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Nibelungensage

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Die Nibelungensage ist ein im deutschen und skandinavischen Mittelalter weitverbreiteter heldenepischer Stoff, der über Jahrhunderte in zahlreichen voneinander abweichenden Fassungen überliefert ist. Seine bekannteste schriftliche Fixierung ist das mittelhochdeutsche Nibelungenlied (um 1200, wahrscheinlich aus dem Raum Passau).

Die Ursprünge der Sage reichen bis in das heroische Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurück. Ein historischer Kern der Sage ist die Zerschlagung des Burgundenreiches im Raum von Worms in der Spätantike (um 436) durch den römischen Magister militum Aetius mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen.

Die Sage schlägt sich außer dem Nibelungenlied in den folgenden Dichtungen in und außerhalb des deutschen Sprachraums nieder: Zahlreiche Lieder der Liederedda, darunter mehrere Sigurdlieder und das Ältere Atlilied (altnordisch, aufgezeichnet im 13. Jahrhundert nach teilweise viel älteren Quellen oder Vorstufen); Völsunga-Saga, (altnordisch, 13. Jahrhundert); Dietrichsage (Thidrekssaga) (altnordisch mit niederdeutschen Quellen), Lied vom Hürnen Seyfried (frühneuhochdeutsch).

Unter den meisten Fachgermanisten wird die These des Privatgelehrten Heinz Ritter-Schaumburg abgelehnt, das Nibelungenlied beruhe auf einer Frühform der Thidrekssaga, die als Vorlage gedient habe. Vielmehr sind sowohl das Nibelungenlied wie die Thidrekssaga schriftepische Bearbeitungen von schriftlichen und mündlichen Sagenfassungen, die im 12. Jahrhundert im ober- und niederdeutschen Sprachraum kursierten. Inhalt, poetische Form und Verwandtschaft dieser Fassungen werden sich nie genau bestimmen lassen. Jedoch ist eindeutig, dass die Thidreks saga niederdeutsche, großteils schriftliche Quellen benutzt, die ihrerseits zu einem guten Teil Bearbeitungen schriftlicher oberdeutscher (bairischer) Vorlagen sind. Vor allem die Verlegung des Unterganges der Nibelungen nach Westfalen ist sekundär.

Einige Hinweise zur Rezeptionsgeschichte in der Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts finden sich im Artikel Nibelungenlied.

Inhalt

Den Inhalt des Nibelungenliedes siehe Nibelungenlied. In diesem ist die Hauptfigur Kriemhild und die Hauptproblematik die der höfischen Kultur; es macht aus dem alten Sagenstoff beinahe einen Roman, der im Kleid einer Sage Probleme der Gegenwart von Autor und Publikum behandelt. Hier werden nur die Elemente herausgegriffen, die für die Sagengeschichte relevant sind.

Der unbesiegbare Königsohn Siegfried begibt sich auf den Weg nach Worms, um die schöne Kriemhild zu werben. Dort bringt er nicht gleich seine Werbung vor, sondern . Gunther, der Bruder Kriemhilds, verspricht, der Heirat zwischen seiner Schwester und Siegfried zuzustimmen, wenn Siegfried ihn nach Isenstein begleitet, wo Gunther die schöne Brunhild zur Frau nehmen möchte. Die Heirat gelingt, da Siegfried, durch eine „Tarnkappe“ unsichtbar, Gunther hilft, Brunhild im Kampf zu besiegen. Den Vollzug der Ehe verweigert Brunhild ihm allerdings, und wieder muss Siegfried – der in der Zwischenzeit Kriemhild geheiratet hat – helfen. Mit der Tarnkappe ringt Siegfried Brunhild im Ehebett nieder, so dass Gunther sie entjungfern kann. Dabei nimmt Siegfried heimlich ihren Ring und ihren Gürtel mit und schenkt sie seiner Frau Kriemhild.

Zehn Jahre vergehen und Gunther lädt Siegfried und dessen Frau Kriemhild zu sich ein. Beim Fest zu Ehren der Gäste geraten die beiden Königinnen in Streit – Brunhild, der Siegfried bei der Brautwerbung auf Island als Vasall Gunthers vorgestellt worden war, besteht auf Unterordnung Siegfrieds unter Gunther. Kriemhild kontert, ihr Mann Siegfried habe als erster mit Brunhild geschlafen. Als Beweis dafür präsentiert sie Ring und Gürtel. Hagen von Tronje, Gunthers mächtigster Vasall, will seine gedemütigte Herrin rächen. Er entlockt Kriemhild hinterlistig das Geheimnis der verwundbaren Stelle Siegfrieds, die beim Bad im Blut des erschlagenen Drachens durch ein Lindenblatt frei geblieben war. Auf einem Jagdausflug in den Odenwald (in einer anderen Fassung in die Vogesen) stößt Hagen Siegfried seinen Speer zwischen die Schulterblätter. Kriemhild ahnt, wer ihren Mann getötet hat, und bleibt als trauernde Witwe in Worms.

