Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di Vorlage:Lautschrift) ist eine Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) mit Sitz in Berlin. Sie hat rund 2,6 Millionen Mitglieder und ist die Gewerkschaft der Dienstleistungsbranchen. Rund 20.000 Mitglieder gehören freien Berufen an und sind Selbständige.
Sie entstand 2001 durch Zusammenschluss von fünf Einzelgewerkschaften:
- Deutsche Angestellten-Gewerkschaft e.V. (DAG)
- Deutsche Postgewerkschaft e.V. (DPG)
- Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen e.V. (HBV)
- IG Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst e.V. (IG Medien)
- Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr e.V. (ÖTV)
Mit der ver.di-Gründung wurde die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) in den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) integriert, was als bedeutender historischer Schritt gewertet wurde.
Interne Organisation
ver.di ist als sogenannte Matrixorganisation aufgebaut. Sie besteht aus regional gegliederten Ebenen, die bestimmte jeweiligen Politikfelder bearbeiten und Fachbereichen, die sich um berufliche und berufspolitische Themen kümmern.
Die 13 Fachbereiche orientieren sich an den Branchen der Arbeitgeber:
- Finanzdienstleistungen
- Ver- und Entsorgung
- Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
- Sozialversicherung
- Bildung, Wissenschaft und Forschung
- Bund und Länder
- Gemeinden
- Medien, Kunst und Industrie
- Telekommunikation, Informationstechnologie, Datenverarbeitung
- Postdienste, Speditionen und Logistik
- Verkehr
- Handel
- Besondere Dienstleistungen
Zu den Ebenenaufgaben gehören beispielsweise auch die sogenannten Gruppen: Beamtinnen und Beamte, Selbstständigen, Erwerbslose, Migrantinnen und Migranten sowie Frauen und Jugend.
Geschichte
Am 18. März 2001 hatten die Verschmelzungskongresse der fünf Gewerkschaften in Berlin beschlossen, gemeinsam die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft zu bilden. Seit dem Eintrag ins Vereinsregister am 2. Juli 2001 hat ver.di die Nachfolge der fünf Gründungsorganisationen auch rechtlich angetreten. Mittlerweile firmiert Ver.di nicht mehr als eingetragener Verein (e.V.). Der 'e.V.' war nur ein aus rechtlichen Gründen notwendiger Zwischenschritt.
ver.di hat rund 2,6 Millionen Mitglieder aus mehr als tausend Berufen und ist somit die größte Einzelgewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Vorsitzender der ver.di ist seit Gründung der Gewerkschaft Frank Bsirske, vor 2001 Vorsitzender der ÖTV.
Entwicklung und Lage
ver.di leidet wie viele andere Gewerkschaften unter einem großen Haushaltsloch und Mitgliederverlusten; so musste im Jahr 2003 ein Personalkostendefizit von rund 59 Millionen Euro verzeichnet werden (Frank Bsirske in "Die Welt" vom 15. Oktober 2003). Seit Januar 2004 sollen die derzeit 5000 Arbeitsplätze auf ca. 4200 reduziert werden.
Zum 1. Juli 2003 hatte ver.di 2,688 Millionen Mitglieder gezählt, 50.000 weniger als Ende 2002 und 200.000 weniger als bei der Gründung von ver.di im März 2001. Grund für diesen Rückgang ist laut ver.di vor allem der Arbeitsplatzabbau in vielen Branchen, wie dem Öffentlichen Dienst, der Druckindustrie und im Bankengewerbe. Die Gesamtbeiträge der ver.di-Mitglieder liegen derzeit (Ende 2003) bei rund 430 Mio. Euro.
ver.di zählt bisher zu den eher kämpferischen, gern auch als "links" oder "traditionalistisch" bezeichneten Gewerkschaften, die die Regierung unter Kanzler Schröder besonders intensiv kritisieren.
Die Massenarbeitslosigkeit bringt für ver.di - wie auch die meisten anderen Gewerkschaften - erhebliche Legitimationsprobleme in einer Gesellschaft mit sich, die in ihrer Mehrheit marktwirtschaftliche neoliberale Dogmen nicht anzweifelt und davon ausgeht, dass Lohnsteigerungen und verbesserte soziale Absicherung aufgrund der Arbeitslosenquote weder durchsetzbar noch im gesamtgesellschaftlichen Interesse sind. Da viele ver.di-Mitglieder im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind, wirkt sich die angespannte finanzielle Situation und hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte zusätzlich negativ auf die Gestaltungsmöglichkeiten von ver.di aus. Arbeitnehmer zweifeln deshalb an den Möglichkeiten der Gewerkschaften, noch zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensverhältnisse beitragen zu können. Im Übrigen treten arbeitslos gewordene Arbeitnehmer häufig aus ihrer Gewerkschaft aus.
Der Streit um die richtige Gewerkschaftspolitik
Kritiker halten ver.di vor, sie widersetze sich mehr als andere Gewerkschaften den Forderungen von Wirtschaftsexperten, Reformmaßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer in Deutschland schnell voranzutreiben. Sie setzte trotz der internationalen Konkurrenz aus Osteuropa oder Asien weiterhin auf Maßnahmen, die höhere Löhne und weniger Flexibilisierung bewirken sollten. Vor dem Hintergrund der These, dass für Arbeitnehmer negative Reformen wie Verlängerung der Arbeitszeit, Einfrieren des Lohnniveaus oder Erleichterung von Entlassungen postiv auf den Arbeitsmarkt wirken sollen, wird ver.di häufig vorgeworfen, die Arbeitnehmerinteressen über die der Arbeitslosen zu stellen. ver.di müsse, um wieder mehr Mitglieder zu gewinnen, einer beschäftigungsfördernden Politik der Deregulierung zustimmen. Ob Deregulierung dauerhaft Arbitsplätze schafft, ist allerdings nicht langfristig bewiesen. In Chile ist eine derartige, modellhaft umgesetzte Politik ebenso gescheitert wie in Neuseeland.
