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Geschichte Schottlands

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Die Geschichte Schottlands beginnt mit der Besiedelung Schottlands durch steinzeitliche Jäger und Sammler nach nach der letzten Eiszeit, und ist stark von der Geschichte und Entwicklung Englands beeinflusst. Insbesondere seit der Union mit England im Vereinigten Königreich ist die schottische Geschichte nur gemeinsam mit der englischen zu verstehen.

Prähistorisches Schottland

Nach dem Ende der letzten Eiszeit war Schottland schon ein Land, in dem es sich offensichtlich recht gut leben ließ. Die zahlreichen archäologischen Kostbarkeiten beweisen, dass jedoch schon vorher Menschen in Schottland gelebt haben - über sie läßt sich allerdings leider viel weniger aussagen, als darüber, was nach der großen Eisschmelze vor rund 12 000 Jahren begann.

Steinzeit

Im Mesolithikum (Mittelsteinzeit) siedelten zwischen dem sechsten und vierten Jahrtausend v. Chr. die ersten Fischer und Sammler in Schottland. Sie lebten vor allem auf Inseln wie z. B. Rum oder in den Küstenregionen, an Flussläufen oder am Fuß schützender Berghänge. Ursprung und Kultur dieser Menschen sind bis heute nicht geklärt.

Im Neolithikum (Jungsteinzeit) brachte ab ca. 4000 v. Chr. ein weiterer Zustrom entscheidende kulturelle Neuerungen: Ackerbau und Viehzucht. Die bei Skara Brae auf Orkney gefundenen Überreste von Steinhäusern (4000-2000 v. Chr.) sind Zeugen dieser Kultur.

Bronzezeit

In der folgenden Bronzezeit entstanden zwischen 1000 und 400 v. Chr. Steingräber, cairns genannt, möglicherweise für hochrangige Persönlichkeiten wie Sippenhäuptlinge. Die darin befindlichen Grabkammern wurden mit ganzen Hügeln aus Steinen bedeckt. Die besten Beispiele dieser spezifischen Grabkultur sind u. a. der Maeshowe Cairn auf Orkney, die Gray Cairns of Camster südwestlich von Wick in der Region Caithness und die Clava Cairns bei Culloden, in der Nähe von Inverness.

Rätsel geben nach wie vor auch die mystisch wirkenden Steinkreise wie z. B. der Ring of Brodgar oder die Standing Stones of Stennes (beide auf den Orkneys) oder Callanish auf der Insel Lewis auf. Diese Stätten, zwischen 3000 bis ca. 2500 v. Chr. errichtet, werden u. a. als frühzeitliche Kalender interpretiert. So ergibt z. B. am berühmten Ring von Callanish die Mondumlaufphase alle 18,6 Jahre eine eindeutige astronomische Konstellation. Von der dortigen Prozessionsstraße aus gesehen erweckt der Mond über den umliegenden Hügeln den Eindruck, als wenn er in dem Steinkreis unterginge.

Einwanderer brachten in den nachfolgenden Jahrtausenden immer wieder neuartige Techniken, landwirtschaftliche Methoden und soziale Strukturen in das heutige Großbritannien und damit auch nach Schottland.

In der Bronzezeit und in der darauffolgenden Eisenzeit (ca. 400 v. Chr. - 200 n. Chr.) spielten u. a. die Fertigkeiten in der Metallgewinnung und –verarbeitung eine immer wichtigere Rolle für die Herstellung von Schmuck, Hausrat und Waffen. Letztere wurden nicht nur für die Jagd benutzt, sondern mehr und mehr auch im Kampf gegeneinander. Zahlreiche Überreste der ersten Verteidigungsbauten in Form von Bergfestungen (duns), die ihren Beginn in der Bronzezeit hatten, belegen das recht eindeutig in fast allen Gebieten Schottlands.

Wahrscheinlich um sich selber, die Familie und seine Habe (Vorräte, Waffen, Werkzeug etc.) gegen zunehmende Überfälle zu schützen, wurden dann in der Eisenzeit gegen Beginn unserer Zeitrechnung die später so genannten brochs gebaut. Bauherren waren möglicherweise Stammesfürsten oder andere wohlhabende und gesellschaftlich hochgestellte Personen. Markantestes Beispiel für diesen merkwürdigen Bau und den eigenwilligen Stil ist die gut erhaltene Anlage Mousa auf den Shetland Inseln. Diese bis zu zwölf Meter hohen steinernen Wehrtürme (Durchmesser bis zu 30 m) dienten dem Schutz kleinerer Gemeinschaften. Am Boden dieser Brochs befanden sich wahrscheinlich die Gemeinschaftsräume und in den doppelwandigen Mauern waren möglicherweise die Aufgänge zu evtl. Zwischenplattformen oder zu einer Wehrplattform eingearbeitet. Da es keine komplett erhaltenen Brochs mehr gibt, ist unklar, ob es solche „Etagen” wirklich gegeben hat. Auf Shetland und im schottischen Hochland sind neben vielen Ruinen auch gut erhaltene Teilstücke dieser Brochs zu sehen.

Andere Verteidigungsanlagen in exponierter Höhenlage, so genannte hillforts oder duns, demonstrierten weithin sichtbar durch ihre oft gewaltigen Ausmaße die Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung. In den Silben vieler Ortsnamen sind diese duns heute neben einzelnen Überresten noch präsent. Bestes Beispiel ist der Name Edinburgh, der sich aus der alten northumbrischen Bezeichnung 'Dun Eidin' entwickelte. „Edwin's Burg” war die nördlichste Burg des gleichnamigen anglisch-northumbrischen Königs aus dem siebten Jahrhundert.

Geschichtliche Zeit

Die Römer in Britannien

Die Römer gewannen nach der Eroberung Galliens durch Julius Cäsar einen ersten Blick auf die Britischen Inseln. Im Jahre 43 unsere Zeitrechung eroberte Kaiser Claudius den südlichen Teil Britanniens; die römische Provinz Britannia bestand dann für 400 Jahre. Die Geschichte Britanniens zu dieser Zeit ist geprägt von einer kontinuierlichen Expansion römischen Einflusses, ausgehend im Süden bis nach Westen (Wales) und Norden (Schottland, von den Römern Caledonis genannt).

Ca. 80 n. Chr. gelang dem römischen Statthalter Britannias, Julius Agricola, der Vorstoß bis ins heutige südöstliche Schottland hinein. Entlang seiner Eroberungsroute baute Agricola eine Reihe von Lagern und Forts, von denen zahlreiche Spuren als Grundrisse auch heute noch in Schottland zu finden sind. Die erste Schlacht, die in die Geschichte dieses Landes einging, wurde aus dieser Zeit und von den Römern überliefert. 84 n. Chr. schlug Agricola am Berg Mons Graupius die damals erstmalig vereinten Stämme der Kaledonier vernichtend. Nach den Beschreibungen des römischen Historikers Ptolomaios liegt das Schlachtfeld an der Nordostküste Schottlands. Der Ort der Schlacht konnte allerdings bis heute nicht identifiziert werden. Kaiser Hadrian wollte nach seinem Besuch auf der Insel ein Bollwerk gegen die zahlreichen Überfälle der Kaledonier und gleichzeitig eine Kontrolle haben, wer seine Grenze überquert. So ließ er 123 n. Chr. den mit Wachtürmen, Kastellen und Forts verstärkten Hadrianswall auf der Tyne-Solway-Linie (dicht an der heutigen englisch-schottischen Grenze) errichten.

138 n. Chr., nur wenige Monate nach Hadrian's Tod, entschied sich sein Adoptivsohn und Nachfolger Antoninus Pius für eine Vorwärtspolitik in Britannien. Er sandte seinen neuen Gouverneur Lollius Urbicus mit dem Befehl, das südliche Schottland wieder zu besetzen und 160 km weiter nördlich einen neuen Wall an der engsten Stelle der Provinz, dem Forth-Clyde Isthmus, zu bauen. Es wurde ein Erdwall mit Wachtürmen und Forts und die nördlichste Verteidigungsanlage des gesamten Imperiums. Von diesem Wall sind auch heute noch zahlreiche Spuren zu sehen. Viele der von den Römern vormals gebauten und bei ihrem Abzug demolierten Forts und Straßen wurden damals wieder hergestellt. Um 142 n. Chr. herum war der Süden des heutigen Schottlands wieder erobert. Dieser neue Befestigungswall, Antoniuswall benannt nach dem Kaiser, wurde zunächst aber nur bis 183 n. Chr. gehalten.

Schon seit 142 n. Chr. kam es trotz der römischen Schutzwälle immer wieder zu Übergriffen auf römisches Territorium. Die Angreifer waren keinesfalls Angehörige eines einzelnen Stammes, wurden von den Römern aber mit dem Sammelbegriff Pikten belegt. Für diese Bezeichnung (lat. pictor = „das Bild” oder picti = „die Bemalten”) gibt es keine genaue Erklärung. Obwohl die Römer sich danach generell hinter Hadrian's Wall zurückzogen, kamen sie aber 208 n. Chr. zu einem dritten Vorstoß mit Kaiser Septimus Severus für eine allerdings nur kurze Zeit ins Land. 367 n. Chr. erfolgten größere und erstmals formierte Angriffe der piktischen Stämme über den Hadrianswall auf die römischen Garnisonen.

Zeitgleich mit dem Niedergang des Römischen Reichs auf dem europäischen Festland begann sich 383 n. Chr. die Provinz Britannia aufzulösen. Die Truppenstärke in Britannia wurde danach sehr bald drastisch reduziert, was von den Pikten aus Schottland, den Skoten aus Irland und keltischen Stämmen aus dem westlichen Britannien zu Raubzügen ausgenutzt wurde. Nach verlassen der letzten römischen Legionen im Jahre 410 lebte die Römische Kultur nur noch kurzzeitig weiter, bis sie von den eindringenden Sachsen und Angeln abgelöst wurde. Die so genannten Dark Ages brachen an.

Germanische Stämme

Nur wenige Angehörige der Inselvölker konnten lesen oder schreiben, so dass die Jahre zwischen 400 n. Chr und 800 n. Chr oft als dunkles Zeitalter bezeichntet wird. Es gibt so gut wie keine schriftlichen Aufzeichnungen aus jener Zeit. Legenden und Sagen wie etwa König Arthurs Tafelrunde haben ihren Ursprung in dieser Zeit.

Trotz der fast vierhundertjährigen Besatzung der Insel hinterließen die Römer, abgesehen von Bauten und Gegenständen, wenig Kultur. Brutaler und nachhaltiger drückten zunächst ihre Nachfolger der Insel ihren Stempel auf. Germanische Stämme, Jüten, Angeln und Sachsen, fielen plündernd und mordend in das von den Römern verlassene Gebiet ein und erstickten in weiten Bereichen das vorrömisch geprägte keltische Leben. In der Folge gründeten die neuen Herren auf dem Boden des heutigen Englands und teilweise auch Schottlands sieben kleinere Königreiche: Die Jüten Kent, die Sachsen Essex, Wessex und Sussex und die Angeln Mercia, East Anglia sowie Deira und Bernicia, das spätere Northumbrien. Letzteres erstreckte sich von York die Ostküste hinauf bis in das Gebiet des heutigen Edinburgh. Es wurde das größte Königreich auf dieser Vielvölkerinsel.

Fast zeitgleich mit dem Wechsel der Macht kam es auch zur verbreiterten Christianisierung Englands und Schottlands. Der Glaube war schon durch christliche Römer in die Provinz gebracht worden und sickerte von daher in die das tägliche Leben der Briten, Gaelen, und Pikten ein. An den südlichen Küsten des heutigen Schottlands bekehrten irische Mönche zunächst die Kelten. Whithorn, am Solway Firth, wurde 397 n. Chr., schon zu Zeiten der Römer, unter St. Ninian zum Zentrum der Missionsarbeit in Schottland. Der zu Beginn des 5. Jh. von Sklavenjägern aus der Region des heutigen Glasgow nach Irland entführte junge Patrick konnte entfliehen. Er kam in Frankreich mit dem christlichen Glauben in Berührung, wurde zum Bischof erhoben und wurde 432 n. Chr. von Papst Celestine auf Grund seiner Sprachkenntnisse zurück nach Irland gesandt. Dort missionierte er die Clans und Stämme und legte die Basis für eine christliche Kultur, die vielfach und fälschlich als keltisch christliche Kirche bezeichnet wird. Es gab keine alleinstehende keltische Kirche. Doch die frühen Gläubigen am nordwestlichen Rand der damaligen Welt hatten ihre eigenen Wege zur Glaubensauslegung und –ausübung. Aus dieser Glaubensbasis kamen einzelne, unabhängige Kirchenmänner, die entweder die frühen christlichen Zellen betreuten oder heidnische Stämme missionierten wie St. Ninian in Whithorn, St. Miren in Paisley, St. Mael Rubha am Loch Maree, St. Mungo in Galsgow, St. Conval, in Renfrewshire, St. Ethernan auf der Insel May, St. Cuthbert in Melrose, St. Machar in Aberdeen und St. Columba auf Iona. 563 n.Chr. landete dieser aus einem irischen Königshaus stammende Mönch mit einer kleinen Schar anderer Mönche auf der Hebriden-Insel Iona. Er kam zu seinen gaelisch, christlichen Landsleute in Dalriada und wahrscheinlich christianisierte er von dort aus auch Teile von Westschottland. Das ganze heutige Schottland war so schon zu Beginn des achten Jahrhunderts bekehrt. Der Einfluss Ionas weitete sich allerdings bald auch nach Süden und über die Grenzen aus.

St. Aidan, einer der bekanntesten Zeitgenossen St. Columbas, wurde einer seiner eifrigsten und erfolgreichsten Nachfolger. Von Iona kommend, gründete er mit Hilfe des northumbrischen Königs Oswald das Kloster Lindisfarne auf einer vor der Ostküste des heutigen Englands gelegenen Insel. Lindisfarne wurde die Urzelle mehrerer anderer später noch bedeutenderer Klöster wie Hartlepool und Whitby im Nordosten Englands. Lindisfarne und Hartlepool beeinflussten auch den in Deutschland bekannten Mönch Bonifazius; mit ihm und anderen wie Gallus setzte die Christianisierung Mitteleuropas und auch der „deutschen Lande” ein. Die Gebeine des Bonifazius ruhen denn auch im Dom zu Fulda. Somit haben die Menschen der Kirche dieser keltischen Periode über Fulda und St. Gallen und die so genannten „Schottenklöster” z. B. Ratisbon (Regensburg) und Würzburg ihre Spuren auch in Deutschland und im Alpenraum hinterlassen.

Die Pikten

Jahrhundertelang wurde allgemein angenommen, die Pikten, die den größten Anspruch darauf haben, als Vorfahren der modernen Schotten angesehen zu werden, seien von den eindringenden Mächten der Skoten, Britonen, Angeln und Wikingern total vernichtet worden. Inzwischen sprechen viele Anzeichen gegen diese Annahme.

Zu der Zeit, als sie 297 n.Chr. zum ersten Mal in den römischen Schriften auftauchten, bewohnten die Pikten alles Land nördlich vom heutigen Stirling und Aberfoyle. Archäologen haben jedoch noch frühere Spuren von piktischen Ansiedlungen gefunden. Die Pikten waren wahrscheinlich im Gefolge der abschmelzenden Gletscher um das sechste Jahrtausend v. Chr. auf die britische Insel gekommen. Das würde sie zu den eigentlichen Ureinwohnern dieser Gegend und Schottlands insgesamt machen. Sie waren es dann wahrscheinlich, die um das erste Jahrtausend v. Chr. frühe Siedlerstämme formten.

Den Römern waren diese Stämme im nördlichen Britannien wohlbekannt. Einige ihrer Stammesnamen sind nämlich von Ptolomaios, dem alexandrinischen Geographen und Schwiegersohn Agricolas, überliefert worden. Für die Nachwelt nicht sehr aufschlußreich belegten aber die römischen Legionen der Einfachheit halber alle ihre nördlichen Feinde mit dem gleichen Namen, näm´lich dem des mächtigsten keltischen Stamms im ersten Jahrhundert n. Chr. - den Kaledoniern. Deren Gebiet lag um den Berg Schihallion im Zentrum des heutige Schottland und um ihren Stützpunkt Dunkeld herum. Es wird stark angenommen, dass die Hauptsprache der Pikten keltischen Ursprungs und der Sprache der Gallier im späteren Frankreich oder dem südlichen Britannien ähnlich war. Die Römer nannten sie die „bemalten” oder „Bilder-Menschen”, während die Iren die Pikten auch als „Cruthini” bezeichneten. Mit diesem Namen sind aber auch die Bewohner des südlichen Britanniens belegt. Im südwestlichen Teil Kaledoniens lebte der keltische Stamm der Britannier - was in keltisch eigenartigerweise ebenfalls für „bemalte Menschen” steht. Der Humanist und Erzieher Maria Stuarts und ihres Sohns George Buchanan verwendete im 16. Jh. die Definition "Keltoi" (Kelten) für alle Völker, die die Sprachen der keltischen Sprachfamilie sprachen.

Allmählich scheinen die Pikten sich in größeren Gruppierungen unter der Oberherrschaft eines Monarchen zusammengefunden zu haben. In dieser Zeit kämpften sie sowohl gegen die Römer als auch gegen die südlichen Kelten - aber auch gegen einander. Von dem Silber, das sie von den Römern erbeuteten, oder mit dem sie bestochen wurden, wurde vor einigen Jahren ein großer Schatz in East Lothian gefunden, der heute im neuen schottischen National Museum ausgestellt ist.

Alle vorgenannten Königreiche wurden langsam durch neue Invasoren, die in das nördliche Britannien eindrangen, verändert. Um 300 n.Ch. kamen Piraten aus Irland. Diese gälischsprachigen Iren siedelten sich schließlich im heutigen Argyll im Westen an und gründeten dort im sechsten Jahrhundert das Königreich Dalriada (Dal Riata). Im siebten Jahrhundert widersetzten sich die Pikten aber mehr und mehr dem Vordringen der gälischen Dalriadianer.

