Video Games
Video Games war der Name der ersten deutschen Videospiele-Zeitschrift mit plattformübergreifenden Artikeln und Spieletests. Sie beschränkte sich dabei auf den Konsolenmarkt.
Die Erstausgabe 1/1991 erschien im März 1991 beim Verlag Markt & Technik; damals noch als Sonderausgabe der Power Play, dann regelmäßig in eigenständiger Form. Erster Chefredakteur war Anatol Locker. Hervorzuheben sind neben gewöhnlichen Tests auch Tests von Importspielen und Spielen für eher exotische Konsolen wie SNKs Neo Geo sowie Artikel über andere damalige Neuheiten und Nischenbereiche (3D-Technologie, Anime, etc.). Spieletests für Handheld-Konsolen waren ebenfalls fester Bestandteil.
Die Video Games beschränkte sich des Weiteren nicht nur auf die bloße Materie Videospiele an sich, sondern reicherte das Magazin auch immer wieder und verstärkt mit Anekdoten zu ihren Mitarbeitern und dem Redaktionsalltag an. Der persönliche Bezug, den die Leserschaft dadurch zu den Testern gewann und die daraus resultierende Grundstimmung dürften nicht zuletzt ein wesentlicher Aspekt für den langanhaltenden Erfolg der Zeitschrift gewesen sein.
Die Video Games beherrschte den Zeitschriftenmarkt in ihrem Sektor somit unangefochten vom auslaufenden 8-Bit-Zeitalter (NES, etc.) über die 16-Bit-Zeit (SNES, Mega Drive) bis in die Ära der 32-Bit-Konsolen (PlayStation, etc.) hinein. Für den späteren, schleichenden Niedergang des Projekts dürften wohl mehrere Faktoren ausschlaggebend gewesen sein:
- Die diversen neuen Internetmagazine und -seiten liefen den Zeitschriften immer mehr den Rang ab, machten einige Rubriken wie die der Tipps & Tricks sogar fast schon überflüssig.
- Immer neue Preiserhöhungen sowie diverse diskutierbare Layout- und Konzeptveränderungen machten das Magazin, zumal die Konkurrenz immer zahlreicher wurde, Ende der Neunzigerjahre zunehmend uninteressanter. Daran konnten auch gelegentliche Beigaben wie Poster, Sticker oder kleine Tipps&Tricks-Heftchen nicht mehr viel ändern.
- Einer der Hauptgründe für den Untergang der Video Games könnte mitunter auch im beispiellosen Siegeszug von Sonys PlayStation begründet liegen, der seinerzeit vielen Multiplattform-Magazinen das finale Aus bescherte. Denn viele der vor allem jungen Spieler und Gelegenheitsszocker hegten kein Interesse an anderen Konsolen neben der populären PlayStation und sorgten somit zwar für ein Hoch an PlayStation-Only-Magazinen, verursachten einhergehend mit ihrer Ignoranz übrigen Systemen gegenüber aber auch den Untergang zahlreicher bis dahin etablierter Multiplattform- und Nintendo-Zeitschriften.
Die letzte Ausgabe kam 3/2001 in die Läden.
Aufbau und Struktur
Jede Ausgabe der Video Games folgte einem bestimmten Aufbaumuster. Das erste Drittel der Hefte beschäftigte sich mit neu angekündigten Spielen sowie diversen szenebezogenen Happenings (Messen, Conventions...). So gegeben, wurden hier aber auch Sonderartikel (wie z.B. der zum Thema Anime) untergebracht. Die Mitte einer jeden Ausgabe nahmen stets die (in den Anfangsjahren durchweg in Schwarzweiß gehaltenen) Rubriken „Tipps & Tricks“ (Cheats und andere Gametricks), „Rat & Tat“ (Hilfe bei technischen Fragen der Leser), sowie „Mail o Mania“ (Leserbriefforum) ein. Das letzte Drittel des Magazins enthielt abschließend die Rezensionen jeweils aktuell erschienener Spiele auf den diversen Konsolen. Die Bewertungen erfolgten in Prozentpunkten von 1 - 100, wobei sowohl die Meinung des behandelnden Redakteurs, als auch die des restlichen Redaktionsgremiums einfloss. So die Redaktion das jeweilige Produkt für besonders gut befand, wurde ihm zudem die Auszeichnung „Video Games Classic“ verliehen.
