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Deutsche Sprache

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Deutsch
Gesprochen in: Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein, Italien (Südtirol), Belgien (Eupen), Frankreich (Elsass / Lothringen),

Weitere (>100.000 Sprecher):
Brasilien, Argentinien, Australien, Kasachstan, Polen, Ungarn
Muttersprachler: 101 Millionen
Zweitsprachler: etwa 20 Millionen
Rang: 9
Linguistische
Klassifikation:
Indogermanisch
Germanisch
West-Germanisch
Hochdeutsch
Offizieller Status
Amtssprache in: Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein, Belgien, Italien, Namibia
Reguliert durch: -
Sprachcode
ISO 639-1: de
ISO 639-2 (B): ger
ISO 639-2 (T): deu
SIL: GER

Die deutsche Sprache (Deutsch) zählt zur Familie der indogermanischen (indoeuropäischen) Sprachen, spezifisch zu den westgermanischen Sprachen.

Geschichte

Als hochdeutsche Sprache bezeichnet man zunächst alle germanischen Dialekte, die im frühen Mittelalter an der zweiten oder althochdeutschen Lautverschiebung beteiligt waren (alemannisch, bairisch, ost-, rhein-, mittelfränkisch = ober- und mitteldeutsche Mundarten = hochdeutsche Mundarten). Die germanischen Dialekte, die diese zweite germanische Lautverschiebung nicht oder nur zu einem sehr geringen Teil mitgemacht haben, bezeichnet man seit der frühen Neuzeit als niederdeutsche Sprache = Niederdeutsch.

Das Wort "teutsch" (deutsch) bildete sich dabei innerhalb des Lateinischen aus dem germanischen Wort für "Volk" (thioda, thiodisk) heraus und bezeichnete die Sprache der nicht lateinisch (und nicht romanisch) sprechenden Bevölkerung. Die ältere Bezeichnung "fränkisch" für die eigene Sprache traf etwa seit dem 9. Jahrhundert nicht mehr eindeutig zu, nachdem einerseits die westfränkische Oberschicht im späteren Frankreich den romanischen Dialekt der einheimischen Bevölkerung übernommen hatte und anderseits das Ostfrankenreich auch nicht-fränkische Stämme wie die Alemannen, die Bayern und die Sachsen umfasste.

Da während des ganzen Mittelalters im Unterschied zu den Nachbarländern in den deutschen (westgermanischen) Landen (Deutschland) stark territorial zersplitterte Strukturen existierten, entwickelten sich die zum Teil extrem unterschiedlichen deutschen Dialekte (deutsche Mundarten) lange parallel nebeneinander her.

Einen ersten Ansatz zu einem überregionalen Ausgleich der Mundarten hat man teilweise in der mittelhochdeutschen Dichtersprache der höfischen Dichtung um 1200 sehen wollen. In der Tat ist teilweise das Bemühen der Dichter zu erkennen, nur regional verständliches Vokabular und dialektale lautliche Besonderheiten zu vermeiden, um ein überregionales Verständnis ihrer Werke zu ermöglichen; andererseits darf aber der Einfluss der Dichter zu einer Zeit, als nur eine verschwindend geringe Minderheit der Bevölkerung alphabetisiert war, nicht überschätzt werden. Der Beginn der neuhochdeutschen Schrift- und Standardsprache kann daher erst in überregionalen Ausgleichsprozessen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit gesehen werden.

Datei:Heutige deutsche Mundarten.PNG
Das heutige deutsche und niederländische Sprachgebiet

Während die Standardsprache in den meisten europäischen Ländern aus dem Dialekt der jeweiligen Hauptstadt hervorgegangen ist, stellt die heutige deutsche Hochsprache (Standardsprache) eine Art "Kompromiss" zwischen den mittel- und oberdeutschen Dialekten südlich der Benrather Linie dar.

In Norddeutschland hat sich das Hochdeutsche, vor allem im Gefolge der Reformation als Amts- und Schulsprache gegen das Meißenische und das Niederdeutsche (Plattdeutsche/Niedersächsische und Niederfränkische) durchgesetzt. Zur Blütezeit der Hanse fungierte das Niederdeutsche als Verkehrssprache im gesamten Nord- und Ostseeraum. Auch die Niederländische Sprache gehört genetisch zu den niederdeutschen Sprachen.

