Raffael

Raffael, auch Raffael da Urbino, Raffaello Santi [], Raffaello Sanzio [] oder Raphael (* 28. April; vermutlich auch am 6. April 1483 in Urbino; † 6. April 1520 in Rom) war ein Maler und Baumeister der Hochrenaissance.
Raffael erlangte vor allem als Maler für seine harmonischen und ausgewogenen Kompositionen und lieblichen Madonnenbilder Berühmtheit. Zu Lebzeiten genoss er das Privileg, nur unter seinem Vornamen bekannt zu sein, und noch heute kennen die wenigsten seinen Nachnamen. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein galt er als größter Maler aller Zeiten. Neben seiner Laufbahn als Maler in Florenz und am päpstlichen Hof in Rom wurde er auch Bauleiter des Petersdoms und Aufseher über die römischen Antiken.
Leben

Die Geburt wird für den 6. April angenommen. Diese Annahme geht auf die Niederschriften der Viten Giorgio Vasaris zurück, von dessen Angaben aber bereits viele berichtigt worden sind. Das genaue Datum von Raffaels Geburt ist deshalb nicht gesichert. Seine Eltern waren der Goldschmied und spätere Maler Giovanni Santi und Magia Ciarla.
Der Vater starb 1494 und soll dem jungen Raffael zuvor die erste Malereiausbildung gegeben haben. Nach Vasari war Raffael beim Tod seines Vaters erst elf Jahre alt. Um 1500 trat der junge Raffael als Schüler in die Werkstatt von Pietro Vanucci (genannt Perugino) ein. Dort gelang es ihm, sich so weit an den Stil Peruginos anzunähern, dass eine Unterscheidung der Werke oft nur mit Mühe gelingt. Sein malerisches Können war schon in jungen Jahren so ausgeprägt, dass Raffael bereits 1500 in dem ältesten seiner uns überlieferten Verträge, einer Abmachung zwecks eines Altarwerkes in Città di Castello, magister (Meister) genannt wurde.
Es entstand sein erstes großes eigenständiges Gemälde: die Londoner Kreuzigung, fertiggestellt um 1502/03. Etwa zur gleichen Zeit malte er für die Kirche San Francesco in Perugia Die Krönung Mariä (heute Rom, Pinacoteca Vaticana). 1504 vollendete Raffael für die Kirche San Francesco in Città di Castello sein frühes Meisterwerk: Die Vermählung der Maria (heute Mailand, Pinacoteca di Brera). Im selben Jahr ging er mit einem Empfehlungsschreiben des Urbinischen Hofes nach Florenz, wo bereits Michelangelo und Leonardo da Vinci Berühmtheit erlangt hatten und deren Meisterwerke auf ihn, so auch die von Masaccio und Fra Bartolommeo, einen bedeutenden künstlerischen Einfluss auf seine Entwicklung ausübten. Dort erhielt Raffael zahlreiche Aufträge von Florentinern. Besonders seine Madonnenbilder waren hoch geschätzt. 1505 kehrte er nach Perugia zurück. Da sein Streben nach Ausbildung in Perugia nicht möglich war, zog es ihn 1506 zum zweiten mal nach Florenz, um seine Studien der älteren Meister fortzusetzen. Insbesondere von Fra Bartolomeo hatte er den Aufbau der Gruppengemälde, Bewegtheit bei aller strengen Symmetrie, die sich z.B. in seinen Madonnenbildern zeigt, erlernt. Vorübergehend besuchte er von Florenz aus Bologna und Urbino.

Ab 1508 hielt er sich in Rom auf. Papst Julius II. hatte, als Förderer der Künste, in Rom Bramante, Michelangelo und Raffael zusammengeführt. Vasari berichtet, Raffael sei auf Empfehlung Bramantes dorthin gerufen worden. Dieser war damals unter Julius II. mit dem Neubau von Sankt Peter beauftragt. In Rom traten bald die berühmtesten Männer, unter ihnen der Graf Castiglione und Pietro Bembo, mit ihm in vertraute Verbindung und die Päpste Julius II. und Leo X. ehrten ihn mit Auszeichnungen. Sein Ruhm verbreitete sich in ganz Italien und zog zahlreiche Schüler herbei.
