Cannabis als Rauschmittel
Cannabis ist der Sammelbegriff für die aus Hanf (Cannabis Sativa L., Cannabis Indica), einem Verwandten des Hopfens, hergestellten leichten Rauschmittel. Die berauschende Wirkung wird vor allem von den Cannaboiden wie Tetrahydrocannabinol (THC) oder Cannabidiol (CBD) verursacht, die bestimmte Rezeptoren in der Großhirnrinde stimulieren.
Die bekanntesten Verwendungsformen sind Marihuana, also getrocknete Blütenstände, Haschisch, gepresste Harze der Hanfpflanze, die meistens geraucht oder in Fett gelöst gegessen werden, oder das ätherische Haschöl, das verdampft eingeatmet oder gegessen, bzw. getrunken wird. In Medikamentenform wird meist reines THC verwendet. Synthetisch kann lediglich die delta-8-THC-Form produziert werden, weil synthetisches delta-9-THC zu instabil ist. Es weist nur ungefähr 70 % der Wirksamkeit der natürlichen Form auf.
Je nach Art der Anwendung liegt der Wirkungseintritt bei 1-10 Minuten beim Inhalieren und 30-300 Minuten bei oraler Aufnahme. Die Wirkung hält bis zu 12 Stunden an und beginnt mit einem High, das unter anderem durch Euphorie, Redseligkeit, Entspannung oder kindisches Gelächter geprägt sein kann. Ebenfalls können leichte Wahrnehmungsveränderungen bei Farben, Formen oder Tönen auftreten. Diese Phase ist durch das THC geprägt, welches eine kürzere Wirkdauer als das CBD besitzt. Wenn es nachlässt, tritt die sedierende CBD-Wirkung in den Vordergrund.
Gesetzliche Regelungen
In Deutschland ist laut Betäubungsmittelgesetz der Besitz von Pflanzenteilen und Saatgut strafbar, es gibt jedoch weite Bestrebungen aus vielerlei Richtungen, dieses Gesetz zu ändern. In der Regel werden Verfahren wegen Besitzes geringer Mengen Cannabis zum Eigenverbrauch jedoch eingestellt. Das Bundesverfassungsgericht kam der 1994 vom Lübecker Richter Neskovic angestrengten Legalisierung nicht nach. Es beauftragte aber die Innenminsterkonferenz, eine bundesweit gültige Höchstgrenze für Eigenverbrauchsmengen festzulegen. Dies wird bis heute von Bayern und Baden-Württemberg blockiert. In Österreich ist laut Suchtmittelgesetz nur der Besitz von Saatgut nicht strafbar. In Kanada und den Niederlanden wird Cannabis seit 2003 zur medizinischen Verwendung staatlich kontrolliert an bedürftige Patienten abgegeben, ohne dass diese Angst vor einer Verfolgung durch die Justiz haben müssen. Seit September 2003 ist in den Niederlanden Marihuana als apothekenpflichtiges Medikament zugelassen.
Zur Geschichte der Anwendung
Obwohl Hanf seit etwa 5000 Jahren, zuerst in China, zur Fasergewinnung angebaut wurde, finden sich erste Berichte über die Anwendung der Inhaltsstoffe zu medizinischen oder rituellen Zwecken erst in indischer Literatur vor etwa 2400 Jahren. Hier werden schwach konzentrierte Wirkstoffe (Bhang, Ganja) als gesellschaftlich akzeptabel angesehen, stärkere Drogen (Haschish) jedoch abgelehnt. Medizinische Literatur dieser Zeit beschreibt auch Anwendungen in der Epilepsie und bei Schmerzen.
Mit der Ankunft von Hanf in Europa im 17. Jahrhundert setzten zwei Betrachtungsweisen ein: In Frankreich wurden die bewusstseinsverändernden Eigenschaften der Inhaltsstoffe, insbesondere in literarischen Kreisen (Alexandre Dumas (Vater) Der Graf von Monte Christo, Fitzhugh Ludlow The Hasheesh Eater) betont, während in England medizinische Anwendungen (W. B. O'Shanghnessy: Beruhigungsmittel, Anfallslinderung, Krampflinderung) im Vordergrund standen.
Bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts war Cannabis, gewöhnlich in wässeriger Lösung, ein leicht verfügbares Medikament. Zusammen mit der Prohibition in den USA wurde jedoch auch Cannabis als eine Gefahr für die Gesellschaft angesehen. Hintergrund war jedoch, dass die mächtigen Baumwollfarmerverbände der Südstaaten und Tabakproduzenten fürchteten, an das Hanf Marktanteile zu verlieren und unter Hinweis auf die Rauschwirkung zum Verbot drängten. Im Jahre 1925 fand die Internationale Opium-Konferenz in Genf statt. Dort wurde auch ein Verbot von Cannabis diskutiert.
Obwohl in den europäischen Staaten mit Ausnahme von Portugal, wo der Konsum von Cannabis zu "Aufmüpfigkeit unter den Negersklaven" geführt hatte, keine negativen Auswirkungen des Cannabis-Konsums bekannt waren, wurde auf Drängen von Ägypten, das seinerseits damit gedroht hatte, die Einfuhr von Kokain und Heroin aus Europa zu verbieten, Cannabis zu einer illegalen Droge erklärt. Diese gesetzliche Stellung haftet Cannabis seither an, obwohl es keine allgemein akzeptierten medizinische Studien zu seiner Gefährlichkeit gibt.
Möglicherweise spielt die enorm vielseitige Verwertbarkeit des Hanfes eine große Rolle dabei, dass Cannabis bis heute illegalisiert bleibt. Denn Hanf steht z. B. in Konkurrenz zu Holzprodukten wie Papier, Textilien, Lebensmittelölen und vor allem zu Tabak und einer Vielzahl von chemisch hergestellten und patentierten Medikamenten.
Folgen für die Gesundheit
In der Diskussion um die Legalisierung des Cannabiskonsums ist das Gefährdungspotential für den Langzeitkonsumenten von Bedeutung.
Toxizität
THC ist nur in sehr hoher Dosis (nach Tierversuchen 125 mg pro kg Körpergewicht) toxisch. Solche Konzentrationen sind nur durch Rauchen mehrerer 100 Joints zu erreichen. Wohl daher sind keine Todesfälle, die auf einer Überdosis von Cannabis beruhen, bekannt. Jährlich sterben jedoch weltweit Hunderttausende an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums, und das im Tabak enthaltene Nikotin ist das zweitstärkste in der Natur vorkommende Nervengift. Sowohl Alkohol als auch Nikotin haben, im Gegensatz zu THC, ein hohes Suchtpotential. Aus diesem Grunde sind Joints nicht so harmlos, wie viele denken, da die Gefahren des Rauchens, über die man schon oft genug aufgeklärt worden ist mit denen des Hanfs addiert werden. Es existieren Vermutungen, dass durch die Kombination dieser zwei Drogen der Schaden vervielfacht wird, dies konnte aber bisher nicht ausreichend belegt werden. Cannabis steht im Verdacht, dass bei längerem Konsum eine physische Abhängigkeit erzeugt wird. Die Förderung einer seelischen Abhängigkeit durch Gewöhnung an die spannungslösende Wirkung ist wahrscheinlich stärker als beim Alkohol. Anders als beim Alkohol verbleiben noch lange Zeit nach dem Cannabis-Konsum Metaboliten im Körper zurück. Leberschädigungen könnten damit in Zusammenhang stehen (Kew, Possible Hepatoxity of Cannabis, The Lancet 1, S. 578f.). Allerdings ist hinzuzufügen, dass die Gefahren des Hanfs weitaus weniger gravierend sind als die des Alkohols, bei dem die Gefahr der körperlichen Abhängigkeit hinzukommt. Das größere Problem besteht darin, dass aufgrund der Illegalität des Hanfs in Deutschland die Dealer jenen Stoff gerne mit anderen Stoffen strecken, um ihren Gewinn zu erhöhen. Das wirklich absurde besteht nun darin, dass dies durch das deutsche Betäubungsmittelgesetz insoweit noch gefördert wird, dass das Strafmaß nach der Menge an THC bestimmt wird. Auf gut Deutsch: Wenn du 50g Hanf besitzt, welches nicht gestreckt ist, ist ein hohes Strafmaß zu befürchten. Wenn du dagegen 25g Hanf mit 25g anderen Stoffen streckst, so wird die Strafe niedriger ausfallen! Aus diesem Grunde gilt es sich zu fragen, ob eine Märktetrennung nicht die sinnvollere Alternative zum Verbot wäre, zumal darauf noch Steuern erhoben werden können, die in Vorbeugungsmaßnahmen investiert werden könnten.