Kenneth MacAlpin, der skotische König von Dalriada, ließ sich um 843 schließlich auch zum König der Pikten ernennen. Erstmals wurden damit die zwei Völker vereint und über den größten Teil des heutigen Schottlands regierte ein allein herrschender König. Diese Region wurde zunächst Alba genannt, und Kenneth wie auch die nachfolgenden Könige, wurden in den folgenden 60 Jahren immer noch als 'Könige der Pikten' bezeichnet. In den darauffolgenden knapp zweihundert Jahren wurde Alba von einer ganzen Reihe von Königen regiert. Die Nachfolge wurde durch die Tradition der tanistry entschieden, d.h. ein Mitglied der königlichen Familie wurde vorab zu diesem Amt des neuen Königs bestimmt.

Das größte Mysterium in der Geschichte Schottlands ist allerdings immer noch die Frage: Was geschah nach Kenneth mit den Pikten? Die Pikten und Dalriadianer scheinen einfach in einander aufgegangen zu sein. Unter den Nachfolgern Kenneth MacAlpins schmolzen sie wohl langsam zu einem einheitlichen Volk zusammen. Unter den wenigen Funden der Pikten nehmen die rätselhaften Symbolsteine die markanteste Position ein. Diese einzigartigen Zeugen aus dem frühen Britannien sind noch heute verstreut im Osten und Nordosten Schottlands zu finden, wenn sie nicht vor den Witterungen geschützt in Museen untergebracht wurden.

Wie es nun zu der Namengebung kam ist mysteriös. Manche vermuten, dass die Pikten, ihre Körper bemalten oder tätowierten. Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass irgendwelche Völker auf dieser Insel und bei dem Klima so knapp bekleidet waren, dass ihre Tätowierungen am ganzen Körper zu sehen waren. Wahrscheinlicher dagegen ist, dass die römische Bezeichnung von den Symbolen und Bildern hergeleitet wurde, mit denen diese Menschen, da sie offensichtlich keine Schriftzeichen kannten, mit einander kommunizierten. Diese Symbolkunst ist die Kunst der eigentlichen Ureinwohner des hohen Nordens dieser Insel. Allein deshalb wird sie von deren Nachfahren, den heutigen Schotten, als großes kulturelles Erbe angesehen und geschätzt - sie ist heute aber auch ein europäisches Kulturgut.

In Schottland gab es seit dem siebten Jahrhundert vier Reiche, die ständig im Clinch miteinander lagen: Das Reich der Pikten lag im östlichen Hochland. Die aus Nordirland eingewanderten Skoten oder Gaelen („Scoti” nach einem Ausdruck des Ehrwürdigen Bede aus dem achten Jahrhundert) lebten in Dalriada, im westlichen Hochland und auf den Hebriden. Zwei der Reiche wurden von aus England heraufgezogenen Stämmen gegründet.

Die Britannier, die aus Wales kamen, hatten sich im Königreich von Strathclyde - in der Gegen des heutigen Glasgow - niedergelassen.

Die Angeln beherrschten von York in England bis hoch hinauf zum Firth of Forth alles Land nördlich des Flusses Humber. Es war das größte Reich im Gebiet des heutigen England und setzte sich zusammen aus den Königreichen Deira und Bernicia und das schloß mit Lothian den Südosten des heutigen Schottland ein. Der Legende nach ist der Angelnkönig Edwin (siebtes Jahrhundert) möglicherweise auch der Namensgeber von Edinburgh.

Im späten achten Jahrhundert - zeitgleich mit der Erweiterung des Frankenreichs auf dem Kontinent durch Karl den Großen, der dort die Sachsen unterwarf - bekamen die Völker in der Region des heutigen Schottland und Nordengland Probleme von außen: Aus Skandinavien drangen die Wikinger oder Nordmänner in das Land ein. Sie errichteten Stützpunkte an den Küsten des Festlands und auf den Shetland-, Orkney- und Hebriden-Inseln bis hinunter zur Isle of Man. Von dort aus plünderten sie die Klöster und das umliegende Land in Irland, England und im nordwestlichen und nordöstlichen Hochland. Mit der Zeit wurden die Wikinger, quasi als fünfter Volksstamm, zu einem enormen kulturellen und politischen Faktor im Norden und Nordwesten von Schottland.

Der erste König, der einige Authorität in Gebieten südlich des River Forth hatte, war Constantine II. Er wurde allerdings 937 in einer Schlacht gegen die Angeln geschlagen und sein Nachfolger wurde Malcolm I. 937 schlug Malcolm den König Athelstane von Wessex.

Unter Malcolm II. wurde dem Königreich Alba 1018 nach der Schlacht bei Carham am Tweed ein Teil des angelsächsischen Northumbriens, südlich vom heutigen Edinburgh bis an den Tweed angegliedert. Das ist praktisch das Gebiet der heutigen Borders. Gleiches geschah nach dem Malcolms 1034 auch im Westen. Sein Enkelsohn Duncan war schon König des ursprünglich britonischen Strathclyde und er war es dann, der beide Königreiche in seiner Person einte. 1034 befand sich zum ersten Mal das gesamte Land, mit Ausnahme der Inseln aber incl. des Hochlands nördlich von Edinburgh und Glasgow, unter einer Krone. Bis auf die von den Wikingern besetzten Gebiete deckte sich dieses Kingdom of Scotia fast mit den heutigen Landesgrenzen.

Schottische Einheit und Unabhängigkeit

Königreich Schottland

Das neue Königreich war jedoch alles andere als eine gefestigte Einheit. Regiert werden konnte im Prinzip nur der Südosten - die Lowlands -, da dieser Landesteil schon früh nach dem anglo-normannischen Lehnswesen organisiert war. Im Hochland hingegen hielt sich die patriarchalen Clanstrukturen keltischen Ursprungs. Wegen der fortdauernden blutigen Überfälle der Wikinger und der Auseinandersetzungen mit den Hochlandclans konnten die schottischen Herrscher nur mit Mühe ihre Unabhängigkeit gegenüber den englischen Nachbarn aufrechterhalten.

Duncan I., Enkel und Nachfolger des Reichsgründers Malcolm II., unterlag 1040 in einer Schlacht seinem Cousin Macbeth. Der berüchtigte Macbeth (geb. ca. 1005) hatte auf Grund seiner Her-kunft seinerzeit einen ebenso berechtigten Thronanspruch wie Duncan. Dank Shakespeare ist Macbeth inzwischen sehr bekannt, nur leider historisch nicht korrekt dargestellt. Er regierte Schott-land über 17 Jahre (1040-57) sehr erfolgreich und verstärkte seine Position noch durch seine Ehe mit Gruoch, der Enkelin Kenneth III. Ihr Sohn Lulach aus erster Ehe übernahm 1057, wenn auch für ein Jahr, den Thron. 1054 wurde Macbeth dann nicht weit von Scone durch Duncans Sohn Malcolm nach dessen Rückkehr aus England erstmals geschlagen. In einer anderen Schlacht wurde er 1057 bei Lumphanan - im Nordosten und nicht weit von Aberdeen - getötet. Nach seinem Tod bestieg sein Gegner als Malcolm III. Canmore (1058-93) den schottischen Thron. Er gründete zwölf Jahre später mit seiner Frau Margaret eine der wichtigsten Dyna-stien in der mittelalterlichen Geschichte des Landes.

Margaret war eine Schwester des legitimen sächsischen Thronfolgers von England. Auf der Flucht vor dem normannischen Er-oberer William war sie 1066 zusammen mit ihrem Bruder in Schottland gelandet. Mit ihren acht Kindern leitete diese Familie eine grundlegende Wende in der schottischen Geschichte ein. Margarets Einfluss führte zu einer starken Normannisierung Schottlands. Handel, Handwerk und die Künste erhielten bedeu-tende Impulse und im kulturellen und vor allem religiösen Bereich änderte sich viel. Nicht länger war die keltische Kirche des Heili-gen Columba (Culdees) tonangebend - ihren Platz nahm fortan die römische Kirche ein.


Malcolm und sein ältester Sohn wurden beide 1093 in einer Schlacht gegen die Engländer bei Alnwick getötet. Auf Schottlands Thron folgten nach einigen Wirren und der Intervention des englischen Königs in den darauffolgenden 30 Jahren die Söhne Edmund, Edgar, Alexander und David.

Das aufblühende England, zusammengeschweißt aus keltischen Urvolk, Angeln-Sachsen und Normannen betrachte sich zunehmend überlegen und den Völkern jenseits seiner Grenzen übergeordnet. So gewann England durch geschickt arrangierte Ehen mit dem schottischen Königshaus immer mehr Einfluss auf das Land im Norden der Insel. So heiratete Alexander eine illegitime Tochter von Henry I. von England, und David heiratete Mathilda, die Tochter des Grafen von Northumbria. Diese Ehe machte ihn zu einem der größten Landbesitzer und Barone in England. Durch ihn begann der steigende Zustrom der Normannen nach Schottland.

Schottland erlebte unter David I. (1124-53), dem jüngsten Sohn Malcolms, eine relativ friedliche Periode. Vielen Städten, die damals entstanden, wurde eine Königliche Charta verliehen oder sie wurden sogar zu Freien Städten erhoben. David setzt das Reformwerk seiner frommen Mutter Margaret, die später hauptsächlich für die Einführung der römischen Kirche in Schottland heiliggesprochen wurde, konsequent und erfolgreich fort. Er gliederte das Land neu in Diözesen und Pfarreien (weltliche und geistliche Aufteilung waren identisch). David war einer der eifrigsten Klostergründer in der Geschichte Schottlands. Das hatte vor allem einen praktischen Hintergrund: Klöster waren damals die einzigen Bildungseinrichtungen. Sie beschäftigten Klerus und Verwaltungsfachleute und waren Keimzellen landwirtschaftlicher Neuerungen.

Nicht ganz unproblematisch war, dass David, der lange im englischen Exil gelebt hatte, viele normannische Familien und anglo-normannische Barone ins Land brachte und mit schottischem Land belehnte. Darunter waren so typisch schottische Familien wie später anglizierten Lindsay, Gordon, oder Frazer. Zwei Familien waren dabei, die von ganz besonderer Bedeutung für die Geschichte Schottlands werden sollten: die de Brus (Bruce) und die FitzAllan (später Stewarts).

Die normannischen Ritter waren zwar Meister der Kriegskunst, hatten aber buchstäblich kaum Ahnung von Ackerbau und Viehzucht. Sie bauten sich befestigte Anlagen und später auch steinerne Burgen, von denen einige noch heute erhalten sind. Das Land vergaben sie an Bauern, die ihnen neben den Abgaben im Konfliktfall auch mit ihrem Leben zur Verfügung standen. Die Zeit sah den Ursprung des Lehnswesens, das in Schottland bis heute, wenn auch in abgeschwächter und gewandelter Form, z. T. noch in Kraft ist.

Durch seine Verwandtschaft mit dem englischen Königshaus war David I. auch einer der größten Landbesitzer im damaligen England, so dass er kräftig in der englischen Politik mitmischen konnte. Im englischen Thronfolgestreit nahm er beispielsweise 1138 Partei für seine Schwester, indem er in England einfach einmarschierte - die Entscheidungsschlacht in der Nähe von York verlor er allerdings. Sie ging in die britische Geschichte als die Schlacht der Standarten (1138) ein. Etwas merkwürdig für das heutige Verständnis ist vielleicht, dass die englischen Truppen damals erfolgreich unter der Führung von Thurstan, dem Erzbischof von York, kämpften. In England gab es nach der normannischen Eroberung (1066) mehrere bischöfliche Schlachtführer. Bischöfe in geographisch wichtigen Regionen wurden von den frühen Königen Englands mit großer weltlicher Macht und Privilegien aus-gestattet; die Mächtigsten waren bis ins 19. Jahrhundert hinein die Prinz-Bischöfe von Durham, die sogar ihr Heer selbst rekrutieren konnten, eigenes Münzrecht hatten und natürlich selber Recht sprachen.

1157 musste Davids Enkel, Malcolm IV. „the Maiden” (1153-1165), Northumbria an Henry II., abtreten. Malcolm war politisch schwach und ineffizient, und so war es kein Wunder, dass sich die schottischen Fürsten und Chiefs im Hochland gegen den König auflehnten. Im Tiefland bevorzugten die normannischen Adligen einen schwachen Herrscher und gaben somit Malcolm Rückendeckung.

Malcolms Bruder William 'The Lion' (1165-1214), begann 1174 in England einzufallen, um die verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Das Unternehmen mißglückte, William wurde gefangengenommen und in die Normandie gebracht. Dort wurde er gezwungen, den Vertrag von Falaise zu unterzeichnen, der Schottland der englischen Lehnsherrschaft unterstellte und Northumbrien noch einmal als englischen Besitz bestätigte.

Erst seinem Neffen Alexander II. (1214-1249) gelang es dann Anfang des 13. Jahrhunderts, die königliche Authorität nach innen und außen wiederherzustellen. 1217 erkannte er seinem Schwager, dem englischen König Henry III. gegenüber die Linie zwischen Tweed und Solway als schottische Südgrenze an - damit verlor er die reichen schottischen Besitztümer auf englischem Boden. Alexander war es aber, der dann erstmals gegen die seit mehreren Jahrhunderten auf den westlichen Inseln lebenden Wikinger vorging. Er starb jedoch während dieses Feldzugs auf der Insel Kerrera vor Oban. Die Wikinger wurden dann endgültig im Jahr 1263 von seinem Sohn Alexander III. (1249-1286) bei Largs an der Westküste geschlagen. Während seiner verhältnismäßig langen Regierungszeit begannen die Menschen sich endlich als ein Volk der Schotten zu sehen. Der Frieden ließ die Wirtschaft aufblühen, der Geldwert stieg und mit dem Wohlstand entwickelte sich in Schottland eine Art 'Goldenes Zeitalter'. Aus seiner ersten Ehe hatte Alexander zwei Söhne und eine Tochter. Als aber alle drei innerhalb weniger Jahre starben, heiratete er ein zweites Mal. Doch schon bald erfüllte sich die Prophezeiung des Wahrsagers Thomas the Rhymer (c.1210-c.1294). Alexander stürzte 1286 bei Kinghorn in Fife von den Klippen und hinterließ außer seiner Enkelin Margaret, der Tochter des norwegischen Königs Eric, keine Erben. Das kleine Mädchen, später bekannt als The Maid of Norway, wurde nach dem Tod seines Großvaters als letzter direkter Nachkomme von Malcolm III. Canmore in Schottland als erste Königin anerkannt. Auf dem Weg zu ihrer Krönung vier Jahre später starb sie jedoch auf der stürmischen Überfahrt von Norwegen nach Schottland. Schottland hatte nun keinen Monarchen mehr, und so begann die Zeit des Ersten Interregnums.

Was in Schottland nach dem Tod von Margaret geschah, war ein Ränkespiel um Thronfolge und Macht. Angesichts mehrerer Bewerbern um diese Position gab es zwischen den weltlichen und kirchlichen Fürsten und den Großen des Reiches keine Einigung. So wurde der Schwager Alexanders III., der englische König Edward I., in diesem Thronfolgestreit zum Schiedsrichter gerufen. Zwischen den zwei engeren Thronbewerbern Robert Bruce, Großvater des späteren Robert I, und John Balliol entschied sich dieser für John Balliol, von dem er sich versprach, dass er sich vollkommen nach den englischen Interessen in Schottland richten würde. Es kam jedoch anders als geplant. Als England vier Jahre später Krieg gegen Frankreich führte und Edward von den Schotten militärische Hilfe verlangte, verweigerte Balliol (1292-96) ihm nämlich die Unterstützung. Edward machte kurzen Prozeß, marschierte in Schottland ein, schlachtete buchstäblich die gesamte Bevölkerung von Berwick-upon-Tweed ab und zwang John Balliol sowie den Adel und den hohen Klerus zur Kapitulation. Sie alle mussten Edward als Oberherrscher (overlord) von Schottland anerkennen. Schottland kam unter englisches Recht und englische Verwaltung. Balliol wurde im Tower zu London eingekerkert und später nach Frankreich verbannt. Das war der Beginn des Zweiten Interregnums.

Vermutlich war es dieser absolute Tiefpunkt in der schottischen Geschichte, der zum ersten Mal Widerstand hervorrief und die Bildung einer schottischen nationalen Identität, von der man bis dahin nur bedingt sprechen konnte, geradezu provozierte. Schottland schloß mit Frankreich einen Vertrag zur gegenseitigen Unterstützung gegen den gemeinsamen Feind England: Die Auld Alliance, die für Schottland später noch mehrfach von großer und oft auch schicksalhafter Bedeutung sein sollte.

Die Unabhängigkeitskriege

Die erste heroische Figur auf dem Weg zu schottischen Unabhängigkeit von England war kein Adliger, sondern ein freier Mann: William Wallace. Wallace begann in den neunziger Jahren des 13. Jahrhunderts mit anderen wie z. B. dem Fürsten Andrew Moray, Überfälle auf englische Einheiten auszuüben. Hinzu kam, dass ein englischer Sheriff, so wird angenommen, seine Frau umgebracht hatte, weil sie ihm zur Flucht vor englischen Soldaten verholfen hatte. Damit gesellte sich seinem Patriotismus noch ein starkes persönliches Motiv bei. Es war der Anfang einer offenen Rebellion gegen die fremden Machthaber.