Die Video Games-Redakteure (Auswahl)
- Ralph Karels
Der damalige Mathematikstudent (später Dipl.-Mathematiker und Dozent an der TU München) zeichnete sich bei der Video Games besonders für Rezensionen im Beat ’em up-Sektor verantwortlich. - Karels blieb der VG bis zur Einstellung 2001 treu. Neben seinem Hauptberuf als Dozent wirkt er heute als freier Mitarbeiter bei der Maniac mit und schreibt dort für den "Extended"-Teil.
- Dirk „Döak“ Sauer
Der Berliner nahm sich im Rahmen der Zeitschrift überwiegend die sogenannten Jump ’n’ Runs vor, deckte aber auch andere Themenbereiche ab. Dirk betreute des Weiteren die „Tipps & Tipps“-Rubrik.
- Tetsuhiko „Tet“ Hara
Da ohnehin das Gros der Games aus Japan stammte und auch die (in der Zeitschrift wiederholt behandelte) Anime-Szene mehr und mehr Interesse in Deutschland weckte, wurde einige Jahre nach dem Erstlingsheft dieser Deutsch-Japaner eingestellt. So zeichnete dieser sich, neben seinen guten Kontakten in die asiatische Szene, auch schon in jenen frühen Jahren der erwachenden, westlichen Anime-Szene bereits für die Konzeption einiger deutscher Untertitel erster offizieller Japanimationsveröffentlichungen aus. - Tet verließ die VG-Redaktion schließlich im Januar '99 und verdiente fortan seine Brötchen beim Spielehersteller Square Japan.
- Manfred „Manni“ Neumayer
In der zeitschrifteigenen Vorstellungskolumne als „der Redaktionsgrufti“ benannt. Als ältester im Team neigte er in seinen Artikeln oftmals zur Skepsis gegenüber neueren Titeln und führte einen eher nüchternen Schreibstil. Später (ab 07/95) betätigte er sich nur noch als Producer des Magazins.
- Hartmut „Harti“ Ulrich
Nach Aussagen der VG-Redaktion ein Shooter- & Action-Anhänger, der nebenbei erwähnt auch Redaktions-Chef der Video Games war und „das große Ganze“ im Auge haben musste. Zeitweise war er auch für die „Mail o Mania“-Corner zuständig. Vor seiner VG-Karriere diente er zwei Jahre bei den Fallschirmjägern. Ulrich wurde im Februar 1997 in seiner Funktion durch den nachrückenden Michael Hengst abgelöst.
- Jan Barysch / von Schweinitz und Krain, Freiherr zu Kaudern
Für die Videogames wohl nicht zuletzt wegen seiner Fähigkeiten als gelernter Fernsehtechniker angeheuert, fiel Jan stets weniger durch Rezensionen auf. Er kümmerte sich in jenen Tagen (in denen Improvisation zur Erstellung von Screenhots, „kompatibelmachen“ von Import-Testkonsolen u.Ä. noch notwendig und gefragt waren) um die technischen Belange der Video Games. In einer entsprechenden Frage & Antwort-Kolumne („Rat & Tat“) stand er somit auch den Lesern in technischen Fragen zur Seite. Im April 1997 schied Barysch aus der Redaktion aus, um sich fortan als Netzwerktechniker in einer (Zitat) „größeren Firma“ zu betätigen.
- Wolfgang Schaedle
Nicht wirklich spezialisiert auf ein Genre, fand Wolfgang wohl dem Anschein nach immer da seine Rezensionen, wo die markanteren Köpfe der Redaktion die Zeit nicht erübrigen konnten. Der Musiker und gelernte Koch löste, in seiner Eigenschaft als Veteran und Kenner der Klassikerspiele/-konsolen, aus frühen Jahren den als Rezensent ausscheidenden Neumayer ab.