Martin Luther übersetzte 1521 das Neue Testament und 1534 das Alte Testament in die sich damals noch entwickelnde neuhochdeutsche Schriftsprache. Die dort verwendete Sprache in einer ostmitteldeutschen Färbung prägte durch die religiöse Bedeutung Luthers ganze Generationen. Es muss aber angemerkt werden, dass Luthers Bedeutung im Hinblick auf die Entstehung der Neuhochdeutschen Schriftsprache lange Zeit überschätzt wurde. Bereits seit dem 14. Jahrhundert bildete sich allmählich eine immer stärker überregional geprägte Schriftsprache heraus, die man auch als Frühneuhochdeutsch bezeichnet. Die Herausbildung der hochdeutschen Schriftsprache war im 17. Jahrhundert zum Großteil abgeschlossen. Durch die Beseitigung der so genannten Letternhäufelung im 18. Jahrhundert wurde das seitdem in Grundzügen kaum veränderte deutsche Schriftbild abgerundet.

Die Geschichte der deutschen Sprache wird häufig in vier Abschnitte unterteilt:

Johann Christoph Adelung veröffentlichte 1781 das erste große Wörterbuch. Jacob und Wilhelm Grimm begannen 1852 mit der Herausgabe des umfassendsten Deutschen Wörterbuchs, das 1961 vollendet wurde, aber seither einer Überarbeitung unterzogen wird.

Die deutsche Rechtschreibung wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend normiert. Ein Durchbruch zu einer deutschen "Einheitsschreibung" gelang mit dem "Orthographischen Wörterbuch der deutschen Sprache" von Konrad Duden (1880), das in der Rechtschreibreform von 1901 in leicht veränderter Form zur Grundlage der amtlichen Rechtschreibung erklärt wurde. Erst 1996 kam es zu einer erneuten Rechtschreibreform. Siehe dazu auch Geschichte der deutschen Rechtschreibung.

In der Bundesrepublik Deutschland ist Hochdeutsch:

In Österreich ist laut Artikel 8. (1) Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.

Länder, in denen Deutsch gesprochen wird:

als offizielle Hauptsprache

als Amtssprache (neben anderen Sprachen)

Dass Deutsch beinahe Amtssprache der USA geworden wäre, ist ein Gerücht (Mühlenberg-Legende).

als Minderheitensprache

Siehe auch: Deutschsprachige Minderheiten

als Fremdsprache

Deutsch (Hochdeutsch) wird in vielen Ländern als Fremdsprache gelernt; in Europa ist es nach Englisch am weitesten verbreitet. Besonders häufig wird Hochdeutsch als Fremdsprache in den Niederlanden, Skandinavien, Baltikum, Slowenien, Kroatien, Polen, Japan, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Ungarn, Montenegro und Mazedonien gewählt. Teilweise gilt Deutsch in diesen Ländern als erste Schulfremdsprache und steht damit noch vor dem Englischen. In anderen Ländern, so zum Beispiel in Frankreich und den USA, verliert Deutsch zunehmend an Bedeutung gegenüber Spanisch.

In Ostasien (Japan) wurde im 19. und 20. Jahrhundert Deutsch als Medizinsprache verwendet (an Stelle von Latein).

Nach einer Erhebung der Ständigen Arbeitsgruppe Deutsch als Fremdsprache, der u.a. das Auswärtige Amt und das Goethe-Institut angehören, gab es 2000 die meisten Deutschlerner in:

Aussprache

Nachdem sich die neuhochdeutsche Schriftsprache herausgebildet hatte, setzte sich in gebildeten Kreisen die Idealvorstellung der Schreiblautung durch. Damit ist eine Aussprache gemeint, die sich möglichst stark am Geschriebenen orientiert. Im 19. Jahrhundert kam die Vorstellung auf, dass das beste Deutsch auf der Theaterbühne gesprochen werde. Auch die Aussprache in Norddeutschland wurde als vorbildlich eingestuft, da sich das Niederdeutsche zu stark von der Standardsprache unterscheidet und diese deshalb nicht so leicht beeinflussen kann. Deswegen orientiert sich die dortige Aussprache der im Zeitalter der Reformation übernommenen hochdeutschen Schriftsprache an der Schreibung, so dass man das Ideal der Schreiblautung in dieser Region am ehesten als verwirklicht betrachten kann.

