Survival
Survival - bezeichnet in seiner Bedeutung eine Lebenseinstellung, die sich damit beschäftigt sich auf ungewohnte oder gefährliche Lebenssituationen vorzubereiten, um diese besser als andere zu meistern bzw. zu "überleben". Anwendung finden dabei verschiedenste Techniken und Hilfsmittel u.a. von Naturvölkern aus aller Welt um die menschlichen Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wasser und Schutz zu gewährleisten.
Die deutsche Übersetzung "Überleben" ist in seiner Bedeutung bei weitem nicht so umfangreich wie die Bedeutung von Survival im englischen Sprachraum. Survival ist interdisziplinär, multikulturell und vorrausschauend.
Geschichte
Die Anfänge des Survival liegen Mitte des 19. Jahrhunderts. Erste Anwender waren Waldläufer und Fallensteller in Nordamerika, welche spezielle Überlebenstechniken von den indianischen Ureinwohnern lernten. Sie ließen dabei die religiösen Vorstellungen ihrer Lehrer fallen und begannen bei ihren Begegnungen die Erfahrungen auszutauschen. Anfang des 20. Jahrhunderts hat der norwegische Polarforscher Roald Amundsen auf seiner Nordwestpassage-Expedition im Jahr 1903 die Überlebenstechniken der Netsilik-Inuit erlernt, welche er dann auf seiner legendären Südpol-Expedition im Jahr 1911 erfolgreich anwandte. Er transferierte das Überlebenswissen der Arktis auf die sehr ähnlichen Bedingungen der Antarktis.
Mit fortschreitender Technisierung des Krieges wurde Survival erstmals im 2. Weltkrieg für das Militär interessant. Spezialisierte Kriegsführung, wie das Operieren hinter den feindlichen Linien, erforderte Wissen über die Versorgung der Spezialeinheit aus der Umgebung – z.B. Wassergewinnung in der Wüste. Der 1941 gegründete britische Special Air Service hatte von Anfang an Überlebenstechniken im Trainingsprogramm. Dazu wurden u.a. Botaniker und Meteorologen als Lehrer hinzugezogen. Noch während des Krieges wurden diese international z.B. bei den US Army Rangers
Einen Höhepunkt des Survival stellt der Beginn des Kalten Krieges dar. Bereits in der 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde an der Beantwortung der Frage: "Wie überleben Zivilpersonen eine Kernwaffenexplosion? " gearbeitet. Einem bis heute sehr aktuellem Thema bei einigen Survival-Gruppen.
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen in Amerika Schriftsteller und Publizisten sich mit den Folgen der Ölkrise von 1973 zu beschäftigen. Es gab erste zivile Zeitschriften mit Anleitungen zur Bevorratung von Lebensmitteln oder dem Bau von Bunkerräumen. In diesem Zeitraum erlangt auch in Deutschland Survival eine gewisse Bedeutung in der Öffentlichkeit. Erstmals machten die Fernsehdokumentationen über den damals in Hamburg lebenden Rüdiger Nehberg eine breitere Öffentlichkeit mit dem Thema vertraut, dass bis dahin in Deutschland eher dem militärischen Umfeld vorbehalten war. Auch die Ereignisse der Schneekatastrophe in Norddeutschland 1978 zeigte die Notwendigkeit von Überlebenstechniken in einer zivilisierten Gesellschaft.

Einen weiteren Zulauf und eine neue Gruppierung bekam die Survival-Bewegung in den 80ern mit den Veröffentlichungen der Fernsehspielfilme The Day After und Threads. Beide Filme beschäftigen sich mit dem Überleben nach einem Atomkrieg. Die Überlebenden müssen sich gegen Plünderer behaupten – was bei einigen Survival-Gruppierungen zur Ideologisierung und extremen Militarisierung führte. Auch die Katastrophe von Tschernobyl 1986 förderte deren Zulauf.
Einen 3. Höhepunkt in der Popularität des Survival begann gegen Ende des 20. Jahrhunderts mit der verbreiteten Angst um das Jahr-2000-Problem. Aber auch Katastrophen wie der Mega-Tsunami 2004, das Elbehochwasser 2006 oder die Vogelgrippe 2006 zeigen deutlich, dass Survival für viele Personen auch in Europa interessant sein kann. Dies wird ebenso durch den "3. Gefahrenbericht" der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern aus dem Jahr 2006 verstärkt, der im Bereich der Katastrophenvorsorge schwere Mängel wie etwa bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser ausweist.
