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DCF77

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Sendeanlage mit DCF77 in Mainflingen
Einfacher DCF77-Empfänger

DCF77 ist ein Langwellensender, der die meisten funkgesteuerten Uhren im westlichen Europa mit der genauen Uhrzeit versorgt. Die Bezeichnung DCF77 ist das dem Sender zur internationalen Identifikation zugewiesene Rufzeichen.

Seine im Sekunden-Rhythmus gesendeten Zeitzeichen entsprechen dem internationalen Zeitsystem UTC, übertragen aber im Gegensatz zu anderen Zeitzeichensendern nicht den Korrekturwert dUT1 [1]. Andere bekannte Zeitdienste sind HBG in der Schweiz (75 kHz) und die Sendergruppen RWM in Russland und WWV in den USA (Links bei engl. DCF77).

Allgemein

Der Sender steht in Mainflingen bei Frankfurt am Main in Deutschland und arbeitet auf der Frequenz 77,5 kHz mit einer Leistung von 50 kW.

DCF77 wird von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) Braunschweig betreut und sendet seit 1959 eine Normalfrequenz und seit 1973 zusätzlich Datum und Uhrzeit. Der Sender wird durch die Deutsche Telekom AG betrieben.

Die Zeitbasis stellen dabei mehrere Atomuhren (derzeit drei Cäsium-Uhren und seit 1999 eine Cäsium-Fontäne) dar, die von der PTB betrieben werden. Die Abweichung des daraus abgeleiteten Signals beträgt theoretisch weniger als eine Sekunde in 1 Million Jahren.

Rufzeichen

Die Bezeichnung DCF77 ist das Rufzeichen der Internationalen Frequenzliste des IFRB. Das Rufzeichen DCF77 wird (je zweimal nacheinander) dreimal stündlich als Morsezeichen gesendet (während der 20. bis 32. Sekunde der Minuten 19, 39 und 59). Das Rufzeichen leitet sich ab von D für Deutschland, C für Langwellensender, F wegen der Nähe zu Frankfurt, sowie der Zahl 77 für die Trägerfrequenz 77,5 kHz. Obwohl die Rufzeichenerzeugung elektronisch ohne Unterbrechung der Zeitmarkenfolge erfolgte, bewirkte ihre Aussendung eine Verschlechterung des Signal-zu-Rausch-Abstands der entsprechenden Sekundenmarken. Da auf Grund der speziellen Signalform der DCF77-Signale eine eindeutige Zuordnung dieser Signale zum Sender DCF77 immer möglich ist, wird in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Internationalen Fernmeldevertrages in Zukunft auf die Aussendung des Rufzeichens verzichtet.

Empfangsgebiet

Das DCF77-Signal ist – abhängig von der Tages- und Jahreszeit – bis zu einer Entfernung von etwa 1900 km (tagsüber) bzw. 2100 km (nachts) zu empfangen. Zu bestimmten Zeiten ist die Reichweite von Langwellen allerdings noch viel höher. Es sind Fälle bekannt geworden, in denen sich Uhren selbst in Kanada synchronisiert haben (Überreichweite).

Rechtliche Bedeutung

Im Zeitgesetz von 1978 wird die Physikalisch-Technische Bundesanstalt mit der Verbreitung der gesetzlichen Zeit in Deutschland beauftragt. Vorher wurde diese Aufgabe vom Deutschen Hydrographischen Institut (DHI) wahrgenommen. Die über DCF77 verbreitete Zeitinformation stellt also die offizielle Zeit der Bundesrepublik Deutschland dar.

Signal

Im Bereich bis ca. 600 km ist der Sender als Bodenwelle zu empfangen. Ab etwa 1100 km überwiegt der Raumwellenanteil. Im Abstand von 600 km bis 1100 km vom Sender kann es gelegentlich bei gleichen Feldstärken von Boden- und Raumwelle zur Auslöschung des Signals kommen (Fading von 15 min Dauer und mehr).

Das Trägersignal von 77,5 kHz ist in Frequenz und Phasenlage mit der steuernden Atomuhr synchronisiert und besitzt deshalb nur sehr geringe Abweichungen von der Sollfrequenz. Es kann auch ohne Auswertung der Zeitinformation als Referenzsignal benutzt werden.