Die Aussprache des Deutschen wurde erstmals 1898 in der "Deutschen Bühnensprache" von Theodor Siebs für den Gebrauch im Theater kodifiziert. Heute existieren verschiedene Aussprachewörterbücher, die in einigen Punkten von einander abweichen.

Die Aussprache des Deutschen in den verschieden Sprachgebieten weicht unterschiedlich stark voneinander ab (Siehe dazu z. B den Artikel Helvetismus.) Wenn sogar die Aussprache der Schriftsprache markante regionale Unterschiede aufweist, dann gilt das erst recht für die regionalen Dialekte. Die nachfolgenden Abschnitte beschreiben die Aussprache der Standardsprache. Vieles davon trifft auf einzelne oder mehrere Dialekte nicht zu. Insbesondere das phonetische Inventar der Dialekte weicht oft beträchtlich von der Standardsprache ab.

Eine große Wirkung geht heutzutage von den deutschen Fernseh- und Rundfunkprogrammen aus, bei denen überwiegend auf eine Aussprache geachtet wird, die sich stark an der hochdeutschen Schriftsprache orientiert.

Akzentuierung von Wörtern und Sätzen

In deutschen Wörtern wird meistens die Stammsilbe betont ('le-sen, 'Spra-che, ver'steh-en, ent-'füh-ren), aber auch einige Präfixe ('Aus-spra-che, 'vorlesen) und Suffixe (z. B. -ei wie in Bä-cke-'rei) können den Akzent tragen. Das bedeutet, dass der Akzent im Deutschen beweglich ist, da er innerhalb einer Wortfamilie variieren kann (Vergleiche z. B. 'Aussprache, 'Sprache und be'sprechen).

Bei zusammengesetzten Wörtern (Komposita) wird immer das erste Wort (Bestimmungswort) betont.

Für Fremdwörter im Deutschen lassen sich keine Regeln angeben, da die Betonung häufig zusammen mit dem Wort übernommen wird.

Die betonte Silbe wird im Vergleich zu den unbetonten stärker, und damit lauter gesprochen (dynamischer Akzent). Silben mit langem Vokal können zusätzlich gedehnt werden, um dem betreffenden Wort mehr Gewicht zu verleihen (temporaler Akzent).

Der Hauptakzent liegt im Satz auf dem Rhema, meistens gegen Ende des Satzes.

Intonation

Deutsch kennt drei verschiedene Melodieverläufe, nämlich fallende, steigende und schwebende (progrediente) Intonation. Die fallende Intonation kennzeichnet den Satzschluss bei Aussagesätzen und Wortfragen wie zum Beispiel bei den Sätzen: Wann kommst du? - Ich komme jetzt. Die schwebende Intonation wird bei Pausen wie zum Beispiel zwischen Haupt- und Nebensatz verwendet. Die steigende Intonation ist typisch für Satzfragen (auch Entscheidungsfragen) wie zum Beispiel: "Isst du gerne Schokolade?". Auch Wortfragen können mit steigender Intonation gesprochen werden, wenn man ihnen einen freundlichen Ton verleihen will.

Die Hebung oder Senkung der Stimme erfolgt ausgehend von der letzten betonten Silbe im Satz. Bei fallender Intonation wird diese Silbe etwas höher gesprochen als die vorangehenden. Die nachfolgenden Silben fallen dann bis unter das Niveau des Satzes. Ist die letzte betonte Silbe ein einziges Wort, findet diese Melodiebewegung innerhalb dieses Wortes statt. Bei steigender Intonation wird die letzte betonte Silbe analog etwas tiefer gesprochen.

Konsonanten

noch auszuführen vgl. auch Auslautverhärtung

Vokalsystem

Das Vokalsystem des Deutschen ist mit 15 Vokalphonemen ziemlich groß (Spanisch zum Beispiel kennt nur 7).

Diese Vokalphoneme werden durch die acht Vokalbuchstaben a, e, i, o, u, ä, ö und ü dargestellt, sowie durch "y", welches auch als Konsonant verwendet wird.

