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Benutzer:CWitte/Laplace-Ebene

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Die Laplace-Ebene bezeichnet in der Himmelsmechanik die über lange Zeiten gemittelte Bahnebene eines Körpers (z.B. ein Planet, Mond oder Satellit), der sich auf einer Umlaufbahn um ein Zentralobjekt (Sonne, Planet etc.) bewegt.

Die Laplace-Ebene der meisten großen Monde unseres Sonnensystem, insbesondere die der großen Gasplaneten, fällt praktisch mit der Äquatorebene des jeweiligen Zentralplaneten zusammen. Eine Ausnahme bildet der Erdmond, dessen Laplace-Ebene mit großer Genauigkeit durch die Ekliptik beschrieben wird. Die künstlichen Satelliten im Erdorbit und einige (zumeist kleinere) Monde besitzen eine Laplace-Ebene, die zwischen diesen beiden Ebenen liegt und daher explizit berechnet werden muss. Pierre-Simon Laplace hatte 1805 diese Bezugsebene als erster zur Beschreibung der Bahneigenschaften des Saturnmondes Iapetus eingeführt, der größte Körper des Sonnensystems, bei dem diese Ebene deutlich von Äquatorebene und Ekliptik abweicht.[1]

Erläuterung

Der Idealfall eines kleinen Körpers, der sich um ein kugelförmiges Zentralobjekt bewegt, wird durch das Kepler'sche Zweikörperproblem, oder das Einzentrenproblem beschrieben. Da das Gravitationsfeld des kugelförmigen Zentralobjekts radialsymmetrisch ist, wirkt kein Drehmoment und der Bahndrehimpuls des Körpers ist in diesem Fall zeitlich konstant. Dies bedingt einerseits die Gültigkeit des zweiten Kepler'schen Gesetzes, und andererseits, dass die Bewegung des kleinen Körpers in einer zeitlich unveränderlichen Ebene, der Bahnebene, erfolgt.

Bahnneigung i und Knotenargument Ω einer Keplerellipse. Die Knotenlinie ist grüne die Referenzebene C ist als Schachbrett markiert.

Die Bahnen realer Körper im Orbit um ein Zentralobjekt, wie z.B. Planeten im Umlauf um die Sonne, Monde im Umlauf um ihren Planeten, oder künstliche Satelliten, können nur annäherungsweise als Zweikörperproblem behandelt werden. Abweichungen von der Kugelgestalt des Zentralobjekts und die Anwesenheit anderer massiver Körper außerhalb des Systems führen zu einem gestörten Zweikörperproblem. Solch ein gestörtes System lässt sich über kurze Zeiträume zwar weiterhin durch die Bahnelemente einer Keplerellipse beschrieben, die Störungen führen aber zu einer zeitlichen Veränderung der Bahnelemente. Insbesondere führt das Auftreten eines Drehmoments, dass auf den umlaufenden Körper wirkt, zur zeitlichen Veränderung der Bahnebene, die in der Himmelsmechanik i. Allg. durch die Bahnneigung (Inklination), und den Positionswinkel (Argument) des aufsteigenden Knotens in Bezug auf eine unveränderliche Referenzebene angegeben wird.

Die Natur der auftretenden Drehmomente T ist oft derart, dass diese recht klein im Verhältnis zum Bahndrehimpuls L sind, d.h. der Drehimpuls ändert sich sehr wenig während eines Umlaufs des Körpers um das Zentralobjekt, in Fomeln: , wobei ω die Kreisfrequenz des Körpers beim Umlauf ist. In diesem Fall kann man den Körper als schnellen Kreisel betrachten, dessen Rotationsachse in Richtung des Bahndrehimpulses zeigt, und sich durch das Drehmoment in seiner Richtung und Größe verändert. Die Richtung der Rotationsachse ändert sich in vielen himmelsmechanischen Problemen kurzperiodisch um eine mittlere Rotationsachse, die selbst langperiodisch um einen Präzessionspol wandert. Die Ebene senkrecht zur Richtung des Präzessionspols kann als langzeitlich mittlere Bahnebene betrachtet werden und wird als Laplace-Ebene bezeichnet.

