Arzneimittelzulassung
Die Arzneimittelzulassung ist eine hoheitliche, nationale Aufgabe der staatlichen Gefahrenabwehr und Daseinsvorsorge, da von der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von (zugelassenen) Arzneimitteln unmittelbar die Gesundheit der Bevölkerung abhängt.
Zulassungspflicht
Entsprechend den einschlägigen Arzneimittelgesetzen dürfen Fertigarzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, nachdem sie die zuständige Arzneimittelbehörde zugelassen hat. Diese dem nationalen Gesundheitsministerium unterstellte Fachbehörde prüft dabei genauestens, ob die vom Antragsteller, in der Regel ein Pharmaunternehmen, eingereichten Unterlagen die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels für die angestrebte Indikation hinreichend belegen. Eine Arzneimittelzulassung wird immer nur für eine bestimmte Indikation erteilt. Die Anwendung eines zugelassenen Arzneimittels außerhalb der genehmigten Indikation wird als Off-Label-Use bezeichnet.
Für bestimmte Arzneimittel, in Deutschland für Arzneimittel der Besonderen Therapierichtungen, reicht eine Registrierung, bei der lediglich Qualität und Unbedenklichkeit nachgewiesen werden müssen; in diesem Fall darf für das Arzneimittel keine Indikation angegeben werden. Eine ähnliche Registrierung gibt es auch in Österreich, während die Schweiz für Arzneimittel der Komplementärmedizin ein vereinfachtes Zulassungsverfahren vorsieht. Nicht zulassungspflichtig sind in Apotheken hergestellte Rezeptur- und Defekturarzneimittel sowie Prüfpräparate für klinische Studien. Unter bestimmten Bedingungen können (noch) nicht zugelassene Arzneimittel den Patienten im Rahme des Compassionate Use zur Verfügung gestellt werden.
Voraussetzung zur Zulassung
Der Antragsteller muß mit dem Zulassungsantrag ein umfangreiches Dossier zum Arzneimittel einreichen. Diese benötigten Unterlagen umfassen die vorgeschriebenen toxikologischen und klinischen Studien aus der Pharmaforschung sowie einen Qualitätsteil, der beschreibt, wie das Arzneimittel in hinreichender pharmazeutischer Qualität hergestellt werden kann und wie dieses analysiert und nachgewiesen wird. Bei den Unterlagen zur Qualität und Unbedenklichkeit wird von der Behörde geprüft, ob die Herstellung, Qualitätskontrolle und nichtklinische Prüfung nach den vorgeschriebenen Arzneimittelprüfrichtlinien und den empfohlenen internationalen Leitlinien durchgeführt wurden. Bei der Wirksamkeit muß der Antragsteller nachweisen, daß eine angemessene Wirksamkeit des Arzneimittels in der angestrebten Indikation durch die vorgelegten Daten aus den klinischen Studien hinreichend belegt ist.
Die Arzneimittelbehörde beschränkt sich im Zulassungsprozess nicht auf die Prüfung der eingereichten Unterlagen; es werden auch wesentliche Angaben zur Herstellungsqualität im Sinne der Good Manufacturing Practice (GMP), zur Durchführung der nichtklinischen Prüfungen entsprechend der Good Laboratory Practice (GLP) und zur Durchführung der klinischen Prüfungen entsprechend der Good Clinical Practice (GCP) durch Inspektionen beim Antragsteller vor Ort überprüft. Bei Bedarf können Proben des Arzneimittels auch in amtlichen Arzneimittelkontrolllaboren auf seine Zusammensetzung und Reinheit geprüft werden. Der Schwerpunkt der Zulassungsverfahren ist aber die Prüfung der vom Antragsteller vorgelegten Dokumente.
Von zentraler Bedeutung für die Entscheidung über die Zulassung ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei der Anwendung des Arzneimittels, also das Verhältnis der Wirksamkeit bei der Behandlung und den auftretenden Nebenwirkungen. Für dieses Verhältnis gibt es keinen allgemein anerkannten Maßstab; dies erfordert immer einen Einzelentscheid. Für die arzneimittelrechtliche Zulassung ist der Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit hinreichend, eine Überlegenheit gegenüber anderen Arzneimitteln wird nicht gefordert. In jüngster Zeit wurden in vielen Ländern weitere Beurteilungsverfahren zur Nutzenbewertung oder zur Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln eingeführt, beispielsweise in Deutschland durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) oder im Vereinigten Königreich durch das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE). Diese Beurteilungsverfahren sind nicht Teil der Arzneimittelzulassung. Sie dienen der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln durch gesetzliche Krankenkassen.
