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Raubgrabung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Als Raubgrabung bezeichnet man in der Archäologie Ausgrabungen, die durch nicht autorisierte Personen durchgeführt werden. Ziel der illegalen Bodeneingriffe ist vornehmlich die Gewinnung sammelwürdiger und repräsentativer historischer Artefakte.

Geschichte der Raubgräberei

Raubgrabungen sind durchaus ein historisches Phänomen, denn Schatzsucher haben sich stets über Vorgaben des Gemeinwesens hinweggesetzt. In Rom z.B. sollten schon früh päpstliche Erlasse die antiken Kulturgüter schützen. Über diese Erlasse setzte man sich jedoch häufig hinweg. Stand auch bei den ersten wissenschaftlichen Ausgrabungen sicherlich die Gewinnung von Sammelgut im Vordergrund, so ging dies dennoch mit einer Dokumentation der Befundsituation oder wenigstens der Zusammenfunde einher. Ein frühes Beispiel für eine solche befundorientierte Ausgrabung gab z.B. Thomas Jefferson 1784 mit der Ausgrabung eines indianischen Mounds auf seinem Landsitz in Virginia. Er gilt eben deshalb als einer der Väter der modernen Archäologie. Erste Ansätze der modernen Archäologie erfolgten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Pompeji. Während der offizielle Grabungsleiter Rocque Joaquín de Alcubierre kaum mehr als ein staatlich sanktionierter Raubgräber war, führten sein Assistent Karl Weber und seine Nachfolger erste wissenschaftlich-methodische Ansätze ein. Dennoch brauchte es noch fast ein Jahrhundert, bis man Pompeji nicht mehr als „Steinbruch“ für Schätze und Artefakte betrachtete.

Besonders fatal ist bei Raubgrabungen nicht nur, dass wichtige Funde für die Allgemeinheit verloren gehen, sondern dass außerdem durch rücksichtslose Methoden für wertlos gehaltene Artefakte und Grabungsbefunde zerstört werden. Des weiteren gehen so gut wie immer Fundzusammenhänge verloren. Schmuckstücke, um nur ein Beispiel zu nennen, in einem vorgeschichtlichen Grab am Skelett gefunden, können wichtige Hinweise auf Tragesitte dieser Objekte liefern, ohne Fundzusammenhang lassen sich diese nicht mehr rekonstuieren. Bei manchen Objekten lässt sich die Echtheit zweifelsfrei nur durch die Fundumstände feststellen, da manche Werkstoffe noch nicht durch technische Untersuchungen datiert werden können. In Deutschland wirkt sich besonders die Verwendung von Metallsuchgeräten verheerend aus, durch deren Einsatz systematisch Metallgegenstände entfernt werden, die für alle metallzeitlichen Fundstellen, also ab der Bronzezeit, für die Datierung entscheidend sind (z.B. römische Münzen oder Fibeln). Viele deutsche Bodendenkmäler sind mittlerweile nahezu metallfrei und durch die illegalen Bodeneingriffe archäologisch weitgehend wertlos. Zudem ist die Suche von Privatpersonen meist mit sogenannten Metallsonden in den meisten Bundesländern Deutschlands verboten und wird strafrechtlich verfolgt.

Besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit machte der durch eine Raubgrabung zu Tage gebrachte Fund der Himmelsscheibe von Nebra. Aktuell (Stand 2006) sind Raubgräber besonders aktiv im Irak, wo große archäologische Fundplätze zerstört werden, aber auch schon seit Jahrzehnten in Süd- und Mittelamerika, wo durch organisierte Raubgräber z.B. ganze Nekropolen in Trichterfelder verwandelt wurden und werden.

Denkmalschutzgesetz (DSchG) in Nordrhein-Westfalen

Im nordrhein-westfälischen DSchG §2 heißt es:

„Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Abwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen.“

In Deutschland braucht jeder, der sich auf die Suche nach Münzschätzen macht, eine Grabungsgenehmigung. Er muss zusätzlich die Auflagen, welche ihm in der Grabungsgenehmigung auferlegt werden, erfüllen. Die Erlaubnis gilt für den jeweils Kreis oder die Stadt und wird vom Landrat in Zusammenarbeit mit den zuständigen Archäologen ausgestellt. Alle Funde sind zu kartieren und in vorgegebenen Zeitabständen den Behörden zu melden. Die zuständige Fachbehörde ist der jeweilige Kreis als obere Denkmalbehörde und die Archäologen.