Unterteilung nach Gruppierungen
- Survival bei militärischen Spezialeinheiten
- Survival im Zivil- und Katastrophenschutz
- Survival von religiösen Gruppierungen (Mormonen)
- Survival von Privatpersonen
Gerade beim Survival von Privatpersonen erreicht die Bezeichnung einen schwer einzugrenzenden Umfang. Es kann von der einfachen Planung einer Wandertour und der Mitnahme einiger Notfall-Schokoriegel reichen bis hin zu einer ideologisierten militarisierten Guppierung mit umfangreichen Lebensmittel-, Fahrzeug- und Waffenlagern sowie diverser Schutz- und Bunkeranlagen.
Sonderformen des Survival
- Sea-Survival (Überlebenstechniken im Seenotfall)
- Urban-Survival (Überlebenstechniken in zivilisierten Gegenden, besonders in Großstädten)
- Apokalypse- oder Endzeit-Survival (Überleben nach dem totalen Zusammenbruch)
Mögliche Gefahrensituationen, auf die sich Survivalisten vorbereiten:
1. Naturkatastrophen: Orkan, Winterstürme, Tornados, Erdbeben, Hochwasser, Sturmfluten
2. Technische Katastrophen: Chemieunfälle, Reaktorunfälle, Flugzeugabstürze, Entgleisungen
3. Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung durch das Fehlen von Strom, Benzin, Nahrung oder Trinkwasser
4. Allgemeines Chaos durch Krieg, Bürgerkrieg und / oder die Punkte 1. bis 3.
Überlebenstechniken
Gemeinsamkeiten
- weltweite universale Anwendung (bei gleichen Grundvorraussetzungen)
- Loslösung von kultureller oder religiöser Einbettung
- relative Einfachheit
Feuerbohren wird heute u.a. von den Aborigines in Australien zum Feuerentzünden verwendet, als Überlebenstechnik ist es auch für Menschen aus technisierten Zivilisationen möglich mit dieser Technik ein Feuer zu entfachen. Auch wenn die von den Aborigines verwendeten Hölzer nicht in Europa oder Amerika zu finden sind. Nicht die Holzsorte sondern die Kombination Hartholz mit Weichholz spielen eine Rolle.
Ausbildung
Die meisten Überlebenstechniken werden bzw. wurden von naturverbunden lebenden Völkern erlernt und aufgezeichnet. Die Fertigkeiten werden entweder vom ehemaligen Schüler an andere Personen direkt weitervermittelt - siehe Geschichte oder die Technik kann anhand von Aufzeichnungen (Anleitung) - siehe Literaturliste rekonstruiert werden.
Trainiert werden Überlebenstechniken während eines Aufenthaltes in freier Natur oder während eines speziellen Überlebenstraining, da man diese Fertigkeiten nicht durch bloßes lesen erlernen kann.
Das Training wird von Einzelpersonen oder im Rahmen einer kleinen Gruppe durchgeführt. Bei militärischem oder organisiertem Gruppentraining wird oft ein vorgegebenes Lernprogramm absolviert, wobei der/die Teilnehmer eine bestimmte Zeit auf sich gestellt oder in der Gruppe zu überleben, einen bestimmten Ort zu erreichen oder auch nur bestimmte Aspekte des Überlebens trainieren.
Der Ausbildungsinhalt militärischer Programme wie der deutsche Einzelkämpferlehrgang, der Combat Survival Course oder das US-amerikanische SERE-Training unterliegen der teilweisen oder kompletten Geheimhaltung. Einzelpersonen oder Privatgruppen sind dagegen völlig frei in der Gestaltung des Trainingablaufes und der Zielsetzungen.
Der Zeitliche Umfang umfasst mehrere Stunden oder wenige Tage. Militärische Ausbildungsprogramme haben einen Umfang von mehreren Wochen, wobei die eigentlichen Trainingseinheiten nicht den vorgenannten Zeitaufwand übersteigen.
Typische Gebiete für das Überlebenstraining sind abseits der Städte gelegene Naturräume (Wald), gering oder unbewohnte Landschaften mit extremen klimatischen Bedingungen (Küstenregionen, Gebirge, Wüsten) und besondere Trainingsorte wie der Truppenübungsplatz Sauwaldhof.
Disziplinen
Nahrung
Der Mensch benötigt in völliger Ruhe (etwa beim Schlafen) einen Grundumsatz von etwa 1.500 – 1.700 kcal pro Tag um zu überleben. In Krisensituationen muss von einer deutlich erhöhten Leistung des Körpers ausgegangen werden. Der Leistungsumsatz kann schnell 3.000 kcal pro Tag pro Person erreichen. Um den Verlust auszugleichen muss dem Körper täglich diese Energie per Nahrung zugeführt werden, andernfalls kommt es bei normalgewichtigen Menschen nach etwa 50 bis 80 Tagen bei immer schnellerem Kräfteverfall zum Hungertod.