Die Vokalphoneme können in Paare eingeteilt werden, die sich aufgrund ihrer Länge (Quantität) voneinander unterscheiden. [aː] : [a]; [iː] : [ɪ]; [oː] : [ɒ]; [uː] : [ʊ]; [ ɛː] : [ ɛ]; [øː] : [œ]; [yː] : [ʏ]; zu [eː] existiert kein kurzes Gegenstück. Auf Deutsch gibt es also Wörter, deren Aussprache sich nur durch die Länge ihres Vokals voneinander unterscheidet wie zum Beispiel bei Höhle und Hölle (['høːlə] bzw. ['hœlə])

Die Quantität der Vokale kann meistens aus der Schreibung abgeleitet werden. Länge kann durch doppelten Vokalbuchstaben (z. B. ee wie in Tee), Vokal plus h (z. B. ah wie in Zahl) oder für i durch die Buchstabenkombination ie oder ieh (wie in Liebe oder ziehen) gekennzeichnet werden.

Ebenfalls lang sind Vokale in offenen Silben wie das e in Leben oder das a in Tage. Ebenfalls lang sind Vokale, die zwar in geschlossenen Silben stehen, welche aber so erweitert werden können, dass eine offene Silbe entsteht. Bei "hörst" handelt es sich um eine geschlossene Silbe, "hö" in hören ist offen, deshalb wird auch das ö in hörst lang gesprochen.

Zwei gleiche Konsonanten nach einem Vokalbuchstaben signalisieren dessen Kürze (zum Beispiel in Sonne, bellen, Ratte). Da in der Schweiz das Eszett nicht existiert, ist dieser Schluss bei Doppel-s nicht sicher.

Vokale in geschlossenen Silben, die nicht erweitert werden können, wie zum Beispiel bei mit, werden ebenfalls kurz gesprochen.

Numerus

Die deutsche Sprache unterscheidet Singular und Plural in den Formen der Substantive, Adjektive, Pronomina und Verben.

Beim Nomen kann der Plural durch Anhängen eines Suffixes und/oder durch die Variation eines Vokals (Umlaut) angezeigt werden (s. unten: Deklination)

Genera

Das Deutsche kennt drei Genera:

  • Maskulinum
  • Femininum
  • Neutrum

Substantivierte Adjektive und Verben sind grundsätzlich neutral. Substantive, die mit den Silben -keit und -heit enden, sind grundsätzlich Femina. Die Endsilbe -chen lässt jedes Substantiv zum Neutrum werden; auffallend in diesem Zusammenhang ist, dass sich natürliches Geschlecht und grammatisches Genus unterscheiden können: z. B. das Mädchen.

Deklination

Zu unterscheiden sind vier Kasusformen: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ. Einige Kasusendungen sind in der Sprachgeschichte verloren gegangen, so dass der Artikel als zusätzlicher Kasusanzeiger dienen kann. Gut markiert sind im Singular der Genitiv, im Plural der Dativ.

Singular

  • Alle Feminina zeigen keine Veränderung, Maskulina und Neutra folgen einem der beiden Typen b oder c:
  • a) Frau Frau Frau Frau
  • b) Löwe Löwen Löwen Löwen
  • c1) Geist Geistes Geist(e) Geist
  • c2) Segel Segels Segel Segel

Plural

Grundregeln (gültig für ca. 70% der Substantive):

  • Maskuline und neutrale Substantive bilden den Plural mit -e "Dative", "Substantive "
  • Feminina bilden den Plural mit -(e)n "Frauen"
  • Eigennamen, Abkürzungen, viele Fremdwörter, Substantivierungen, Onomatopoetika bilden den Plural mit -s "LKWs", "Shirts"

Mündlich fällt auslautendes Schwa ("e" geschrieben) oft weg: "Ampeln", "Hosen", "Nachbarn"

Zusatzregeln:

  • Einige Maskulina/Neutra bilden den Plural auf -(e)n "Bären"
  • Einige Maskulina/Neutra bilden den Plural auf -(e)r (+ Umlaut) "Kinder, Männer"
  • Einige Maskulina, 2 Neutra bilden den Plural auf -e + Umlaut "Söhne"
  • Einige Feminina bilden den Plural auf -e (+ Umlaut) "Bänke"
  • Maskulina/Neutra auf -el,-en,-er,-lein bleiben im Plural ohne Endung "Wagen", "Lehrer"

Fremd- und Fachwörter, die aus dem Lateinischen oder Griechischen stammen, bilden den Plural manchmal in Anlehnung an die Ursprungssprache:

  • Visum, Visa
  • Virus, Viren
  • Atlas, Atlanten

Es gibt auch Wörter, bei denen zwei Pluralbildungen vorkommen, wobei die Bedeutung der beiden Plurale sich unterscheidet:

  • Wort, Worte, Wörter
  • Für den Dativ als einzigen im Plural speziell markierten Kasus gilt, dass Substantive auf -e oder -er und im Nominativ endungslose ein -n haben: "den Männern", "den Löhnen".