Allerdings ist bereits jetzt die Gewerkschaftsbindung von Arbeitnehmern, die in neuen Beschäftigungsbereichen (z.B. IT-Bereich, Teilzeit, Niedriglohnsektor) tätig sind, sehr gering, so dass selbst eine Wende auf dem Arbeitsmarkt die Abnahme der Mitgliederzahlen wohl nicht bremsen wird. ver.di organisiert allerdings über 30.000 selbständige Freiberufler, die in neuen Arbeitsformen ihre Existenz sichern. Dazu wurde das einzigartige Projekt mediafon eingerichtet, eine bundesweite Hotline für Freiberufler.
ver.di hält dieser Kritik entgegen, dass die ökonomischen Probleme der letzten Jahre nicht durch mangelnde Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten, sondern durch eine schwache Binnenkonjunktur entstanden sind, während die Exportquote Bestmarken erreiche. Die Exportwirtschaft sei jedoch zu sehr vom Weltmarkt abhängig und ihre Erlöse könnten die mangelnde Binnennachfrage nicht ausgleichen. Gemessen am Volkseinkommen sinke der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen (Lohnquote), während die Löhne durch Steuern, Abgaben und Eigenvorsorge noch zusätzlich belastet würden. Stattdessen sollten im Rahmen der Steuergerechtigkeit hohe Einkommen stärker belastet werden.
Die Gewerkschaft setzt deshalb auf eine ökonomische Gesundung durch höhere Löhne, die die Massenkaufkraft stärken sollen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit soll durch eine Verkürzung der Arbeitszeit erreicht werden. Durch Betriebsvereinbarungen, die die besondere Situation einzelner Unternehmen berücksichtige, habe ver.di im Übrigen ausreichend Flexibilität bewiesen.
Einzelne Fachbereiche
Sozialversicherung
Zum Fachbereich Sozialversicherung [1] gehören alle gesetzlichen Krankenkassen mit ihren rd. 150.000 Beschäftigten, die Bundesagentur für Arbeit und den Arbeitsagenturen mit 90.000 Beschäftigten, die Rentenversicherungsträger (BfA, LVA´n und Bundesknappschaft = etwa 80.000 Beschäftigte) sowie die gesetzliche Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen und die Landwirtschaftliche Sozialversicherung. Der Fachbereich Sozialversicherung ist zwar einer der kleinen Fachbereiche in ver.di, steht jedoch seit seiner Bildung an allen Fronten im Einsatz für seine Mitglieder und die Beschäftigten. Sei es in den Politspektakeln beim sogenannten Statistikskandal 2002 bei der Bundesanstalt bis hin zum Umbau zu einer kundenorientierten Agentur.
Tarifpolitisch hoch engagiert und erfolgreich ist der FB bei den Ersatzkassen (Barmer, DAK usw.). 2004 wurde z.B. vereinbart, dass der Ausschluß von betriebsbedingten Kündigungen nur für ver.di-Mitglieder gilt. Arbeits- und verfassungsrechtlich sauber vereinbart, sichert dieses, dass Gewerkschaftsmitglieder einen klaren Vorteil gegenüber den "Trittbrettfahrern" dafür haben, das sie Beiträge zahlen.
Aussicht
Gewerkschaften wie Ver.di nehmen die wichtige Aufgabe war, Arbeitnehmerinteressen zu gewährleisten. Dies ist auch vom Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3 GG vorgesehen. Auf Grund der Mitgliederentwicklung, die die Gestaltungsmöglichkeiten der Gewerkschaften insgesamt schwächen, wenden sich die Gewerkschaften deshalb mehr und mehr auch Bevölkerungsgruppen zu, die durch die sozialen und ökonomischen Veränderungen der letzten Jahre besonders betroffen sind. Die Interessen von Langzeitarbeitslosen, Sozialhilfeempfängern, und anderen Betroffenen, die durch die Sozialreformen tiefe Einschnitte hinnehmen müssen, werden von Ver.di in letzter Zeit offensiv nach außen vertreten. Die Bedeutung der Gewerkschaften in der Öffentlichkeit als Sprachrohr von Interessen, die sich sonst nur schwer artikulieren können, wird damit eher noch zunehmen, während ihr Einfluss im ökonomischen Bereichen wie der Lohnentwicklung wohl eher abnehmen wird.
Weblinks
- http://www.verdi.de/
- http://berufsbildungspolitik.verdi.org – Berufsbildungspolitische Seite der ver.di
- http://www.verdi-komnetz.de – Betriebs- und Personalrätenetzwerk der ver.di zur Bildungspolitik
- http://www.verdi-jugend.de – Personengruppe der Gewerkschaftsjugend in der ver.di
- dju - Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in der ver.di
- http://www.kunst.verdi.de – ver.di-Fachgruppe Bildende Kunst
- http://www.musik.verdi.de – ver.di-Fachgruppe Musik
- http://www.mti.verdi.de – Personengruppe der Meister/innen, Techniker/innen und Ingenieure/innen (mti) in der ver.di
- http://www.mediafon.net - Selbstständigenberatung der ver.di