NS-Staat
Deutsches Reich 1933–1945 Großdeutsches Reich (ab 1943) | |||||
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Verfassung | Durch Notstandsgesetzgebung formal beibehaltene, 1933 faktisch außer Kraft gesetzte Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 | ||||
Amtssprache | Deutsch | ||||
Hauptstadt | Berlin | ||||
Herrschaftsform | Totalitäre Diktatur | ||||
Reichspräsidenten - 1933 bis 1934 - 1934 bis 1945 - 1945 |
Paul von Hindenburg Adolf Hitler Karl Dönitz | ||||
Reichskanzler - 1933 bis 1945 - 1945 - 1945 |
Adolf Hitler Joseph Goebbels | ||||
Fläche - 1939 |
633.786 km2[1] | ||||
Einwohnerzahl - 1938 |
78.800.000[2] | ||||
Bevölkerungsdichte pro km² | 135/km2[3] | ||||
Nationalhymne | Deutschlandlied, Horst-Wessel-Lied (de facto) | ||||
Nationalfeiertag | 1. Mai – „Tag der nationalen Arbeit“ | ||||
Währung | Reichsmark | ||||
Zeitzone | UTC+1 MEZ | ||||
Karte | |||||
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Das Deutsche Reich wurde von 1933 bis 1945 von den in der NSDAP organisierten Nationalsozialisten beherrscht. Sie richteten unter dem „Führer“ Adolf Hitler eine totalitäre Diktatur auf.
Begriff
Das Deutsche Reich hatte seit der Reichsgründung unter diesem Namen verschiedene Epochen mit entsprechenden Verfassungen durchlaufen:
- Das Deutsche Kaiserreich bestand von 1871 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs am 11. November 1918 als konstitutionelle und erbliche Monarchie.
- Die Weimarer Republik bestand von 1919 bis zum Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933 als parlamentarische Demokratie.
Diese wurde in der Zeit des Nationalsozialismus seit dem 30. Januar 1933 durch eine totalitäre Diktatur abgelöst. In dieser Epoche wurde das Deutsche Reich um einige Gebiete erweitert und deshalb ab März 1938 inoffiziell, ab 26. Juni 1943 offiziell als Großdeutsches Reich geführt. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa durch die bedingungslose Kapitulation der deutschen Streitkräfte am 8. Mai 1945 war dieses Reich – nicht jedoch der deutsche Staat – beendet.
Umgangssprachlich wird das nationalsozialistisch beherrschte Deutsche Reich auch als „Nazi-Deutschland“ oder „Hitler-Deutschland“ bezeichnet. In wissenschaftlichen Veröffentlichungen trifft man Begriffe wie NS-Staat, Führerstaat oder Drittes Reich an. Letzterer war ursprünglich ein Propaganda-Ausdruck der Nationalsozialisten, den diese jedoch früh aufgegeben hatten. Er ist heute in Forschung, Medien und Schulunterricht verbreitet.
Ideologie
Der Nationalsozialismus verstand sich als alle Bereiche von Staat und Gesellschaft umgestaltende, revolutionäre Volksbewegung. Er strebte die Aufhebung der für die Weimarer Verfassung grundlegenden Rechtsprinzipien an: vor allem der individuellen Bürgerrechte und der institutionalisierten Gewaltenteilung zwischen Reichs- und Landesregierungen einerseits, Legislative, Exekutive und Judikative andererseits. Sie sollten nicht nur einer „starken Zentralgewalt des Reiches“ untergeordnet werden - so Punkt 25 des 25-Punkte-Programms von 1920 - , sondern entweder durch neu aufgebaute Behörden ersetzt oder entmachtet und umstrukturiert werden, um fortan Teil eines von oben nach unten organisierten „Führerstaats“ zu sein.
Die Idee der Volksgemeinschaft sollte Politik, Moral und Recht zu einem unauflösbaren Ganzen zusammenschweißen. Der dynamische, keiner höheren Rechtsinstanz verpflichtete „Führerwille“ sollte - von den Parteigliederungen im vorauseilenden Gehorsam erahnt - eine neue nationalsozialistische Herrschaftsform schaffen. Formal nicht normierte emotionale Leitgedanken wie das „gesunde Volksempfinden“, der Aufstieg der „Tüchtigen“ durch „Kampf und Auslese“ usw. sollten zu neuen Quellen des Verfassungsrechts werden. An die Stelle der Verpflichtung der Staatsbeamten auf allgemeine Rechtsprinzipien sollte die persönliche Verpflichtung treten, die dann durch „Führereide“ bekräftigt werden musste.
