Sternschaltung
für Drehstromkreis an einem dreiphasigen 230 V-Netz mit 120° Phasenabstand

Jeder Anschluss ist über einen Widerstand mit dem Nullpunkt verbunden.
In der Sternschaltung werden die drei Phasenstränge eines Drehstromsystems an jeweils einem Ende zusammengeschaltet. Der so entstandene Zusammenschluss bildet den Mittelpunkt, der auch Sternpunkt genannt wird. Dieser ist mit dem Neutralleiter (N) verbunden. Die freien Enden werden dann mit den Außenleitern (L1, L2 und L3) verbunden.
Diese Schaltung hat den Vorteil, dass man bei symmetrischer Belastung (d. h. die drei Stränge U, V, W haben die gleiche Impedanz) zwei unterschiedliche Spannungen abgreifen kann. Ausgehend von einer in Deutschland üblichen Phasenspannung sind dies zwischen einem der Außenleiter (L1, L2 oder L3) und dem Neutralleiter (N) 230 V. Greift man jedoch die Spannung zwischen zwei Außenleitern ab, z.B. L1 und L2, erhält man 400 V.
Der Verkettungsfaktor gibt das Verhältnis von Außenleiterspannung/verkettete Spannung (400 V) zu Phasenspannung/Sternspannung (230 V) an. Er beträgt die Wurzel aus 3 entsprechend 1,732.
Daraus folgt zum Beispiel, dass beträgt.
Durch geeignete Transformatoren ist es möglich, ein Vier-Leiter-Sternschaltungssystem in ein Drei-Leiter-Dreieckssystem umzuwandeln – und umgekehrt.
Einzelne Phasenstränge dieser Schaltung finden in Haushalten als bekannter 230 V-Anschluss (Schukosteckdose) für sogenannte Teilverbraucher ihre Verwendung.
Der gemeinsame Einsatz der drei Phasenstränge erfolgt unter anderem bei Elektromotoren (Drehstrommotor) und elektrischen Heizsystemen. Hier werden die Enden der drei Phasenstränge dann wie folgt bezeichnet:
- u1 - u2
- v1 - v2
- w1 - w2
Um z. B. einen Elektromotor in Sternschaltung zu betreiben, werden die Außenleiter L1, L2 und L3 mit den Strangenden u1, v1, und w1 folgendermaßen verbunden:
- L1 - u1
- L2 - v1
- L3 - w1
Die übrigen Enden der Phasenstränge u2, v2 und w2 werden gebrückt (miteinander verbunden) und ergeben den eingangs erwähnten Sternpunkt.
Die Energieversorgungsunternehmen streben eine gleichmäßige Belastung der drei Phasenstränge an. Da die drei Phasenstränge in der Praxis ungleichmäßig belastet sind, fließt im Neutralleiter deshalb ein vom Grad der Asymmetrie abhängiger Ausgleichsstrom.
Sternpunktbehandlung
In Nieder- und Mittelspannungsnetzen erfolgt eine differenzierte Sternpunktbehandlung. Dabei wird generell zwischen der oben beschriebenen niederohmigen Sternpunkterdung, der Resonanzsternpunkterdung,der strombegrenzenden Erdung, dem isolierten Sternpunkt und der aktiven Sternpunkterdung unterschieden.
Niederohmige Sternpunkterdung (NOSPE)
Die niederohmige Sternpunkterdung führt im Fehlerfall, sprich einem Kurzschluss, zu einer Schutzauslösung, die bewirkt, dass die entsprechende Leitung kurzzeitig (bis 300 ms) vom Netz getrennt wird (sogenannte Kurzunterbrechung – KU). Danach erfolgt ein erneutes Zuschalten. Liegt der Fehler dann noch immer vor, zum Beispiel bei satten Kurzschlüssen in Kabelnetzen, so wird der Leitungsteil endgültig abgeschaltet.
Der Nachteil dieser Methode ist, dass Verbraucher für einen kurzen Moment ohne Spannung sein können. Andererseits erfolgt eine zuverlässige, selektive und schnelle Abschaltung des Fehlers, und die Spannungsüberhöhung in den intakten Leitern ist nur kurzzeitig vorhanden. Die schnelle Reaktion der digitalen Schutzeinrichtung in 150 ms bietet einen effektiven Schutz bei Leiterseilberührungen durch den Menschen auf Baustellen etc.
Strombegrenzende Erdung
Der Sternpunkt des Dreileitersystems wird über eine Resistanz gegenüber dem Nullpotential angeschlossen. Es treten die gleichen Vorteile wie bei der NOSPE auf, nämlich, dass eine schnelle selektive Abschaltung des Fehlers mit Hilfe der KU erfolgt. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Fehlerströme nicht die Größe der Fehlerströme bei der NOSPE erreichen und so die Leistungsschalter, die zur Durchführung der Kurzunterbrechung notwendig sind, für geringere Fehlerströme dimensioniert werden können.
Ein Nachteil besteht hier allerdings darin, dass bei ausgedehnten Netzen der Fehlerstrom eventuell zu klein sein könnte, um vom Schutz als solcher erkannt zu werden.