Raffael erhielt den Auftrag, in der Vatikanstadt die päpstlichen Gemächer (Stanzen) mit Wandgemälden auszuschmücken. Es entstanden zwischen 1509 und 1517 seine berühmtesten Werke: in der Stanza della Segnatura etwa der Parnass, die Disputa und die Schule von Athen, die die Künste, die Religion und die Philosophie preisen und als absolute Meisterwerke der Hochrenaissance angesehen werden, sowie in der Stanza di Eliodoro Die Messe von Bolsena, Die Vertreibung des Heliodor und Die Befreiung Petri, in denen religiöse Themen mit den politischen Ereignissen der Zeit in Verbindung gebracht werden.
Etwa zur gleichen Zeit schuf Raffael auch sein berühmtestes Madonnenbild, die Sixtinische Madonna (1512/13; heute Dresden, Gemäldegalerie im Zwinger). Nach dem Tode von Papst Julius arbeitete der Maler mit seinen Schülern für Leo X. in den Stanzen und Loggien des Vatikans weiter. Nach dem Ableben Bramantes wurde Raffael 1514 dessen Nachfolger und zum Architekten und Bauleiter der neuen Peterskirche ernannt. Unter Raffaels Leitung wurde nur der Unterbau begonnen. Er vollendete jedoch den von Bramante begonnennen Hof von San Damaso im Vatikan. Auch fertigte er mehrere Pläne zu Privatgebäuden an, darunter auch zu seinem eigenen Haus in Borgo nuovo.
Daneben führte er Aufträge für die Villa Farnesina des Agostino Chigi aus, so den Triumph der Galatea und die Dekorationen in der Loggia der Psyche. Raffaels Aufgaben als Bauleiter des Petersdoms und als Aufseher über die Antiken ließen ihm kaum Zeit, seine späten Malwerke selbst anzufertigen, so dass er seine Aufträge überwiegend seinen Schülern, darunter Giulio Romano, auszuführen überließ.

Sein letztes Meisterwerk, das er weitgehend eigenhändig malte, war die Verklärung Christi (Rom, Pinacoteca Vaticana). Raffael starb am 6. April 1520, womöglich an einer Geschlechtskrankheit, die mit seiner Beliebtheit bei Frauen erklärt wird. Anderen Quellen zufolge starb er nach einem archäologischen Aufenthalt in Sumpfgebieten um Rom an Malaria. Eine dramatische Todesursache wie z.B. die Pest wird von Historikern auch in Betracht gezogen, denn die damals üblichen Beerdigungsrituale wurden stark abgekürzt, um den Leichnam Raffaels schnellstens in Rom beizusetzen: Möglicherweise sollte so eine Ansteckung verhindert werden. Diese Gerüchte, vor allem jenes sein unsittlicher Lebenswandel sei die Ursache seines frühen Todes gewesen, sind erst später aufgekommen. Zeitgenossen sprechen vielmehr mit hoher Achtung von seinem sittlichen Charkter. So ist eher anzunehmen, daß er sich durch seine rastlose geistige und körperliche Tätigkeit im Übermaß überanstrengt hatte.
Er hatte sich nie vermählt, doch war er lange Zeit mit Maria da Bibbiena, Nichte des Kardinals Bernardo Dovizi da Bibbiena, verlobt. Seine Geliebte ist unter dem Namen Fornarina bekannt. Gewiß ist, dass Raffael sie in mehreren seiner Werke verewigt hat. Sie soll bis zu seinem Tod in seinem Haus in Rom gelebt haben.