Hitler hatte mit seinem Legalitätseid vom 30. September 1930 (Ulmer Reichswehrprozess) die Ausnutzung der legalen Möglichkeiten und spätere Umgestaltung des Staates nach der eigenen Weltanschauung angekündigt. Jedoch besaß die intern nach diesen Prinzipien organisierte NSDAP kein schlüssiges Konzept für den Neuaufbau der gesamten überkommenen Staatsverwaltung. Dem entsprach, dass das NS-Regime die vorhandene Bürokratie in der Phase der Machtergreifung vorläufig bestehen ließ, um sie dann in der Phase der Gleichschaltung in weiten Bereichen, jedoch nicht vollständig, zu entmachten oder durch eine Vielzahl neuer Reichsbehörden zu erweitern und zu „überwölben“. Deshalb kam es nach 1933 zu widersprüchlichen Entwicklungen in Staatsaufbau und Staatsverwaltung.[4]
Gleichschaltung
Die Gleichschaltungsmaßnahmen nutzten die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat (Reichstagsbrandverordnung 28. Februar 1933), das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich (23. März 1933) und das Heimtückegesetz aus und hoben zuerst die föderalen Strukturen der Weimarer Republik auf. Die beiden dazu erlassenen Gesetze schalteten sämtliche bis dahin gewählten Minister, Abgeordneten und höheren Staatsbeamten der Länder – vor allem Süddeutschlands – und die Senate der Hansestädte aus.
Das erste Gleichschaltungsgesetz vom 31. März 1933 löste die Landtage, Bürgerschaften, Kreistage und Gemeinderäte auf und ermächtigte die Landesregierungen, Gesetze auch gegen die Landesverfassungen zu erlassen. Die Selbstverwaltungskörperschaften mussten nach den Stimmverhältnissen der Reichstagswahl vom 5. März 1933 neu zusammengesetzt werden. Dadurch konnten Tausende NSDAP-Mitglieder auf freigewordene Posten nachrücken. Das zweite Gleichschaltungsgesetz vom 7. April 1933 schuf in allen Ländern außer Preußen Reichsstatthalter mit diktatorischen Vollmachten, die vom Reichspräsidenten ernannt werden durften, direkt dem Reichskanzler unterstellt und den Landesregierungen übergeordnet waren. Sie durften deren Mitglieder, sonstige Staatsbeamte und Richter ernennen und entlassen. Auch das Recht, Gesetze zu erlassen, wurde ihnen übertragen. Das Amt eines Staatspräsidenten, das einige Landesverfassungen verankerten, wurde für beendet erklärt. In der Praxis folgte Hindenburg bei der Besetzung der Reichsstatthalter dann fast überall Hitlers Vorschlägen alter Gefolgsleute und NSDAP-Gauleiter.
Mit dem Verbot der KPD am 28. Februar, der SPD am 22. Juni und der Selbstauflösung der übrigen Parteien bis zum Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 wurde die NSDAP zur einzigen und alleinherrschenden Partei des Reiches. Damit war der Parlamentarismus bis 1945 beendet.
Der Reichstag hatte seine legislative und die Exekutive kontrollierende Funktion bereits mit der Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit zum Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933 aufgegeben. Er blieb als Institution bestehen, um für Hitlers Regierungserklärungen eine Staffage zu liefern und auch gegenüber dem Ausland einen demokratischen Schein zu bewahren. Er war nun zur Hälfte mit Parteimitgliedern, zur anderen Hälfte mit Vertretern von SA, SS und der Partei angeschlossenen Verbänden besetzt. Bis 1939 erließ er noch neun Gesetze, während die übrigen an die 5.000 Gesetze und Verordnungen von den Spitzen des NS-Regimes direkt erlassen wurden.
In den bis 1935 anhaltenden Gleichschaltungsverordnungen wurde die Justiz- und Verwaltungshoheit der Länder vollständig ausgehebelt, bis diese den zuständigen Reichsministerien direkt unterstellt war. Der Reichsrat, der als Ländervertretung in der Weimarer Verfassung ein Einspruchsrecht gegen alle Gesetzesvorlagen der Reichsregierung hatte, wurde am 14. Februar 1934 aufgelöst.