- Robert „Robzäng“ Zengerle
Rockmusiker und VG-Rezensent. Er gehörte dem Team von Ende '93 bis Anfang '98 an. Neben seiner Anstellung bei der VG führte er einen Videospielladen und betätigte sich im Im- & Export.
Stefan Hartmann, der Cheatlieferant
Stefan Hartmann aus Ilvesheim machte sich einen Namen mit dem Einsenden von Cheats, die in der VG-Rubrik „Tipps & Tricks“ verwandt wurden. Hartmann war in der Sektion schlussendlich derart dauerpräsent, dass seitens der Leserschaft irgendwann gar der Verdacht aufkeimte, er sei nur ein Strohmann und die Redaktion wolle sich die Tipps-Prämien sparen, indem sie von anderen eingesandte Cheats unter diesem vermeintlichen Pseudonym veröffentliche. - Nach diversen Dementi der Redaktion wurde die Existenz von Stefan Hartmann dann auch letztlich noch auch den letzten Zweiflern offenkundig, als der Anime-Fan zusammen mit der Redaktion einen recht ausführlichen Artikel zum Thema Japanimation für das Magazin ausarbeitete.
Die Ninja-Turkeys
Anfang der 1990er-Jahre floss in die Video Games-Ausgaben als regelmäßiges Feature die Comic-Fortsetzungsreihe „Ninja Turkeys“ ein, die sowohl als Parodie auf die damalige Videospielwelt als auch auf die Redaktion des Magazins selbst konzipiert war. Zeichner und Schöpfer dieser Schwarzweißillustrationen war Karl Bihlmeier.
Storyline: Die Teenager Bruno und Alex werden nach einem Streit um eine Konsole in eine Paralleldimension katapultiert, in der die Helden und Schurken ihrer Spiele fassbare Realität sind. In dieser wirren Welt sind der einzige Rettungsanker der desorientierten Jungs die spleenigen Ninja Turkeys, eine Combo aus Ninja-Truthähnen (und Parodie auf die Ninja Turtles), die sich bereit erklären ihnen zu helfen, wieder in ihre Welt zurückzukehren. Als immer wiederkehrender Konterpart steht ihnen dabei die VG-Gang (eine Persiflage der Video Games-Redakteure) gegenüber, die dieses Vorhaben zusätzlich zu sonstigen Widrigkeiten und Gegnern zusätzlich noch erschweren und zu vereiteln suchen.
Anime & die „Video Games“
Der Bezug lag nahe, da Animeeinflüsse in Videospielen (ob deren nipponesischer Abstammung) bereits in den Neunzigern vielfach präsent waren. Die Video Games gehörte im deutschen Raum zu den ersten nennenswerten Zeitschriften, die der Japanimation einige ausführlichere Artikel widmete, wenngleich das Gros der Leser mit dieser Thematik noch gänzlich unvertraut war.
Die „Video Games“ und deutsche Zensur
Bereits im Jahr 1992 nahm sich die Video Games im Rahmen eines mehrseitigen Artikels der vieldiskutierten Themas „Zensur, Indizierung & Co.“ an, in dem sie sowohl deutsche Veröffentlichungen als auch japanische Produkte näher beleuchteten. Der finale Schluss des Artikels „die Diskussion (über die Gefährlichkeit oder Ratifizierung von Videospielen) sei müßig und in ein paar Jahren vom Tisch“ sollte sich aber nicht bewahrheiten. Denn trotzdem mittlerweile Altersfreigaben und Indizierungsgremien exzessiv über die Welt der Computerspiele wachen, ziehen diverse Politiker und andere Gruppierungen sie immer wieder als vermeintlichen Indikator für Gewalttaten und Fehlverhalten der Jugend heran.
In späteren Jahren, nachdem einige Ausgaben der VG wegen Behandlung indizierter oder beschlagnahmter Titel (wie zum Beispiel Mortal Kombat) selbst indiziert worden waren und so Verbreitungsbeschränkungen unterlagen, ging das Magazin dazu über, für Spiele mit „bedenklichen“ Inhalten keine Wertungen mehr abzugeben. Zudem wurden für jedes behandelte Spiel Altersempfehlungen ausgesprochen oder, in späteren Jahren, die jeweils geltenden Altersfreigaben angegeben.