) bei Harvard University Press ediert (Griechischer Text mit englischer Übersetzung)
Sekundärliteratur
- Einführungen:
- Jonathan Barnes: Aristoteles : eine Einführung, Reclam, Stuttgart 1999, ISBN 3-15-008773-2
- Thomas Buchheim: Aristoteles. Freiburg i. Br. 1996
- Alan D. Code: Aristotle. OUP 2005 (Einführung des vermutlich besten Kenners der aristotelischen Metaphysik)
- Wolfgang Detel: Aristoteles. Leipzig 2005 (Problemorientierte Einführung)
- Otfried Höffe: Aristoteles. Beck'sche Reihe Denker, 2. überarbeitete Aufl., München 1999. (Hervorragende Einführung, welche die praktische Philosophie des Aristoteles und die Rezeptionsgeschichte näher beleuchtet)
- Alberto Jori: Aristotele (mit einem Vorwort von H. Flashar), Mailand 2003 ISBN 8842497371 (sehr wichtig; Preis 2003 der "International Academy of the History of Science")
- Christof Rapp: Aristoteles zur Einführung. Hamburg 2004, ISBN 3885063980 (Eine der besten deutschsprachigen Einführungen zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)
- W. D. Ross: Aristotle. Routledge 2004 (Einführung/Darstellung aus der Feder des wichtigsten Aristoteles-Forscher des 20. Jahrhunderts)
- thematische Kompendien:
- Jonathan Barnes (Hrsg.): The Cambridge Companion to Aristotle. Cambridge 1995 (sehr gute Einführung zu Aristoteles mit thematisch geordneten Beiträgen einiger der namhaftesten Aristotelesforscher und einer aktuellen, thematisch gegliederten 80-Seiten-Bibliografie)
- Thomas Buchheim, Hellmut Flashar (Hrsg.): Kann man heute noch etwas anfangen mit Aristoteles?, Meiner, Hamburg 2003 (Beiträge namhafter Aristotelesforscher in Hinblick auf Aristoteles und moderne Philosophie)
- Philosophiegeschichte und Doxografie:
- Ingemar Düring: Aristoteles. Heidelberg 1966 (maßgebliche Gesamtdarstellung; schwach zur Ethik).
- Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike Band 3: Ältere Akademie. Aristoteles. Peripatos. 2. durchgesehene und erweiterte Auflage, von Hellmut Flashar, Hans Krämer †, Fritz Wehrli, Georg Wöhrle, Basel 2004 (ausführlichste philosophiegeschichtliche Darstellung zu Aristoteles und seiner Wirkungsgeschichte)
- W. K. C. Guthrie: Aristotle - An Encounter. Cambridge 1981 (= A History of Greek Philosophy; 6.) (sehr gut lesbare Gesamtdarstellung, nicht so systematisch wie Düring, nichts zur Logik)
- Lexika:
- Otfried Höffe (Hrsg.): Aristoteles-Lexikon. Stuttgart 2005, ISBN 3520459019 (Rezension)
- Christoph Horn, Christof Rapp (Hrsg.): Wörterbuch der antiken Philosophie. München 2002, ISBN 3406476236 (mit zahlreichen Einträgen zu für Aristoteles zentralen Termini)
- Weitere Monographien:
- Günther Bien: Die Grundlegung der politischen Philosophie bei Aristoteles. Freiburg i.Br./München 1973 (wer sich für Aristoteles als Klassiker bzw. Begründer des politischen Denkens interessiert, kommt an diesem Buch nicht vorbei)
- Werner Jaeger: Aristoteles. Berlin 1923 (wichtig innerhalb der Forschungsgeschichte, aber als Einführung ungeeignet)
- Günther Patzig: Die aristotelische Syllogistik. Logisch-philologische Untersuchung über das Buch A der „Ersten Analytik“. 3. Aufl., Göttingen 1969
- Richard Sorabji (Hrsg.): Aristotle Transformed. The Ancient Commentators and Their Influence. Ithaca/New York 1990 (bezüglich der Rezeption und Kommentierung in der Spätantike wichtiges Werk)
- Leo Strauss: The City and the Man. Chicago 1964 (englisch)
- Michael Frede und Günther Patzig: Aristoteles "Metaphysik Z" : Text, Übers. u. Kommentar, München : Beck 1988, ISBN 3-406-31918-1
Siehe auch
- Aristoteles-Universität Thessaloniki
- Philosophie der Antike
- Contra principia negantem disputari non potest – Sprichwort, das auf Aristoteles zurückgehen soll
- Alexander von Aphrodisias
- Enthymem
Weblinks
Über Aristoteles
- Vorlage:PND
- Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy. – Verzeichnis der Einträge
- Eintrag in James Fieser, Bradley Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy. – Verzeichnis der Einträge
- Aristoteles im Philosophen-Lexikon von Rudolf Eisler, 1912
- Textkommentare (englisch) von Fachwissenschaftlern (archelogos)
- Klaus Glashoff: Computational Aristotelian Term Logic (Online-Applet zur Formallogik von Aristoteles)
- Clifford A. Bates: Aristotle's Political Philosophy (Aufsätze, Linksammlung u.a.)