Nach mehreren Überfällen und Scharmützeln gelang Wallace 1297 zusammen mit Moray bei Stirling sogar ein spektakulärer militärischer Erfolg. Dort an der Brücke über den Forth vernichtete er die mit ca. 10 000 Rittern doppelt überlegene und gefürchtete Streitmacht Edwards. Der nichtadlige Wallace wurde von den Schotten geehrt und zum „Guardian of Scotland” ernannt. Später jedoch fehlte es ihm an weiterer Unterstützung durch den meist normannischen Adel. Zu oft hatten diese Adligen auch in England Besitztümer und wollten diese nicht durch Parteinahme für Wallace gefährden. So wurden die aufständischen Schotten 1298 - nur ein Jahr nach Stirling Bridge - in der Schlacht von Falkirk von Edward geschlagen. Wegen dieser und anderer schwerer Niederlagen, die dieser König den Schotten beibrachte, ist Edward I. unter dem Beinamen „Der Hammer der Schotten” in die Landesgeschichte eingegangen. Nach Falkirk konnte William Wallace zwar fliehen, doch sieben Jahre später wurde er von einem Landsmann verraten, gefangen genommen und nach einem aufgeblasenen Verfahren in London auf grausamste Weise hingerichtet. Wallace wurde im Bewußtsein der Schotten zum Märtyrer und zum ersten schottischen Nationalhelden.

Erst Robert I. (1306-1329), später bekannt als Robert the Bruce, und ein Zeitgenosse von William Wallace, konnte das schottische Machtvakuum füllen. Er wurde dessen Nachfolger in der Führung und im Kampf um die schottische Unabhängigkeit. Gleich zu Beginn allerdings machte Bruce einen folgenschweren Fehler: In einem hitzig geführten Streit um den Thronanspruch erdolchte er nämlich 1306 in der Kirche von Dumfries seinen entfernten Verwandten John Comyn. Comyn war der mächtigste Rivale im Kampf um den schottischen Thron. Und natürlich wurde Bruce ob dieser Freveltat auf heiligem Boden vom Papst mit dem Kirchenbann belegt. Einst loyal zu Edward I. stehend, war Bruce dafür von diesem mit Privilegien versehen worden. Seit dem Mord an Comyn konnte der englische König ihn jedoch nicht mehr decken. Bruce hatte alle Brücken hinter sich verbrannt und musste sehr schnell handeln. Es gab nur den Weg nach vorn: Um nicht alles zu verlieren - vor allem den Anspruch auf den schottischen Thron - ließ er sich nur wenige Tage später, am 25. März 1306, in Scone zum König der Schotten krönen.

Viele Angehörige des altgälischen und auch des normannischen Adels mißtrauten ihm aber wegen seiner Beziehungen zum englischen König und unterstützten ihn nicht. Außerdem hatten die normannischen Fürsten ja noch immer Ländereien beiderseits der Grenze in England und Schottland und wagten es daher nicht, sich gegen den englischen König zu stellen. So war Robert zunächst ein so gut wie machtloser König und ständig auf der Flucht vor Edward, der sich an seinem untreuen Vasallen rächen wollte und ihm seine Häscher nachsandte. Robert wurde mehrfach geschlagen und floh schließlich sogar außer Landes nach Irland.

Nach einer längeren und von Legenden umwobenen Konsolidierungsphase, begann er 1307 aber sein Reich von seinen inneren und äußeren Feinden in mehreren Schlachten buchstäblich zurückzuerobern. Er griff unermüdlich - meist aus dem Hinterhalt - an und wurde dabei zu einem Meister der Guerillataktik. Durch seine Erfolge in diesen Kämpfen errang Bruce ganz allmählich doch den Respekt und die dringend notwendige Unterstützung des schottischen Adels. Wieder einmal auf dem Weg einen schottischen Opponenten zur Räson zu bringen, starb sein Erzfeind Edward I. allerdings 1307 nicht weit von Carlisle kurz vor der schottischen Grenze.

In der Auseinandersetzung um Stirling Castle, der letzten von Engländern gehaltenen Burg in Schottland, wurde sieben Jahre später das englische Riesenheer in der historischen Schlacht an dem kleinen Bach Bannockburn von den Schotten so gut wie vollständig aufgerieben. Am 23. und 24. Juni 1314 kämpften vor den Toren Stirlings rund 8000 Schotten unter der Führung von Robert the Bruce gegen ca. 24 000 Engländer, die von Edward II. angeführt wurden. Diese Schlacht war eine der entscheidendsten in der Geschichte Schottlands - mit einem der glorreichsten Siege. Kein Wunder, dass zahllose Geschichten und Bücher bis heute dieses Thema und die Person Robert the Bruce behandeln. Der unerwartete Sieg über Edward II. garantierte die vollständige Akzeptanz von Robert I. als König im eigenen Land und stellte später auch die Unabhängigkeit Schottlands wieder her. Nach dem Trauma der Unabhängigkeitskriege machten die Freien und Mächtigen des Reichs 1320 ihrem König allerdings klar, dass er nicht vollkommen willkürlich handeln konnte: In der Deklaration von Arbroath erklärten sie, dass sie ihn nur solange unterstützen würden, wie er die Rechte der Nation zu wahren bereit war. Als erste ihrer Art überhaupt im mittelalterlichen Europa ist diese nachdrückliche Willenserklärung ein bewegendes Dokument und die Antwort einer unerschütterlichen Nation an die viel stärkeren Mächte, die ihre Freiheit beschränken wollten, sowie erst recht ein beredter Ausdruck schottischen Bewußtseins für eine eigene nationale Identität.

Schottland hebt sich damit unter den anderen europäischen Nationen, in deren Selbstverständnis das Gottesgnadentum der Krone grundlegend war, singulär hervor. Im frühen 14. Jahrhundert formulierten die Mächtigen Schottlands ihren Anspruch, den Monarchen nur solange zu unterstützen, wie er die Souveränität Schottlands angesichts englischer Herrschaftsansprüche bewahrte. In der entscheidenden Passage aus dieser Erklärung heißt es:

Doch Robert selbst, sollte er sich von dieser Aufgabe, die er begonnen hat, abwenden und sich einverstanden erklären, dass wir oder unser Reich dem englischen König oder seinem Volk unterworfen würden, würden wir ihn als unser aller Feind ausstoßen, als einen, der unsere und seine Rechte untergraben hat, und würden einen anderen König wählen, damit er unsere Freiheit verteidigt; denn so lange, als nur Hundert von uns noch überleben, werden wir uns in keiner Weise englischer Herrschaft beugen. Denn wir kämpfen weder für Ruhm, noch für Wohlstand, noch für Ehre; sondern wir kämpfen allein für die Freiheit, die kein rechtschaffener Mann aufgibt - außer mit seinem Leben.

Zwar hielt der Krieg zwischen den beiden Ländern noch an, doch wurde 1328 - 14 Jahre nach Bannockburn - die Unabhängigkeit Schottlands durch den englischen König Edward III. im so genannten Abkommen von Edinburgh und Northampton anerkannt.

Robert heiratete in zweiter Ehe Elizabeth, die Tochter des Grafen von Ulster. Nach seinem Tod kam deren ihr Sohn im Alter von nur fünf Jahren als König David II. (1329-71) auf den Thron.

Die Engländer konnten aber immer noch nicht die schmähliche Niederlage bei Bannockburn vergessen. Sie witterten jetzt Morgenluft und ermutigten Edward Balliol, Sohn des glücklosen John Balliol, als Gegenkönig nach der schottischen Krone zu greifen. Der junge David floh ins verbündete Frankreich. Edward Balliol wurde aber von königstreuen, schottischen Fürsten verjagt, und damit war der Weg für David wieder frei. Erwachsen und gereift zurückgekehrt, fiel David dann 1346 u. a. mit französischen Truppen in England ein und geriet dabei in Gefangenschaft.

Robert Stewart - durch seine Mutter Marjorie Bruce ein Enkel von Robert I. - war der Neffe von David II. Sein Vater hatte das Amt seiner Vorväter - Lord High Steward of Scotland - in seinen Namen übernommen (der Lord High Steward ist auch heute noch einer der höchsten Repräsentanten der Krone). Für die Zeit, während David in England gefangengehalten wurde übernahm Robert die Regierungsgeschäfte in seinem Namen. Durch die Zahlung eines astronomisch hohen Lösegelds an England ermöglichte er ihm die Rückkehr auf den Thron. Ganz Schottland litt danach unter einer enormen Steuerlast. Als David II. 1371 kinderlos starb, hinterließ er seinem Nachfolger Robert II. ein von Abgaben, Hungersnöten und Pestepidemien geschwächtes Schottland.

Die Stewarts

Mit Robert II. (1371-90) betrat zum ersten Mal ein Stewart die politische Bühne. Er begann die Königsdynastie, die über 350 Jahr lang auf dem schottischen und später auch auf dem englischen Thron saß. Später änderte Mary Queen of Scots den Namen in die französische Schreibweise „Stuart”. Es waren die Stewarts, die das Land durch im Mittelalter durch schwierigstes Fahrwasser steuerten. Fast alle von ihnen kamen schon als Kind oder gar als Säugling auf den Thron, doch nur wenige starben eines natürlichen Todes.

Mit 55 Jahren war Robert II. bei seiner Thronbesteigung allerdings viel zu alt und später auch politisch genauso schwach wie sein Sohn und Nachfolger John. Wegen der unliebsamen Erinnerung an John Balliol bevorzugte der es aber, sich ebenfalls Robert zu nennen, und regierte als Robert III. von 1390-1406. Es war eine wirre Zeit. Da Robert III. durch einen Unfall teilweise gelähmt war, wurden die Regierungsgeschäfte von einem Bruder des Königs - dem ersten Herzog von Albany - wahrgenommen. Dieser hat später wahrscheinlich sogar seinen eigenen Neffen - den ältesten Sohn von Robert und Thronfolger - umgebracht, nur um für sich die Macht zu erhalten. In dieser schwierigen Zeit wurde 1414 in St. Andrews die erste Universität Schottlands gegründet.

James I. (1406-1437) war der zweite Sohn Roberts. Er wurde nach dem Tod seines älteren Bruders noch als Kind von seinem Vater nach Frankreich in Sicherheit vor seinem machtgierigen Onkel geschickt. Doch, wie das Schicksal es wollte, wurde das Schiff mit dem Kind an Bord von englischen Piraten aufgebracht und der Kronprinz an den englischen Hof gebracht. Kurz nach Empfang der Hiobsbotschaft starb sein Vater. Nach dem Tod Roberts (1406) war James zwar der rechtmäßige König von Schottland, doch zu dem Zeitpunkt saß er in Gefangenschaft am Hof des englischen Königs Henry IV. Dort wuchs er auf, während von seinem Heimatland wieder einmal Lösegeld erpreßt wurde. Doch aus naheliegenden Gründen zahlte der Onkel - besagter Herzog von Albany - nicht, bzw. tat dies nur sehr zögerlich. So dauerte die Gefangenschaft von James fast 18 Jahre. Das hatte sein Gutes, denn James brachte, als er 1424 von England zurückkehrte, neben einer guten politischen Ausbildung und viel Erfahrung auch seine Frau Joan (oder Jane) Beaufort mit. Sie war die Enkelin des bekannten englischen Fürsten John of Gaunt, Sohn Edwards III. und Ratgeber Richards II. von England. Für kurze Zeit gelang es dann James, die rivalisierenden Hochlandclans und die Douglas-Familie, die den Süden Schottlands beherrschte sowie die einflussreichen Lords of the Isles in Schach zu halten. In dieser Zeit wurde auch die Auld Alliance mit Frankreich nochmals erneuert. Leider hielt das alles nur bis 1437, als James I. in Perth einem Mordanschlag zum Opfer fiel.

Als James II. (1437-1460) kam sein Sohn mit sieben Jahren auf den Thron. Noch unmündig wurde er, wie später viele andere Stewarts, zunächst von Regenten vertreten. So musste er sich, nachdem er volljährig geworden war und die Regierungsgeschäfte selbst voll übernommen hatte, genau wie sein Vater, innenpolitisch erst einmal durchsetzen. In Vorbereitung darauf war in seiner Jugendzeit und seiner Gegenwart schon mit einem durch seine Regenten durchgeführten Doppelmord auf Edinburgh Castle und einem später von ihm persönlich ausgeführten Mord auf Stirling Castle die Macht des rebellischen Douglas Clans gebrochen worden. Die Ländereien der Douglas fielen danach der Krone zu. James führte die Politik seines Vaters fort. Die Rosenkriege, die in dieser Zeit in England als Thronfolgekriege zwischen den Fürstenhäusern York und Lancaster tobten, schwächte den südlichen Nachbarn. Das begünstigte den Frieden im schottischen Reich und gewährte der Wirtschaft eine kleine Atempause zum Aufschwung. Ein Porträt des deutschen Ritters Jörg von Ehingen zeigt James II. mit seinem Muttermal, das ihm den Spitznamen „James of the Fiery Face” eintrug. In seiner Regierungszeit wurde 1451 - nach St. Andrews - die zweite Universität in Glasgow gegründet. Damit gab es in Schottland genauso viele höhere Bildungsanstalten wie in England mit Oxford und Cambridge. Gerade einmal auf dem Höhepunkt seiner Macht starb James viel zu jung im Jahr 1460 an den Folgen einer schweren Verletzung, die er sich - Ironie des Schicksals - durch den Rohrkrepierer einer Kanone bei der Belagerung von Roxburgh Castle zugezogen hatte.

Sein Sohn folgte ihm - wieder einmal ein Minderjähriger - als James III. auf den Thron. 1468 heiratete dieser Prinzessin Margaret von Dänemark, die in Absicherung der versprochenen Mitgift die Orkneys und Shetlands in die Ehe einbrachte. Bis dahin und fast fünfhundert Jahre lang, seit der Zeit der Besetzung durch die Wikinger, waren diese Inseln im Besitz der Skandinavier gewesen. Da die Mitgift von Dänemark später aber nie gezahlt wurde, übernahm James III. die Nordinseln in sein Reich - damit hatte Schottland seine größte Ausdehnung erreicht. In den Augen der Historiker war James allerdings ein schwacher König, weil der sich lieber den Künsten und der Magie widmete als der Politik. So nimmt es nicht wunder, dass es sehr bald große Schwierigkeiten und Spannungen im Reich gab: Verschiedene schottische Fürsten stellten Machtansprüche. Zeitweise kam es sogar zu einer Festsetzung des Königs auf Edinburgh Castle. All das erreichte am 11. Juni 1488 in der Schlacht von Sauchieburn, die, wie viele andere, in Sichtweite von Stirling ausgefochten wurde, seinen Höhepunkt. Schwerverletzt stürzte James nach dieser Schlacht vom Pferd. Er rettete sich noch in ein Bauernhaus und erbat geistlichen Beistand; doch während der König noch seine letzte Beichte ablegte, erstach der - wie sich herausstellte - falsche Priester ihn auf dem Totenbett. Die Identität des Mörders wurde nie geklärt.

Der Sohn des unbeliebten James III. kam im Alter von 16 Jahren als James IV. auf den Thron. Er wurde später gepriesen als der beste König, den Schottland jemals hatte. Unter diesem James erholte sich das Land im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert. Die Wirtschaft belebte sich sichtlich, und Schottland erlebte eine kulturelle Blüte, die durchaus an die Renaissance auf dem Kontinent anknüpfte. So sprach der gebildete Monarch vier Sprachen, tauschte Botschafter mit allen Monarchien des Kontinents aus und umgab sich mit Vertretern der Künste und Wissenschaften. Er förderte die Druckkunst und lernte Gälisch, um sich den Hochlandclans zu nähern. Gegen sie ging der König dennoch hart vor und brach schließlich auch die Macht der Lords of the Isles - der MacDonalds.

In einer schwierigen Zeit war James IV. innenpolitisch ein erfolgreicher, außenpolitisch allerdings ein sehr ungeschickter König. Aus politischen Gründen heiratete er Margaret Tudor, die Tochter des englischen Königs Henry VII., die Schwester des später so bekannten Henrys VIII. Zu dem Zeitpunkt, als dieser in Frankreich einfiel, war James durch den Vertrag der Auld Alliance von 1286 als schottischer König immer noch an Frankreich gebunden; daher marschierte er 1513 in England ein. Das Unternehmen fand auch kurze Zeit später seinen blutigen Höhepunkt in der berühmt-berüchtigten Schlacht von Flodden. In dieser Schlacht nahe der englisch-schottischen Grenze fielen der König und mit ihm Zehntausende seiner Untertanen.

Sein Sohn war 1512 in Linlithgow geboren worden und erst 17 Monate alt, als er seinem Vater als James V. auf den Thron folgte. James V. hatte eine keine angenehme Jugend. Innerhalb eines Jahres nach dem Tod seines Vaters heiratete seine Mutter Archibald Douglas, den sechsten Graf von Angus. James haßte seinen Stiefvater, der ihn zur Durchsetzung seiner eigenen Machtansprüche von 1526 bis 1528 wie einen Gefangenen hielt. Das führte nach seiner Thronbesteigung zu einer weiteren Fehde mit den Douglases und zu blutigen Auseinandersetzungen mit weitreichenden innenpolitischen Konsequenzen. Schottland war immer schon ein kleines und armes Land am Rand der diplomatischen Bühne Europas gewesen. Doch obwohl das Land nur eine Satellitenrolle spielen konnte, war es im damaligen Europa eine ausschlaggebende Frage, in wessen politischen Einflussbereich - Englands, Frankreichs oder Spaniens - Schottland gehörte. In den Augen Frankreichs und Spaniens war Schottland eine Basis, von der aus man den Erzfeind England hinterrücks angreifen konnte (bestes Beispiel für einen solchen Angriff ist Flodden). England wiederum betrachtete Schottland als einen „Sicherheitsriegel”.