Planeten, Monde und Satelliten bewegen sich oft auf Ellipsen relativ geringer Exzentrizität um ihren Zentralkörper, und die Drehmomente, die auf den Körper wirken, sind meist von den in den beiden folgenden Absätzen beschrieben Mechanismen bewirkt.

Abweichungen des Zentralkörpers von der Kugelgestalt

Solange beide Körper in einem Zweikörpersystem exakt kugelsymmetrischen Aufbau besitzen, ist das Gravitationsfeld im resultierenden äquivalenten Einzentrenproblem exakt radialsymmetrisch und es wirkt kein Drehmoment zwischen den umlaufenden Körpern. Abweichungen von der Kugelgestalt führen jedoch zum Auftreten eines Drehmomentes und damit zur zeitlichen Veränderung der Bahnebene. Im himmelsmechanischen Kontext ist die dominate Quelle dieses Drehmoments das Quadrupolmoment des Zentralkörpers, dass sich zum großen Teil durch die Abplattung längs der Rotationsachse des Körpers ergibt. Das Drehmoment, das sich gemittelt über eine Umlaufperiode ergibt, steht senkrecht auf der Rotationsachse des Zentralkörpers und senkrecht auf dem momentanen Bahndrehimpuls des umlaufenden Körpers. Dadurch ändert sich der Betrag des Drehimpulses nicht, sondern nur die Richtung präzediert um die Rotationsachse des Zentralkörpers. Die Drehimpulserhaltung bedingt dabei im übrigen eine Rückwirkung auf den Eigendrehimpuls des Zentralkörpers, der dadurch, i. Allg. aber sehr viel langsamer, um den Präzessionspol des umlaufenden Körpers präzediert. Diese Wirkung des Mondes ist z.B. einer der Hauptgründe für die lunisolare Präzession der Erdachse.

Genauere Rechnung führt auf eine Änderung der vektoriellen mittleren Winkelgeschwindigkeit des umlaufenden Körpers von[2]

wobei das dimensionslose Quadrupolmoment, der Richtungsvektor der Rotationsachse des Zentralobjekts, R dessen Radius, a die große Halbachse der Umlaufbahn und e deren Exzentrizität bezeichnet (die spitzen Klammern stellen das Skalarprodukt dar). Das Knotenargument der Umlaufbahn wandert daher mit einer Winkelgeschwindgkeit von

i bezeichnet nun die zeitlich konstante (!) Bahnneigung () gegenüber der Äquatorebene des Zentralobjekts, die somit die Laplace-Ebene ist.

Das Quadrupolmoment eines homogenen Rotationsellipsoids beträgt , wobei f die Abplattung des Körpers ist. Reale Planeten sind hingegen nicht homogen, sondern ihre Dichte nimmt mit wachsender Entfernung vom Mittelpunkt ab. Nimmt man an, dass der Körper aus schichten gleicher Dichte aufgebaut ist, ist das Quadrupolmoment durch gegeben, wobei I das Trägheitsmoment bezeichnet.

Z.B. für die Erde gilt f≈1/298 und I≈0,33 M R2 also J2≈0,0011 in guter Übereinstimmung mit dem genaueren Wert[3] J2=0,001082. Setzten wir dies in die Formel oben ein und berechnen die Periode der Knotendrehung einen Satelliten auf erdnahem, kreisförmigen, fast äquatorialen Orbit, so erhalten wir T≈ 36 Tage, d.h. der Knoten wandert etwa 10° pro Tag entgegen der Umlaufrichtung des Satelliten.