- Auswahlbibliographie nach Themenfeldern
Texte von Aristoteles
- Vorlage:VD17
- Texte (griechisch) (bibliotheca augustana)
- Texte (griechisch/englisch) im Perseus Project
- Texte von Aristoteles (englisch) (MIT Classics)
- Texte von Aristoteles (englisch, Politik, Nikomachische Ethik und Athener Verfassung in der Oxford:Blackwell-Ausgabe, mit Anmerkungen)
- Texte von Aristoteles (Englisch) (Dave McKay)
- Werke von Aristoteles im Projekt Gutenberg-DE
Quellenangaben und Fußnoten
Sekundärquellen
Im Folgenden wird nach Abschnitten geordnet die verwendete Sekundärliteratur aufgeführt. (Die aufgeführten Abschnitte geben dabei nicht die vollständige Gliederung des Artikels wieder, sondern nur die für diesen Zweck notwendigen Gliederungspunkte.)
Werk
- Das Organon
- Otfried Höffe: Aristoteles, München 1996, S. 37-42
Dialektik
- Otfried Höffe: Aristoteles, München 1996, S. 56 ff.
- Tim Wagner / Christof Rapp: Aristoteles. Topik, Stuttgart 2005, S. 11-38
- Robin Smith: Logic, in: Barnes (Hg.): The Cambridge Companion to Aristotle, Cambridge 1995, 57-64.
- Christof Rapp: Aristoteles. Rhetorik, Berlin 2002, Bd. 1, S. 236-265
Rhetorik
- Christof Rapp: Aristotle's Rhetoric, in: SEP, 2002
- Christof Rapp: Aristoteles. Rhetorik, Berlin 2002, 2 Bde.
Syllogistische Logik
- Robin Smith: Logic, in: Barnes (Hg.) 1995, S. 33-45.
- Robin Smith: Aristotle's Logic, in SEP § 5.
Wissen und Wissenschaft
- Wolfgang Detel: Aristoteles, Analytica Posteriora. Übersetzung und Erläuterung, 2 Bde., Berlin 1993, insb. Bd. I, S. 263-334
- Wolfgang Detel: Aristoteles, Leipzig 2005, S. 20-34
- Wolfgang Detel: Artikel epistêmê, apodeixis in Höffe 2006.
Otfried Höffe: Aristoteles, München 1996, S. 78-95 - Paula Gottlieb, Aristotle on Non-Contradiction, in: SEP
- Christof Rapp: Aristoteles, Hamburg 2001, S.131-145
- Robin Smith: Aristotle's Logic, in: SEP, § 6
Naturphilosophie
- István M. Bodnár: Aristotle's Philosophy of Nature, in SEP.
- Charlton 1992
- S Fölliger: kinêsis, in: Höffe (Hg.) 2005, S. 312-218
- Höffe 1995, S. 118-122
- Rapp 2001, S. 122-130
- Ross [1926] 1995 S. 65-77; 83-85
- Ross [1938] 1998, S. 19-48
Ethik
- D. S. Hutchinson:Ethics in: Barnes (Hg.): The Cambridge Companion to Aristotle, Cambridge 1995, S. 295-232
- Richard Kraut: Aristotle's Ethics, in: SEP
- Christof Rapp: Aristoteles, in: Marcus Düwell, Christoph Hübenthal, Micha H. Werner (Hrsg.): Handbuch Ethik. Metzler, Stuttgart u.a., 2. akt. Aufl. 2006 Handbuch Ethik, S. 69-77
- Ursula Wolf: Aristoteles' 'Nikomachische Ethik', Darmstadt 2002
Politische Philosophie
- Otfried Höffe: polis, in: Höffe 2005
- Rolf Geiger: monarchie, aristokratie, in Höffe 2005
- Fred Miller: Aristotle's Politics, in: SEP
- Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens Bd. 1.2 Von Platon bis zum Hellenismus, Stuttgart 2001, S. 171-224
- C.C.W. Taylor, in Barnes 1995: S. 233-258
Fußnoten
Auf aristotelische Texte wird nach der üblichen Bekker-Zählung verwiesen.