Seit Beginn er Reformation gab es neben dem politischen auch noch ein kirchliches Element in diesen internationalen Beziehungen. Große Teile des heutigen Deutschland und Skandinaviens hatten sich bis Mitte der 1530er Jahre von der römisch-katholischen Kirche losgesagt. Weil der Papst die Scheidung von seiner Frau Katharina von Aragon nicht akzeptierte, löste sich 1534 dann auch der englische König Henry VIII. von Rom. Dabei spielten aber auch noch andere Gründe - etwa finanzieller Art - eine Rolle. So zielten verständliche Überlegungen in Rom auf die Frage ab, ob und wie Schottland noch unter den päpstlichen Einfluss gebracht werden konnte. Damit würde das Land im Norden Britanniens ein wichtiger Stützpunkt für die Gegenreformation unter der Führung Spaniens oder Frankreichs sein, denn von dort aus konnte England vielleicht für Rom zurückerobert werden. Andererseits war England bestrebt, gemeinsam mit Schottland ein protestantisches Groß-Britannien als Gegengewicht zu den römisch-katholischen Mächten des Kontinents zu bilden. Henry VIII. bot deshalb dem jungen James V. seine Tochter Mary (später Mary „die Katholische” oder „Bloody Mary”) zur Frau an. Das hätte - wenn James angenommen hätte - den Verlauf der Geschichte zwischen England und Schottland wohl einschneidend verändert, doch er lehnte ab. James wies darüber hinaus die weiteren englischen Vorschläge zurück und entschloß sich statt dessen, Schottland in das französisch päpstliche Lager zu bringen. Neben seiner Suche nach einer reichen Mitgift, war das einer der Gründe für seine Ehen mit zwei Französinnen. Im Januar 1537 heiratete er Madeleine, Tochter des französischen Königs François I. Kurz nach ihrem Umzug starb diese aber im Juli des selben Jahres. Bald darauf nahm James in zweiter Ehe Mary de Guise zur Frau. Deren Familie war eine der mächtigsten und einflussreichsten Fürstenhäuser Frankreichs und sogar Europas. Mary de Guise gebar zwei Söhne, die allerdings noch vor der Geburt der Prinzessin Mary, der späteren Mary Queen of Scots, starben.

Clever spielte James zunächst aber die gleiche Karte wie sein Onkel Henry VIII. gegen den Papst. Ein sehr umfangreiches finanzielles Paket in Form von geistlichen Steuern nahm er dankend an und nutze es klug, in dem er damit 1532 in Edinburgh das College of Justiciary ins Leben rief, statt den eigentlich versprochenen Kreuzzug zu unternehmen. James war rachsüchtig, habgierig und rücksichtslos. Seine erbarmungsloses Vorgehen gegen unbequeme Untergebene und sein Mißtrauen teilten die Nation. Das war einer der Gründe, die am 24. November 1542 im Südwesten des Landes zur Schlacht auf Solway Moss gegen seinen Onkel führten. Gegen Henrys Streitmacht war es ein ganz und gar aberwitziger Feldzug, so dass das schottische Heer wieder einmal vernichtend geschlagen wurde.

Herzkrank, voller Gram über die Niederlage und vom Fieber geschüttelt lag James wenige Tage später in seinem Jagdschloß in Falkland. Da kam die Nachricht, dass die Königin nicht den erhofften männlichen Thronfolger, sondern ein Mädchen geboren hatte. Er war so enttäuscht darüber und erregte sich so sehr, dass er kurz darauf am 14. Dezember 1542 starb. Damit wurde sein einziges legitimes Kind, die gerade einmal sechs Tage alte Mary, seine Nachfolgerin. Im Alter von neun Monaten wurde sie in der Chapel Royal in Stirling zur schottischen Königin gesalbt.

Exkurs: Mary Queen of Scots

Mary Stewart ist eine der ganz großen Frauengestalten der europäischen Geschichte: Sie musste als schillernde Figur den Stoff für unzählige literarische Werke liefern und hat auch heute, über 400 Jahr nach ihrem Tod, nichts an Faszination eingebüßt. Mary wurde am 7. oder 8. Dezember 1542 im Palast von Linlithgow in West Lothian geboren, während ihr Vater im Palast von Falkland im Sterben lag. Wenig später wurde sie von dem sie vertretenden Regenten Arran dem jungen englischen Prinz Edward versprochen, doch das Versprechen wurde vom Schottischen Parlament für ungültig erklärt. Daraus resultierte ein neuer Krieg mit England und 1547 die katastrophale Niederlage der schottischen Armee bei Pinkie in der Nähe von Edinburgh.

Das Kind Mary wurde in dieser Zeit in Burgen und Klöstern vor den Schergen ihres Großonkels versteckt und am 7. August 1548 schließlich ins verbündete Frankreich in Sicherheit gebracht. Der darüber geschlossene Vertrag sah vor, dass sie den ältesten Sohn des französischen Königs Henri II. und seiner Frau Katharina de Medici heiraten sollte. In den nächsten zehn Jahren wurde sie deshalb am dortigen Hof sehr sorgfältig unterrichtet - unter anderem lernte sie fünf Sprachen. Vereinbarungsgemäß heiratete sie am 24. April 1558 in einer großartigen Zeremonie vor Notre Dame den ein Jahr jüngeren französischen Kronprinz François. Sie wurde dann dazu bewegt, ein heimliches Abkommen zu unterzeichnen. Sie versicherte, dass ihr schottisches Königreich sowie ihr Anspruch auf den englischen Thron (als Großenkelin des englischen Königs Henry VII.) sollte sie kinderlos sterben, an Frankreich überginge.

1559 starb ihr Schwiegervater, König Henry II., und Marys Mann wurde als François II. inthronisiert - damit wurde sie auch Königin von Frankreich. Der fünfzehnjährige König war schwach und die Regierungsgeschäfte in Frankreich gingen effektiv über Mary in die Hände ihrer Verwandten über, der schon vorher sehr mächtigen de Guises. Doch dieses Arrangement war nur von kurzer Dauer: Der junge König erkrankte und starb wenig später am 5. Dezember 1560. Seine Mutter Katharina riß für ihren anderen Sohn, den späteren Charles IX., die Macht an sich. Mary, Königin von Schottland und Frankreich, war der Medici im Weg. Inzwischen wurde aber auch in Schottland die Anwesenheit der jungen Königin dringend notwendig. Ihre Mutter war 1560 ebenfalls gestorben, und das Land krümmte sich in den Geburtswehen der Reformation. So verließ sie Frankreich, gerade einmal 18 Jahre alt, segelte am 14. August 1561 von Calais ab und erreichte fünf Tage später Leith, vor den Toren Edinburghs. Mary begann ihre Regierung vielversprechend. Klug beabsichtigte sie, alles so zu belassen, wie sie es vorgefunden hatte. Gleichzeitig nahm sie aber für sich die Freiheit in Anspruch, ihre eigene Religion ausüben zu dürfen. Das rief natürlich sofort das Mißtrauen des Reformators John Knox hervor, der mit ihr im Palast von Holyroodhouse heftig darüber diskutierte.

Ihr Halbbruder James Stewart, ein Protestant, den sie zum Graf von Moray erhob, wurde in diesen ersten Jahren ihr wichtigster Berater und Minister. Unter seiner Führung bereiste sie auch den Norden ihres Reichs und unterwarf dort ihren Cousin, den Grafen von Huntly und überaus mächtigen und unbeugsamen Anführer der katholischen Opposition.

Aufgabe eines Monarchen war es natürlich zu heiraten und einen Thronfolger zu zeugen - das galt auch für Mary. So wurden ihr die Könige von Schweden, Dänemark und Frankreich, der Erzherzog Karl von Österreich, Don Carlos von Spanien, die Herzöge von Ferrara, Namur und Anjou, der Earl of Arran und der Earl of Leicester als potentielle Ehemänner vorgeschlagen. Ihre eigene Wahl fiel auf Don Carlos. Als daraus nichts wurde, verliebte sie sich 1565 sehr plötzlich in ihren achtzehnjährigen Cousin Henry Stewart, Lord Darnley, den Sohn des Grafen Lennox. Lennox hatte durch seine Ehe mit einer der Enkelinnen Henry VII. von England seinen Sohn in die unmittelbare Nähe des englischen Throns gebracht. Doch außer dieses Thronanspruchs und seinem guten Aussehen gab es nichts, was für Darnley sprach. Er war charakterschwach und dazu noch unverschämt, rachsüchtig und gemein; außerdem war er drei Jahre jünger als Mary. Zunächst wurden sie aber am 19. Juli 1565 in Holyrood getraut. Die Eheschließung führte zu einer kurzen, schnell niedergeschlagenen Rebellion unter der Führung von Moray und den Hamiltons.

Sie wurde jedoch schon bald auf den Boden der Tatsachen geholt: Sie hatte Darnley zwar zum König erhoben, lehnte aber seinen weiteren Anspruch auf die Krone kategorisch ab. Genauso widersetzte sie sich seinem Ansinnen, die Krone im Fall der Kinderlosigkeit an seine Erben übergehen zu lassen.

Nach Morays Aufstand wurde ihr Sekretär David Riccio, ein Italiener aus ihrem Hofstaat, zu ihrem Hauptberater. Riccio war anfänglich mit Darnley sogar befreundet, doch änderte sich das rasch, als Darnleys Wünsche nicht erfüllt wurden. In diesem wichtigen Sekretär und Berater der Königin sah Darnley sehr bald das größte Hindernis auf seinem Weg zum Thron. So ging Darnley einen Pakt mit den schottischen Grafen Moray, Ruthven, Morton und anderen Protestanten ein. Sie schmiedeten ein Komplott und drangen am Abend des 9. März 1566 unter seiner Führung gemeinsam in das kleine Eßzimmer der Königin im Palast von Holyroodhouse ein. Darnley hielt die zu diesem Zeitpunkt schwangere Königin fest, während die anderen Riccio im Vorzimmer erstachen. In einem Versöhnungsversuch schaffte es Mary zwar nochmals, Darnley von seinen Komplizen zu trennen. Das verbesserte die Situation jedoch langfristig nicht. Am 19. Juni 1566 wurde ihr Sohn James in Edinburgh Castle geboren. Kurz vor der Geburt schien die Zuneigung der Königin zu ihrem Ehemann aber nochmals aufzublühen. Jedoch war das nur von kurzer Dauer, und zum Zeitpunkt der Taufe des Sohns in Stirling am 17. Dezember 1566 wurde die Scheidung öffentlich diskutiert.

Kurz darauf erkrankte Darnley an den Pocken. Er wurde daher außerhalb der Stadtmauern Edinburghs in dem kleinen Haus Kirk o’Field untergebracht, wo sich heute die alte Universität befindet. Mary besuchte ihn dort täglich. In der Nacht zum 10. Februar 1567 flog dieses Haus durch eine Schießpulverexplosion in die Luft. Darnleys Leiche wurde im Garten gefunden. Da der Leichnam aber Würgemale aufwies und gegen einen Baum gelehnt war, wurde sehr bald gemunkelt, dass er im Rahmen eines Komplotts ermordete worden war - die Explosion sei nur zur Täuschung inszeniert worden. Es wurde nie geklärt, ob die Königin von dem Mord oder dem Komplott gewußt hatte. Der Hauptdrahtzieher dieses Ränkespiels war sehr wahrscheinlich der ihr sehr ergebene Fürst James Hepburn, Graf Bothwell. Unter dem Verdach des Mordes wurde er zwar angeklagt, aber trotzdem am 12. April wieder freigesprochen. Gerade einmal zwölf Tage später fing der selbe Bothwell die Königin auf ihrem Weg von Stirling, wo Mary ihren Sohn besucht hatte, nach Edinburgh ab. Er entführte sie einfach und offensichtlich ohne großen Widerstand in eine seiner Burgen nach Dunbar.

Nun überschlugen sich die Ereignisse, denn am 3. Mai, wenige Tages später, ließ sich Bothwell von seiner Frau scheiden. Am 12. Mai vergab Mary ihrem Entführer öffentlich, indem sie ihn zum Herzog von Orkney erhob. Wiederum drei Tage später, und gerade einmal drei Monate nach der Ermordung ihres Mannes, heiratete Mary diesen Mann, den viele für dessen Mörder hielten, in Holyrood. Diese Heirat erwies sich sehr bald als fataler Fehler, denn es kam zu einem Aufstand der ihr zuvor treu ergebenen Adligen, die ihre Abdankung forderten. Am 15. Juni 1567 versuchte Mary zwar nochmals bei Carberry, nicht weit von Edinburgh, das Ruder zu ihren Gunsten herumzureissen. Doch selbst das Heer, das sie mit Bothwell um sich geschart hatten, weigerte sich, für sie zu kämpfen - es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich den Fürsten ihres Landes zu ergeben. Von ihnen wurde sie auf einer Insel im Loch Leven in der gleichnamigen Festung gefangengesetzt. Dort zwang ihr Halbbruder sie am 24. Juli, ihre Abdankung zu Gunsten ihres Sohns zu unterzeichnen. Das Kind wurde nur fünf Tage später in der Holy Rude Church in Stirling zu König James VI. gekrönt.

Nach diesen dramatischen Ereignissen herrschte in Schottland bis 1573 Bürgerkrieg zwischen den ihr immer noch ergebenen Fürsten und denjenigen, die auf der Seite ihres Sohnes standen. Erst nachdem die Edinburgher Festung gefallen war und nach der Hinrichtung des Gouverneurs der Burg - William Kircaldy of Grange - war der Fall der Mary Queen of Scots in Schottland effektiv beendet.

In Loch Leven Castle erlitt Mary auch eine Fehlgeburt von Zwillingen. Dank ihres Charmes, ihrer Jugend und Schönheit aber soll sich ihr junger Gefängniswärter Willie Douglas in sie verliebt haben. Die Legende berichtet, mit seiner Hilfe sei es ihr gelungen, am 2. Mai 1568, knapp ein Jahr nach ihrer Gefangennahme zu entfliehen. Wenige Tage danach führte Mary nochmals eine Armee von 6000 Getreuen an. Diese wurde jedoch am 13. Mai bei Langside, in der Nähe von Glasgow, vernichtend geschlagen. Mary ahnte den Ausgang und flüchtete gen Süden. Drei Tage später erreichte sie Carlisle, wo sie ihre Cousine, Königin Elisabeth von England, um Unterstützung gegen die rebellierenden schottischen Fürsten bitten wollte.

Elizabeth Tudor war 1558 nach dem Tod ihres jüngeren Bruders Edward und ihrer älteren Schwester Mary („Bloody Mary”) Königin von England geworden. Ihr Vater Henry VIII. hatte ihre Mutter Anne Boleyn noch zu Lebzeiten seiner ersten Frau Katharina von Aragon, aber erst nach Elizabeths Geburt, geheiratet. Somit betrachteten besonders die vielen Katholiken in England Elizabeth als illegitime Thronfolgerin. Sie glaubten stattdessen, dass Mary als Urenkelin Henrys VII. rechtmäßig auf den englischen Thron gehörte. Aus diesen Gründen war die katholische Mary für Elizabeth und ihren protestantischen Hof eine ständige Bedrohung. Die sehr große katholische Minderheit in England sah nämlich in ihr die einzige Möglichkeit, die alte katholische Kirche wieder einzusetzen.

Darum wurde Mary in den 19 Jahren nach ihrer Flucht in den englischen Burgen in Carlisle, Bolton, Chatsworth, Sheffield, Buxton, Chartley und schließlich Fotheringhay eingesperrt. Diese Anlagen wurden deshalb gewählt, weil sie weit genug von Schottland wie auch von London entfernt waren. Die angespannte Lage führte zu mehreren Verschwörungen; schließlich wurde der so genannte Babington Plot, der u. a. die Ermordung von Elisabeth und die Befreiung Marys plante, aufgedeckt. Dabei wurde auch die Korrespondenz gefunden, in der Mary ihr Einverständnis zu diesen Plänen gab. Ihr wurde daraufhin im September 1586 in England der Hochverratsprozeß gemacht und das erwartete Todesurteil wurde am 25. Oktober ausgesprochen. Doch erst am 1. Februar 1587 unterzeichnete Elisabeth die Hinrichtungsurkunde; sie hatte vorher noch versucht, den Gefängniswärter dazu zu bringen, dass er Mary ermordete, um die Hinrichtung zu umgehen. Am 8. Februar 1587 legte Mary in Fotheringhay ihren Kopf auf den Block und wurde durch das Beil getötet. Ihr Leichnam wurde zunächst in der Kathedrale von Peterborough beigesetzt. Als ihr Sohn, James VI. nach dem Tod von Elizabeth auch König von England wurde und seinen Hof nach London verlegte, ließ er sie jedoch nach Westminster Abbey überführen.

Union mit England

Personalunion und Bürgerkrieg

James, der gegen die Hinrichtung seiner Mutter lediglich der Form halber protestierte hatte, hielt sich auch in Sachen Religion in Schottland diplomatisch zurück. Um auch weiterhin seine Thronansprüche als Verwandter der kinderlosen Elisabeth von England nicht zu gefährden, stimmte er 1586 sogar dem Vertrag von Berwick zu. Dieser Vertrag war ein Schutzbündnis gegen Frankreich, den Jahrhunderte alten Partner Schottlands. Mit dem Tod von Elisabeth 1603 bestieg James VI. als direkter Verwandter und Nachkomme von Henry VII. den Englischen Thron, und wurde damit König James I. von England. Trotz dieser Personalunion der englischen und der schottischen Kronen behielten beide Länder zunächst ihr eigenes Parlament, eine separate Verwaltungsstruktur und ihre jeweils eigene Nationalkirche.

Zu seinem Regierungsantritt in England zog der König mit seinem gesamten Hofstaat von Edinburgh nach London. Danach kehrte er nur noch ein einziges Mal (1617) nach Schottland zurück. Der pompöse englische Hof war für ihn attraktiver als der bescheidenere Hof Schottlands. Dennoch bemühte sich James, die neu zu vergebenen Ämter gleichmäßig auf Engländer und Schotten aufzuteilen - was in England nicht populär war. Kein Wunder also, dass sein zweiter Sohn Charles I. bei seiner Thronbesteigung (1625) keine Ahnung von den schottischen Verhältnissen hatte. Charles wurde zwar in Dunfermline, in Schottland, geboren, wuchs aber in England auf. Sein ältester Bruder Henry, der eigentliche Kronprinz, starb 1612 im Alter von 18 Jahren. Die Schwester Elisabeth heiratete den deutschen Friedrich, Kurfürst von der Pfalz. Dieser wiederum wurde zum deutschen König Friedrich V. gewählt, jedoch ein Jahr später und zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) ins Exil gezwungen und ging unter dem Titel „der Winterkönig” in die deutsche Geschichte ein.