Kasus

Im Deutschen existieren vier grammatikalische Fälle:

  • Nominativ (Frage: Wer oder was?) (Subjekt, Redegegenstand; Prädikativ) "Hans ist Bäcker"
  • Genitiv (Frage: Wessen?) (attributiv, Objekt bei wenigen Verben) "Claudias Tasche"; "seiner gedenken"
  • Dativ (Frage: Wem?) (von Handlung/Ereignis betroffene Personen oder Dinge) "jemandem vertrauen"
  • Akkusativ (Frage: Wen oder was?) (Objekt, auf das eine Handlung zielt, das von einem Prozess erfasst wird) "ein Buch verschenken", "ein Programm abschießen"
  • Der Vokativ (Anredefall) entspricht formal dem Nominativ "Kater, verzieh dich"

Der Genitiv wird heute zunehmend durch Konstruktionen mit Präposition und Dativ ersetzt (was jedoch in der Schriftsprache noch als Fehler gilt!):

  • die Freundin meines Vaters → die Freundin von meinem Vater (umgangssprachlich und in Dialekten auch "meinem Vater seine Freundin")
  • wegen des Regens → wegen dem Regen

Nach wegen steht immer der Genitiv (wegen des Regens), im Plural wird der Dativ verwendet, wenn der Genitiv nicht erkennbar ist (wegen manchem).

Tempusformen

Das Deutsche kennt folgende Zeiten oder Tempusformen:

Zeitachse der Gegenwart

  • Präsens (zur Sprechzeit aktuell: Ich schreibe.)
  • Futur I (demnächst erst aktuell: Ich werde schreiben.)
  • Perfekt (jetzt vollzogen: Ich habe geschrieben.)
  • Futur II (erst zum genannten Zeitpunkt vollzogen: Ich werde morgen geschrieben haben.)
  • Konjunktiv I (zur Distanzierung vom Wahrheitsgehalt einer Aussage: "Er sagt, sie schreibe das, aber er wisse nicht, ob das stimmt.")
  • Konjunktiv II (Spekulationen: "Er sagt, er schriebe das, wenn er Zeit hätte.)
  • Konjunktiv III (anstelle K I und K II: "Er sagte, sie/er würde das schreiben, aber/wenn ...")

Zeitachse der Vergangenheit

  • Präteritum (damals aktuell: Ich schrieb.) Für Jacob Grimm ist das Präteritum die einzige richtige Zeitform, die das Deutsche hat. Es ist die klassische Erzählvergangenheitsform. In Norddeutschland ist der Gebrauch des Präteritums in der Umgangssprache nahezu unverzichtbar, allerdings nimmt des Perfekt im Gebrauch zu. Dahingegen wird in Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz mit der Ausnahme der Hilfs- und Modalverben statt des Präteritums auch dort das Perfekt verwendet, wo in Norddeutschland das Präteritum üblich wäre.
  • Plusquamperfekt (damals bereits vollzogen: Ich hatte ihm geschrieben.)
  • Doppeltes Perfekt ("Ich habe ihm geschrieben gehabt"), Doppeltes Plusquamperfekt ("Ich hatte ihm geschrieben gehabt") und Futur III ("ich werde ihm geschrieben gehabt haben"); das Doppelte Perfekt ist im Süden des deutschen Sprachraums entstanden, um Vorzeitigkeit auszudrücken, wenn im Perfekt erzählt wird.
  • Konjunktiv I (zur Distanzierung vom Wahrheitsgehalt einer Aussage: "Er sagte, sie habe das geschrieben, aber er wisse nicht, ob das stimmt.")
  • Konjunktiv II (Spekulationen: "Er sagte, er hätte das geschrieben, wenn er Zeit gehabt hätte.)
  • Konjunktiv III (anstelle K I und K II: "Er sagte, sie/er würde das geschrieben haben, aber/wenn ...")