Auswirkungen auf das Gehirn
Aufgrund der Wirkung des THC auf das Gehirn wurde es auf mögliche bleibende Veränderungen in Struktur oder Funktion untersucht. Dabei wurden keine (etwa durch Computertomographie sichtbare) Veränderungen erkannt. Allerdings hat eine Untersuchung ergeben, dass der Konsum durch Jugendliche einen Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns haben kann; es wurde bei Menschen, die vor einem Alter von 17 Jahren Cannabis benutzten, ein verringertes Hirnvolumen sowie ein erhöhtes Verhältnis von weißer zu grauer Hirnmasse festgestellt. (W. Wilson et al., Journal of Addictive Diseases, 19, 1-22 (2000))
Daneben wurde festgestellt, dass Langzeitkonsumenten eine verminderte Durchblutung der Großhirnrinde aufweisen. (Volkow et al., Psychatry Research: Neuroimaging, 67, 29-38 (1996); Block et al., NeuroReport, 11, 749-753 (2000))
Konsumformen
- inhalativ
- oral
- essen
- Butter
- Gebäck
- Schokolade
- trinken
- alkoholischer Extrakt
- Kakao
- Tee
- Pflanzenextrakt oder THC in Reinform als Medikament
- essen
Gesundheitsbelastung: oral/aerosolspray < vaporisieren <<< rauchen
Während Rauchen die Atmungsorgane und den Magen stark belasten kann, birgt Vaporisieren nur ein geringes Risiko und bei oralem Konsum, bzw. als Aerosolspray konnte bisher keines nachgewiesen werden.
Cannabis als Medizin
Die heilenden Eigenschaften der Cannabis-Pflanze werden bereits seit Jahrtausenden vielseitig in der Medizin genutzt. Besonders in der asiatischen Medizin genießt sie bis heute großes Ansehen. Sie kann bei vielen verschiedenen akuten und chronischen Krankheiten zur Heilung oder Linderung der Symptome eingesetzt werden, wobei ganz oder teilweise auf andere Medikamente verzichtet werden kann. Vor allem Multiple Sklerose-, AIDS- und Krebspatienten schätzen die schmerzlindernde und appetitanregende Wirkung, sowie Linderung der schweren Nebenwirkungen der Chemotherapie und aggressiver Medikamente.
Dem gegenüber stehen allerdings die Ergebnisse der Evidenbasierten Medizin: Es gibt wohl vielversprechende Ansätze, die aus der Grundlagenforschung kommen - die bislang vorliegenden Studien belegen jedoch keine klinische Wirksamkeit - weder bei der Multiplen Sklerose, den anderen spastischen Störungen wie Querschnittsyndromen, Bewegungsstörungen wie dem Morbus Parkinson, der Chorea Huntington, der Dystonie und dem Gilles-de-la-Tourette-Syndrom; der Epilepsie - auch wenn bestimmte Cannaboide einen antikonvulsiven Effekt haben könnten. Ebenfalls können noch keine Empfehlungen zu einem Einsatz im Sinne einer Neuroprotektion bei Schädel-Hirn-Traumata und zerebraler Ischämie ausgesprochen werden. Große kontrollierte Studien werden hier noch gefordert, bevor der Einsatz von Cannaboiden in der klinischen Praxis befürwortet werden könnte. Allerdings ist es möglich, dass in Zukunft synthetische Cannaboide oder Stoffe, die endogene Cannaboide freisetzen, in der Behandlung dieser Krankheiten eine wichtige Rolle spielen. (Quelle: P. Schwenkreis; M. Tegenthoff; Bochum: "Therapeutischer Einatz von Cannaboiden bei neurologischen Erkrankungen" in: "Der Schmerz" (Band 17, Heft 5, Oktober 2003)
Wirkspektrum
- antibakteriell
- antiemetisch (brechreizhemmend)
- antiepileptisch
- antiviral