Charles führte zwar die Royal Mail ein, machte sich u. a. aber durch hohe Steuern, andere Abgaben und durch seinen extravaganten Lebensstil äußerst unbeliebt. Sein größter Fehler aber war sein Glaube an das Gottesgnadentum der Krone. Damit versuchte er, die anglikanische Kirchenordnung mit ihrer bischöflichen Hierarchie im schon seit 1560 calvinistisch reformierten Schottland durchzusetzen. Der Unwille des Volkes darüber zeigte sich deutlich im Aufruhr in Edinburghs St. Giles'. Als dort erstmals die neue Liturgie eingeführt wurde, beschwor das den Zorn der von John Knox reformierten Gemeinde herauf. Ein Teil verließ die Kirche und protestierte davor lautstark - schließlich sollen sogar Stühle geflogen sein, und der Bischof musste in einer geliehenen Kutsche Hals über Kopf fliehen. Das Ganze gipfelte 1638 darin, dass sich der reformierte schottische Adel und das Bürgertum in dem so genannten National Covenant zusammenschlossen. In dieser Erklärung erkannte sie klar und deutlich die weltliche Herrschaft des Königs an. Sie forderten aber mit Nachdruck die Unabhängigkeit der neuen, reformierten Kirche von weltlichen Einflüssen und die Abschaffung der alten Hierarchien zugunsten eines Presbyteriums. Die Mitglieder der Bewegung nannten sich seitdem „Covenanters”. 1638 nutzte diese einflussreiche Gruppe die Generalversammlungen der schottischen Nationalkirche und des schottischen Parlaments, um das Bischofswesen abzuschaffen - in Schottland lag eine Revolution in der Luft.

Auf ähnliche Widerstände stieß Charles I. auch in England. Hier regierte er als absoluter Souverän seit 1629 sogar ohne das ihm unbequeme Parlament. Doch genau dieses Parlament musste er 1640 wieder einberufen, um ausgerechnet die Bekämpfung der religiösen Unruhen in Schottland zu finanzieren. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen. Aus den alten Differenzen zwischen dem König und dem englischen Parlament in England entbrannte sehr bald der Bürgerkrieg, der von 1642-1648 andauerte und mit der Enthauptung des Königs endete. In seinem Verlauf setzt das puritanisch dominierte englische Parlament die neugeschaffene New Model Army unter Oliver Cromwell (1599-1658) gegen den König ein. Diese Armee war erstmals in der britischen Geschichte ein Söldnerheer, das sich aus Gesinnungstreuen des Parlaments zusammentzte.

Im Sommer 1643 unterzeichnete das englische Parlament einen „Solemn League and Covenant”. Dieser Akt verpflichtete es den Covenanters gegenüber, um des schottischen Beistandes Willen gegen die Royalisten, den Presbyterianismus auch in England und Irland einzuführen und dazu auch noch eine hohe Geldsumme zu zahlen. Unterdessen bildet sich in Schottland unter James Graham, dem Grafen von Montrose, eine Royalistenstreitmacht in den Highlands, die die Covenanters bitter bekämpfte, jedoch niemals die Unterstützung der Lowlands erlangte und mit der Niederlage des König aufgelöst wurde.

Zunächst kämpften die Mehrzahl der Schotten also für die Sache des englischen Parlaments, aber das änderte sich, als sich Charles der schottischen Armee ergab. Er lehnte es allerdings ab, die presbyterianische Kirche in England zu etablieren, und so übergaben die Schotten ihren König an die Puritaner. Das sollten sie jedoch bald bereuen, denn die Engländer ließen Charles am 30. Januar 1649 vor Whitehall hinrichten. Die an sich königstreuen Schotten waren über die Hinrichtung des Königs derart entsetzt, dass sie seinen Sohn in Edinburgh kurz danach zum König ausriefen und am 1. Januar 1651 in Scone inthronisierten. Charles II. sollte der letzte König sein, der dort gekrönt wurde. Die Krönung brachte Oliver Cromwell auch in Schottland auf den Plan: 1650/51 schlug der mit seinen Elitetruppen, den Ironsides, die Schotten zunächst bei Dunbar und dann später nochmals bei Worcester in England. Charles kämpfte an der Spitze des schottischen Heeres, doch nach seiner Niederlage in Worcester musste er auf einer abenteuerlichen Flucht ins Ausland fliehen. Schottland wurde danach von Cromwell besetzt. Bis 1654 erstickte sein General Monk auch den letzten royalistischen Widerstand im Hochland. Insgesamt dauerte die Besetzung Schottlands bis zum Tod Oliver Cromwells (1658). Obwohl Cromwells Sohn die Nachfolge seines Vaters antrat, hatte er längst nicht dessen Persönlichkeit und Durchsetzungsvermögen geerbt, und wurde abgesetzt. Das von Monk neu einberufene Parlament sorgte für die Restauration der Monarchie, indem es Charles einlud, nun auch den englischen Thron zu besteigen.

Killing Times

Nach seiner Deklaration von Breda im Jahr 1660, in der er für jedermann Religionsfreiheit versprach, wurde Charles II. in London inthronisiert und brachte dann beiden Königreichen den Frieden. Obwohl er in religiösen Angelegenheiten zunächst zurückhaltend war, betrachtete Charles aber die extreme Partei der Covenanters in Schottland als Bedrohung seiner dortigen Autorität. 1662 widerrief er den von ihm zunächst widerstrebend unterzeichnete Covenant und setzte dafür in der Kirche das Episkopat wieder ein. Charles betrat nie wieder schottischen Boden. Stattdessen ließ er sich dort durch John Maitland, den Herzog von Lauderdale vertreten. Dieser versuchte ebenfalls mit Nachdruck das Episkopat in Schottland durchzusetzen. Das Ergebnis war, dass es besonders in dem im Südwesten liegenden Dumfries and Galloway, zu blutigen Auseinandersetzungen kam. Zwei Aufstände gab es 1666 und 1679 (das Pentland Rising und die Schlacht bei Bothwell Bridge) - sie wurden beide blutig niedergeschlagen. Die Anhänger des Covenants trafen sich in Konventikeln, die in Privathäusern oder sogar unter freiem Himmel Gottesdienste abhielten, und teilweise sogar von bewaffneten Männern bewacht wurden. Auf der einen Seite gab es die moderat reformierten Königstreuen, auf der anderen die extremen, reformierten Anhänger des Covenant. Lauderdale wurde schließlich vom Bruder des Königs, James, Herzog von York, abgelöst und das Königshaus versuchte per Gesetz - dem so genannten Test Act von 1681 - die Kirche unter Kontrolle zu bringen. Dieser Versuch und die damit verbundene Verfolgung der Presbyterianer gipfelte in einer Zeit fürchterlicher Kämpfe und Blutbäder. Sie ging in die Geschichte ein als die Killing Times - die „Jahre des Tötens” -, die ihren Höhepunkt zwischen 1681 und 1689 erreichte und damit über den Tod von Charles hinaus andauerten. In seinem historischen Roman Ringan Gilhaize (1823) beschreibt John Galt sehr drastisch über drei Generation - von der Reformation bis zu den „Killing Times” - die Zeit der religiös motivierten Tumulte in Schottland.

Charles II. starb ohne legitime Nachkommen am 6. Februar 1685. In England war er - besonders beim einfachen Volk - populär gewesen. Er war ein Freund der Künste und wurde allgemein als der fähigste Stewart König anerkannt. Charles war jedoch ein durchtriebener Politiker. Er hatte die Fähigkeit zu erkennen, wann der richtige Moment für Kompromisse aber auch für rücksichtsloses Durchgreifen gekommen war.

Der Herzog von York bestieg 1685 als James II. den englischen Thron und wurde damit James VII. in Schottland. Äußerst fähig und ebenfalls populär beging er, nach dem übrigens New York benannt wurde, allerdings einen großen Fehler als er versuchte, Großbritannien zu rekatholisieren.

Als dann sein einziger Sohn James, der künftige Thronfolger aus zweiter Ehe, dann auch noch katholisch getauft wurde, befürchtete die Mehrzahl der englischen Protestanten große Schwierigkeiten durch ein weiterhin katholisches Königshaus der Stewarts. Deshalb holte das Parlament in London 1688 die protestantische Tochter von James - Mary - und deren protestantischen Ehemann William of Orange aus Holland und beförderte sie kurzerhand auf den Thron. Dieser Umsturz ging als die „Glorreiche Revolution” in die Geschichte ein. Er verlief unblutig, denn James floh ins Exil nach Frankreich.

William ließ die zögernden Clanchiefs des schottischen Hochlands unter Druck auf die Fahne schwören, was von den meisten nur äußerst widerstrebend befolgt wurde. Die Jakobiten waren Stewart-Anhänger, die sich in England, Irland und vor allem in Schottland nach diesem, ihrem ehemaligen König James benannten. Sie hielten in der Folge besonders im schottischen Hochland an der Stewart Dynastie fest. In uralter Tradition fühlten sich dort die Clanchiefs und Feudalherren trotz religiöser Differenzen durch ihren Treueid dem König verbunden. Jetzt trat die bisher ungekannte Situation ein, dass der neue, protestantische König William von ihnen eben diesen Treueid forderte, während der ins Exil geflohene James noch lebte. Als dann aber der Chief der MacDonalds von Glencoe aus verschiedenen und äußerst unglücklichen Gründen wenige Tage verspätet zu der Eidesleistung eintraf, sah William die Möglichkeit, ein Exempel zu statuieren. Er ließ 1692 durch seinen schottischen Vertreter im Tal Glen Coe ein großes Massaker anrichten. Selbstverständlich trat im Hochland genau das Gegenteil von dem ein, was William beabsichtigt hatte - dort waren nach diesem Pogrom die Sympathien für London endgültig auf dem Gefrierpunkt angelangt.

Volle Union

Nach dem Tod Williams (1702) wurde seine Schwägerin Anne (die jüngere Tochter von James VII./II.) Königin von England und Schottland. Sie war die letzte Stewart Königin, und unter ihrer Herrschaft wurden 1707 auch die beiden Parlamente zusammengeschlossen. Die Aufgabe der Souveränität Schottlands hatte u. a. und hauptsächlich wirtschaftliche Gründe: Schottland war nach dem mißglückten Versuch, eine Kolonie in Mittelamerika aufzubauen, auch wirtschaftlich am Boden. Um von den englischen Rechten und den Märkten in Übersee zu profitieren und überhaupt Zugang zu den Kolonien zu bekommen, blieb unter diesen Umständen nur die vollkommene politische Union mit dem Nachbarn im Süden. Die kam allerdings nur unter großem Protest der Bevölkerung zustande. Die Ratifizierung des Unionsvertrages war die letzte Amtshandlung des Schottischen Parlaments, denn danach löste es sich selbst auf. Schottland entsandte fortan nur 44 Vertreter in das Ober- und Unterhaus nach London.

1714 starb Königin Anne. Das jetzt britische Parlament holte Georg von Hannover, den deutschen Nachkommen von James VI./I., als George I. an die Themse. Dieser König Georg fühlte sich jedoch nicht wohl in der Rolle: Er verstand zu wenig von der britischen Mentalität und der Politik. Hinzu kam, dass er die Sprache nicht beherrschte. So musste er sich von einem Prime Minister, dem ersten in der britischen Geschichte, vertreten lassen.

Exkurs: Das Clanwesen und seine Geschichte

Das englische Wort „Clan” bezeichnet eine soziale Gruppe, die besonders mit Schottland assoziiert ist. Es stammt aus dem gälischen clann und heißt übersetzt „Kinder”, „Abkömmlinge”, „Stamm” oder „Familie”. Die Sippe kann den gleichen Namen haben wie das Gebiet in dem sie lebt und einen bestimmten Clan-chief anerkennen. Es ist dagegen falsch, dass alle Schotten gleichen Nachnamens dem selben Clan angehören, genauso wie es falsch ist, dass jeder Clan einen Häuptling haben muss.

Unterschieden wird zwischen drei verschiedenen Kategorien von Clans. Zur wichtigsten Gruppe gehören Clans wie die Campbells, die MacDonalds, die Gordons und vielleicht noch Clan Chattan und die Mackenzies, die über große Gebiete herrschten. Sie alle zerschlugen kleinere Clans und / oder übernahmen diese und deren Land mit Macht, durch Einheirat oder geschicktes politische Agieren. Darüber hinaus hatten sie oft auch auf nationaler Ebene großen politischen Einfluss. Die zweite Kategorie mit etwas weniger Einfluss waren die Frazers, Gunns, Macphersons, Maclachlans, Macleans und Macleods. Dazu gehörten ebenfalls kleine Familiengruppen wie der Kennedy Clan. Schließlich gab es Clans, die Titel oder Namen hatten wie z. B. „Clan der Nacht” (die Morrisons von Mull), „Clan der Briten” (die Galbraith Familie von Gigha) oder der „Clan der Kinder Raigns” (die Rankins). Generell sind die Clans mit dem Hochland und den Inseln verbunden und nur zu einem geringeren Teil in den Randgebieten wie z. B. den Borders und Galloway heimisch. Im Zentralbereich Schottlands und im größten Teil des Flachlands sind solche Verwandschaftsgruppen durch das Feudalsystem verdrängt worden. Mit Margaret, der Frau Malcolm Canmores, und besonders ihrem Sohn David hielt auch das Feudalrecht, das das genaue Gegenteil des Clanwesens bildet, Einzug in das keltische Schottland. Denn ursprünglich gehörte das Land der Clangemeinschaft und wurde vom Chief verwaltet; nach dem Lehnsrecht war aber das ganze Land königliches Eigentum. Die Loyalität der Clanangehörigen gehörte traditionell ihrem Chief; sie sahen sich keinesfalls als direkte Untergebene des Königs. Die Entschlossenheit einer Reihe von Königen, dieses Clanwesen durch das Lehnswesen zu ersetzen, trieb einen Keil zwischen das keltische Hochland und das angelsächsische Tiefland, der bis zur Wende von Culloden, die das Ende der Jakobitenaufstände markierte, steckenblieb.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Clans wurde vor allem durch die Unabhängigkeitskriege (1296-1314) erzeugt. Die 21 Clans, die sich damals um Robert the Bruce auf dem Schlachtfeld von Bannockburn versammelten, hatten ein gemeinsames Ziel: Die Freiheit des schottischen Volkes von jeglicher Fremdherrschaft. Doch die Gewinner durften sich auch der großzügigen Verteilung von Ländereien und Titeln sicher sein; die Besiegten wurden vertrieben. Besonders ein Name sollte sich mit dem Schicksal Schottlands entscheidend verbinden: derjenige der Campbells.

Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts hatten sich die meisten Clans etablierte. Die Clanchiefs hausten z. T. recht fürstlich auf ansehnlichen - wenn auch kalten - Trutzburgen. Wie Feudalherren verpachteten sie Ländereien an ihre Untergebenen. Einem Clan anzugehören, hieß nicht nur, in ein soziales Netz eingebunden zu sein, sondern beinhaltete auch Pflicht zum Kriegsdienst für den Herrn. Dieses Sozialgefüge offenbarte seine Schwachpunkte, als die Clans ihre eigenen Verwaltungsstrukturen zu bilden begannen. Kleinere Familien suchten durch Bündnisse und Gegenbündnisse beim mächtigen Nachbarn Schutz. Es kam aus den verschiedensten Gründen zu Auseinandersetzungen von kleineren Fehden bis zu blutigen Schlachten - ja regelrechten Clankriegen, die manchmal Jahrzehnte anhielten. Als Schottland und England längst unter einer Krone vereint und die Lowlands befriedet waren, verschanzten sich die Clans immer noch im unwegsamen Bollwerk des Hochlandes. Militärpfade und Straßen mussten im 18. Jahrhundert von der Regierung erst noch gebaut, Burgen bela-gert und besetzt werden. Das endgültige Aus für das Clansystem kam 1746 mit der Niederschlagung des letzten Jakobitenaufstands. Viele Clanchiefs und Familien flohen ins Ausland. Die Folgen der daraus resultierenden Umverteilung der Ländereien an Nichthochländer waren das Desinteresse der neuen Herren an dem Sozialgefüge der jeweils lokalen Clans und stattdessen die Durchsetzung eigener Wirtschaftsinteressen; die Verbreitung der Beweidung durch Schafe im großen Stil sowie die daraus resultierende Vertreibung der auf dem Land lebenden Bevölkerung aus großen Teilen des Hochlands in den berüchtigten Clearances.

Das größte Problem lag nunmehr in der Verantwortung der Landherren für die Bevölkerung auf ihrem Land. Das alte Clansystem war gestorben, und selbst dort, wo die Chiefs das Land noch besaßen, konnten sie die gewaltig gewachsene Bevölkerung nicht mehr ernähren. In ersten Landstudien wurden im Jahr 1801 noch 1.608.420 Menschen in Schottland erfaßt, doch 1831, nur 30 Jahre später, gab es schon 2.364.386. Das war ein Anstieg um fast 50% in dieser kurzen Zeit. Im Hochland wurde das Land sehr schnell knapp: 200 000 Menschen lebten auf dem nicht sehr ergiebigen Boden des Hochlands und konnten sich nur mehr schlecht als recht davon ernähren. Die verbliebenen alten Clanchiefs und Familienoberhäupter fühlten sich trotzdem noch verantwortlich für die auf ihrem Grund lebenden Menschen und saßen damit in einer Zwickmühle.

