Hypertrichose
Mit Hypertrichose (griechisch für Überbehaarung) bezeichnet man das Symptom übermäßiger Behaarung am ganzen Körper oder an einzelnen Stellen. Betroffene mit starker Hypertrichose werden gelegentlich als Wolfsmensch oder Haarmensch bezeichnet.
Hypertrichose allgemein
Ursachen für unnatürliches Haarwachstum können genetische Faktoren, Störungen bei der Bildung des roten Blutfarbstoffs oder die Einnahme bestimmter Medikamente sein. Im Falle einer genetischen Ausprägung ist diese auch vererbbar. Als medikamentöser Auslöser gehört zum Beispiel das Blutdruckmedikament Minoxidil, das bei äußerlicher Anwendung auch als Haarwuchsmittel verwendet werden kann.
Im Extremfall ist fast der ganze Körper einschließlich des Gesichts mit längeren Haaren bedeckt.
Bekannt ist der historische Fall des Petrus Gonsalvus (oder wahrscheinlicher Pedro Gonzalvez), der 1556 auf Teneriffa geboren wurde. Ein Portrait von ihm wird im Kunsthistorischen Museum auf Schloss Ambras bei Innsbruck ausgestellt. Er vererbte diese genetische Störung an einige seiner Kinder. Im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert wurden Betroffene wie Julia Pastrana oder Lionel der Löwenmensch zu Attraktionen von Kuriositätenshows. Auch die Familie Aceves aus Zacatecas in Mexiko wurde durch die Hypertrichose bekannt. Manuel Diaz-Aceves reiste als wolfman und mit einer Nichte und einem Neffen als the wolf people mit einem Zirkus durch die USA. Manchmal werden Menschen mit Hypertrichose aus PR-Gründen als Werwölfe bezeichnet.
Hypertrichose und Werwolfglauben – ein moderner Mythos
In der populären Werwolf-Literatur und auf entsprechenden Internetseiten ist oft zu lesen, dass der Volksglaube an die dämonischen Gestaltwandler auf die Bekanntschaft mit Menschen zurückzuführen sei, die an Hypertrichose - vor allem an extremer Behaarung im Gesicht und auf dem Handrücken - litten. Häufig wird auf den ersten geschichtlich belegten Fall von Hypertrichose verwiesen, auf den oben bereits erwähnten Spanier Pedro Gonzalvez (Petrus Gonsalvus). Er war ein Zeitgenosse des Bauern Peter Stübbe, der 1589 wegen angeblichen Werwolfens und Massenmords in Bedburg (bei Köln) hingerichtet wurde. Gonzalvez wurde zwar wenig schmeichelhaft mit Ausdrücken wie Hundemensch oder Wolfsmensch bedacht. Er endete aber weder auf dem Scheiterhaufen, noch lief er auf allen Vieren. Das in Schloss Ambras bei Innsbruck ausgestellte Porträt von Gonzalvez zeigt einen aufrecht stehenden Mann, der dem Wolf Man im gleichnamigen Horrorfilmklassiker (1941) sehr ähnlich sieht. Dieser hatte seinen Werwolf Lon Chaney jun. nach dem Vorbild eines in den USA bekannten und an Hypertrichose leidenden Artisten gestaltet.
Natürlich sind dies Legenden und Einzelfälle.
Richtig ist vielmehr, dass Hypertrichose eine verstärkte Behaarung bei Männern (seltener auch bei Frauen) an gewissen Körperregionen ist. Betroffene Menschen wollen keinesfalls mit Wolfsmenschen, Affenmenschen oder Artisten verglichen werden!