Zulassungsverfahren
Europäische Union
- Siehe auch: Arzneimittelzulassung (EU)
Im Zuge der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes wurden 1995 vereinheitlichte Verfahren zur EU-Zulassung eingeführt, so dass nicht mehr in jedem EU-Land unterschiedliche bürokratische Hürden überwunden werden müssen. Die Rechtsgrundlage dafür sind die Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel sowie die Richtlinie 2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel in der jeweils aktuellen Fassung.
Zentralisiertes Verfahren
Das wichtigste Verfahren für innovative Arzneimittel ist das Zentralisierte Verfahren.[1] Bei diesem Verfahren, das für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, monoklonale Antikörper, Humanarzneimittel mit neuen Wirkstoffen zur Behandlung von Aids, Diabetes mellitus, Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen, Orphan-Arzneimittel zur Behandlung von seltenen Krankheiten sowie Tierarzneimittel zur Leistungssteigerung vorgeschrieben ist, muß der Zulassungsantrag bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) eingereicht werden. Für eine Reihe weiterer Arzneimittel ist der Zugang zu diesem Verfahren fakultativ möglich.
Das Beurteilungsverfahren für den Zulassungsantrag wird von den wissenschaftlichen Ausschüssen der EMEA durchgeführt; in diese Ausschüsse werden von den Mitgliedsstaaten hochrangige Vertreter der nationalen Arzneimittelbehörden entsandt. Ein aus dem zuständigen wissenschaftlichen Ausschuß der EMEA ausgewählter Berichterstatter und ein Mitberichterstatter erstellen mit Experten aus den nationalen Arzneimittelbehörden einen Beurteilungsbericht für das Arzneimittel, der nach spätestens 210 Tagen vom zuständigen wissenschaftlichen Ausschuß der EMEA verabschiedet wird. Auf der Grundlage dieses Gutachtens erteilt die Europäische Kommission nach Konsultierung der Mitgliedsstaaten im Ständigen Ausschuß die Zulassung für die gesamte Europäische Union. Im zentralisierten Verfahren arbeiten somit nationale und europäische Institutionen eng zusammen. Die erteilte EU-Zulassung wird regelmäßig im Europäischen Wirtschaftsraum übernommen.
Für jedes neu zugelassene Arzneimittel wird ein ausführlicher Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) veröffentlicht.[2]
Nicht zentralisierte Verfahren
Bei dem Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dem ähnlichen Dezentralisierten Verfahren wird ein Zulassungsantrag von der Behörde eines Mitgliedslandes geprüft.[3] In einem koordinierten Prozess erkennen dann die Behörden der anderen betroffenen Mitgliedsstaaten diese Beurteilung an. Können sich die Behörden nicht einigen, dann kommt es zu einem Schiedsverfahren bei der EMEA. Die Zulassung wird in jedem Fall von den nationalen Behörden erteilt.
Nationale Verfahren
Bis 1995 waren Nationale Verfahren die einzige Möglichkeit, ein Arzneimittel in der EU zuzulassen. Diese nationalen Verfahren haben durch die europäischen Verfahren viel an Bedeutung verloren. Es sind aber viele Arzneimittel auf dem Markt, die über nationale Verfahren zugelassen wurden. Heute ist eine rein nationale Zulassung nur in einem Mitgliedsland möglich; nationale Zulassungsanträge in mehr als einem Mitgliedsland sind nicht mehr zulässig. Üblicherweise ist solch eine nationale Zulassung dann der Einstieg in das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung. In Deutschland sind das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für 'normale' Arzneimittel, das Paul-Ehrlich-Institut für Blutprodukte und Impfstoffe sowie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für Tierarzneimittel zuständig. In Österreich werden Arzneimittel durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zugelassen und überwacht.
Schweiz
Da die Schweiz weder Mitglied der Europäischen Union noch des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, führt die Schweiz sämtliche Arzneimittelzulassungen autonom durch. Die Rechtsgrundlage ist das Heilmittelgesetz, das neben Arzneimitteln auch Medizinprodukte regelt. Die für die Zulassung und Arzneimittelüberwachung zuständige Einrichtung ist die Swissmedic.