Weiter sind die Grundstückseigentümer um Ihre Erlaubnis zu befragen.

Die Eigentumsverhältnisse bei solchen Funden sind geregelt. Ein Fund gehört zur einen Hälfte dem Grundstückseigentümer, die andere dem Finder.

Wer Funde veräußert, der müsste den Grundstückseigentümer als Besitzer der einen Hälfte um Erlaubnis bitten, ansonsten verkauft er fremdes Eigentum und macht sich hierdurch strafbar. Eine Bagatellgrenze hierzu gibt es nicht.

Strafmaß für solche Vergehen:

  • bei Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz bis zu 25.000,-€
  • bei gemeinschädlicher Sachbeschädigung, Diebstahl, Unterschlagung, Hehlerei nach Strafgesetzbuch: Geld- oder Freiheitsstrafe
  • Einzug benutzter Geräte (Metalldedektoren, Grabungswerkzeuge usw.)
  • Beschlagnahme der Funde
  • möglicher Regress bei Grabungsschäden
  • zivielrechtliche Ansprüche des Eigentümers, aus dessen Grund und Boden der Fund entnommen ist.

Siehe auch

Literatur

  • Peter Fasold, Dagmar Stutzinger: Raubgrabungen zerstören das archäologische Erbe. Begleitheft zur Ausstellung Fundort: Unbekannt - Raubgrabungen in Hessen, Wiesbaden 1995 (Archäologische Denkmäler in Hessen 127)
  • Daniel Graepler: Fundort unbekannt. Raubgrabungen zerstören das archäologische Erbe. Eine Dokumentation, Biering, München 1993
  • Heinz Günter Horn (Hrsg.): Archäologie und Recht - Was ist ein Bodendenkmal?. Heinz Günter Horn, Hiltrud Kier, Jürgen Kunow, Bendix Trier im Auftrag des Ministeriums für Stadtentwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen. von Zabern. Mainz 1993. ISBN 3-8053-1319-5.
  • Ulrike Löw: Raubgrabungen im Irak, in: Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft 137 (2003), S. 57-80
  • Hans Georg Niemeyer (Hrsg.): Archäologie, Raubgrabungen und Kunsthandel. Podiumsdiskussionen auf der 23. Mitgliederversammlung des Deutschen Archäologen-Verbandes in Münster, 26. Juni 1993, Hannover 1995 (Schriften des Deutschen Archäologen-Verbandes, 13)
  • Peter Watson und Cecilia Todeschini: Die Medici-Verschwörung. Der Handel mit Kunstschätzen aus Plünderungen italienischer Gräber und Museen. Aus dem Amerikanischen von Ulrike Seith und Jana Plewa, Parthas Verlag, Berlin 2006


Webpublikationen:

Filmographie

  • „Archäologen, Plünderer und die Königin von Saba.“ Dokumentation, 60 Min., Produktion: arte, Regie: Karel Prokop, Sendung: 17. Februar 2007, Inhaltsangabe von arte
  • Abenteuer Wissen: Tatort Fürstengrab. Dokumentation, 30 Min., Produktion: ZDF, Sendung: 24. Januar 2007, Inhaltsangabe des ZDF → mit Video, 7:02 Min.
  • Goldgrube Bulgarien: Dorado für Archäologen- und Kunsträuber. Dokumentation, 7 Min., Autor: Tom Fugmann, Produktion: WDR, Sendung: 21. Januar 2007, Inhaltsangabe des WDR
  • „Griechenlands Schatzinsel. Antikenschmuggel im großen Stil.“ Dokumentation, 6 Min., Autor: Christoph Spielberger, Produktion: ZDF-aspekte, Sendung: 2. Februar 2006, Inhaltsangabe von aspekte
Allgemein
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