Neue Erkenntnisse der Landnutzung und Aufteilung wurden vom Kontinent und aus den Lowlands erworben und in die Situation des Hochlands umgesetzt. Das wenige nutzbare Land konnte nur eine stark ausgedünnte Bevölkerung richtig ernähren. Damit gehörten die einfachen Bewohner des schottischen Hochlands also wieder einmal zu den Verlierern. Auf den riesigen Weideflächen, die einst erträglich genug waren, Rinder zu mästen und Getreide anzubauen, wurden bald die allesvertilgenden Schafe gehalten, die den Landherren schnelle und bessere, ja enorme Profite brachten. Die Clanmitglieder wurden oft gewaltsam von ihrem Pachtgrund vertrieben. Hütten, die nicht freiwillig geräumt wurden, steckte der Verwalter in Brand, oft ohne Rücksicht darauf, ob Alte oder Kranke darin waren. Im Verlauf der Clearances, von denen sich das Hochland bis heute noch nicht erholt hat, wurden Hunderttausende vom Land vertrieben und ein Großteil des Hochlands buchstäblich entvölkert. Einige Kleinbauern bekamen von ihrem Landherrn in den Küstenregionen ein kleines Grundstück als Ausgleich zugeteilt, doch kaum einer der vertriebenen Bauern kannte die See oder konnte mit einem Fischerboot umgehen; viele kamen um. Zehntausende emigrierten auf den Kontinent oder nach Kanada, Amerika, Neuseeland und Australien, oder wurden mit bezahlten Passagen dorthin ausgesiedelt. Zurück blieb die einst zumindest in Teilen fruchtbare Heimat - heute ist sie oft menschenleeres Ödland mit ein paar überwucherten Grundmauern.

Mit Blick auf die Geographie des schottischen Hochlands, ist es kein Wunder, dass die Könige es sehr schwierig fanden, ihre Authorität über die Menschen auszuüben, die in den entfernten und unzugänglichen Bergen lebten. Die Hochlandlinie erstreckt sich diagonal vom Clyde bis nach Stonehaven an der Nordsee, südlich von Aberdeen. Nördlich davon fühlten sich die Clans an die jeweiligen Gebiete gebunden, die sie als Familienland beanspruchten. Die tiefen Täler und weiten Hochlandgebiete wurden von Clans, wie den Campbells in Argyll, den Camerons in Lochaber, den Robertsons in Rannoch, den Mackays in Sutherland bevölkert und die Inseln im Westen waren die Domäne der MacDonalds in Islay, der Macleans in Mull, Tiree und Coll, während Skye zwischen den MacDonalds, MacLeods und Mackinnons aufgeteilt war.

Trotz des kargen Bodens waren alle Clans nahezu autark und lebten von den Kleinrindern, die in den Bergen weideten. Auf den Inseln und an der Küste fischten die Clanmitglieder und exportierten den Fangüberschuß ins Tiefland. In den Tälern hatten sie ihre Gerste zum Whiskybrauen (hauptsächlich zur Erbauung des Chiefs und seiner nächsten Untergebenen) und Hafer als Grundnahrungsmittel. Es war ein karges Leben für die Clanangehörigen. Weil das Vieh geschützt werden musste, entwickelten diese keltischen Bergmenschen Ausdauer und sammelten kriegerische Erfahrung. Bei passenden Gelegenheiten waren dann die Tiefländer wie auch die Engländer von ihrer Angriffswut gleichermaßen entsetzt.

Die erste herausragende Persönlichkeit, die in der Geschichte der Clans genannt wurde, war Somerled, der Urahn des Clans Donald. Er war der Anführer im Widerstand gegen die Norweger, die die westlichen Inseln, die Orkneys und Shetland kontrollierten. Somerled war ein außergewöhnlicher Krieger von piktisch-norwegischem Geblüt. Nach einer fürchterlichen Seeschlacht im Jahr 1156 gewann er das Königreich Man. Damit kontrollierte er die westlichen Inseln von Bute im Clyde bis Ardnamurchan. Im Gegenzug für Somerleds Treueversprechen erkannte König Malcolm IV. seine Herrschaft dort an. In diesem Zusammenhang gab es aber erstmals ein bedeutendes Mißverständnis. Während Malcolm meinte, Somerled erhielte seine Ländereien als Lehen von der Krone, betrachtete dieser sich als Eroberer und autonomer Machthaber. Aus seiner politisch abenteuerlichen Ehe mit Ranghildis, der Tochter des norwegischen Königs der Insel Man, hinterließ Somerled drei Kinder, von denen zwei seine Linie fortsetzten. Dougal, der die MacDougals von Argyll und Lorn gründete und Reginald, dessen Sohn den Namen Donald trug, die MacDonalds von Islay. Diese Nachkommen Somerleds - die MacDonalds - wurden die „Herren der Inseln” (Lords of the Isles).

Die Clans arbeiteten nicht zusammen. Selbst nach dem Ende der norwegischen Besetzung im Jahre 1266 kämpfte sie im Hochland gegeneinander, und die Krone verzweifelte schier daran, sich ihre Loyalität zu sichern und das Hochland zu befrieden. Ein herausragendes Beispiel waren die MacDougals von Lorne und MacDonalds von Islay. Sie widersetzten sich König Robert the Bruce, da sie mit ihm noch ein Hühnchen zu rupfen hatten: Der von ihm ermordeten Comyn war mit ihnen verwandt gewesen. Doch trotzdem folgte der Clan Donald dem Bruder des Chiefs - Angus Og - und kämpfte in der Schlacht von Bannockburn an der rechten Seite von Bruce. Diese Geste von Fahnentreue stärkte die Position der MacDonalds und bewahrte die illoyalen Mitglieder des Clans vor Strafmaßnahmen. Aufsplitterungen und Zerwürfnisse, von denen es zahllose Beispiele und Berichte gibt, waren innerhalb der Clangruppierungen die Regel. Die einzige Zeit, in der eine wirklich beträchtliche Anzahl von Clans zusammenwirkte und an einem Strang zog, war während der Unterstützung der Stewart-Dynastie im 18. Jahrhundert. Die große Ausnahme bildete in dieser Zeit des Bürgerkriegs - Tiefland gegen große Teile des Hochlands - der Clan Campbell, der sich auf die Seite der Hannoveraner schlug. Die katholischen Clans waren immer überzeugt davon, dass der Stewart Monarch der Chief der Chiefs sei, obwohl die Stewarts den anderen Clans gegenüber nie besonders freundlich eingestellt gewesen waren. Wenn sie sich jemals überhaupt für sie interessiert hatten, dann nur, wenn es darum ging, das Hochland den Normen des Tieflandes anzupassen.

James IV. schaffte es schließlich, das normannische Feudalkonzept des Tieflands endgültig auch im Hochland durchzusetzen. Er bestätigte vielen Chiefs ihre Landansprüche durch ein königliches Übertragungspergament - die so genannte Schafsfellurkunde. Damit unterstrich er, dass diese Vasallenclans ihre Ländereien direkt durch die Krone erhielten. James gab auch Campbell von Argyll einen Dreijahresvertrag über mehrere Ländereien, die zuvor von den Lords of the Isles beherrscht worden waren. Klug unterstützten die Campbells jedermann, der ihnen Vorteile verschaffte. Darüber hinaus fingen sie an, die angrenzenden Ländereien ebenfalls zu dominieren. Um ihren Landbesitz zu vergrößern, nutzten sie in Argyll und im Nordwesten jede sich bietende Möglichkeit - das Schicksal der MacGregors ist dafür ein beredtes Beispiele. Die MacGregors (ein späterer Abkömmling wurde bekannt als Rob Roy) besaßen sowohl in Argyll als auch in Perthshire Land nach dem alten Clanprinzip. Ohne dokumentarischen Eigentumsbeweis und ohne diese Schafsfellurkunde konnten sie sich lediglich auf die Tradition berufen. Unter der Beschlagnahmung von immer mehr MacGregor-Land verzweifelt dieser Clan nach und nach - und um überhaupt noch leben zu können, wurden die MacGregors zu Viehdieben. Nach 1603 waren die Campbells entschlossen, ihnen endgültig den Garaus zu machen. Der Graf von Argyll, Chief des Clan Campbell, schürte einen Streit zwischen den MacGregors und den Colquhouns von Luss am Loch Lomond. Dieser Streit endete, wie viele andere auch, in einer fürchterlichen Schlacht, die im Glen Truim stattfand. Zwar siegten die MacGregors trotz gewaltiger Übermacht der Gegner, doch es war ein Pyrrhussieg. Die Schlacht war so blutig und fürchterlich, dass James VI., gerade auch zu James I. von England gekrönt, ein Gesetz durch sein Privy Council herausgeben ließ, das die MacGregors zu Vogelfreien machte und ihren Namen auslöschen sollte.

Danach war dieser Clan über 139 Jahre lang ein Clan der Gesetzlosen (zwischendurch wurde die Anordnung zeitweise aufgehoben). Trotzdem bekannten sich 1775 - 30 Jahre nach Culloden - immerhin noch 826 Menschen zur Mitgliedschaft im Clan MacGregor und stellten dadurch die bemerkenswerte traditionelle Gefühlsbindung, die das alte Clanprinzip schuf, unter Beweis.

James war es leid, immer nur von Blutfehden und Streitereien zu hören. So beauftragte er schließlich Lord Ochiltree, unter allen Umständen Gesetz und Ordnung auf den Inseln zu schaffen. Dieser Mann wurde durch Andrew Knox, den Bischof der Inseln in seiner schwierigen Aufgabe unterstützt. Die Chiefs der MacLean of Duart, Donald Gorm of Sleat (Skye), Clanranald, MacLeod und Maclean of Ardgour hatten es aber offensichtlich nicht sehr eilig damit und zusammen dinierten sie zunächst erst einmal auf Duart Castle (Mull), bevor sie der Einladung zur Predigt durch Bischof Knox auf das Flaggschiff Lord Ochiltrees folgten. Sie bekamen dann aber mehr als nur einen frommen Vortrag. Einmal an Bord, lichtete das Schiff nämlich den Anker und brachte sie nach Edinburgh, wo sie eingekerkert und erst freigelassen wurden, als sie sich dazu bereit erklärten, Bishop Knox bei der Reform der Inseln zu unterstützen.

Großbritannien wandte sich allmählich einer neuen kommerziell blühenden Ära zu, in der kein Platz mehr für Clans war. Das war jedenfalls der Standpunkt von William III., der seine Macht durch die Schlacht an der Boyne gefestigt hatte. Er entschied, dass mit den Hochländern etwas Drastischeres geschehen müsse, da diese offensichtlich immer noch auf der Seite der Stewart-Dynastie standen. Der Schotte Sir John Dalrymple, Graf Stair, Unterstaatssekretär für Schottland, plante eine Lösung des Hoch-landproblems. Er wurde in seinen Bestrebungen von William unterstützt und fand in John Campbell, dem Grafen von Breadalbane, einen willigen Helfer. Zunächst bekam Breadalbane vom König £12.000. Damit sollte er die Loyalität der Clanchiefs kaufen. Dieser von König William III. für Schottland eingesetzte und entsprechend verantwortliche Staatssekretär ließ jedoch in einem vertraulichen Gespräch gegenüber Campbell von Breadalbane verlauten, die Clans Donnel und Lochiel sollten ausgerottet werden. So wurde entschieden, dass alle Chiefs bis zum 1. Januar 1692 einen Treueid auf den König ablegen müssten. Denjenigen, die sich widersetzten, würde „mit Feuer und Schwert und allen möglichen Arten von Feindlichkeiten begegnet werden”. Das Datum war offensichtlich sehr sorgfältig gewählt worden, denn der harte Hochlandwinter würde die Hochländer teilweise lähmen. Ein Punkt, der von Stair sehr wohl kalkuliert worden war:

„Der Winter ist die einzige Saison, in der wir sicher sein können, dass die Clanmitglieder nicht mit ihren Frauen, Kindern und Rindern in die Berge entfliehen können. Dies ist die richtige Zeit, sie in der langen, dunklen Nacht zu vernichten”.

Die meisten Clanchiefs leisteten diesen Eid sofort. Lediglich der mächtige MacDonnel of Glengarry und der alte MacIan MacDonald of Glencoe hatten dies bis zum 1. Januar nicht getan. MacIan hatte nach langen Überlegungen versucht, seinen Treueid am 31. Dezember in Fort William abzulegen. Da aber der Magistrat nicht anwesend war, war er gezwungen, durch den Schnee nach Inveraray zu ziehen. In diesem schlimmen Winter kam MacIan aber erst am 2. Januar in Inveraray an. Da aber auch dort nur ein Stellvertreter des Kommandanten war, erreichte sein Eid Edinburgh erst am 6. Januar.

Endlich hatte Wilhelm damit seinen Sündenbock. Dalrymple schrieb an den Kommandanten in Fort William:

„Wenn MacIan von Glencoe und sein Stamm sich von den Übrigen so verschieden verhalte, haben wir eine klare Rechtfertigung öffentlicher Ju-stiz, dass dieser diebische Clan mit Stumpf und Stiel ausgerottet wird”.

120 Mann vom Regiment des Grafen von Argyll wurden unter dem Kommando von Hauptmann Robert Campbell of Glenlyon nach Glen Coe in Marsch gesetzt, um dort in den Hütten Quartier zu beziehen. Die Soldaten wurden mit der üblichen Gast-freundschaft des Hochlands empfangen. Über 15 Tage lang teilten die MacDonalds die karge Speise und Trank mit ihnen. Hauptmann Campbell spielte sogar Karten mit dem alten MacIan MacDonald und dessen Söhnen. Doch am 12. Februar 1693 erhielt der Hauptmann den Befehl:

„Ihnen wird hiermit befohlen, über die Rebellen, die MacDonalds von Glencoe, herzufallen und alle unter 70 dem Schwert zuzuführen. Besonders haben Sie dafür zu sorgen, dass der alte Fuchs und seine Söhne unter keinen Umstän-den Ihren Händen entfliehen können”.

Das Morden sollte um fünf Uhr am folgenden Morgen beginnen. Am Vorabend soll Hauptmann Campbell sogar wie in den Tagen zuvor Karten mit den Söhnen MacDonalds gespielt und nebenbei erwähnte haben, wie sehr er sich schon auf das Abendessen des folgenden Tages zusammen mit dem Chief freue. Als sich nach langer und stürmischer Nacht der Morgen näherte, begannen die Soldaten mit ihrer grausamen Aufgabe. Das Ergebnis war, dass mehr als 30 MacDonalds ermordet wurden. Viele Mitglieder des Clans, die es geschafft hatten, sich in den immer noch tobenden Schneesturm zu retten, erfroren darin. Etliche überlebten aber und machten das Gemetzel ruchbar. Es war nicht nur ein vollkommen sinnloses Verbrechen, sondern auch eine totale und bewußte Verhöhnung der jahrhundertealten Hochlandtradition, die selbst dem ärgsten Feind Gastfreundschaft gewährte.

Wilhelm mag seine Macht und Entschlossenheit bewiesen haben, erzielte aber das genaue Gegenteil des Beabsichtigten. Nach Glencoe wirkten die Stewarts verheißungsvoller denn je. Kurz nach der parlamentarischen Vereinigung Schottlands und Englands war es klar für die Clans, dass sie nur einen Status als Minderheitengruppe in „North Britain”, wie Schottland nun meistens auf englischer Seite genannt wurde, hatten. Sie richteten ihre Hoffnungen mehr und mehr auf „den König jenseits des Wassers”, James, und nach dessen Tod auf seinen Sohn Francis Edward den „Old Pretender”. 1714 kam George I. Auf den Thron des vereinigten Königreiches. Er war unattraktiv, intellektuell schlecht ausgestattet, und über sein neues Königreich hatte er so gut wie keine Kenntnisse. Die Jakobiten glaubten, nun sei die ideale Gelegenheit für die Wiedereinsetzung der Stewarts gekommen.

Nach dem Jakobitenaufstand von 1715 erschloß General Wade, der Generalkommandeur von Schottland, das Hochland mit einem Netz, von Straßen und Brücken, von denen einige noch heute erhalten sind. Er reorganisierte die sechs von Clanmitgliedschaft unabhängigen Hochland Kompanien und überließ ihnen die Kontrolle des Hochlandes. Diese Black Watch, wie die Regimenter genannt wurden, trugen das auch heute noch beliebte dunkelblaue und grüne Muster in ihrem Kilt.

1724 schätzte Wade, dass rund 22 000 Mann im Hochland Waffen tragen könnten. Davon wären sicherlich mehr als die Hälfte bereit, wieder eine Stewartrebellion zu unterstützen. Nach diesen Zahlen kann die Hochlandbevölkerung zu jener Zeit sehr gut auf ca. 150 000 beziffert werden. Die Regierung befürchtete aber nicht so sehr die Anzahl der Oppositionellen, sondern vielmehr die Durchschlagskraft, die diese Clanmänner im Kampf entwickeln konnten. Am gefürchtetsten war ein Präventivschlag der Hochländer. Dieser stützte sich allein darauf, dass Schwung und Ansturm, gepaart mit der absoluten Rücksichtslosigkeit sowohl sich selbst aber auch dem Gegner gegenüber, den Feind in Angst lähmten. Mit dem Kleinschild am linken Arm, einem Dolch in der linken Faust und dem kurzen Breitschwert in der Rechten konnten die Hochländer weit in die gegnerischen Truppen vordringen und sich dann kämpfend unter der Führung ihres Chiefs in kleine Einheiten aufteilen. Diese Technik war später - ganz besonders während des ‘45er Aufstands - sehr gefürchtet, so sehr, dass sie von Bonnie Prince Charlie als eine Art 'Geheimwaffe' immer wieder eingesetzt wurde.