USA
In den USA wurde eine Zulassung von neuen Arzneimitteln bereits durch den Federal Food, Drug and Cosmetic Act von 1938 zur Pflicht. Allerdings beschränkten sich die Zulassungskriterien damals auf die pharmazeutische Qualität und Unbedenklichkeit; ein Arzneimittel galt damals als zugelassen, wenn die zuständige Behörde, die Food and Drug Administration (FDA) nicht innerhalb einer bestimmten Frist widersprach. Das Wirksamkeitskriterium und die heutige Zulassungsprozedur wurden erst 1962 durch das Kefauver-Harris Drug Amendment eingeführt. Die damals in den USA entwickelten Zulassungskriterien wurden in den folgenden Jahren von vielen anderen Ländern übernommen.
In den USA ist die Arzneimittelzulassung ein Prozess, der deutlich früher einsetzt als in Europa. Im Prinzip beginnt das Verfahren in den USA bereits mit dem Antrag auf Genehmigung der ersten klinischen Studie (Investigative New Drug application, IND). Dort werden im Gegensatz zum Genehmigungsverfahren für klinische Studien in Europa nicht nur Zusammenfassungen sondern vollständige Studienberichte eingereicht, die dann im Verlauf der klinischen Entwicklung in einer rollierenden Einreichung laufend ergänzt werden können (rolling submission). Dann liegen beim eigentlichen Zulassungsantrag, der New Drug Application, NDA, viele Unterlagen bereits bewertet von. Sobald die NDA von der FDA als vollständig akzeptiert ist, wird der Antrag innerhalb einer festgesetzten Frist von der FDA geprüft. Nach Anhörung einer Expertenkommission und des Pharmaunternehmens entscheidet die FDA, ob das Arzneimittel zugelassen wird, ob der Antrag zulässig ist (approvable), was bedeutet, daß die FDA sich bereiterklärt, das Arzneimittel unter bestimmten, vom Antragsteller zu erfüllenden Bedingungen zuzulassen, oder ob der Antrag abgelehnt wird (not approvable).
Auch wenn die eingereichten Unterlagen oft praktisch identisch sind, unterscheiden sich die Zulassungsprozeduren der FDA deutlich von denen in Europa. Beispielsweise sind bestimmte Konferenzen zwischen dem Antragsteller und der FDA vorgeschrieben, insbesondere die end-of-Phase II meetings, in denen die FDA nicht nur die Genehmigung für die Phase III-Studien erteilt, sondern auch mit dem Antragsteller detailliert vereinbart, wie die klinischen Phase III Studien durchgeführt werden sollen und unter welchen Umständen die Ergebnisse als signifikanter Wirksamkeitsnachweis anerkannt werden. Ferner besteht die FDA darauf, sämtliche Daten aus den klinischen Studien in computerlesbaren Dateien (traditionell SAS, neuerdings auch CDISC) zu erhalten, um eigene statistische Auswertungen durchführen zu können.
Besondere Verfahren zur schnelleren Zulassung
Die Arzneimittelentwicklung und Zulassung sind ein langwieriger, mehrjähriger Prozess. Um den Zugang zu hoch innovativen, möglicherweise lebensrettenden Arzneimitteln nicht unnötig zu verzögern, wurden in der Europäischen Union und den USA besondere Verfahren eingeführt, die in Ausnahmefällen die Zulassung beschleunigen sollen.
Das beschleunigte Beurteilungsverfahren im zentralisierten Verfahren der EU und das Priority Review-Verfahren bei der FDA haben deutlich verkürzte Bearbeitungszeiten gegenüber den regulären Verfahren. Dies kann die Zulassung um mehrere Monate beschleunigen; in der EU reduziert sich die Bearbeitungszeit im wissenschaftlichen Ausschuß von 210 auf 150 Tage. Die Behörden prüfen im Einzelfall, ob ein Antrag in diesem Verfahren bearbeitet wird. In den USA werden jährlich zirka 10-15 Arzneimittel im Priority Review bearbeitet und zugelassen[4], in der EU wurde mit Eculizumab im Sommer 2007 das erste Arzneimittel im beschleunigten Verfahren zugelassen.
Die bedingte Zulassung im zentralisierten Verfahren der EU und das conditional approval bei der FDA dagegen ermöglichen es im Einzelfall, ein Arzneimittel noch vor Abschluß der vollständigen klinischen Prüfung auf den Markt zu bringen. Das Pharmaunternehmen verpflichtet sich in dem Fall, von der Behörde festgelegte Bedingungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu erfüllen, beispielsweise vollständige Phase III Daten nachzuliefern; die so zugelassenen Arzneimittel werden von der Behörde jährlich neu beurteilt, bis eine reguläre Zulassung erteilt wird. Auch dieses Verfahren ist nur nach einer Einzelfallprüfung möglich.