Anwendungsbereiche der Tempusformen

Die wichtigste Form ist das Präsens. Es kann als historisches Präsens Präteritum bzw. Perfekt ersetzen und steht vor allem in der Umgangssprache vielfach für das Futur I. In diesen Fällen stehen ergänzend Adverbiale des Ortes oder der Zeit.

Bildung der Tempusformen

Die Formen der Vergangenheitstempora Plusquamperfekt und Perfekt werden gebildet mit den Hilfsverben haben oder sein und dem Partizip II (oder Partizip Perfekt). Das Präteritum verwendet den Stamm des Infinitivs.

Die Futurformen werden mit dem Verb werden bzw. (Futur II) werden und haben bzw. sein gebildet.

Plusquamperfekt, Futur II und auch Futur I werden eher selten in der gesprochenen Sprache verwendet. Manche Dialekte kennen diese Tempora nicht. Einige Dialekte kennen dafür das Plusplusquamperfekt, in dem das Hilfsverb selbst das Perfekt verwendet. Süddeutsche Dialekte haben kein Präteritum mit Ausnahme der Modal- und Hilfsverben. Das Plattdeutsche kennt dagegen alle sechs Zeitformen, wobei die Futurformen mit sollen (auf Platt: süllen, sküllen oder schallen) gebildet werden.

Den Konjunktiv II bildet man aus der Präteritumform des Verbs, starke Verben bekommen einen Umlaut (ich tue etwas - ich tat etwas - ich täte etwas). Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen die Präteritumform und die Konjunktivformen identisch sind (ich sage etwas - ich sagte etwas - ich sagte etwas). Hier verwendet man meist den Konjunktiv III mit "würde" und Infinitiv (ich würde sagen). Den Konjunktiv I leitet man vom Infinitiv ab, der Wortstamm ändert sich nicht, spezielle Endungen kennzeichnen den Konjunktiv (er sieht etwas - er sehe etwas). Der Konjunktiv I gleicht in vielen Fällen dem Indikativ. Deshalb benutzt man dann den Konjunktiv II oder den Konjunktiv III (Indikativ: ich sehe - Konjunktiv I: ich sehe => Konjunktiv III: ich würde sehen).

Modus

Im Deutschen gibt es die folgenden Modi:

  • Indikativ (Wirklichkeitsform) "Paul kommt"
  • Konjunktiv I (Redewiedergabe, im Wunschsatz: Distanzierung vom Wahrheitsgehalt einer Aussage) "Paul komme"
  • Konjunktiv II (mögliche Welt (Irrealis): Spekulationen) "Wenn ich einmal reich wäre..."
  • Konjunktiv III (ersetzt in der Umgangssprache und zunehmend auch in der Standardsprache den K I und K II) "Ich würde sagen, dass..."
  • Imperativ (Befehlsform) "Schick eine Mail"

Genera verbi

Insbesondere im formalen Deutsch ist das Passiv wichtig. Es wird aus dem Hilfsverb werden und dem Partizip Perfekt gebildet und verkehrt die Perspektive des Aktivsatzes. Das 'Opfer', der 'Betroffene' wird Ausgangspunkt, der 'Täter' verliert die Subjektrolle und kann auch wegfallen. "Paula schlägt Egon - Egon wird (von Paula) geschlagen"

Satzklammer

Charakteristisch für den Satzbau des Deutschen ist die Satzklammer. Im Aussagesatz und im W-Fragesatz treten flektierte und unflektierte Verbform auseinander und bilden eine Klammer. Die flektierte Verbform ist ein Hilfsverb ("sein", "haben", "werden") oder ein Modalverb, die unflektierte ein Vollverb ("sehen", bitten") oder eine Verbpartikel ("trennte...ab", "machte...blau", "machte...Männchen"). Zwischen den Klammerelementen eröffnet sich das "Mittelfeld", dort stehen erst die thematischen, dann die gewichtigen Ergänzungen des Verbs. Vor der Klammer ist das "Vorfeld", in dem nur ein Wort oder eine Wortgruppe oder ein Nebensatz stehen kann. Auf die Klammer folgt das "Nachfeld" für Nebensätze, Ausklammerungen etc.

  • "Der alte Mann hat seinem Pferd den Gnadenschuss gegeben."
  • "Wo hast du das Geld her?"
  • "Wer hat dich gestern besucht?"