Der Zeitpunkt zum Umsturz schien gut gewählt - die britische Regierung war in finanziellen Nöten und hatte nur eine Armee von gerade einmal 3000 Mann, hauptsächlich Rekruten, unter General John Cope. So landete der Prinz am 2. August 1745, 30 Jahre nach der Niederlage seines Vaters, von Frankreich kommend, auf Eriskay, einer Insel der Äußeren Hebriden. Auf seiner Reise hatte er fast alles Material verloren, nur noch sieben Getreue bei sich und keinerlei Waffen oder Unterstützung mehr. Er kam in ein Land, von dem er kaum etwas wußte und das er nicht kannte. Zu Beginn sträubten sich die schottischen Jakobiten, Bonnie Prince Charlie zu unterstützen. Wegen des „Königs jenseits des Wassers”, wie sein Großvater romantisch genannt worden war, hatten die Clans in der Vergangenheit sehr zu leiden gehabt. Die MacDonalds of Clanranald, MacDonalds of Sleat und MacLeods of Dunvegan - alle lehnten es ab sich für den Prinz zu erheben. Trotzdem und im naiven und vollen Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit seines Thronanspruchs gewann Charles den schlauen Cameron of Lochiel an seine Seite. Am 19. August 1745 hisste er vor rund 1200 Clanmännern seine Standarte in Glenfinnan. Fortan bildeten die Hochlandclans seine Hauptunterstützung.

Nach dem letzten Jakobitenaufstand von 1745/46 waren die Hochländer vernichtet, und ihr Mut wurde mit dem neuen Entwaffnungsgesetz endgültig gebrochen. Zusätzlich zur Niederlage wurde die Hochlandkultur, das Sozialgefüge und das Clanwesen mit Gesetzesmitteln zerschlagen. Das schottische Tiefland war über die Auslöschung Hochlandwiderstands erleichtert. Schottland war in zwei Nationen geteilt: Die eine war kommerziell ausgerichtet und bemühte sich, englische Gepflogenheiten anzunehmen, die andere war landwirtschaftlich orientiert, in weiten Teilen gegen die südlichen Nachbarn eingestellt und machte aus ihrem keltischen Temperament kein Hehl. Es ist schon richtig, die Clans leben heute nur noch in den historischen Dimensionen. Zum Zeitpunkt ihrer endgültigen Niederlage waren sie aus der Sicht der Tiefländer längst ein wirtschaftlicher und sozialer Anachronismus. Doch für die Menschen des Hochlands bedeutete diese Aufhebung der alten Ordnung den tragischen und unwiederbringlichen Verlust ihrer eigene Sprache und Kultur.

Die Jakobitenaufstände

Die Geschehnisse in Schottland waren nach der Flucht von James VII. nach Frankreich im Dezember 1688 absolut undurchsichtig und widersprüchlich. Keine einzige größere Stadt unterstützte den katholischen König oder kam ihm zu Hilfe. Selbst Aberdeen, einst eine Bastion der Stewarts, erkannte jetzt Mary und William an. Es gab keine Opposition. Während es in England so ausgelegt wurde, als habe James mit seiner Flucht gleichzeitig auf den Tron verzichtet, trat das schottische Konventionsparlament am 4. April 1689 mehrheitlich dafür ein, James die Krone abzunehmen. In Schottland war diese Entscheidung aus einem einzigen Grund heraus getroffen worden - das Parlament sah die Monarchie seit Hunderten von Jahren als eine vertraglich gebundene, fast konstitutionell zu nennende Monarchie an. Das wurde schon in der Deklaration von Arbroath ganz klar festgelegt - nur schienen sich die nachfolgenden Monarchen daran nicht mehr erinnern zu wollen. Diese Willenskundgebung wurde 1320 nach den fürchterlichen Jahren des Zweiten Interregnums und der Unabhängigkeitskriege aufgesetzt. Damals hatten die Menschen noch immer deutlich unter Eindruck der englischen Besetzung und des Banns, den die Kirche über den König und größten Helden Schottlands - Robert the Bruce - verhängt hatte, gestanden. So waren die meisten führenden schottischen Persönlichkeiten in der Abtei von Arbroath zusammengetroffen, hatten eine Sinneserklärung im besten und geschliffensten Latein verfaßt und sie an Papst Johannes XXII. geschickt. In diesem Manifest hatte die Führungsschicht des Landes - Landherren und Fürsten, hohe Bürger und die gesamte kirchliche Obrigkeit - ihre Entschlossenheit, die Unabhängigkeit Schottlands zu verteidigen, betont. Gleichzeitig hatten sie Robert the Bruce auch weiterhin unterstützen wollen - es sei denn er würde sich den Feinden des Landes (also an erster Stelle dem englischen König) beugen. Diese „Deklaration von Arbroath” hat nie den Bekanntheitsgrad wie die berühmte Magna Carta erreicht, die 1215 - knapp 100 Jahre zuvor - von der englischen Obrigkeit dem dortigen König John aufgezwungen und zur Unterzeichnung vorgelegt wurde.

William war protestantisch und der Sohn Marys, der Tochter von Charles I. William heiratete Mary, die Tochter von James VII., die, wie er selbst, eine Protestantin war. Für einige war das die perfekte protestantische Alternative zu dem katholischen James. Erstmals erhoben sich in Schottland die katholischen Royalisten 1689 unter der Führung von John Graham of Claverhouse, genannt Bonnie Dundee. Im April 1689 hißte er auf dem Dundee Law die Fahne von James VII. Im Juli desselben Jahres stand Bonnie Dundee dann schon an der Spitze eines Aufstands des Hochlands und schlug die Regierungstruppen bei Killiecrankie. Diese Schlacht dauerte nur rund zehn Minuten - aber sie war mörderisch. Mehr als 30% der Kampfkräfte Dundees, die ursprünglich 2000 Mann umfaßten, und wahrscheinlich 60% der doppelt so großen gegnerischen Streitmacht unter der Führung General Mackays wurden in dieser kurzen Zeit getötet.

Killiecrankie hätte das Tor zum Norden Schottlands aufstoßen und damit König James zurückbringen können. Das Schicksal dieses Aufstands wurde aber durch eine verirrte Kugel entschieden, die Bonnie tötete; die Hochländer waren nun ohne starke Führung. Wenige Wochen später, und nach einer anderen kurzen, aber ebenso mörderischen Schlacht in Dunkeld zogen sie sich einfach zurück in ihre Heimatgebiete. Insgesamt dauerte dieser erste Aufstand 13 Monate, und endete in Irland mit der Niederlage von Williams Schwiegervaters James in der Schlacht an der Boyne. Auch heute wird in Nordirland noch jedes Jahr dieser Schlacht gedacht, und ihr Ausgang ist eine wesentliche Ursache des andauernden Nordirland-Konflikts.

Gleichzeitig mit dem Ende des Aufstands wurde die presbyterianische Kirche endgültig in Schottland etabliert. Es war aber auch der Beginn des Wegs in Richtung der parlamentarischen Union zwischen England und Schottland. Schließlich entwickelte die Regierung nach Killiecrankie erstmals auch Pläne zur Kontrolle des bis dahin unwegsamen Hochlandes. Der regierungstreue Campbell of Breadalbane, ein Mitglied des mächtigsten Clans Schottlands, hatte die Idee, dass jeder einzelne der Clanchiefs einen Treueid auf König Wilhelm leisten sollte. Das war ein schicksalsträchtiger Einfall, denn sie führte zu dem bereits beschriebenen Massaker von Glencoe, das tiefste Empörung in der Bevölkerung auslöste. Die Regierung sah sich gezwungen, eine Untersuchungskommission einzusetzen, was, wie so oft, ohne wirkliche Konsequenzen für die Führungsschicht des Landes blieb. Der Vorfall rief aber im westlichen Hochland viel Sympathie für die Jakobiten hervor. Sehr schnell wurde nämlich klar, dass der König in London sich herzlich wenig für schottische Belange interessierte. Er ratifizierte englische Gesetze des englischen Parlaments, die die englischen Kolonien stärkten und den englischen Handel beschützten, Schottland aber von allem ausschlossen. Der schottische Finanzexperte William Paterson, der in London die Bank of England gegründet und in England ein Vermögen gemacht hatte, dachte zu diesem Zeitpunkt, er hätte eine Lösung für das Dilemma. Er gründete die Scottish Trading Company - eine Schottische Handelsgesellschaft - und plante, eine Kolonie in der Region des heutigen Panama zu gründen. Da die englische East India Company dazu in Opposition stand, wurden englische Kaufleute davon abgehalten, in diesen Plan zu investieren und das Ganze wurde eine rein schottische Angelegenheit. Die Hälfte des gesamten Kapitals Schottlands wurde in Patersons Gesellschaft gesteckt, aber das Abenteuer endete als Desaster: Das ausgewählte Gebiet war malariaverseucht, und die schottischen Siedler wurden von spanischen Kolonialisten angegriffen. Der König gab ausdrückliche Anweisungen, den schottischen Siedlern keine Hilfe zu gewähren. Nach dem Zusammenbruch der Kolonie war das investierte Geld verloren, und mehr als 2000 schottische Siedler kamen ums Leben, bevor der ganze Plan endgültig aufgegeben wurde. Schottland war buchstäblich bankrott.

Die parlamentarische Union wurde erst im Jahre 1700 langsam ein politisches Thema in England. Die zukünftige Königin Anne verlor nämlich mit dem Tod von William, Herzog von Gloucester den letzten möglichen Nachfolger. Er war das jüngste ihrer 17 Kinder - seine Geschwister waren schon alle vor ihm gestorben. Die englische Act of Settlement von 1701 machte es danach für Katholiken grundsätzlich unmöglich, zu regieren oder ein Staatsamt zu bekleiden. Das Schottische Parlament bestimmte darüber hinaus, dass die Nachfolge Annes durch das Haus Hannover erfolgen sollte. Da sie nun kinderlos war, bestimmte Anne die Kurfürstin Sophia von Hannover zu ihrer Nachfolgerin. Diese war die fünfte und einzige protestantische Tochter von Elisabeth von Böhmen, und damit eine Enkelin von James VI./I.

1703 verabschiedete das schottische Parlament ein Gesetz, das verhindern sollte, dass Schottland durch die Nachfolger Annes in kriegerische Unternehmen außer Landes hineingezogen wurde. Im Gegenzug beschloß Annes Regierung 1705 die so genannten „Alien Act”. Dieses Gesetz drohte, alle Schotten außerhalb Englands als Ausländer zu behandeln und sie so vom Handel mit England und seinen Kolonien auszuschließen - Schottland war in die Enge getrieben. Viele schottische Adlige, unter ihnen der Herzog von Argyll und der Herzog von Queensberry, sahen daraufhin in der parlamentarischen Union mit England den einzigen Weg, die Interessen Schottlands aufrechtzuerhalten und zu schützen. Die Unionsvereinbarung (Treaty of Union) wurde am 16. Januar 1707 mit einer Mehrheit von nur 43 berechtigten Stimmen, aber gegen den Wunsch von mindestens 75% der Bevölkerung Schottlands vom Schottischen Parlament ratifiziert.

Nachfolgeschaft der Stewarts zu Grunde lag. Das wird durch die Aufstände der Jakobiten in den Jahren 1715, 1719 und letztlich 1745 vollends klar, doch dazwischen und nur ein Jahr nach der Union fand 1708 schon eine Rebellion statt. Im Quadrat zwischen dem im Exil lebenden Hof von James VII./II., dem unzufriedenen schottischen Tieflandadel, den Hochlandchiefs und der französischen Regierung wurde von 1700 an und in den darauffolgenden 40 Jahren zunächst von Frankreich, und später auch von Rom aus immer wieder ein doppeltes Spiel gespielt: Französische Hilfe hing jeweils davon ab, ob weitgehende Unterstützung eines Aufstands in Schottland selbst gewährleistet schien. Dagegen war das schottische Engagement wiederum davon abhängig, wie weit militärische Unterstützung und Material von Frankreich aus zugesichert wurden.

Nur ein Jahr nach der Union zwischen England und Schottland wollte Louis XIV. von Frankreich 1708 die Streitmacht Englands erneut aufspalten. Er stattete dazu James den Old Pretender mit einer Flotte und sechshundert Mann aus. Schlechtes Wetter und mehrere englische Schiffe, die auf der Bildfläche erschienen, vereitelten die geplante Invasion.

1715 hißte der Graf von Mar am 6. September in Brae-mar die Standarte von James zum ersten richtigen Aufstand der Jakobiten. Schon bald darauf stand Mar an der Spitze einer Streitmacht von 12.000 Hochländern. Er war aber als Führer der Aufständischen der ganzen Sache bei weitem nicht gewachsen, sondern zögerte und versäumte es, die Initiative zu ergreifen. Als er schließlich auf Stirling zu marschierte, wurde er nicht weit davon bei Sheriffmuir abgefangen. Dort kam es zu einer Schlacht, die unentschieden endete. Der „Old Pretender” war noch im Dezember in Peterhead gelandet und hatte versucht, dem Aufstand den dringend notwendigen Rückhalt und den Schwung zu geben. Trotzdem schmolz die Unterstützung der Hochländer nach der Schlacht von Sheriffmuir; das Unternehmen schlug fehl, denn die großen Städte Schottlands hielten fest zur jetzt gesamtbritischen Regierung. Zusätzlich brachte der Graf von Sutherland den äußeren Norden Schottlands gegen die Aufständischen auf und gewann sie für die Seite der Hannoveraner. Die Jakobiten erhielten keinerlei Unterstützung von Frankreich, denn nach dem Tod von Louis XIV. versuchte der Regent Orléans ein Friedensabkommen und sogar ein Bündnis mit England zu schließen. So setzten sich dann auch beide - Mar und der „Old Pretender” - am 4. Februar 1716 auf den Kontinent ab.

Während der Aufstand von 1715 noch das Interesse der Jakobiten in Schottland vertreten hatte, konnte der Versuch von 1719 nur als eine Auswucherung der Diplomatie des spanischen Kardinals Alberoni betrachtet werden. Dieser versuchte, seine eigenen politischen Ambitionen in Europa durchzusetzen, indem er Britannien mit einer Flotte aus 27 Schiffen und 5000 Mann angreifen wollte. In einer zweiten Front versuchte er wieder mit der alten Taktik die Verteidigungskräfte aufzuspalten, wobei er sich geschickt der schottischen Frage bediente. Alberoni förderte einen Störüberfall auf den Nordwesten Schottlands und setzte dazu zwei Fregatten und einige hundert Mann unter der Führung des schottischen fünften Grafen Seaforth ein. Diese Streitmacht wurde aber noch im Juni des selben Jahres in der Schlacht im Tal von Glen Shiel von den Armeeinheiten der Regierung aufgerieben, nachdem die Seaforth-Festung der MacRaes - Eilean Donan Castle - von Regierungsschiffen unter Beschuß genommen und dann gesprengt worden war.

Der 1745er Aufstand war ebenfalls nicht spontan. Er kam aus zwei Gründen zustande: erstens durch die diplomatische Situation in Westeuropa und zweitens auf Grund der Persönlichkeit des jungen Charles Edward Stewart, Bonnie Prince Charlie. Der erste Sohn von James Francis Edward Stewart und der polnischen Prinzessin Maria Clementina Sobieski wurde 1720 in Rom geboren und sprach fließend Latein, Italienisch, Französisch, Englisch und Gälisch. Aus Frankreich kommend, hißte er am 19. August 1745, wenige Tage nach seiner Landung bei Glenfinnan, im Zeichen der Rebellion seine Standarte. Mit 5000 Hochländern verschiedener Clans marschierte er auf Edinburgh zu und begegnete bei Prestonpans den Regierungstruppen auf dem Schlachtfeld, die dabei von ihm vernichtend geschlagen wurden. Die Stadt - nicht jedoch die Burg - fiel Charles danach mehr oder wenige in seinen Schoß. Für gut sechs Wochen residierte er danach sogar im Palast von Holyroodhouse und gab dort auch noch einen großen Ball, auf dem er, so heißt es, die Damen nur so verzaubert habe.

Doch die Kontrolle über Schottland reichte ihm nicht aus: Mit seiner auf 5000 Mann angeschwollenen Hochlandarmee marschiert Charles Edward bald danach in England ein, wo er sich noch größeren Zulauf von den englischen und irischen Jakobiten erhoffte. Diese Erwartung aber wurde enttäuschte: Die englische Seite war vorsichtiger. In schnellen Aktionen wurden jedoch die Städte Lancaster und Manchester, eingenommen. Im Dezember stand er schon vor Derby, nur knappe 150 km von dem völlig unvorbereiteten London entfernt. Das schnelle Vordringen der Jakobitenarmee löste bei Hof und in der ganzen Stadt Panik aus. König Georg II. verging das Lachen, denn neben der Jakobitenarmee wurde ihm dann auch noch fälschlicherweise die Landung von 10 000 Soldaten aus Frankreich an der englischen Südküste angekündigt.

Genau zu diesem Zeitpunkt beging jedoch Charles den strategisch entscheidenden Fehler. Anstatt weiter auf das völlig überraschte London vorzurücken, wurde er von seinen Hochländern zum Rückzug nach Schottland gezwungen, um dort die Truppen erneut aufzubauen. Jetzt erst faßte sich die Regierung ein Herz und schickte den Sohn Königs Georg II. - Wilhelm, Herzog von Cumberland - hinter ihm her. Von da an war die Sache der Stewarts verloren. Die Hochlandarmee zog sich nach mehreren Kämpfen tatsächlich zurück bis hinauf nach Inverness. Am 16. April 1746 wurde diese total erschöpfte, hungernde und schlecht ausgerüstete Armee von knapp 5000 Mann vor den Toren der Stadt, bei dem Dörfchen Culloden vernichtend geschlagen. Ihr stand eine gutausgerüstete, disziplinierte und trainierte Armee in Stärke von 9000 Mann unter dem Kommando von Cumberland gegenüber. Cumberland hatte nie zuvor eine Schlacht gewonnen. Mit seiner fast doppelt so starken Übermacht aus regulärer Armee und zusätzlich ausgehobenen Truppen unter besserer und stärkerer Bewaffnung brauchte er aber nur knapp 25 Minuten, um die Clanarmee zu vernichten, und er kannte dabei keine Gnade. In England wurde Cumberland nach seinem Sieg in Culloden als großer Retter gefeiert. In Schottland schimpfte man ihn fortan nicht ohne Grund den „Schlachter”.