- ↑ Robin Smith, Aristotle's Logic. § 2. Aristotle's Logical Works: The Organon, in SEP.
- ↑ Weidemann, S. 134
- ↑ De Interpretatione 1, 16a4-13 Übersetzung Weidemann
- ↑ Vgl. De Interpretatione 7
- ↑ Vgl. Metaphysik VIII 3, 1043a31f.
- ↑ schneiden, brennen sind zwei Techniken der zeitgenössischen Medizin
- ↑ Vgl. hier bezüglich der Deduktion: SEP § 3.2; Rapp 2002?
- ↑ (An. Pr. I 1, 24b18-20; Ähnlich Top. I 1, 100a25-27; Soph. el. 1, 165a1f.) zitiert nach Rapp/Wagner: Topik, Stuttgart 2004, 24
- ↑ Top. I 12, 105a13f. Übersetzung Wagner/Rapp
- ↑ So sagt er, dass man „eine Induktion durchführt dadurch, daß die einzelnen Dinge klar sind – daß alles so ist dadurch, daß nichts anders ist“. (An. post. II 5, 92a37f. Übersetzung Detel.) Detel erläutert: „Nach dieser Bemerkung weist die Induktion einen Allsatz dadurch nach, daß sie sämtliche Einzelinstanzen durchgeht und zeigt, daß es unter ihnen keine Gegeninstanzen gibt.“ Detel 1993 I, S. 251.
- ↑ Apo II 5, 91b34f.; vgl. Detel I, S. 249
- ↑ Vgl. Detel I, S. 233ff. 5. Wahrnehmung und Induktion, insb. S. 257-262: 5.6 Aristotelische Induktion: Heuristik und Fallibilität.
- ↑ Top. I 1, 100a18-21; zitiert nach Rapp/Wagner
- ↑ Top. I 1, 100b21-23; zitiert nach Rapp/Wagner. Als zusätzliche Bedingung gilt eine Meinung des Typs (ciii) nur dann als anerkannte, wenn sie der Meinung der Menge nicht widerspricht.
- ↑ Z.B. „Ist 'zweibeiniges, sich zu Lande bewegendes Lebewesen' die Definition des Menschen oder nicht“ Top. I 4, 101b28-31
- ↑ Es gibt Ausnahmen (z.B. wenn die Frage mehrdeutig ist), für die es Regeln gibt. Vgl. Top. VIII
- ↑ Vgl. Smith: SEP, logic § 8.
- ↑ Aristoteles fordert dazu auf, Listen solcher anerkannten Meinungen anzulegen. Vgl. Top. I 14; Vermutlich meint er nach den Gruppen (a)-(ciii) getrennte Listen; diese wurden wiederum nach Gesichtspunkten geordnet vgl. Smith 1997, S. xxiii; Rapp/Wagner 2004, S. 20 Rapp 2002 I, 257 f.
- ↑ Vgl. Rapp/Wagner 7 ff.
- ↑ vgl. Top. I 4; vgl. Smith xviii ff.; Rapp/Wagner: 35 ff.
- ↑ Rhet. I 2, 1355b26f.; Übersetzung Rapp
- ↑ Vgl. Christof Rapp: rhetorikê (technê), in: Otfried Höffe (Hg.): Aristoteles-Lexikon, 2005, S. 517
- ↑ Vgl. zum Hintergrund: Rapp 2002 I, S. 197-204
- ↑ Vgl. Rhetorik I 1, 1355a5f.
- ↑ Vgl. zum Enthymem, Rapp 2002 II, 223-240. Er definiert das Enthymem als Deduktion; allerdings sagt er von einem Sonderfall des Enthymems, er sei keine Deduktion. Vgl. Rapp 2002 II, 232-236;, I 323-335
- ↑ Vgl. Rapp I 323-326; 358-360
- ↑ Rhet. II 23, 1397b12-15. Übersetzung Rapp 2002.
- ↑ Vgl. Rapp II, S. 547
- ↑ Rhet. II 2, 1378a31-34. Übersetzung Rapp
- ↑ Hier sind charakterliche Dispositionen (z.B. kann nur der zürnen, der über entsprechende Selbstachtung verfügt; vgl. 1387b13f.) und physiologische Voraussetzungen relevant. Vgl. Rapp II, 559-570; 582f.
- ↑ Vgl. zu den Emotionen insgesamt: Rapp I 362-365; II 543-583.
- ↑ Vgl. Rhet. I 2, 1356a5-11; II 1, 1378a6-16; Rapp I 365f.; II 141-144.