Für Jupiter findet man[4] J2≈0,0147 und eine Radius von R≈71.500 km. Der Mond Io kreist in einem Abstand von etwa a≈421.000 km um den Planeten und der Bahnknoten wandert entsprechend um etwa 47° pro Jahr und braucht so etwa 7,6 Jahre für eine volle Umdrehung. Die ohnehin geringe Bahnneigung gegenüber Jupiters Äquatorebene von 0,05° bleibt in guter Übereinstimmung mit dem hier vorgestellten Modell konstant, eine Tatsache, die weder für künstliche Satelliten im Erdorbit noch für den Erdmond gilt. Für den Erdmond schwankt die Neigung gegenüber dem Erdäquator mit einer Periode von 18,6 Jahren zwischen 18° und 28,5°. Die Abplattung der Erde würde allerdings nur eine Drehung der Knoten von etwa 2,7° pro Jahrtausend bei gleichbleibender Neigung bedingen, sodass die Dynamik der Mondknoten eine andere Ursache besitzen muss, die nun vorgestellt wird.

Äußere Störungen

Wird ein Zweikörpersystem in eine Umgebung eingebracht, in der andere Objekte mit den beiden Körpern wechselwirken, so lässt sich unter gewissen Bedingungen die Bewegung der beiden Körper störungstheoretisch behandelt. Man geht bei diesem Ansatz davon aus, dass sich das Zweikörpersystem über kurze Zeiten weiterhin in der Form beschrieben lässt, die aus dem ungestörten Problem bekannt ist. Über mittlere und längere Zeiträume werden sich jedoch eigentlich konstante Bahnparameter dynamisch entwickeln. In diesem Abschnitt soll ein gewisser Speziallfall der Störung einer Keplerellipse beschrieben werden, wobei das Interesse wiederum bei den Bahnelementen Inklination i und Argument des aufsteigenden Knotens Ω liegt. Wir gehen zu diesem Zweck von den Annahmen aus, dass sich der umlaufende Körper wieder als schneller Kreisel beschrieben lässt, und dass sich die störenden Körper schnell bewegen im Verhältnis zur Änderungsrate der Bahnelemente. Als Beispiel für ein solches Modell sei der Erdmond gewählt, der sich mit etwa der 13-fachen Winkelgeschwindigkeit um die Erde bewegt, mit der sich der Hauptstörkörper, nämlich die Sonne, relativ zum Erde-Mond-System bewegt. Die Änderung des relevanten Bahnelements Ω vollzieht sich mit nochmal etwa 18-fach kleinerer Winkelgeschwindigkeit.

Man erhält in solchen Fällen ein akzeptables Resultat, wenn man ein solches System als schnellen Kreisel betrachtet, auf den eine Kraft wirkt, die von einer Masseverteilung ausgeht, die aus einer zeitlichem Mittelung der Störmassen über ihre Bahnen relativ zum Zweikörpersystem hervorgeht. Handelt es sich dabei um einen einzelnen dominanten Störkörper, der sich relativ zum System mit konstantem Abstand und konstanter Geschwindigkeit bewegt, kann man also einfach von einem eindimensionalen Massering mit entsprechender Masse M und Radius R ausgehen. Das Drehmoment, das dieser Massering auf den umlaufenden Körper bewirkt, erzeugt eine Änderung der vektoriellen mittleren Winkelgeschwindigkeit des umlaufenden Körpers von:[2][5]

wobei M die Masse des Störkörpers, der Richtungsvektor der Winkelgeschwindigkeit des Störkörpers und r sein Abstand zum System ist. a bezeichnet die große Halbachse der Umlaufbahn und e deren Exzentrizität. Der aufsteigende Knoten der Umlaufbahn wandert daher mit einer Winkelgeschwindgkeit von

i bezeichnet nun die zeitlich konstante Bahnneigung () gegenüber der Bahnebene des Störkörpers, die hier die Laplace-Ebene ist.

Kombination beider Fälle

Einzelnachweise

  1. R. R. Allan, G. E. Cook: The Long-Period Motion of the Plane of a Distant Circular Orbit, Proceedings of the Royal Society of London. Series A, Mathematical and Physical Sciences, Vol. 280, No. 1380 (Jul. 7, 1964), pp. 97-109
  2. a b Satellitenbahnen ProjektTU-München
  3. NASA Earth Fact Sheet
  4. NASA Jupiter Fact Sheet
  5. M. Schneider: Himmelsmechanik, Kap. 26, Bd.2, BI Wiss. Verlag, Mannheim (1993), S. 542--550