Mit Hilfe des Nibelungenschatzes, den Siegfried ihr geschenkt hatte, lockt Kriemhild fremde Helden nach Worms, um ihre Position am Hofe zu stärken – eine Gefahr, die Hagen erkennt: Er entwendet Kriemhild den Schatz und versenkt ihn im Rhein. Die Gelegenheit zur Rache für Kriemhild bietet sich erst dreizehn Jahre später. Sie heiratet den mächtigen Hunnenkönig Etzel und bringt ihn dazu, ihre Brüder Gunther, Gernot und Giselher nach Ungarn einzuladen. Hagen und andere warnen vor der Rachsucht Kriemhilds – aber die Brüder nehmen an und ziehen mit großem Gefolge ins Hunnenland. Es gelingt Kriemhild, einen Kampf zwischen Nibelungen und Hunnen zu entfesseln. Einer nach dem anderen fällt – zuletzt sind nur noch Gunther und Hagen am Leben. Kriemhild verlangt von Hagen den Schatz. Er erklärt ihr, das Versteck nicht preiszugeben, solange einer seiner Herren noch lebt. Darauf lässt Kriemhild Gunther den Kopf abschlagen – aber Hagen triumphiert: Jetzt kennt nur noch er das Versteck, das er niemals verraten würde. Kriemhild enthauptet den Gefesselten und wird ihrerseits vom alten Waffenmeister Hildebrand erschlagen. Am Ende der Sage bleiben nur noch König Etzel, Dietrich von Bern und Hildebrand übrig.

Wichtige Personen in der Nibelungensage und den verwandten Werken

Die folgenden Personen finden sich zum Teil auch in anderen Werken wie der Edda und Richard Wagners Opernzyklus Der Ring des Nibelungen (in alphabetischer Ordnung).

  • Alberich, Zwerg, Hüter des Nibelungenhortes
  • Brunhild, eine verzauberte Walküre (in der nordischen Version), wird unter dem Schutz der Tarnkappe von Siegfried für Gunther geworben. Bei Wagner: Brünnhilde. Historisch geht Brunhild vermutlich auf die westgotische Königstochter Brunichild zurück, die u. a. in den zehn Büchern fränkischer Geschichte des Gregor von Tours erwähnt wird.
  • Dankwart ist der Bruder Hagens und Gunters Marschall.
  • Dietrich von Bern, historische Vorbilder sind der Ostgotenkönig Theoderich der Große und weitere Persönlichkeiten
  • Etzel, historisches Vorbild Attila der Hunnenkönig
  • Fafnir, der Lindwurm oder Drache in der Edda; ist für manche Germanisten und Historiker eine Metapher für die römische Legion, die während der Varusschlacht von Hermann dem Cherusker besiegt wurde.
  • Gernot ist der Burgunderkönig (mit Gunther und Giselher), historisch ist diese Figur nicht belegt, jedoch könnte hier die Dreiteilung des Burgunderreichs im Jahr 473 anklingen.
  • Giselher ist Burgunderkönig, jedoch könnte hier die Dreiteilung des Burgunderreichs im Jahr 473 anklingen.
  • Gunther (König Gundahar), im Gegensatz zu älteren Quellen wie der Edda wird Gunther "moderner" dargestellt - als König, der selbst nicht mehr kämpfen muss.
  • Hagen von Tronje ist Högni, der treue Gefolgsmann Gunthers, in der Nibelungensage der Mörder Siegfrieds
  • Hildebrand ist Waffenmeister Dietrichs von Bern
  • Kriemhild basiert wohl auf Ildikó (=Hildchen), der Frau Attilas. Bei Wagner: Gutrune
  • Ortwin von Metz, Truchsess Gunthers.
  • Rüdiger (auch Rüdeger) von 'Bechelaren, wirbt 13 Jahre nach Siegfrieds Tod bei Gunther um die Hand Kriemhilds für Attila, den Hunnenkönig. Leistet Kriemhild einen Treueeid, der ihn später dazu zwingt, gegen die Burgunder (u.a. den mit seiner Tochter verlobten Giselher) zu kämpfen. Rüdiger wird in diesem Kampf getötet. Das historische Bechelarn ist vermutlich mit dem österreichischen Pöchlarn gleichzusetzen.
  • Siegfried der Drachentöter bzw. Siegfried von Xanten; eine gewisse Ähnlichkeit mit der historischen Person des Frankenkönigs Sigibert I. (u.a. über Austrasien, zuerst ansässig in Reims später in Metz) legt die Rahmenhandlung nahe; neuerdings wird auch eine Identität zwischen Siegfried und Arminius vermutet, siehe Varusschlacht
  • Ute (Mutter Kriemhilds)
  • Volker von Alzey ist ein Spielmann und Ritter König Gunthers

Literatur

  • Hermann Reichert: Die Nibelungensage im mittelalterlichen Skandinavien. In: Joachim Heinzle, Klaus Klein, Ute Obhof (Hrsg.): Die Nibelungen. Sage - Epos - Mythos. Wiesbaden 2003. ISBN 3-89500-347-6.

Siehe auch