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Ostseestraße (Berlin)

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Die Ostseestraße ist eine 1,15 km lange Berliner Straße im Pankower Ortsteil Prenzlauer Berg. Sie ist eine Hauptstraße, die in Ost-West-Richtung zwischen der Wisbyer Straße und der Michelangelostraße verläuft. Außerhalb des S-Bahnringes gelegen, verläuft sie parallel dazu. Sie bildet den nördlichen Teil des C-Ringes in Verlängerung von BAB 100 und Seestraße.

Ihren Ursprung hat die Ostseestraße in den Erweiterungsplänen Hobrechts (Hobrecht-Plan), die sich durch die Notwendigkeit zur Entsorgung der Berliner Kanalisation ab 1862 für die preußische Hauptstadt ergaben. Damals lag das Gelände, auf dem die Straße heute verläuft bereits auf Berliner Territorium, jedoch fernab der Bebauung der Hauptstadt Preußens. Sie wurde als Straße 31a, Abt. XII des Bebauungsplans angelegt, den heutigen Namen erhielt sie am 23. Januar 1913. Die Namensgebung Ostsee ergab sich aus dem bereits existierenden Nordischen Viertel westlich der Prenzlauer Allee, mit Straßennamen nach skandinavischen Orten.

Bebauungsverlauf

1913 erfolgte die Einweihung des Straßenzuges im Januar mit der Anlage und der Bepflanzung des Ostseeplatzes. Der Straßenzug war seit 1905 bei der Revision des ursprünglichen Planes (von 1862) mit Mittelpromenade vorgesehen.

Zwischen 1914 und 1925 stockte die weitere Bebauung wegen des Ersten Weltkriegs und der Inflation von 1920/1923. 1920 war die Ostseestraße mit der Bildung Groß-Berlin zum Innenstadtbereich geworden. (Im Norden wurde unter anderem die Gemeinde Weißensee eingegliedert.) Allerdings blieb der Stadtrandcharakter mit Feldern und Gärten zum vormaligen Nachbarort noch erhalten. Mit dem Nordischen Viertel weiter westlich hatte die Bebauung des Ringes (Bornholmer Straße) außerhalb des Bahnringes schon begonnen. Bauinvestitionen in der noch leeren Ostseestraße brachte dann der Boom der Goldenen Zwanziger.

Von 1926 bis 1930 entstand zwischen der Ringbahn und südlich der Ostseestraße die von Bruno Taut geplante Wohnstadt Carl Legien, 1933 (nach der Machtübernahme durch die Nazis) als Flamensiedlung benannt. In dieser Architektur repräsentieren sich Bauhaus-Ideen. Großzügige Innenhöfe ermöglichen auch dem Stadtbewohner etwas Natur. Die Großzügigkeit der Wohnungsschnitte und der Einrichtung grenzt sie von Mietskasernen der Gründerzeit ab.

Von 1929 bis 1931 wurde von der Mandelstraße bis in die Greifswalder Straße hin ein Wohnkarree mit Schule im Innenhof errichtet. Mit diesen Wohnbauten gewerkschaftsnaher Bauvereine, ohne Quergebäude und Seitenflügel, wurden weitere Bauideen verwirklicht, die die eng bebauten Hinterhofviertel der Jahrhundertwende (1900) überwanden.

Von 1934 bis 1937 folgte das Wohnquartier an der Südseite des Ostseeplatzes zwischen Mandelstraße und Hosemannstraße. Bauverantwortlicher war Wilhelm Lindow. In Ziegelbauweise errichtet besitzt es eine zum Ostseeplatz abnehmende Geschosshöhe. Südlich grenzend an die Erich-Weinert-Straße (Carmen-Sylva-Straße), die Bruno Taut als Magistrale vorgesehen hatte, fällt die Geschosszahl zum Ostseeplatz auf drei ab, mit der grünen Innenfläche und Kleingärten über den Ostseeplatz hinweg eine angenehme Wohngegend am Rande des Innenstadtbezirkes.

Von 1950 bis 1955, nach dem Zweiten Weltkrieg, waren diese Kleingärten nördlich der Ostseestraße als Baugrundstücke für den notwendigen Neubau von Wohnungen in Berlin geeignet. Während in der Innenstadt noch die Trümmerberäumung erfolgte, war das Gelände zwischen Mandelstraße und Goethestraße nördlich bis hin zum Gewerbegebiet auf Weißenseer Territorium (Lehderstraße) prädestiniert als Baufläche. Wohnhäuser in der Goethestraße aus der Vorkriegszeit waren Ruinen und wurden mit einbezogen. Hier entstanden vom Architekten noch individuell entworfene drei- bis fünf-geschossige Wohnhäuser mit Ein- bis Vier-Raum-Wohnungen. Mit den Bauten in der Paul-Grasse-Straße reicht dieses Quartier bis an die Ortsteilgrenze zu Weißensee.