Territoriale Gliederung
Länder des „Altreichs“
Deutschland blieb während der NS-Zeit in die bestehenden Länder gegliedert, die als Verwaltungseinheiten jedoch nur noch ausführende Organe der zentralen Behörden waren.
- Preußen war das größte einzelne Land des NS-Staates. Seine Verwaltungsstrukturen wurden schon 1932 beim Preußenschlag stark geschwächt. Es wurde 1933 in zehn Provinzen geteilt – eine davon war Ostpreußen –, denen je ein Oberpräsident vorstand. Der Reichsstatthalter war in diesem Fall Hitler selbst.
Länder mit je einem Reichsstatthalter waren:
- Baden
- Bayern
- Hansestadt Hamburg
- Hessen
- Mecklenburg (ab 1934 aus Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz)
- Sachsen
- Thüringen
- Württemberg
Länder, die mit anderen von einem gemeinsamen Reichsstatthalter regiert wurden, waren:
- Anhalt und Braunschweig
- Bremen und Oldenburg
- Lippe und Schaumburg-Lippe
Gebietserweiterungen
Das NS-Regime erweiterte das Gebiet der Weimarer Republik bis zum Kriegsbeginn 1939 schrittweise durch Eingliederung von Randgebieten auf legalem oder illegalem Weg. In diesen Gebieten wurden 1939 Reichsgaue unter einem oder mehreren Reichsstatthaltern gebildet, die später auch im übrigen Reich eingerichtet werden sollten.
- Das Saarland kam nach Auslaufen der Frist aus dem Versailler Vertrag und einer Volksabstimmung 1935 zum Reich.
- Der „Anschluss Österreichs“ wurde mit dem Einmarsch der Wehrmacht am 12. März 1938 vollzogen.
- Die Tschechoslowakei musste das Sudetenland nach dem Münchner Abkommen am 10. Oktober 1938 an das Reich abtreten.
- Die Slowakei musste sich von Tschechien unabhängig erklären (14. März 1939) und wurde zu einem vom Reich abhängigen Satellitenstaat gemacht.
- Die Rest-Tschechei wurde am 15. März 1939 besetzt und zum vom Reich abhängigen Randbezirk Reichsprotektorat Böhmen und Mähren gemacht.
- Das Memelland wurde mit dem deutsch-litauischen Staatsvertrag vom 23. März 1939 ein Teil Preußens.
Diese vor dem Zweiten Weltkrieg vorgenommenen Angliederungen wurden staatsrechtlich wirksam; nur die Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren war ein offener Bruch eines internationalen Vertrages und damit – wie auch die folgenden Gebietserweiterungen – völkerrechtlich unwirksam.
Weitere Gebiete wurden 1939 im Polenfeldzug kriegerisch erobert:
- Danzig-Westpreußen wurde als Reichsgau gebildet.
- Das Wartheland wurde als Reichsgau aus dem Großteil der früheren preußischen Provinz Posen und weiteren angrenzenden polnischen Gebieten geschaffen.
- Der Regierungsbezirk Zichenau und
- Ostoberschlesien kamen zu Preußen.
- Mittel- und Südpolen wurden als Generalgouvernement mit einer Hitler direkt unterstellten Regierung dem Reich angegliedert.
Nach dem Frankreichfeldzug 1940 wurden weitere „Nebenländer“ deutscher Verwaltung unterstellt:
- Lothringen und
- das Elsaß,
- Luxemburg sowie
- Eupen-Malmedy. Hiervon wurde formell nur Eupen-Malmedy dem Deutschen Reich und Preußen eingegliedert.
Nach dem Balkanfeldzug 1940 wurden folgende Gebiete den bestehenden Reichsgauen auf österreichischem Gebiet eingegliedert:
- Teile Kärntens und der Krain;
- die zuvor jugoslawische Untersteiermark.
Nach dem Russlandfeldzug 1941 kam
- der Bezirk Bialystok hinzu.
Nach dem Frontwechsel Italiens erhielten
- das Adriatische Küstenland und
- das Alpenvorland einen ähnlichen Rechtsstatus wie die „Nebenländer“.