Verfahren nach erteilter Zulassung
Die Erteilung einer Zulassung ist zwar ein entscheidender Schritt, damit sind aber die regulatorischen Aktivitäten keineswegs beendet. Die Zulassungsunterlagen müssen kontinuierlich aktualisiert werden, und die Anwendung eines Arzneimittels muß ständig überwacht werden. Bei neuen Arzneimitteln wird die Zulassung nur für eine beschränkte Zeitspanne erteilt; nach Ablauf dieser Frist muß die Zulassung erneuert werden.
Änderungsanzeigen
Das pharmazeutische Unternehmen hat gegenüber den zuständigen Behörden eine Anzeigepflicht für sämtliche Änderungen, die die erteilte Zulassung betreffen. Je nach Trageweite der Änderungen müssen diese teils von der Behörde genehmigt werden. Einfache, nur anzeigepflichtige Änderungen sind beispielsweise administrative Änderungen beim Hersteller oder kleinere Änderungen im Herstellungsprozess. Zustimmungspflichtig sind beispielsweise Änderungen der Dosis, der Arzneiform oder der Applikationsform.
Wenn die Zulassung eines Arzneimittels auf eine weitere Indikation ausgeweitet werden soll, erfordert dies einen eigenen, vollständigen Zulassungsantrag.
Pharmakovigilanz
- Hauptartikel: Pharmakovigilanz
Das pharmazeutische Unternehmen ist verpflichtet, auch nach erteilter Zulassung Erkenntnisse zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu sammeln und auszuwerten. Der Aufsichtsbehörde ist darüber in vorgegebenen Abständen Bericht zu erstatten, bei schweren, unerwarteten Fällen von Nebenwirkungen auch innerhalb kurzer Fristen. Die fortlaufende Überwachung ist deshalb so wichtig, weil es in klinischen Studien mit nur wenigen Tausend Patienten nicht möglich ist, seltene oder sehr seltene Nebenwirkungen zu erkennen. Auch sehr spät auftretende Nebenwirkungen lassen sich in den Zulassungsstudien nur schwer erfassen.
Neue Erkenntnisse können zur Einschränkung der Zulassung führen, beispielsweise durch eine Änderung der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels. Ergeben sich während der Anwendung eines Arzneimittels Erkenntnisse zu schwerwiegenden Nebenwirkung, die das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig werden lassen, kann eine Zulassung auch vollständig widerrufen werden.
Internationale Harmonisierung der Zulassung
Seit 1990 wurden im Rahmen der ICH wesentliche Arzneimittelprüfrichtlinien und Zulassungsanforderungen zwischen der Europäischen Union, den USA und Japan harmonisiert. Ziel der Harmonisierung war es, daß nichtklinische und klinische Studien aus einer Region in den anderen Regionen anerkannt werden, sodaß eine mehrfache Durchführung entfällt. Die einzelnen Behörden sind aber in ihrer Beurteilung der Zulassungsanträge unabhängig, somit kommt es immer wieder vor, daß bestimmte Arzneimittel nicht in allen Regionen zugelassen sind.
Ebenfalls im Rahmen der ICH harmonisiert wurde das Einreichungsformat, in dem die Zulassungsunterlagen bei der Behörde eingereicht werden. In Europa, Nordamerika und Japan müssen diese als Common Technical Document (CTD) vorgelegt werden. Viele Antragsteller reichen ihre Dossiers inzwischen elektronisch in Form eines eCTD ein. Ziel bei der Einführung des CTD war es, daß in den verschiedenen Regionen weitgehend identische Dossiers eingereicht werden können. Das CTD setzt sich aus fünf Modulen zusammen:
- Modul 1: Regionale Information, unter anderem mit einem Entwurf für die Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels
- Modul 2: Inhaltsverzeichnis, Überblick und Zusammenfassungen
- Modul 3: Pharmazeutische Qualität
- Modul 4: Präklinische Studienberichte
- Modul 5: Klinische Studienberichte
Verschiedene Bestrebungen, auch Arzneimittelzulassungen international gegenseitig anzuerkennen, führten bisher nur zu Teilerfolgen. Mutual Recognition Agreements zur gegenseitigen Anerkennung von GMP-Inspektionen wurden zwischen der Europäischen Union, Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, der Schweiz und den USA geschlossen. Das Abkommen mit den USA wurde bisher nicht umbesetzt, das mit Japan nur teilweise[5].