Anfang der 1950er kamen als Baumaterial abgeputzte Ziegel der Innenstadtruinen und wiederverwendungsfähiges Material aus dem Trümmerschutt für Installationen der Wasser-/ Abwasserversorgung zum Einsatz. Der Bau an der Ostseestraße[1] begann noch vor der bekannteren Stalinallee (heutige Karl-Marx-Allee). Diese Architektur gründet auf herkömmlicher Ziegelbauweise. Der Aufbau erfolgte unter Leitung von Hermann Henselmann im so genannten neoklassizistischen Baustil. Vertreter der durch die „Stalinära“ politisch beeinflussten Monumentalarchitektur. Für den Wohnkomfort der „neuen Zeit“ sorgten breite Treppenhäuser, Bäder mit isoliertem Fußboden und Gimmicks wie Wäscherolle, Müllschlucker, Waschräume im Keller, hinzu kam eine klare Linienführung der Architektur: „Komfort-Wohnungen für Arbeiter, wie sie vorher nur dem Bürgertum zugänglich waren“.

Ende der 1950er Jahre bestand am Westende noch eine 110-kV-Freileitung der Golpa zum E-Werk Moabit[2], die zerlegt und abtransportiert wurde und so entstand Baufreiheit. 1959 wurde in der Ostseestraße zur Prenzlauer Promenade ein Betonwerk errichtet. Das erste seiner Art in Ost-Berlin lieferte die Beton-Platten für den industriellen Typenbau. Der Vorgänger dieser wandgroßen Betonplatten waren in den 1950ern Ziegelgroßblöcke; zentral aus Ziegeln vorgemauert und mit dem Kran auf der Baustelle eingesetzt, ermöglichte dies ein höheres Bautempo, um den Kriegsverlust im Wohnungsbestand zu ersetzen.

In den 1960er Jahren erfolgte mit den Betonblöcken aus diesem Werk der Lückenschluss zwischen der Hosemann- und der Gubitzstraße, vormals KGA „Ostsee“ mit fünfgeschossigen Wohnungsbauten eines abgewandelten Typ P2. Damit begann die industrielle Bauweise für die Wohnbauten westlich des Ostseeplatzes. Es war billiger, allerdings hatten diese Bauten im Gegensatz zur vorhergehenden Generation im Mittel eine kleinere Wohnfläche, innenliegende Bäder mit WC in der Nasszelle, eine Kochküche. Der Bedarf an Wohnraum zwang aber die sozialistische Volkswirtschaft zu einem sparsameren Umgang an volkswirtschaftlichen Ressourcen. Das Betonwerk Ostseestraße belieferte auch Typenbauten auf der Nordseite der Michelangelostraße, in Verlängerung der Ostseestraße. Gleiche Wohnbauten entstanden entlang der Prenzlauer Allee westlich der Taut-Siedlung. Vertreter der beabsichtigten Ensemblebildung ist die Poliklinik in der Prenzlauer Allee (heute Ärztehaus). Vorhandene Infrastruktur in Prenzl'berg Nord verhinderte das Triste einer Schlafstadt, auch als mit dem Wohnungsbau-Programm, die nächste Bauphase folgte. Weitere Bauten des gleichen Typs befinden sich in der Nähe, alle gelegen am Rande von Prenzlauer Berg.

Von 1973 bis 1983 wurde die Bebauung des Ringes nach Osten fortschreitend mit dem Viertel 11-geschossiger Wohnbauten südlich der Michelangelostraße fortgesetzt. Nach Entwürfen von „Roland Korn und Kollektiv“ errichtet: ersetzten sie Kleingärten, um den Wohnungsbedarf des damaligen Stadtbezirk Prenzlauer Berg mit einem Quartier für 10.000 Einwohner zu decken. Innenstadtnahe Flächen im Stadtbezirk waren bebaut, der weiter östlich gelegene Zentralviehhof war noch in Betrieb. Die bereits von Hobrecht geplante Mittelpromenade wurde bis zum Volkspark Prenzlauer Berg fortgeführt, dazu wurde zur vorhandenen Straße eine zweite Fahrbahn und vorgelagerte Parkplätze ins Stadtbild eingefügt. Wurden auch nicht alle Projekte dieses Quartiers realisiert (Parkhäuser), entstand ein stadtnahes und dennoch [3] grünes Wohnviertel und keine Satellitenstadt. Immerhin befinden sich Bäume innerhalb der Hochhauskarrees, statt der geplanten, aber nicht gebauten Parkhäuser.