In allen diesen ein- oder angegliederten oder neugeschaffenen Verwaltungseinheiten wurde weitgehend damals geltendes deutsches Recht und deutsche Amtssprache eingeführt. Die Volksdeutschen erhielten die deutsche Staatsbürgerschaft und wurden damit wehrpflichtig. Die spätere völlige Einverleibung in ein Großdeutsches Reich war damit vorbereitet und sollte nach dem Krieg vollzogen werden.
„Oberste Reichsbehörden“
Aufgrund der in der NS-Ideologie proklamierten „Einheit von Volk und Staat“ erhielten die obersten Regierungsämter sowohl legislative wie exekutive und judikative Kompetenzen. Das Bestreben, den „Führerwillen“ in allen staatlichen Aufgabenbereichen und auf allen Staatsebenen wirksam werden zu lassen, führte einerseits zur Zentralisierung der bisherigen Ressorts und Ämter, andererseits zu ihrer oft wildwüchsigen Vermehrung.
Aus sich überschneidenden Aufgaben von zentralisierten und neugeschaffenen Staatsbehörden sowie obersten Parteiämtern ergaben sich eine Fülle von Kompetenzstreitigkeiten und Rivalitäten, die dann oft durch eine Entscheidung Hitlers autoritativ beendet werden mussten. In der Regel wurden im Ergebnis Verwaltungsbehörden mit Parteiämtern verschmolzen. Daraus entstand eine Reihe neuer „Oberster Reichsbehörden“.
Reichskanzlei
Reichskanzler des Deutschen Reiches war Adolf Hitler, Staatsoberhaupt war bis zu seinem Tod am 2. August 1934 Reichspräsident Paul von Hindenburg. Mit dem Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches vom 1. August 1934 übernahm Hitler einen Tag zuvor staatsstreichartig Hindenburgs Ämter. Er trug seitdem bis Ende 1938 den Titel „Führer und Reichskanzler des Deutschen Reiches“, ab Januar 1939 nur noch „Führer“. Spätestens jetzt war die Weimarer Verfassung faktisch aufgehoben und alle Staatsgewalt in der Person Hitlers vereinigt.[5]
Hitlers Amtssitz als Reichskanzler war die Reichskanzlei in Berlin. Diese fungierte als Behörde zur Abwicklung der laufenden Regierungsgeschäfte und zugleich als Parteizentrale der NSDAP. Für die Regierungsgeschäfte zuständig war der Staatssekretär Hans Heinrich Lammers, später Martin Bormann. Für die Parteianliegen und die Koordination von Reichskanzlei und Ministerien war Rudolf Heß zuständig: Hitler hatte ihn im Juni 1933 zum Stellvertreter des Führers ernannt. Er gehörte im Rang eines Ministers dem Reichskabinett und dem Ministerrat für die Reichsverteidigung an. Zudem hatte er ein Mitspracherecht bei wichtigen Verordnungen der Reichsministerien und Ernennung hoher Staatsbeamter.
Am 12. Januar 1939 verlegte Hitler seinen Amtssitz in die von Albert Speer konzipierte Neue Reichskanzlei an der Voßstraße Berlin.
Reichsregierung
Deutschland hatte nach 1933 wie zuvor bis zur militärischen Kapitulation 1945 eine Reichsregierung. Sie bestand aus 12 bis 15 Reichsministern mit und ohne Geschäftsbereich und weiteren Spitzenbeamten des NS-Staates. Ihre Aufgabe war, unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Gesetzentwürfe zu beraten und mit Stimmenmehrheit zu beschließen.
Hitler hielt jedoch nur wenige Monate lang regelmäßige Kabinettssitzungen ab. Ab 1935 tagte das Kabinett Hitler nur noch unregelmäßig und immer seltener. Es verabschiedete dann im Eilverfahren reihenweise neue Gesetze, ohne diese zu diskutieren. Die letzte gemeinsame Sitzung fand am 5. Februar 1938 statt.
Indem immer mehr Kompetenzen an den Führer delegiert bzw. von diesem an sich gezogen wurden, der mit direkten Verordnungen regierte, wurden sämtliche Minister faktisch zu seinen Befehlsempfängern. Damit verlor das Kabinett seine gesetzgeberische Rolle und zerfiel schließlich während des Krieges in Teilressorts, die sich nur noch partiell untereinander abstimmten.