Die einfachste Überlebenstechnik: Vorratshaltung zielt darauf ab, diese Energiezufuhr auch dann aufrecht zu erhalten, wenn es aufgrund eines Schadensereignisses oder einer Katastrophe keine Nahrungsmittel mehr zu kaufen gibt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät einen Vorrat für 14 Tage anzulegen. Wobei es einen täglichen Leistungsumsatz von nur 2.000 kcal annimmt.[1]
Sind die Vorräte vor einer Normalisierung der Lage aufgebraucht benutzt der Survivalist die Überlebenstechniken Sammeln und Jagen oder langfristig Ackerbau und Viehzucht, um seinen Nahrungsbedarf zu sichern.
Wasser
Der tägliche Wasserbedarf des Menschen liegt bei mindestens 1-2 Litern. Bei körperlicher Anstrengung und entsprechenden Temperaturen kann der Bedarf schnell über 6 Liter pro Tag ansteigen. Wird dem Körper das Wasser nicht in Form von wasserhaltigen Lebensmitteln oder Getränken zugeführt kommt es zum Verdursten.
Bei einer wüstenartigen mittleren Tageslufttemperatur von 43° C kommt es ohne Wasserzufuhr nach ca. 24 Stunden zum Verdursten und bei 37° C nach ca. 48 Stunden. Für den Survivalisten in Mitteleuropa sind jedoch Werte von 15° C Lufttemperatur und 17 Tage Überlebensfähigkeit wahrscheinlicher.[2]
Wie bei den Nahrungsmitteln steht die Vorratshaltung als Überlebenstechnik an erster Stelle. Im allgemeinen wird von verschiedenen Organisationen ein Vorrat von 1,5 bis 2,5 Liter Wasser pro Tag und Person als angemessen betrachtet.[3]
Weitere Möglichkeiten um Trinkwasser zu gewinnen bestehen in der Nutzung von unbeachteten Reserven wie z. B. das verbliebene Wasser in den Rohrleitungen oder das des Spülkastens der Toilette.
Sollte der Vorrat zur Neige gehen, gibt es in Europa leider nur sehr wenige Möglichkeiten sauberes Trinkwasser zu gewinnen, da Regen und Oberflächenwasser oft stark chemisch verschmutzt sind und daher mit mobilen oder behelfsmäßigen Filteranlagen kaum oder gar nicht zu reinigen sind.
Schutz
- Errichtung oder Ausbau einer schützenden Behausung
- Verlangen nach Wärme durch Anlegen und Unterhalten einer Feuerstelle (im Winter),
- Schutz vor Verletzungen und Krankheiten (ABCDEF-Gefahren)
- Schutz vor ungebetenen Mitmenschen (Selbstverteidigung)
Wie zuvor kommen Fertigkeiten aus den verschiedensten Kulturkreisen zur Anwendung. Je nach Situation und Lage können einfache Hilfsmittel wie Messer, Beil, Schaufel und andere Werkzeuge sowie Hilfsstoffe wie Verbandszeug, Streichhölzer usw. den zum Überleben entscheidenden Vorteil verschaffen.
Literatur
- Brandt/Reibert: Der Dienstunterricht im Heere. Mittler&Sohn, Frankfurt/M. 1960
- Oberst Heinz Volz: Überleben. Walhalla u. Praetoria, Regensburg 1974
- Andrea Mercanti: Abenteuer unter freiem Himmel. Mosaik, München 1978, ISBN 3-570-06396-8
- Jan Boger: Alles über Survival. Pietsch, Stuttgart 1987, ISBN 3-613-50025-6.
- Rüdiger Nehberg: Survival-Lexikon. Piper, München, Zürich 2000, ISBN 3-492-23055-5.
- Christian M. Kreuziger: "Handbuch Überleben" in Kriegs-, Krisen-und Katastrophengebieten für Journalisten, Beobachter und Mitarbeiter von Behörden und Hilfsorganisationen, austria medien service, ISBN 3-85333-076-2
Filme
- The Day After, USA 1983
- Threads, GB 1984
- Überleben,USA 1993
- Survivor, D 2007 - Reallity - Menschen in 2 Teams müssen auf einer Südseeinsel überleben
Weblink
- Linkkatalog zum Thema Überlebenstraining bei odp.org (ehemals DMOZ)