Fritz Mauthner
Fritz Mauthner (* 22. November 1849 in Horice (Böhmen),† 29. Juni 1923 in Meersburg) war ein deutscher Philosoph und Schriftsteller.
Zitat
- Zum Hasse, zum höhnischen Lachen bringt uns die Sprache durch die ihr innewohnende Frechheit. Sie hat uns frech verraten; jetzt kennen wir sie. Und in den lichten Augenblicken dieser furchtbaren Einsicht toben wir gegen die Sprache wie gegen den nächsten Menschen, der uns um unseren Glauben, um unsere Liebe, um unsere Hoffnung betrogen hat.
(F. M., Beiträge zu einer Kritik der Sprache I, Das Schweigen)
Leben
Fritz Mauthner wird am 22. November 1849 in Horice (bei Königgrätz in Böhmen), als viertes Kind (von sechs Kindern insgesamt) des Tuchfabrikanten Emmanuel und seiner Frau Amalie geboren. Die Eltern waren jüdischen Glaubens. Als Fritz sechs Jahre alt ist, siedelt die Familie nach Prag über. Mauthner studiert an der juristischen Fakultät in Prag, bricht dieses Studium jedoch ohne einen Abschluss ab. 1873 arbeitet er in einer juristischen Kanzlei, im gleichen Jahr entsteht die erste Fassung der Kritik der Sprache (heute verloren). Im Jahr darauf stirbt sein Vater, Mauthner verfasst erste Erzählungen und Feuilletons. Am 23. Mai findet die Uraufführung des Schauspiels Anna am Deutschen Königlichen Landestheater Prag statt. Mauthner zieht im Jahr 1876 nach Berlin, wo er beim Berliner Tagesblatt arbeitet. Zwei Jahre später heiratet er Jenny Ehrenberg, und seine Tochter Grete, sein einziges Kind, wird am 27. Dezember geboren. Fritz Mauthner besucht Gottfried Keller in Zürich.
1880 wird (mit Mauthner als Gründungsmitglied) die Gesellschaft der Zwanglosen gegründet, der unter anderen Otto Brahm, Max Halbe, Maximillian Harden, Otto Erich Hartleben und Gerhart Hauptmann angehörten. Die erste Ausgabe des Romans Der neue Ahasver, in Buchform, wird 1882 veröffentlicht, 1887 der deutschnationale Roman Der letzte Deutsche von Blatna. 1888 erscheint die Pressesatire Schmock. Mauthner freundet sich mit Gustav Landauer an. Er ist seit Oktober 1889 Herausgeber der Zeitschrift Deutschland.
Im Jahr 1892 zieht er mit seiner Familie nach Grunewald. Hier beginnt er mit der Niederschrift seiner Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Mauthners Frau stirbt vier Jahre darauf, während er seine sprachkritische Arbeit intensiviert, jedoch muss er 1898 jegliche Arbeit unterbrechen, er droht zu erblinden. Nun arbeitet er mit Gustav Landauer zusammen. 1901 erscheinen der erste und der zweite Band der Beiträge zu einer Kritik der Sprache, ein Jahr später folgt der dritte. Auf den Kanarischen Inseln macht Mauthner 1905 Urlaub, er leidet unter Depressionen und möchte sich erholen. Im September heiratet seine Tochter, Mauthner zieht darauf nach Freiburg im Breisgau, wo er der Kantgesellschaft beitritt. Es entwickelt sich eine enge Freundschaft mit Gerhart Hauptmann. Ein Jahr später lernt Fritz in Freiburg im Breisgau Martin Buber kennen.
1907 begegnet er zum ersten Mal Hedwig Luitgardis Silles O'Cunningham (1872-1945), die er drei Jahre später heiraten wird. Er schreibt die von Martin Buber angeregte und Gustav Landauer gewidmete Monographie Die Sprache, und im folgenden Jahr wird seine Arbeit am Wörterbuch der Philosophie konkret. Fritz Mauthner zieht 1909 mit Hedwig nach Meersburg am Bodensee, die beiden heiraten dort im darauf folgenden Jahr. Es erscheint der erste Band des Wörterbuchs der Philosohpie, der zweite folgt 1911, Der letzte Tod des Gautama Buddha wird 1912 beendet. 1914 beginnen die Auseinandersetzungen mit Gustav Landauer über die Stellung zum Krieg (Landauer lehnt diesen ab). Mauthner schreibt ab 1915 Propaganda-Artikel im Berliner Tageblatt.
Nach der deutschen Niederlage, die für ihn eine Katastrophe ist, versöhnt sich Fritz wieder mit Landauer, es kommt jedoch zum endgültigen Bruch als sich dieser an der Münchener Räterepublik beteiligt. Mauthner jedoch wird im selben Jahr Ehrenbürger von Meersburg. Von 1920 bis 1923 erscheint Der Atheismus und seine Geschichte im Abendland in vier Bänden. Kurz vor seinem Tod am 29. Juni 1923 arbeitet Mauthner an seinen Drei Bildern der Welt, die posthum erscheinen.
Werke
Romane, Novellen, Erzählungen, Satiren
- Nach berühmten Mustern, Satire 1878, 1889, Gesamtausg. 1897
- Einsame Fahrten, 1879
- Vom armen Franischko, Erzählung 1879
- Die Sonntage der Baronin, 1881
- Der neue Ahasver, 1882
- Dilettantenspiegel, Satire 1883
- Gräfin Salamanca, 1884
- Xanthippe, 1884
- Berlin W: Quartett, Roman 1886-1890
- Der letzte Deutsche von Blatna, Roman 1887
- Die Fanfare, 1888
- Der Pegasus, 1889
- Der Villenhof, 1890
- Zehn Geschichten, 1891
- Glück im Spiel, 1891
- Hypatia, 1892
- Lügenohr, 1892 (unter dem Titel:"Aus dem Märchenbuch der Wahrheit", 1899)
- Kraft, Roman 1894
- Die Geisterseher, Roman 1894
- Die bunte Reihe, 1896
- Der steinerne Riese, Novelle, 1896
- Die böhmische Handschrift, Novelle 1897
- Der wilde Jockey, 1897
- Der letzte Tod des Gautamo Buddha, Roman 1913
- Der goldene Fiedelbogen, 1917
Dramen
- Anna, 1874
- Lyrik
- Die große Revolution, 1872
Essays u. theoretische Schriften
- Kleiner Krieg, 1879
- Credo, 1886
- Tote Symbole, 1892
- Zum Streit um die Bühne, 1893
- Totengespräche, 1906
- Gespräche im Himmel und andere Ketzereien, 1914
Sprachphilosophische und kulturgeschichtliche Werke
- Beiträge zu einer Kritik der Sprache (3 Bde., 1901-1902, Neuauflage 1982)
- Aristoteles, 1904
- Spinoza, 1906
- Die Sprache, 1907
- Wörterbuch der Philosophie, 1910-11, 1923-24
- Schopenhauer, 1911
- Der letzte Tod des Gautamo Buddha, 1913
- Der Atheismus und seine Geschichte im Abendland (4 Bde.), 1920-23
- Muttersprache und Vaterland, 1920
Übersetzungen
- Henriette Marechal, von E. de Goncourt, 1895
Herausgebertätigkeit
- Wochenschrift für Kunst und Literatur, 1889-1890
- Magazin für die Literatur des In- und Auslandes, 1991
- Bibliothek der Philosophen, ab 1911
Sammelausgaben
- Ausgewählte Schriften, 6 Bde., 1919
Sonstiges
- Erinnerungen, Autobiographie 1918
- Selbstbiographie 1922, in: Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Bd. 3.