Zeitinformation

Die Zeitinformationen werden als digitales Signal zusätzlich zur Normalfrequenz (der Trägerfrequenz des Senders, also 77,5 kHz) übertragen. Das geschieht durch negative Modulation des Signals (Absenken der Trägeramplitude auf 25 %) im Sekundentakt.

Der Beginn der Absenkung liegt jeweils auf dem Beginn der Sekunden 0 bis 58 innerhalb einer Minute. In der 59. Sekunde erfolgt keine Absenkung, wodurch die nachfolgende Sekundenmarke den Beginn einer Minute kennzeichnet und der Empfänger synchronisiert werden kann. Die Länge der Amplitudenabsenkungen am Beginn der Sekunden steht jeweils für den Wert eines binären Zeichens: 100 ms Absenkung stehen für den Wert "0", 200 ms für "1". Damit stehen innerhalb einer Minute 59 Bit für Informationen zur Verfügung.

Die Bits, deren Zählung bei 0 beginnt, werden wie folgt verwendet:

Bit Bedeutung der Werte
0 - 14 Bis Mai 1977: Differenz UT1-UTC als vorzeichenbehaftete Zahl

Bis November 2006: Betriebsinformationen der PTB (meist alle 14 Bits Null)

Seit Ende 2006: Wetterinformationen der Firma MeteoTime sowie Informationen des Katastrophenschutzes

Die Sekundenmarken 15 bis 19 enthalten Informationen über Unregelmäßigkeiten des Senderbetriebs (Rufbit zum Alarmieren der PTB-Mitarbeiter), über die Zeitzone und kündigen Beginn und Ende der Sommerzeit sowie Schaltsekunden an:

Bit Bedeutung der Werte
15 Rufbit (bis Mitte 2003: Reserveantenne)
16 "1": Am Ende dieser Stunde wird MEZ/MESZ umgestellt
17 "0": MEZ, "1": MESZ
18 "0": MESZ, "1": MEZ
19 "1": Am Ende dieser Stunde wird eine Schaltsekunde eingefügt

Von der 20. bis zur 58. Sekunde wird die Zeitinformation für die jeweils nachfolgende Minute seriell in Form von BCD-Zahlen übertragen, wobei jeweils mit dem niederwertigsten Bit begonnen wird. Zur Absicherung der Daten werden Paritätsbits verwendet, hierbei handelt es sich um eine gerade Parität. Die Kodierung des Wochentages erfolgt gemäß der Norm ISO 8601 bzw. DIN EN 28601, wonach der Montag der Tag Eins der Woche ist und der Sonntag der Tag Sieben.

Bit(s) Anzahl Bedeutung
20 1 bit Startbit (ist immer "1")
21 - 27 7 bit Minute (Werte der einzelnen Bits: 1, 2, 4, 8, 10, 20, 40)
28 1 bit Parität Minute
29 - 34 6 bit Stunde (1, 2, 4, 8, 10, 20)
35 1 bit Parität Stunde
36 - 41 6 bit Monatstag (1, 2, 4, 8, 10, 20)
42 - 44 3 bit Wochentag (1, 2, 4)
45 - 49 5 bit Monat (1, 2, 4, 8, 10)
50 - 57 8 bit Jahr (zweistellig; 1, 2, 4, 8, 10, 20, 40, 80)
58 1 bit Parität Datum

Für den Anwender einer Funkuhr bedeutet das, dass der Empfang mindestens knapp über 33 Sekunden laufen muss, bevor die Uhrzeit bereitstehen kann. Spätestens nach 120 Sekunden störungsfreiem Empfang hätte die Uhr aber alle nötigen Informationen zur Verfügung.

Viele billige DCF77-Empfangsmodule stellen aber insbesondere an die Spannungsversorgung so hohe Ansprüche, dass sie bei angebrauchten Batterien zum Teil gar nicht mehr synchronisieren.

Die übertragenen Paritätsbits erlauben nur eine Fehlererkennung der empfangenen Information, keine Fehlerkorrektur, und können bei schlechten Empfangsverhältnissen eine fehlerfreie Erkennung nicht gewährleisten. Um eine zuverlässige Zeitinformation zu erhalten, ergreift man zusätzliche Maßnahmen, zum Beispiel indem die Redundanz der Zeitinformation in aufeinanderfolgenden Minuten ausgewertet wird.