Nach Hitlers Selbstmord wurde Anfang Mai 1945 noch einmal formal das Kabinett Schwerin von Krosigk als Geschäftsführende Reichsregierung gebildet. Sie amtierte nur noch wenige Tage bis zur Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde durch das Oberkommando der Wehrmacht.
Reichsministerien
Unter der Bezeichnung Reichsministerium gab es 1933 folgende Ressorts:
- Reichsministerium für Arbeit
- Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft
- Reichsministerium der Finanzen
- Reichsministerium der Justiz
- Reichsministerium für das Postwesen
- Reichsministerium für Verkehr
- Reichsministerium für Wirtschaft
- Reichsministerium des Auswärtigen (seit 1919 übliche Langbezeichnung neben der weiterhin verwendeten Kurzbezeichnung „Auswärtiges Amt“)
- Reichsministerium des Innern
Dabei veränderte das NS-Regime Zuschnitt und reale Kompetenzen der einzelnen Ministerien teilweise erheblich. Seit 1933 neu eingerichtet wurden folgende Ressorts:
- Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
- Reichsluftfahrtministerium
- Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (Reichsamtsleiter Georg Leibbrandt)
- Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten
- Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion
- Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda
- Reichsminister für besondere Aufgaben
Weitere Reichsbehörden und Spitzenämter
Zu den obersten Reichsbehörden und Spitzenämtern, die keinem Reichsministerium, aber direkt der Reichskanzlei unterstellt waren oder wurden, zählten:
- die Dienststelle Stellvertreter des Führers (Parteikanzlei, ab Juni 1933)
- die Reichsgerichte
- der Rechnungshof des Deutschen Reiches
- der Reichsbauernführer (Richard Walther Darré, später in Personalunion mit dem Ernährungsminister)
- der Reichsjägermeister und
- der Reichsforstmeister (beide Ämter vereinte Hermann Göring)
- der Reichskommissar für sozialen Wohnungsbau
- der Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen (Fritz Todt, ab November 1933)
- der Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt (Albert Speer, ab Januar 1937)
- das Rasse- und Siedlungshauptamt
- die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Präsident bis Ende 1938: Friedrich Syrup, ab Januar 1939 Staatssekretär unter dem Reichsarbeitsminister)
- der Reichsarbeitsdienst (Konstantin Hierl, ab 1935 bis 1943; danach Teil des Innenministeriums)
- der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft (1935; später für Kriegswirtschaft)
- die Reichsstelle für Raumordnung (1935)
- die Reichsjugendführung (Baldur von Schirach, ab 1936)
- der Reichskommissar für Preisbildung (Carl Friedrich Goerdeler, ab November 1936)
- der Reichssportführer (ab 1936)
- der Beauftragte für den Vierjahresplan (Staatssekretär Erich Neumann, ab 1936)
- der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei (Chef der Sicherheitspolizei und des SD; Heinrich Himmler, ab 1936)
- der Generalgouverneur (Hans Frank, seit 1941 auch dessen ständiger Stellvertreter Staatssekretär Josef Bühler)
- der Generalbevollmächtigte für die Reichsverwaltung (ab 1938)
- der Ministerrat für die Reichsverteidigung bzw. Geheime Kabinettsrat (ab 1938)
- die Reichsbank (ab Juni 1939)
- der Reichsprotektor für Böhmen und Mähren (ab März 1939)
- der Reichsarbeitsführer (Konstantin Hierl, ab 1943)
- der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (Fritz Sauckel, ab März 1943)
- der Reichsbevollmächtigte für den totalen Kriegseinsatz (Joseph Goebbels, ab Juli 1944)
Sicherheitsapparat
Eine Sonderrolle kam dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler zu, dem praktisch der gesamte Sicherheitsapparat abzüglich des Militärs unterstand. Nach der Liquidierung großer Teile der SA-Führungsschicht im Röhm-Putsch 1934 entwickelte sich die SS zur Schaltzentrale und zum „Gehirn“ des NS-Systems. Ziel der Machtkonzentration war der Aufbau einer parallelen, auf Überwachung ausgerichteten Struktur („Staat im Staate“). Diese trat zeitweise in Konkurrenz zu dem traditionellen Ministerialsystem, insbesondere nach der Übernahme von Verwaltungsfunktionen in den besetzten Gebieten. Zudem diente die SS der Elitenbildung mit starker Bindung an den „Führer“.