- ↑ Rhet. III 2, 1404b1-4
- ↑ Vgl. zur optimalen sprachlichen Form Rapp I 367-369; Rapp II 942-953; vgl. zur Metapher Rapp I 369; Rapp II 921-930.
- ↑ Eine vierte Figur ist möglich, wird von Aristoteles aber als Syllogismus der ersten Figur betrachtet. Detel 1993 I, 162
- ↑ Aristoteles selber verwendet die inverse Satzstellung: B kommt allen A zu. etc.
- ↑ Ein drittes Verfahren, die sogenannte êkthesis wendet er selten, und zwar ausschließlich in der dritten Figur an.
- ↑ Die Namen geben Aufschluss auf die Form sowie ggf. darüber, wie sie bewiesen werden können. Barbara weist beispielsweise nur
- ↑ Vgl. Detel 2005, S. 47 f.
- ↑ Vgl. Metaphysik I 1; Apo II 19
- ↑ Kunst (technê) (=produktives Wissen): Kunst als herstellende Erkenntnis sich vom Wissen insofern unterscheidet, als sich ihre Gegenstände auch anders verhalten können)
- ↑ 981a12-25
- ↑ Metaphysik IV 3, 1005b19f.
- ↑ Vgl. Paula Gottlieb: Aristotle's Principle of Noncontradiction, in: SEP 2007
- ↑ Apo I 3?
- ↑ wobei die neuzeitlichen Kritiker einen ähnlichen Typ favorisierten, den sie in Aristoteles sahen und verwarfen
- ↑ Physik II 1, 192b8-22
- ↑ Vgl. Physik I 7, 191a13-15
- ↑ Vgl. De Generatione et Corruptione 317a20ff.
- ↑ Vgl. Physik I 8, 191b10-34
- ↑ Für eine Ausnahme einer materielosen Form siehe Theologie
- ↑ Es ist umstritten, ob Aristoteles eine völlig unbestimmte Materie annimmt, die sogenannte prima materia.
- ↑ Physik I 1, 184a10-14
- ↑ Physik II 3, 194b23-35
- ↑ Vgl. Shields 2007 233 f.; Christof Rapp, in Rapp (Hg.) 1996, S. 3 f.
- ↑ Vgl. Otfried Höffe: Aristoteles, München 1996, S. 151 f.
- ↑ Das Wort Ousia, Partizip zu 'sein', wörtlich: „Seiendheit“ wird meist mit 'Substanz' übersetzt. Mag 'Substanz' noch für die Theorie der Kategorien adäquat sein, so ist dieser Ausdruck für die Metaphysik irreführend und problematisch. „Der entscheidende Nachteil der geläufigen Übersetzung 'Substanz' ist, daß damit eine bestimmte Konzeption der ousia assoziiert wird, nämlich die der Kategorien, wonach das konkrete Einzelding als Träger wechselnder Eigenschaften die eigentliche Substanz ist.“ (Rapp, in Rapp 1996, S. 8). Vgl. auch Politis 12; 192; Der Ausdruck taucht in dieser Bedeutung auch schon bei Platon auf (vgl. Christoph Horn/Christof Rapp: ousia, in: dies.: Wörterbuch der antiken Philosophie, München 2002, S. 320 f). Aristoteles geht davon aus, dass der Sache nach die Frage: 'Was ist die "ousia"' schon die Vorsokratiker gestellt haben. Vgl. auch die Diskussion bei Frede/Patzig 1988.
- ↑ “Was in der Philosophiegeschichtsschreibung als Platonische 'Idee' bezeichnet wird, nennt Platon [...] u. a. idea, morphê, eidos[!] oder zusammenhangsabhängig auch genos und sogar usia[!] sowie physis.“ Christian Schäfer: Idee/Form/Gestalt/Wesen, in: ders.: Platon-Lexikon, Darmstadt 2007, S. 157.
- ↑ Vgl. Metaphysik I 6,
- ↑ Vgl. Metaphysik XIII 9, 1086a32-34
- ↑ Tatsächlich unterscheidet er die sprachliche und die ontologische Ebene nicht immer explizit voneinander.
- ↑ Metaphysik IV 2
- ↑ Der Übersicht halber diese etwas technische Schreibweise: Substanz-X = Substanz-von etwas. Ähnlich Rapp 2002, 160. Die entsprechende Unterscheidung wird auch in Metaphysik V 8 gemacht, wo Aristoteles den Begriff Substanz in seinem 'Begriffslexikon' erläutert.
- ↑ Es ist allerdings kontrovers, ob die Substanz-Theorie der Kategorien kompatibel sind und dabei auch ob die Theorie der Metaphysik die der Kategorien eher ergänzen oder ersetzen soll.