Auch mit optimierten Dekodieralgorithmen und keiner zu starken Bandbegrenzung im Empfangsfilter liegt die zeitliche Unsicherheit, mit der der exakte Beginn der AM-modulierten Sekundenmarken erkannt werden kann, bei wenigstens etwa 100 Mikrosekunden. Haushaltübliche Funkuhren setzen schmalbandige Empfänger ein (10 Hz Bandbreite) und können daher den Sekundenbeginn nur auf 0,1 s genau feststellen.

PZF/PM

Zusätzlich zur amplitudenmodulierten Zeitübertragung wird seit Juni 1983 diese Information auch über eine Phasenmodulation des Trägers mit einer Pseudozufallsfolge (PZF) in einer Länge von 512 Bit übertragen. Mittels Kreuzkorrelation kann mit dem auf Empfangsseite reproduzierten Signal der exakte Beginn der Sekundenmarken wesentlich besser ermittelt werden. Die PTB Braunschweig gibt die immer noch hinzunehmenden Ungenauigkeiten mit 6,5-25 Mikrosekunden an, abhängig von Tages- und Jahreszeit.

Zusatznutzen Alarmierung

Seit 1999 gibt es Untersuchungen und Versuche, über den Sender DCF77 zusätzlich Alarmierungen auszulösen, beispielsweise im Katastrophenschutz oder bei größeren Schadenslagen (Chemieunfall, Hochwasser). Im Auftrag des Bundesministerium des Innern führte die Firma HKW-Elektronik GmbH Ende 2003 zusammen mit Testteilnehmern aus Katastrophenschutzorganisationen einen Feldversuch zur Signalisierung von Alarmen in den Sekundenmarken 0 bis 14 des Signals durch. Laut PTB bewies dieser Test erfolgreich bundesweit die Zuverlässigkeit eines solchen Systems. Anfang 2004 legte die PTB mit dem Abschlussbericht dieses Testes dem Bundesinnenministerium nahe, den DCF77-Sender langfristig als Teil eines Systems zur Bevölkerungswarnung einzusetzen.

Wetterdaten

Seit dem 22. November 2006 [2] werden über den Sender DCF77 und über HBG in den Sekundenmarken 1 bis 14 neben Katastrophenmeldungen auch Wetterdaten übertragen. Entsprechend ausgerüstete Funkuhren sind damit in der Lage, für 60 Regionen in Europa eine viertägige Wettervorhersage anzuzeigen. Die Wetterdaten werden von der Schweizer Firma Meteo Time GmbH bereitgestellt. Sie werden in dem proprietären Meteo Time Protokoll übertragen, für dessen Entschlüsselung eine Lizenz benötigt wird.

Da die vorher für die PTB reservierten Sekundenmarken 1 bis 14 verwendet werden, sollten ältere Funkuhren von dem Wettersignal nicht beeinträchtigt werden, bei einigen Modellen ist derartiges aber schon beobachtet worden. Insbesondere - und hier auch besonders unangenehm - sollen einige Bahnhofsuhren und Uhren auf öffentlichen Plätzen ("Uhrtürmchen") mit veralteten Dekodiereinheiten ausgestattet sein, sodass diese Uhren nach einiger Zeit stehen bleiben.

Quellen

  1. PTB Themenschwerpunkt: Zeit- und Normalfrequenzverbreitung mit DCF77, siehe Seite 348.
  2. Pressemitteilung des PTB über die neuen Wetter- und Katastrophenmeldungsdienste

Literatur

  • Peter Hetzel: Zeitinformation und Normalfrequenz, in: telekom praxis, Heft 1/1993, S. 25-36.
  • Peter Hetzel: Der Langwellensender DCF77 auf 77,5 kHz: 40 Jahre Zeitsignale und Normalfrequenz, 25 Jahre kodierte Zeitinformation, in: PTB-Mitteilungen, Vol. 109, S. 11–18, 1999.
  • Dirk Piester, Peter Hetzel, Andreas Bauch: Zeit- und Normalfrequenzverbreitung mit DCF77, in: PTB-Mitteilungen, Vol. 114, S. 345-368, 2004.

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