Isolierter Sternpunkt
Diese Erdungsart wird meist in Mittelspannungs-Netzen mit geringer Ausdehnung, beispielsweise am Kraftwerksgenerator oder im Kraftwerkseigenbedarf, eingesetzt. Dort ist meist mit symmetrischen Belastungen und symmetrischer Erzeugung zu rechnen, sodass keine unzulässigen Sternpunktverlagerungsspannungen im Normalbetrieb auftreten. Da ein eventueller Fehlerstrom von den Erdkapazitäten der nachfolgenden Leitungen bzw. Kabel bestimmt wird, darf die Ausdehnung selbiger einige Kilometer nicht überschreiten, sodass der zulässige Fehlerstrom von 100A nicht überschritten werden kann.
Ein Vorteil von Netzen mit isoliertem Sternpunkt ist, dass im Fehlerfall keine sofortige Abschaltung notwendig ist. Wenn z.B. ein einpoliger Erdschluss auftritt, ist der Erdschlussstrom so klein, dass nicht abgeschaltet werden muss. Bei diesem Fehlerfall wird allerdings die Spannung gegenüber Erde der anderen zwei Phasen um den Faktor erhöht, was zu einer stärkeren Isolationsbeanspruchung führt. Deshalb sind isolierte Sternpunkte nicht in Höchstspannungsnetzen möglich.
Resonanzsternpunkterdung
Bei der Resonanzsternpunkterdung wird der Sternpunkt über eine sogenannte Petersen-Drossel auf Erde gelegt. Die Größe der Induktivität wird dabei auf die Streukapazitäten der Leitungen gegenüber Erde abgestimmt, so dass eine Resonanz bei knapp über 50 Hz im Kurzschlussfall auftritt, also der Widerstand von Petersen-Drossel und Erdkapazitäten nahezu gleich groß ist. Das Prinzip beruht darauf, dass der überwiegend kapazitive Fehlerstrom mit einer Phasenverschiebung von + 90° durch einen entsprechenden induktiven Strom, hervorgerufen durch die Petersen-Drossel, mit einer idealen Phasenverschiebung von - 90° kompensiert wird.
Es wird jedoch meist eine Verstimmung des Schwingkreises von 10-20 % vorgesehen, damit bei unkontrollierten Abschaltungen langer Freileitungen, bspw. im Fehlerfall, die Resonanzfrequenz nicht genau 50 Hz beträgt, sondern weiterhin leicht darüber. Würde die Resonanzfrequenz genau 50 Hz betragen, so könnte es zu Resonanzüberhöhungen der Spannung im Sternpunkt kommen und eine Gefährdung des Betriebes könnte vorliegen. Ein weiterer Vorteil der leichten Überkompensation ist, dass induzierten Ströme paralleler Drehstromsysteme (bspw. zwei Systeme verschiedener Spannungsebenen auf einem Freileitungsmast) ein definierter Widerstand ungleich 0 entgegengesetzt wird und diese so nicht unzulässig hoch werden können.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass eine unterbrechungsfreie Versorgung der Verbraucher, sowie untergeordneter Netzstrukturen möglich ist. Es entsteht jedoch eine Spannungsüberhöhung in den intakten Phasen um den Faktor und bei Kabelnetzen ist durch die hohen Kapazitäten zur Erde mit hohen Kurzschlußströmen zu rechnen und somit mit einer starken Erwärmung der Betriebsmittel. In Hochspannungsnetzen kann die Resonanzsternpunkterdung so nicht mehr eingesetzt werden. Es fließt zusätzlich zu dem kapazitiven Erdstrom noch ein Wirkreststrom über die Betriebsleitwerte der Leitungen. Dieser wird von der Petersen-Drossel nicht kompensiert. Es ist eine aktive Sternpunkterdung notwendig, die einen um 180° phasenverschobenen Wirkstrom einprägt, so dass er sich mit dem Wirkreststrom zu Null ergänzt.
Aktive Sternpunkterdung
Im Falle der aktiven Sternpunkterdung wird mit Hilfe einer leistungselektronischen Messeinrichtung und einem statischen Umrichter eine dem Wirkreststrom entgegengesetzte Komponente in das Nullsystem des Netzes eingeprägt. So kann der Wirkreststrom nahezu komplett kompensiert werden, sodass ein Selbstlöscheffekt am Lichtbogen aufgrund der geringen verbleibenden Stromstärke einsetzt. Diese Sternpunktbehandlung besitzt bis heute keine abschließende Marktreife und wird meist nur in Versuchsanlagen oder Industrienetzen eingesetzt. Mit diesem Konzept ist es jedoch auch möglich, Höchstspannungsnetze bei einem vorliegenden Fehler unterbrechungsfrei weiterzubetreiben und so eine dauerhafte Versorgung der Verbraucher, ohne Einsatz der Kurzunterbrechung, zu gewährleisten.
Literatur
- Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme - Erzeugung, Transport, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie, Springer Verlag 2006, ISBN 3-540-29664-6