Während die Ostseestraße wegen des seit der Maueröffnung zunehmenden Ost-West-Verkehrs im Lärmkataster enthalten ist und im Mietspiegel herabgestuft ist, bilden die begrünten Innenräume der östlicher gelegenen Blöcke eine ruhigere Stadtlage.

Nach Osten wird der Ring durch den Volkspark „Prenzlauer Berg“ abgeschlossen. Die vormalige Oderbruchkippe entstand in den 50ern aus Trümmerschutt der innerstädtischen Kriegsruinen. Eine 1986 bereits begonnene Fortführung der Ringführung über den „Jüdischen Friedhof Weißensee“ hinweg, wurde 1987 (750-Jahrfeier Berlins und Einigung mit Adass Jisroel) abgebrochen. So endet heute die ursprüngliche Hobrechtsche Ring-Planung von 1905.

In den 90er Jahren schließlich wurden verbliebene Bebauungsflächen für die weitere Bebauung genutzt. Wohnhäuser, Ecke Sültstraße, vollendeten die südliche Bebauung zur Prenzlauer Allee und belegen die Änderungen in Architektur und Bautechnik des 20. Jahrhunderts. Angrenzend zur Prenzlauer Allee verblieb eine Naherholungs- und Grünfläche, Erich-Weinert-Park benannt.

Von 2000 bis 2002 folgte nördlich zwischen Mandelstraße und Greifswalder Straße ein Geschäftsbau mit Supermarkt, Baumarkt und Büroräumen. Der in den 80er Jahren eingerichtete Gewerbebetrieb (Vergaserproduktion für das gesamte RGW) hatte mit der Wende seine Bedeutung verloren und wurde 2000 ersetzt (gemischte Baufläche M2 nach dem Flächennutzungsplan 2004). Beim Bau des Geschäftsbaus wurde auch der Bunker aus der Kriegszeit abgebrochen, der 1982 beim vorhergehenden Bauvorhaben stehen geblieben war.

Andere Flächen entlang der Straße sind Wohnbaufläche, W2 (GFZ bis 1,5).

Im Jahre 2000 wurde die Gewerbefläche am westlichen Ende der Straße (mit einem stillgelegten Betriebsgelände) samt der dortigen Kleingartenanlage zwischen Prenzlauer Promenade bis zur Goethestraße vom Bezirksamt Prenzlauer Berg für die Wohnbebauung vorgesehen. Änderung der Fördermöglichkeiten verhinderte diese Planung. So füllen zwei Supermärkte und Gewerbeobjekte der Kfz-Branche (ohne Geschossbildung) als Bauobjekte vom Beginn des 21. Jahrhunderts diese Fläche.

Heute ist die letzte Baureservefläche nach nahezu 100 Jahren Straßengeschichte (von 1913 bis 2007) vorerst belegt, aber möglicherweise wiederverwendungsfähig geblieben.


Zur Orientierung des Vorgenannten die querenden und abzweigenden Straßen von West nach Ost: Prenzlauer Allee/Prenzlauer Promenade(N), Sültstraße (S), Goethestraße (N), Gubitzstraße, Hosemannstraße, Mandelstraße, Greifswalder Straße. Der Ring setzt sich in der Michelangelostraße fort und endet an der querenden Kniprodestraße.

Denkmalstatus

  • In der Ostseestraße stehen Bauwerke nebeneinander, welche das gesamte 20. Jahrhundert repräsentieren. Für das Gebiet der Ostseestraße, einschließlich des südlich angrenzenden bis zum S-Bahn-Ring (Grellstraße) wurde 2003 eine Erhaltungsverordnung[4] erlassen, zur „Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets“.
  • Die Wohnanlage im nördlichen Straßenzug, die in den 50er Jahren errichtet wurde, steht in der Berliner Denkmalliste als Baudenkmal, wobei der Gesamteindruck der Außenansicht geschützt ist. Diese Bauten entstanden unter der Leitung des Stadtarchitekten Hermann Henselmann, der auch die Bauleitung der Stalinallee hatte.[5]
  • Ein weiterer Eintrag in dieser Liste gilt der Wohnanlage mit Schule (jetzt Oberstufenzentrum) im Innenhof an der südlichen Ecke zur Greifswalder Straße hin. Errichtet wurde dies von Fedler & Kraffert in den Jahren 1929–1931.[6]