- appetitanregend
- bronchienerweiternd
- entkrampfend
- entzündungshemmend
- fiebersenkend
- gefühlsintensivierend
- gerinnungshemmend
- juckreizhemmend
- kommunikationsfördernd
- stimmungsaufhellend
- schmerzstillend
- schlaffördernd
- temperatursteigernd
- tumorhemmend
Anwendungsgebiete
- AIDS
- Drogenabhängigkeit (v.a. Alkohol und Heroin)
- Asthma
- Epilepsie
- Depression
- Glaukom
- Krebs (Nebenwirkungen der Chemotherapie)
- Magersucht
- Migräne
- Multiple Sklerose
- Neurodermitis
- Schlafstörungen
- Schmerzzustände
- Spastiken
- Streßzustände
- Tourette-Syndrom
Erwünschte und unerwünschte Wirkungen
- leichte Euphorie
- Rauschzustände
- Schwindel
- Tachykardie (beschleunigter Puls)
- trockene Schleimhäute
- Hungergefühl
- erotisierend und aphrodisierend
- Enthemmung
selten:
- Erbrechen
- Halluzinationen
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
Nicht anwenden
- Herzkrankheit
- Lungenkrankheit
- psychische Erkrankungen
- Schwangerschaft und Stillzeit
Anwendung in der alternativen Medizin
Eine gesundheitsschädigende Wirkung von Cannabis bei gelegentlichem Konsum konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Wird Cannabis jedoch geraucht, kann es zur Beeinträchtigung der Atemwege bis hin zu chronischer Bronchitis oder Lungenentztündung kommen. Die Beimischung von Tabak verstärkt diese Risiken in besonderem Maße. Während der Rauch von Cannabis nur 1/15 der Atemwege (die oberen Bronchien) belastet, sind es bei Tabak die restlichen 14/15. Zusätzlich wird das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Im Gegensatz zu Tabak enthält der Rauch keine radioaktiven Bestandteile.
Cannabis und Straßenverkehr
Bislang gab es weltweit eine einzige Studie über den Einfluss von THC auf das Autofahren, die nicht im Labor, sondern im Verkehr durchgeführt wurde. Sie wurde 1993 von der nationalen US-Verkehrsbehörde bei der Uni Maastricht in Auftrag gegeben. Sie ergab, dass sich mäßiger THC-Einfluss auf das Fahrverhalten positiv auswirkt, da sich die Fahrer defensiver verhalten. Sie kam allerdings sofort unter Verschluss.
Drei Jahre lang wurden in Zusammenarbeit zwischen der Universität Adelaide und dem australischen Verkehrsministerium Autonfälle mit Schwerverletzten und Toten auf den Zusammenhang mit Drogeneinwirkung ausgewertet. Dabei wurde Nüchternheit mit dem Faktor 1 belegt - während ein Blutalkoholgehalt von 0,6 bis 1,0 Promille die Unfallgefahr um das 4,2-fache erhöht, wurde festgestellt, dass Fahren unter THC-Einfluss nur den Faktor 0,6 hatte. Studien der University of Michigan und im Auftrag des britischen Transportministeriums kamen zu ähnlichen Ergebnissen.
Weblinks
- Cannabislegal die deutschsprachige Seite über Cannabis
- die deutsche Cannabis FAQ
- viel Interessantes findet sich auch im Cannabis-Abschnitt der FAQ der Newsgroup de.soc.dogen und im cannabis-archiv.de
- Hanfbroschüre die Hanfbroschüre der LAG Drogen Berlin von Bündnis 90/Die Grünen
- Diskutieren lässt sich im Hanfforum und in der Newsgroup de.soc.drogen
- Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (IACM)
- [1] Marihuana Use and Driving
- [2] Studie des UK-Transportministeriums
siehe auch: Haschisch, Marihuana, Droge, Hinweis Gesundheitsthemen, Hinweis Rechtsthemen