Kunsttherapie
Kunsttherapie wird als eine Form der Psychotherapie praktiziert, bei der Mittel und Prozesse der Bildenden Kunst eingesetzt werden.
Auch andere Therapieformen setzen künstlerische Mittel als Ausdrucks- und Veränderungsmedium ein. Zu den künstlerischen Therapien zählen u. a. die Musiktherapie, die Bibliotherapie und die Tanztherapie.
Entwicklung
Die ersten Ansätze der Kunsttherapie stammen aus den USA der 40er Jahre. Eine psychoanalytische "Theatertherapie", das Psychodrama, gibt es schon seit Entwicklung der Psychoanalyse.
Carl Gustav Jung gilt als einer der Gründerväter der Kunsttherapie. Er glaubte, der Traum sei energetisch zu schwach und komme nur entstellt in das Bewusstsein. Der Therapeut solle sich stattdessen als Grundlage seiner Deutung eher auf spontane Gesten, auf spontanen Tanz oder andere Gestaltungen des Klienten stützen, in denen das Unbewusste klarer zum Ausdruck kommt (in: "Die transzendente Funktion").
Daneben steht die Anthroposophische Kunsttherapie. Sie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus der Zusammenarbeit der Anthroposophischen Medizin, der Heilpädagogik und der Sozialtherapie entwickelt.
Die Kunsttherapie wurden von Edith Kramer mit ihrem Buch Kunst als Therapie mit Kindern in Europa bekannt gemacht.
Beschreibung
Der Begriff "Kunsttherapie" wurde aus dem engl. „art therapy“ übertragen. Er hat sich als feststehender Begriff in Europa etabliert.
Die Kunsttherapie öffnete ein neues Berufsfeld für Künstler. Im Mittelpunkt der Therapie stehen die bildnerische Handlung und die bildhafte Phantasie. Die Bearbeitung des Bildwerks kann auf Grundlage der Psychoanalyse, der Humanistischen Psychologie, der Verhaltenstherapie oder der Systemischen Therapie erfolgen.
In der Regel sind Kunsttherapeuten aber psychodynamisch orientiert. Sie sehen im Bild – analog zum Traum – einen Weg zum Unbewussten. Das Übertragungsgeschehen und Gegenübertragungen werden berücksichtigt.
Weniger moderne Konzepte der Psychoanalyse, wie die Dominanz sexueller Strebungen oder der Kastrationskomplex (Ödipuskomplex), werden dagegen kaum aufgenommen. Daher ist die kunsttherapeutische Praxis oft eine reduzierte Populärform der Psychoanalyse.
Kunsttherapeuten sollten Kenntnisse über Farbsymbolik und kulturelle Bildmetaphern und Konventionen haben.
Bewertung
Kunsttherapie ist besonders geeignet für Menschen, die sich verbal nicht gut ausdrücken können oder wollen. Zwei Beispiele: bei Kindern ist die Fähigkeit, Erlebnisse zu versprachlichen, noch nicht so gut entwickelt. In der bildnerischen Gestaltung können sie sich aber nonverbal mitteilen. Strafgefangene haben mitunter Schwierigkeiten, sich in einer vorwiegend verbalen Therapie zu öffnen.
Manche Autoren behaupten, dass Kunsttherapie Kreativität entwickelt oder dass in der Therapie Kunstwerke entstehen. Aber es ist umstritten, dass Kunsttherapie auf "Kunst" beruht und dass das Malen von Bildern ausreichend ist, um ein therapeutisches Resultat zu erzielen.
Die Entwicklungsgeschichte der Kunsttherapie zeigt: sie hat sich weiterentwickelt aus dem psychotherapeutisch niedrig strukturierten Anspruch vom "Atelier in der Klinik" (in dem vorrangig Künstler die Patienten zum freien Malen animiert haben) zu einem anspruchsvolleren Verständnis.
Neue Ansätze allerdings reduzieren das komplexere Verständnis von Kunsttherapie wieder auf das Niveau des "Künstlers in der Klinik". Dies wird vor allem von Fachhochschulen und Akademien beabsichtigt. Die Kunsttherapie soll entwickelt werden zu einer Tätigkeit, die psychotherapeutische Prozesse unterstützen soll. Vorrangig ist, was für die Patienten hilfreich ist und sie unterstützt, ihre Probleme mit Hilfe kreativer Medien zu lösen.
Kunsttherapie und Onkologie
Die Kunsttherapie wird auch im Rahmen der Psychoonkologie eingesetzt. In der medizinischen Forschung wurde erkannt, dass Aspekte der Psyche bei der Verarbeitung und Heilung einer Krebserkrankung eine Rolle spielen. Die Kunsttherapie unterstützt dabei sowohl bei Akutpatienten wie auch in der Rehabilitation und Nachsorge.
Kunsttherapie in der Öffentlichkeit
Die „Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen“ hat 2003 die dreijährige Wanderausstellung „Zeige deine Wunde – befreiende Kunst“ initiiert.
Unter dem Motto „Psychiatrieerfahrene stellen aus“ zeigen 123 ausgewählte Künstlerinnen und Künstlern ihr „künstlerisches Schaffen für die Verarbeitung und Überwindung von traumatischen Ereignissen und dysfunktionalen Lebensumständen“.
Literatur
- Bröcher, J. (2006), Kunsttherapie als Chance. Erfolgreiche ästhetisch-gestalterische Verfahren in (sonder-)pädagogischen Handlungsfeldern. Heidelberg, Universitätsverlag Winter, 2. Aufl.
- Hanus, O. (2003), Kognitive Kunsttherapie - die Gestaltung des Subjektiven als Weg zum Ich, ISBN 3-8334-0091-9
- Jung, C. G. (1916/1958), Die transzendente Funktion, GW Bd. 8, Olten, Walter, S.82ff
- Kramer, E. (1975), Kunst als Therapie mit Kindern, München: Reinhardt
- Schuster, M. (1996), Kunsttherapie - die heilende Kraft des Gestaltens, Köln: DuMont
- Zemke, B. (2007), Studienführer Kunsttherapie, www.studienfuehrer-kunsttherapie.de, Wiesbaden: farbensatt