Kunst im Straßenraum

  • Südlich des Ostseeplatzes in der Grünanlage mitten der Bauten aus den 1930er Jahren liegt ein Gedenkstein. Der Findling wurde 1935 beim Ausschachten der Baugruben für die Wohnhäuser gefunden. 1985 erfolgte zum „40. Jahrestag der Befreiung“ durch Aufbringen eines Bronzereliefs eine Umwidmung zur Erinnerung an den Vormarsch der Roten Armee. Der Einzug in Berlin erfolgte Ende April 1945 von Nordosten über Heinersdorf kommend. Dabei wurde auch eine Flakstellung an der Westseite des Ostseeplatzes genommen[7]. Auf der Bronzeplatte von Günter Schütz[8] ist neben einem Soldatenbildnis (Rotarmist), eine Blumenranke und die Inschrift „1941“ und „1945“ aufgebracht, gestiftet wurde sievom „Kreiskomitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer“ .
  • Unter den alten Kastanien von 1913 mitten des Ostseeplatzes steht seit 1990 die Frauenfigur „Nackte vom Ostseeplatz“ von Anna Franziska Schwarzbach[9], eine etwa 1,50 m hohe Bronzestatue. Das Kunstwerk nimmt das Idealbild eines weiblichen Aktes vom Beginn des 20. Jahrhunderts auf und schafft eine Verbindung zur Entstehungszeit des Ostseeplatzes vor dem Ersten Weltkrieg. Ein stufenförmiger Sockel bildet einen Kunstraum, der die Wirkung im vorbeiflutenden Verkehr inmitten einer grünen Oase von Platanen und des dichten Daches durch das Kastanienlaub unterstreicht.
  • Im Erich-Weinert-Park, Ecke Prenzlauer Allee, befindet sich eine andere Skulptur von A. F. Schwarzbach. Die Porträt-Büste Erich Weinerts wurde Anfang der 1980er Jahre aufgestellt, Mitte der 1990er Jahre ausgebessert und ergänzt. Die Schulterskulptur des Schriftstellers steht auf einem 1,50 m hohen Sockel und bietet derzeit Sprayern und Werbeschild-Klebern Gelegenheit zur kreativen Umgestaltung.
  • Auf der Rasenfläche des Erich-Weinert-Parkes liegt eine lebensgroße Bronze-Skulptur: „Lesender Knabe“[10] von Hans-Peter Goetsche aus dem Jahre 1968. Der Jüngling hat ein Buch in der Hand und fühlt sich zu allen Jahreszeiten wohl, während sich Parkbesucher nur in der warmen Jahreszeit auf der Wiese zu ihm gesellen.
  • An den Eckhäusern südlich des Ostseeplatzes (1935 erbaut) in Obergeschosshöhe sind die zwei Skulpturen bemerkenswert. Zur Hosemannstraße hin ein junger Mann mit kantigem Gesicht und einem Ball in der linken Hand, stützt er sich auf ein angedeutetes Geländer. Zur Mandelstraße hin steht ein Mädchen mit einem Buch in der rechten Hand. Um 1935 entstanden entsprechen sie den Denkmalstil der 30er, zwar in Putz, in der Ausführung der typischen Klinkerkeramik jener Zeit entsprechend.
  • Auf der vorgelagerten Rasenfläche Ostsee-/Ecke Gubitzstraße versteckt innerhalb einer Strauchgruppe steht eine fast lebensgroße Bronzestatue: „Stehendes Paar“[11], das von Sabina Grzimek[12] geschaffen wurde. Die Skulpturengruppe aus einem 1,20 Meter großen Mann neben einer etwas kleineren Frau steht auf einem 40 cm hohen Sockel und wurde 1967/68 aufgestellt. Das Paar mag einen Bezug zur Staatlichen Ballettschule in der Erich-Weinert-Straße haben, die an der Gubitzstraße anliegt.

Literatur

  • Malwine Hörisch, Wolfgang Krause: Prenzlauer Berg. Kunstspaziergänge. Nicolai'Sche Verlagsbuchhandlung. Berlin 12004. ISBN 3894791829

Fußnoten

  1. Bebauung 1950–1955 mit Bild
  2. persönliche Mitteilung eines Anwohners
  3. Leitfaden WBS 70
  4. Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 23.09.03
  5. Denkmallisteneintrag Wohnanlage Ostseestraße
  6. Denkmallisteneintrag Wohnanlage Fedler & Craffert und Schule
  7. persönliche Mitteilung
  8. Liste der Skulpturen in Berlin
  9. Biografie von Anna Franziska Schwarzbach mit Information zur „Nackten vom Ostseeplatz“
  10. Skulptur „Lesender Knabe“
  11. Skulptur „Stehendes Paar“
  12. S.Grzimek

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