Im Nebensatz wird der ganze Verbalkomplex am Ende realisiert, den ersten Klammerteil bildet ein Subjunktor ("dass", "als", "weil", "wenn") oder ein Relativum

  • "...weil du ja immer alles vorhergesagt hast".
  • "...wenn du mal zu Geld gekommen sein wirst."
  • "Die Frau, die das hat wissen wollen..." (Bei solchen Komplexen mit Modalverb - x+2 - wird das flektierte Verb vorgezogen.

Im Jiddischen, das dem Deutschen als Sprache am nächsten ist, wird die Satzklammer meist nicht realisiert. Im Englischen stehen die Verbteile stets zusammen und an zweiter Position, direkt vor dem Objekt/der Verbergänzung: "She has sent a letter to Germany".

Literatur zur deutschen Grammatik

  • O. Behaghel (1928), Deutsche Syntax Bd.I-IV, Heidelberg: Winter
  • H. Brinkmann (1962), Die Deutsche Sprache, Düsseldorf: Schwann
  • G. Drosdowski et al. (Hg.)(19986), Duden Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, Mannheim: Dudenverlag
  • P. Eisenberg (1998/1999), Grundriss der deutschen Grammatik, Bd.1-2, Stuttgart: Metzler
  • U. Engel (1988), Deutsche Grammatik, Heidelberg: Groos
  • K.E. Heidolph/W. Flämig/W. Motsch u.a. (1981), Grundzüge einer deutschen Grammatik, Berlin: Akademie
  • G. Helbig/J. Buscha (1991), Deutsche Grammatik, Berlin: Langenscheidt (14.Aufl.)
  • H.J. Heringer (1988), Lesen lehren lernen: Eine rezeptive Grammatik des Deutschen, Tübingen: Niemeyer
  • H. Paul (1920), Deutsche Grammatik Bd.I-V, Tübingen: Niemeyer
  • H. Weinrich (1993), Textgrammatik der deutschen Sprache, Mannheim: Dudenverlag
  • G. Zifonun/L. Hoffmann/B. Strecker et al. (1997), Grammatik der deutschen Sprache, Berlin/New York: de Gruyter

Orthographie

Siehe dazu deutsche Rechtschreibung.

Textsammlungen

Beim Projekt Gutenberg-DE gibt es Texte von über 1000 Autoren.

Siehe auch: Deutsche Literatur, Sprichwörter,
Deutschsprachige Schriftsteller: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

Die Einteilung der deutschen Dialekte beruht auf Untersuchungen des 19. Jahrhunderts. In gleicher Zeit begann die Herausbildung von Umgangssprachen als einer Art Mischform zwischen Standardsprache und Dialekt. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts verdrängen die Umgangssprachen die alten Dialekte.

Niederdeutsch - Sprache oder Dialekt?

Niederdeutsch bzw. die niederdeutschen Sprachen/ besitzen bedeutende phonologische, morphologische und lexikal-semantische Unterschiede zu den übrigen deutschen Mundarten und werden daher von manchen Leuten als Teil einer niederdeutschen Sprache aufgefasst. Dies ist sowohl in der Fachwelt als auch unter Laien umstritten. Fakt ist, dass Niederdeutsch im Aussterben begriffen ist.

Einflüsse fremder Sprachen auf die deutsche Sprache

Schon während früherer Jahrhunderte wurde die deutsche Sprache im Wortschatz durch verschiedene andere Sprachen, zum Beispiel Französisch, beeinflusst.

Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann besonders in Deutschland infolge der wirtschaftlichen und kulturellen Globalisierung unter Führung der USA ein wachsender Einfluss des Englischen auf die deutsche Sprache, indem deutschsprachige Wörter durch Anglizismen ersetzt werden sowie teilweise die interne Konzernsprache in manchen deutschen Konzernen und die in manchen Bereichen wie Fitnesscenter, Tourismus oder Freizeitgestaltung sowie in der Werbung benützte Sprache von Deutsch auf Englisch umgestellt wird. Diese Entwicklung ist umstritten, da nach wie vor ein großer Teil der Bevölkerung Deutschlands – insbesondere der älteren Generation, in den neuen Ländern und eingewanderte Personen – die englische Sprache nicht beherrscht.

Siehe auch


Eine Übersicht über die Beiträge in Wikipedia zum Thema Sprache bietet das Portal Sprache.