- ↑ Vgl. Rapp Einleitung, in: ders. (Hg.): Aristoteles. Metaphysik, Die Substanzbücher (Ζ, Η, Θ), Berlin 1996, S. 22.
- ↑ Metaphysik VII 4; 5, 1031a12; VIII 1, 1042a17
- ↑ Vgl. Ross 1995 [1923], S. 178
- ↑ Dass mit eidos Aristoteles sowohl die Art wie auch die Form bezeichnet, hat zu zahlreichen interpretatorischen Schwierigkeiten geführt, insbesondere zum Verhältnis der Theorie der Kategorien (in der eidos (als Art) zweite Substanz ist) zu der der Metaphysik (in der eidos (als Form) Substanz-X ist und erste Substanz genannt wird).
- ↑ 1033b30-2
- ↑ 1034a24
- ↑ Vgl. 1032b23
- ↑ 1033b18
- ↑ 1035b15
- ↑ De Anima II 2, 413b11-13.
- ↑ Vgl. Steinfath, 43
- ↑ Metaphysik VII 13.
- ↑ Metaphysik VII 11, 1036a; VII 15, 1039b31-1040a2.
- ↑ Vgl. Metaphysik VII 13.
- ↑ Vgl. Christoph Rapp/Tim Wagner: eidos, in: Otfried Höffe (Hg.): Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005, S. 147-158; hier: S. 151f. Einen knappen Überblick über die Problemlage bietet auch: Terence H. Irwin: Aristotle. § 14 What are substantial forms?, in: Routledge Encyclopedia of Philosophy, Ort Jahr. Ausführlicher: Marc Cohen: Aristotle’s Metaphysics. § 10. Substance and Universals, in: Stanford Encyclopedia of Philosophy. Die drei wesentlichen Positionen, die von einer konsistenten Theorie ausgehen, stellt Christof Rapp in des Einleitung des von ihm herausgegebenen Bands Aristoteles. Metaphysik, Die Substanzbücher (Ζ, Η, Θ), Berlin 1996, S. 22 ff. dar.
- ↑ Vermögen hat für Aristoteles verschiedene Bedeutungen. Die Grundbedeutung von Vermögen betrifft Veränderung. Hierbei gibt es (i) ein aktives Vermögen etwas zu tun und (ii) ein passives etwas zu erleiden. (Vgl. Met. V 12, 1019b35 ff.; IX 1, 1046a4 f.) Beispielsweise besitzt der Baumeister das Vermögen bestimmte Bauteile so anzuordnen, dass daraus ein Haus entsteht und zugleich besitzen bestimmte Bauteile das Vermögen zu einem Haus angeordnet zu werden. (iii) Die ontologische Potentialität ist demgegenüber das Vermögen etwas zu sein.
- ↑ vgl. Met. VIII 1, 1042a27f.; VIII 6, 1045a23-33; b17-19
- ↑ Vgl. Marc Cohen: Aristotle's Metaphysics. § 12. Actuality and Potentiality, in SEP.
- ↑ Vgl. Rapp 2001, S. 170 f.; Met. IX 8, 1049b4-5
- ↑ Met. IX 8, 1049b12-17
- ↑ Met. IX 8, 1049b17-27
- ↑ EN II 2, 1104b3ff.
- ↑ Vgl. Philipp Brüllmann / Katharina Fischer: mêson, in: Otfried Höffe (Hg.): Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005, S. 346
- ↑ vgl. EN II 7. Dies ist eine Auswahl der von Aristoteles behandelten Charaktertugenden. Eine vollständige Übersicht bei Wolf, S. 79 f.
- ↑ EN VII 13, 1153a14f.; X 4, 1174b33. Die Nikomachische Ethik weist in Buch VII und X zwei Lustabhandlungen mit zwei Definitionen auf.
- ↑ Die Lage der Sklaven schwankte sehr stark. Das Spektrum reichte von der Arbeit in Athener Silberminen bis zu Ärzten oder öffentlichen Sklaven.
- ↑ Vgl. Ottmann, S. 179-183; C.C.W. Taylor, in Barnes 1995: S. 254-257
- ↑ Diogenes Laertios: Leben und Lehre der Philosophen 5, 15.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Aristoteles |
| ALTERNATIVNAMEN | Der Stagirit, Der Philosoph |
| KURZBESCHREIBUNG | griechischer Philosoph und Naturforscher |
| GEBURTSDATUM | 384 v. Chr. |
| GEBURTSORT | Stageira/Makedonien |
| STERBEDATUM | 322 v. Chr. |
| STERBEORT | Chalkis/Euböa |