Der Prinz entkam. Auf seiner Flucht irrte er fünf Monate lang kreuz und quer durch das Hochland und über die Inseln. Trotz und nach allem, was die Menschen des Hochlands mit ihm und durch ihn erlitten hatten und trotz der unglaublichen Belohnung von £30.000, die auf seinen Kopf ausgesetzt war, halfen sie ihm während dieser Flucht, denn sie waren dem alten Königshaus noch immer treu ergeben. Er wurde versteckt und entkam mit Hilfe der im Hochland auch heute noch als Heldin gefeierten Flora MacDonald in Frauenkleidern. Als Zofe Betty Burke verkleidet, ruderte, er zusammen Flora in einer höchst abenteuerlichen Fahrt über das Meer zu der Insel Skye. Am 20 September 1746 schaffte Bonnie Prince Charlie es endlich, sich heimlich im Gebiet von Moidart, wo seine Expedition etwas über ein Jahr zuvor begonnen hatte, einzuschiffen und nach Frankreich zu segeln. Die Menschen, die ihm geholfen hatten und an ihn glaubten, ließ er zurück - um sie „kümmerten” sich in berüchtigt, brutaler Manier Cumberland und die Regierungsarmee. Charles Edward Stewart ging zurück auf den Kontinent und lebte ohne zurückzuschauen ein Leben voller Ausschweifungen.

Die Regierung reagierte auf diesen letzten Aufstand sehr entschieden und mit drakonischen Maßnahmen. Über das bereits in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts ausgebaute Wege- und Straßennetz wurden Truppen ins Hochland gebracht, und dort an strategisch wichtigen Punkten in Militärbastionen, wie dem speziell dafür gebauten riesigen Fort George, in der Nähe von Inverness, postiert. Die am Aufstand beteiligten Clanchiefs und oft auch die Clanmitglieder mussten ins Ausland fliehen oder wurden nach Schauprozessen hingerichtet. Die gälische Sprache, die Hochlandkultur wie z. B. das Tragen der traditionellen Hochlandkleidung und das Dudelsackspielen wurden verboten. Ein Großteil des alten gälischen Kulturgutes versiegte für immer. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur im Hochland wurde drastisch geändert. Was blieb, war aber die romantische Erinnerung an den letzten katholischen Stewart - Bonnie Prince Charlie.

Die Schottische Aufklärung

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war Schottland noch eines der ärmsten Länder in Europa. Die Landwirtschaft war primitiv und Industrie existierte praktisch nicht. Die einzigen Exportprodukte waren Tierhäute, Holz, Kohle, Salz und gelegentlich noch Wolle oder Leinen. Doch nur ein Jahrhundert später war Schottland schon auf dem besten Weg, eine der blühendsten Wirtschaften der damaligen Zeit zu entwickeln. Zunächst begann aber gleichzeitig mit den Clearances auch die Zeit der schottischen Aufklärung. Sie brachte buchstäblich eine Explosion des Geistes hervor. Es scheint, als wenn die Energien jahrhundertelangen Kämpfens plötzlich umgeleitet worden waren und statt Freiheitshelden jetzt Persönlichkeiten auf den Gebieten der Kunst und Literatur, der Wissenschaft, Technik und der Architektur hervorbringen konnten. Die Wurzeln dafür lagen in der Zeit, als die wirtschaftliche Entwicklung nach der Union von 1707 und das Ende der Jakobitenaufstände eine grundlegende Änderung der Bodennutzung brachten. Ebenfalls trugen die Erkenntnisse und Erfahrungen der Land- und Bodenbesitzer, die sie auf ihren europäischen Reisen, der so genannten „Grand Tour” gewonnen hatten, ganz entschieden dazu bei. Nach Schottland zurückgekehrt, setzten sie diese Kenntnisse in die Tat um, verbesserten sie z. T. und paßten sie den Bedingungen des Landes an.

Die Zeit nach Culloden sah eine Wandlung in Schottland. Statt einer ständigen Opferung für das sich ausbreitende Imperium Britannien englischer Prägung, nahm man die Herausforderung an – und übernahm es. Der Zusammenbruch des jahrhundertealten, zurückschauenden Kults von Ehre und Tapferkeit schuf Platz für eine blühende und nach vorn schauende Modernität. Nur 20 Jahre nach der Schlacht wurden die Städte Glasgow und Edinburgh bekannt als die Städte von Geist und Genie. Zu dieser Zeit konnte nämlich schon der schottische Romancier Tobias Smollet (1721-1771) seinen Helden Matthew Bramble in dem Briefroman Hum-phrey Clinker (1771) feststellen lassen: „Edinburgh ist eine Brut-stätte des Genies”. Innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Periode von nur wenigen Jahrzehnten entwickelte sich dort eine geistige Elite, die selbst auf dem Kontinent ihresgleichen suchte. Sie setzte sich aus einer großen Anzahl Männer zusammen, die mit ihren Werken nicht nur dem Land ein umfangreiches kulturelles, technisches und wirtschaftliches Erbe hinterließen, sondern auch der Nachwelt unserer Zeit einen schier unermeßlichen Schatz gültiger Erkenntnisse und Techniken gegeben haben.

Das Scottish Enlightenment hatte sein Zentrum in Edinburgh, denn hier wurde ein neues Schottland geboren. Der unersättlicher Appetit für Fakten und Vermögen gebar ein sich ständig vergrößerndes Potential von Wissenschaftlern und Künstlern. So wurde denn auch eine erste - die erste - Fortschrittstheorie in Britannien von schottischen Philosophen - David Hume (1711-76) und Adam Fergusson (1723-1816) - entwickelt.

Sie erkannten in der historischen Tragödie ihres eigenen Landes die gesamte Spannweite der humanen sozialen Entwicklung: von Sammlern und Jägern über eine etablierte Landwirtschaft bis hin zur wahren Zivilisation – der kommerziellen, industriellen und wissenschaftlichen Welt der Städte. Der wohl offensichtlichste Ausdruck dieser Aufklärungsperiode ist so noch heute in der New Town von Edinburgh zu sehen. George Drummond, dem sehr weitsichtigen Bürgermeister, ist es zu verdanken, dass sich das Bild der Stadt und deren Situation angesichts der Übervölkerung der Altstadt derart drastisch verändern konnte. Große Architekten wurden im 18. Jahrhundert in Schottland geboren oder kamen nach Aufenthalten in England zurück nach Schottland. Teilweise sind deren Spuren dort auch noch zu bewundern. Einer der größten überhaupt war Robert Adam, der die Edinburgher Anlage um Charlotte Square in der New Town konzipierte. Er hat in dieser Stadt eine große Anzahl herrlicher Gebäude und verteilt über ganz Großbritannien prächtige Herrenhäuser und Schlösser hinterlas-sen. Noch heute wird dieser in Kircaldy am Forth geborene Mann in Britannien als der erste Stilkönig in der Architektur anerkannt. Er entwarf und baute u.a. für den Adel und die neureichen englischen Wirtschaftsbarone die Paläste, die in ihrer puren, neoklassischen Erscheinung noch immer die von den Eigentümern gewünschte römische Größe ausstrahlen.

Der Schotte, der den weltweit tiefsten Entwicklungseindruck hinterließ, war der Wirtschaftsphilosoph Adam Smith (1723-90). In seinem Buch Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations legte er mit seiner Theorie, wie in einer wissenschaftlich fundierten Tatsache, fest, dass die Menschheit einen natürlichen Hang zur Selbstverbesserung hat. Erlaube man ihr, ihren natürlichen Bedürfnissen zu folgen, würde sie auch ungewollt eine bessere Welt schaffen: reicher, freier und mit einer besseren Ausbildung; einzige Bedingung ist, Regierungen dürften sich nicht im Weg der sich entwickelnden Märkte stellen. Mit dieser These schuf er den Begriff der freien Marktwirtschaft.

Einige andere der herausragenden Persönlichkeiten dieser Zeit waren, Schriftsteller und Poeten wie Robert Burns (1759-96) und Sir Walter Scott (1771-1832), Maler wie Allan Ramsay (1713-84) und Sir Henry Raeburn (1756-1823) und Techniker wie James Watt (1736-1819). Dank dieser großen Köpfe gelang es Schottland, den Anschluß an die gleichzeitig auf dem Kontinent stattfindende Aufklärung zu finden. Während 1796 in Frankreich der kometenhafte Aufstieg Napoleons begann, setzte sich in Schottland der Trend des „Enlightenments” bis ins 19. und 20. Jahrhundert fort. Viele große Persönlichkeiten vollbrachten eine beachtliche Reihe von Ersttaten, Entdeckungen und Leistungen auf den verschiedensten Gebieten. Unter ihnen waren James Clerk Maxwell (1831-79); Naturphilosoph, Elektrizität und Magnetismus), Sir James „Young” Simpson (1811-70; Anästhesie), Joseph Lister (1827-1912; Antisepsis), die Schriftsteller Robert Louis Stevenson (1850-94). und Arthur Conan Doyle (1859-1930), der Entdecker und Afrikaforscher David Livingstone (1813-73) und der Arzt Sir Alexander Fleming (1881-1955), der das Penicillin entdeckte. John Logie Baird (1888-1946) erfand das Fernsehen.

19. Jahrhundert - Wandel zur Industriegesellschaft

Die Wende zum 19. Jahrhundert war gleichzeitig eine Wende vom Agrar- zum Industriestaat. Großbritannien wurde zum Modellfall der Industriellen Revolution. Diese Entwicklung erreichte Schottland und speziell die Lowlands in den 1820er Jahren. Hand in Hand damit ging ein rapides Bevölkerungswachstum. Eine bisher unerwähnte Auswirkungen der Clearances war, dass Zehntausende von Hochländern in die Städte des Zentralgürtels strömten. Sie bildeten die in den neuentstandenen Industriezentren beschäftigte Fabrikarbeiterschaft.

Schwierigkeiten bereitete die unterentwickelte Infrastruktur Schottlands: Es gab nur sehr wenige Wege und Straßen. Wie in England wurden daher ab Beginn des 19. Jahrhunderts in Schottland Kanäle gebaut, die durch die wesentlich ökonomischeren Eisenbahnen allerdings sehr bald überholt waren und an Bedeutung verloren. Die dann einsetzende Zentralisierung der Industrie und die Erschließung von ertragreichen Kohleflözen im südwestlichen Schottland waren die Faktoren, die zum phänomenalen Aufstieg von Glasgow führten.

Mitte der 1840er Jahre wanderten auf der Flucht vor der Kartoffelfäule Hunderttausende von Menschen aus Irland ein. Notdürftige Behausungen wuchsen ohne jede Planung besonders um die Fabrikanlagen Glasgows herum. Es kam mehrfach zu Epidemien, und Typhus und Cholera dezimierten ganze Stadtteile. Trotzdem wuchs aber die Bevölkerung, sowohl aufgrund weiteter Zuwanderungen als auch aufgrund der sich langsam verbessernden Lebensbedingungen.

Nach seinem phantastischen Aufstieg unter dem Reichtum der Tabakbarone Mitte des 18. Jahrhunderts, hatte Glasgow mit dem Verlust der Plantagen in Virginia einen dramatischen Niedergang erlitten. Mit der Industrialisierung erhob sich jedoch die Stadt wie ein Phönix aus der Asche. Um 1850 war Glasgow die Arbeiterstadt schlechthin, zuerst aufgrund ihrer Werften, und mit Aufkommen der Eisenbahn als einer Hochburg des Lokomotivenbaus. Glasgow wurde nach London zur zweiten Stadt des britischen Empire. Großartige Architekten, wie u.a. David Rhynd, die Burnets, James Thomson, Alexander „Greek” Thompson, Honeyman, und später Charles Rennie Mackintosh hinterließen in dieser Metropole ihr Vermächtnis aus der kleiner werdenden, viktorianischen Welt. Leider ist die Wertschätzung dieser Reichtümer erst in jüngster Zeit wieder erwacht.

Mit der Industrialisierung und der sich immer weiter aufblähenden viktorianischen Armee steigerte sich aber in Großbritannien zunächst der Woll- und der Nahrungsbedarf. Das Schaf konnte das alles liefern, und Land gab es im Hochland genug. Schafe machten die neuen Landbesitzer reich.

Schottland begann sich zu verändern. Die Einflüsse einzelner schottischer Persönlichkeiten auf das gesamtbritische Leben waren nicht zu verleugnen. Umgekehrt schwappten aber auch englische Vorstellungen und Gewohnheiten über die Grenze nach Norden. Trotz des Austauschs war Schottland aber weit entfernt davon, von England assimiliert zu werden - viele alte Differenzen blieben bestehen, andere wurden jedoch allmählich beigelegt. Das Land änderte sich so sehr und so schnell, dass Sir Walter Scott 1814 als Postskriptum zu seinen Waverley Novellen schrieb: „Keine europäische Nation hat sich innerhalb nur eines halben Jahrhunderts so total geändert, wie dieses Königreich Schottland”. Im Parlament in Westminster war Schottland von Anfang an - seit 1707 - deutlich unterrepräsentiert. 1885 entstand allerdings mit dem Scottish Office ein eigenes Ministerium für Schottland.

Das Jahr 1875 wurde zum Jahr der Wende, auch wenn der Impuls von England ausging: Erstmals wurde damals den Gewerkschaften das Existenz- und Streikrecht gesetzlich garantiert.

Das viktorianische Zeitalter war roßbritanniens große Epoche. Es zeichnete sich durch industriellen Wohlstand, und durch Expansion aus. Als Reaktion auf die Industrialisierung rückte jedoch besonders in England mehr und mehr die Sehnsucht nach Natur und Landschaft in den Blickpunkt; Königin Viktoria war es vor allem, die Schottland in diesem Zusammenhang für sich entdeckte und als urwüchsiges Reiseland populär machte.

Während Glasgow mit der Industrialisierung wuchs, entwickelte sich Edinburgh zum Kulturzentrum Schottlands. Mediziner, Philosophen, Wissenschaftler, Ingenieure, und Entdeckungsreisende machten die Stadt durch ihre Errungenschaften bekannt, und Schriftsteller wie Stevenson schrieben über sie.

20. Jahrhundert - Devolution und Neubeginn

Die Industrielle Revolution hatte vor allem im Westen Schottlands eine riesige Arbeiterklasse geschaffen. Die Mehrheit war entsprechend politisch linksorientiert. Der Friedensschluß nach dem Ersten Weltkrieg brachte für Schottland sehr bald eine massive wirtschaftliche Depression, denn das Land hing von der Schwerindustrie ab und der internationale Wettbewerb wirkte sich aus.

Glasgow wurde politisch „rot”. 1929 kam es zu Generalstreiks; zeitweise lag sogar Revolution in der Luft und es drohte militärischer Einsatz. Auf dem Höhepunkt der Depression 1931 waren dann 65% der Werftarbeiter am Clyde arbeitslos. Weil sich die wirtschaftliche Situation in Schottland immer weiter verschlechterte, wurde mit einigem Recht angenommen, dass London die Lage durch Vernachlässigung schottischer Belange verschlimmerte. Der Ruf nach home rule, einer eigenständigen Regierung, wurde in Schottland immer lauter. Die britische Regierung setzte daraufhin 1928 einen Staatssekretär für Schottland mit dem Rang eines Kabinettmitgliedes ein. Im Zuge dieses ersten Schrittes in Richtung devolution, der verwaltungsmäßigen Loslösung von London, wurde ihm die Leitung der Bereiche Gesundheit, Landwirtschaft und Erziehung in Schottland übertragen. Dieser Minister hatte seinen Sitz im St. Andrew's House in Edinburgh.

Doch all das genügte nicht, um in Schottland den Wunsch nach Eigenständigkeit zu unterdrücken. 1943 formte sich die Scottish National Party, und diese Bewegung verstärkte sich nach dem zweiten Weltkrieg weiter. Ein markanter Ausdruck dessen war 1950 die dramatische Entführung des Stone of Destiny vom Krönungsstuhl in Westminster Abbey nach Schottland. Schon 1979 sollte in einem Referendum die Möglichkeit einer Loslösung von der Zentralregierung erwogen werden. Die damalige Labour Regierung fürchtete aber die erstarkte Schottische National Partei und brachte eine Klausel in die Gesetzgebung ein, derzufolge eine einfache Mehrheit nicht mehr genügen sollte, sondern 40% der Wahlberechtigten mindestens zustimmen mussten. Eine einfache Mehrheit wurde zwar erreicht, aber die 40% Hürde konnte nicht genommen werden.

Im September 1997 stimmten in einer zweiten Volksabstimmung 80% der Wahlberechtigten für eine Teilunabhängigkeit Schottlands, in Folge dessen am 6. Mai 1999 nach 300 Jahren wieder ein Parlament für Schottland gewählt wurde. Seine gesetzgebende Macht erstreckt sich auf die Gebiete Gesundheitswesen, Bildung, lokale Regierung und Verwaltung, Soziales, Wohnungswesen, Wirtschaftsentwicklung, Justiz, Umwelt, Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft, Sport, Kunst und Kultur und verschiedene Bereiche des Transportwesens. Das Parlament wählt einen First Minister (Premierminister) als Leiter der scottischen Exekutive, die das bisherige Scottish Office ersetzt und dem Parlament Rechenschaft ablegen muss. Der erste Amtsinhaber, der allseits beliebte Donald Dewar, verstarb im Oktober 2000.

Wie sich allerdings darüber hinaus die Beziehung Schottlands zum Rest Großbritanniens entwickeln wird, und insbesondere, ob es letztlich doch zu einer vollständigen Loslösung kommen wird, muss vorerst offen bleiben.

Quelle

Dies ist ein Auszug aus "Die kleine Schottlandfibel" (klick on: http://www.schottlandfibel.co.uk )