Kritik am Zulassungsverfahren in Europa und USA
- Die klinischen Studien zur Erreichung einer Arzneimittelzulassung seien nicht umfassend genug; z. B.:
- Paul Dieppe (University of Bristol): Bevorzugt würden Patienten aufgenommen, bei denen seltener mit Nebenwirkungen zu rechnen sei. Patienten mit einem erhöhten Risiko von Nebenwirkungen, ältere Patienten und Angehörige von ethnischen Minderheiten beispielsweise würden häufig ausgeschlossen. (BMJ 2004; 329: 31-4)
- Janet Darbyshire (University of Liverpool): Die Behandlungsdauer sei meist zu kurz, um seltene und spät eintretende Nebenwirkungen zu erkennen. Etwa 20 Prozent der Medikamente in den USA erhielten daher in den 25 Jahren nach der Zulassung Warnmeldungen oder würden ganz vom Markt genommen, in Großbritannien wären vier Prozent von letzterem betroffen. (BMJ 2004; 329: 15-19)
- Aus statistischen und GCP-Gründen würde ein Einschluss der angeführten Randgruppen die Kosten für die Zulassungsstudien exponentiell steigen lassen. Die Kosten für Arzneimittelinnovationen stellen aber die Ursache für steigende Arzneimittelpreise dar.(Vgl Gesundheitspolitik)
- Das Verfahren dauere zu lange und sei zu teuer
- Durch die aufwändigen Studien (siehe Pharmaforschung) verzögere sich die Verfügbarwerdung von lebensrettenden Arzneimitteln. Für seltenere Leiden werde kaum geforscht. Da die Studien sowieso nicht alle Risiken finden können, sollten die Forschungshemmisse vermindert und die Markteintrittshürde verringert werden. Als Ausgleich sei die Beobachtung nach der Zulassung zu verstärken. (Pharmaindustrie, Patientenverbände, Forschungsinstitutionen wie die Deutsche Onkologische Gesellschaft)
- Als Reaktion auf diese Kritik wurde ein besonderes Verfahren für „seltene Leiden“ etabliert. Es wurde bisher häufig in Anspruch genommen. Die Definition für „seltene Leiden“ im Sinne dieser Verfahren ist ausserordenlich restriktiv.
- Kritik an dieser Art der Kritik führt an, dass Forschungsinstitutionen wie die pharmazeutische Industrie selbst parteiisch im Sinne „erleichterter“ Forschung und schnellerer Zulassung seien, und dass Patientenverbände sich teils allzu leichtfertig aus Verzweiflung an schweren Krankheiten auf Kosten ihrer Sicherheit (und derjenigen anderer) zum Sprachrohr der Pharmindustrie machten, wenn sie allgemein beschleunigte Zulassungen und reduzierte kontrollierte klinische Testreihen fordern; es stünde bereits heute den Kranken frei, sich für bestehende klinische Testungen freiwillig anzubieten, ohne die Gesamtsicherheit aller potentiellen Konsumenten mit Absenkung der allgemeinen Standards zu gefährden (vergleiche Kritik wegen fehlender Umfassendheit). Seltene Leiden würden auch durch die Forschung erleichternde Zulassungsverfahren schon deswegen kaum mehr erforscht, da sie weiterhin selten blieben und für die (profitorientierte) Industrie nach wie vor kein größerer Vorteil erwachse - sie könne sich im Gegenteil noch mehr auf die nun vereinfacht zu erforschenden Volkskrankheiten konzentrieren.
- Durch die aufwändigen Studien (siehe Pharmaforschung) verzögere sich die Verfügbarwerdung von lebensrettenden Arzneimitteln. Für seltenere Leiden werde kaum geforscht. Da die Studien sowieso nicht alle Risiken finden können, sollten die Forschungshemmisse vermindert und die Markteintrittshürde verringert werden. Als Ausgleich sei die Beobachtung nach der Zulassung zu verstärken. (Pharmaindustrie, Patientenverbände, Forschungsinstitutionen wie die Deutsche Onkologische Gesellschaft)
Siehe auch
Quellen
- ↑ Eudralex Vol. 2: Kapitel 4 - Centralised Procedure (englisch)
- ↑ Europäische Öffentliche Beurteilungsberichte (EPAR)
- ↑ Eudralex Vol. 2: Kapitel 2 - Mutual Recognition (englisch)
- ↑ Zulassungen neuer Moleküle durch FDA 2006
- ↑ EU-Kommission zu Mutual Recognition Agreements]
Weblinks
- European Medicines Agency (EMEA)
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
- Paul-Ehlich-Institut
- Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit
- Swissmedic (Schweizerisches Heilmittelinstitut)
- Die Studie Dieppe et al. (PDF)
- PDF Das Editorial der Epidemiologin Janet Darbyshire (PDF)