Eine der zentralen Einrichtungen war das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unter Reinhard Heydrich, später Ernst Kaltenbrunner. Es entstand aus der Zusammenlegung von Sicherheitspolizei (SIPO) und Sicherheitsdienst (SD). Dem RSHA unterstand unter anderem die „Geheime Staatspolizei“ (Gestapo) unter Heinrich Müller, bei der wiederum Adolf Eichmann für die Organisation der Judentransporte in die Vernichtungslager zuständig war.
Zur Organisation der SS siehe: Organisationsstruktur der SS, SS-Hauptämter
Militär
Als Nachfolger Hindenburgs war Hitler seit 1. August 1934 auch Oberster Befehlshaber der Wehrmacht. Am 4. Februar 1938 setzte er den Reichswehrminister Werner von Blomberg ab, löste das Kriegsministerium auf und übernahm auch den operativen, nicht nur politischen Oberbefehl über das neugebildete Oberkommando der Wehrmacht (OKW). Dieses wurde sein Generalstab. Es war wie folgt gegliedert:
- Oberkommando unter Hitler: Wilhelm Keitel
- Oberkommando des Heeres: Werner von Fritsch, Walther von Brauchitsch, Hitler
- Oberkommando der Marine: Erich Raeder, Karl Dönitz
- Oberkommando der Luftwaffe: Hermann Göring, Robert Ritter von Greim
Justiz
Zu den Gerichten im NS-Staat gehörten:
- Reichsgericht
- Reichsarbeitsgericht
- Reichserbhofgericht
- Reichskriegsgericht
- Reichsverwaltungsgericht
- Reichsfinanzhof
- Sondergerichte
- Volksgerichtshof
Staats- und völkerrechtliche Kontinuität
- Hauptartikel: Rechtslage des Deutschen Reiches nach 1945
Das Deutsche Reich bildete von 1933 bis 1945 formal keinen neuen Staat, sondern setzte die Weimarer Republik fort. Die 1949 gegründete und 1990 mit der DDR vereinte Bundesrepublik Deutschland wird als Völkerrechtssubjekt mit dem Deutschen Reich identifiziert. Denn es besteht dem Bundesverfassungsgericht zufolge eine Subjekt(s)identität »Deutschland«, „zu dem die eigene Bevölkerung als untrennbarer Teil […] und ihr eigenes [einheitliches] Staatsgebiet als ebenfalls nicht abtrennbarer Teil gehört“. Dieser Nationalstaat – „Deutschland als Ganzes“ – besteht nach herrschender Meinung auch staatsrechtlich gesehen in der Bundesrepublik Deutschland fort.
Fußnoten
- ↑ Knaurs Lexikon, Th. Knaur Nachf. Verlag, Berlin, 1939
- ↑ Knaurs Lexikon, Th. Knaur Nachf. Verlag, Berlin, 1939
- ↑ Knaurs Lexikon, Th. Knaur Nachf. Verlag, Berlin, 1939
- ↑ Ernst Ritter: NS-Justiz und innere Verwaltung, in: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, 1998, S. 85 ff.
- ↑ Werner Frotscher/Bodo Pieroth, Verfassungsgeschichte, 5. Auflage, München 2005, Rn 634; Ernst Rudolf Huber, Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Auflage, Hamburg 1939, S. 230
Literatur
- Martin Broszat: Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung. dtv, Reihe Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts (1. Aufl. 1969), 12. Aufl., München 1989, ISBN 3-423-04009-2.
- Ian Kershaw: Hitlers Macht. Das Profil der NS-Herrschaft. München 1992.
- Ian Kershaw: Der NS-Staat – Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick. Rowohlt, Reinbek 1999, ISBN 3-499-60796-4.
- Norbert Frei: Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945, 6. Auflage, München 2001, ISBN 3-423-30785-4.
- Richard J. Evans: Das Dritte Reich – Aufstieg. Band 1 der dreibändig geplanten Geschichte des Dritten Reichs, München 2004, ISBN 3-42105652-8.
- Dieter Blumenwitz: Was ist Deutschland? Staats- und völkerrechtliche Grundsätze zur deutschen Frage und ihre Konsequenz für die deutsche Ostpolitik. ISBN 3-88557-064-5.
Weblinks
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