Raffael wurde auf eigenen Wunsch im Pantheon, heute Santa Maria la Rotonda, bestattet. Die auf dem Altar über dem Grabgewölbe stehende Marmorstatue der heiligen Jungfrau, deren Ausführung Raffael von Lorenzetto ausführen ließ, wird vom Volk unter dem Namen Madonna del Sasso als wundertätig verehrt. Erst 1833 wurde das Grab unter Papst Gregor XVI. geöffnet, um die Existenz des Leichnams zu überprüfen. Der Papst gab daraufhin als Geschenk einen marmornen Sarkophag in Auftrag, der heute noch dort zu sehen ist. Der Graböffnung wurde 1836 mit einem Gemälde von Francesco Diofebi gedacht. Die Inschrift des Grabmals, ein Distichon von Pietro Bembo lautet: „Ille hic est Raphael, timuit quo sospite vinci, rerum magna parens et moriente mori.“ Zu Deutsch übersetzt von Christian Nitz: „Dieser hier ist Raffael, von dem, solange er lebte, die große Mutter aller Dinge (nämlich die Natur) fürchtete, übertroffen zu werden, und als er aber starb, dass sie zugleich mit ihm stürbe.“
Werk und Person
Raffaels Werk galt ganz dem Ideal der Schönheit und war bestimmt durch das Gleichgewicht von subjektivistischen und objektivistischen Elementen. Für ihn besitzt die Kunst, vor allem anderen, ästhetischen Wert, Schönheit findet sich in der Natur nur unvollkommen und verstreut wieder. Nur die Kunst ist imstande die Schönheit „ganz zu offenbaren und sie aufgrund einer intellektuellen Synthese von Erfahrungen, durch die ‚certa idea‘ (Ideenstreit) des Künstlers, zu verwirklichen.“[1]
Das damals neu formulierte Kunstideal, „das Schönheit und Wahrheit mit der Autorität der klassisch-antiken Tradition und wissenschaftlichen Grundlagen verband, wurde zur Norm und sollte über die gesamte Stilentwicklung der Neuzeit bis in die jüngeren Jahrzehnte unerschüttert bleiben.“[2]
Raffael, vom Typus her ein glücklicher und unproblematischer Realisator, hat in seinem Leben eine Fülle naturhaft gewachsener Meisterwerke geschaffen. Die ländliche Umgebung Urbinos hat sein Jugendwerk mit innigem Ausdruch geprägt. In Rom erlangten seine Werke eine bedeutsame Wendung „ins Freie und Große und trat aus der jugendlich-heiteren, spielerisch-leichten Frührenaissance in das volle Gewicht der Hochrenaissance.“[3]
Werkverzeichnis
Gemälde
- Auferstehung Christi, 1499, Museo Sao Paulo
- Die Vermählung der Maria 1504, Mailand, Pinacoteca di Brera
- Madonna del Cardellino (Madonna mit Distelfink), 1506, Florenz, Galerie der Uffizien
- Dame mit dem Einhorn, 1506, Rom, Galleria Borghese
- Madonna Tempi, 1508, München, Alte Pinakothek
- Bildnis Papst Julius II., 1511, London, National Gallery; Kopie: Florenz, Galleria Pitti
- Die Vertreibung des Heliodoros aus dem Tempel, 1511−1514, Rom, Vatikan
- Die Schule von Athen, 1512, Fresko, Stanza della Segnatura, Rom, Vatikan
- Sixtinische Madonna, 1512/13, Dresden, Galerie Alte Meister
- Triumph der Galatea, ca. 1512, Fresko in der Villa des Agostino Chigi (später Villa Farnesina), Rom, zusammen mit Giulio Romano
- Bildnis des Baldassare Castiglione um 1514/1515, Paris, Louvre
- La bella Fornarina, Rom, Galleria Nazionale
- Teppichkartons für die Sixtinische Kapelle, London, Victoria and Albert Museum
- Bildnis Papst Leo X. mit den Kardinälen Giulio de' Medici und Ludovico de' Rossi, um 1517-1519, Florenz, Uffizien
- Der Borgobrand, 1517, Fresko, Rom, Stanza dell'Incendio del Borgo. Vatikan; zusammen mit Giulio Romano, [1]
- Amor und Psyche, 1518, Fresken in der Villa Farnesina, Rom, zusammen mit Giovanni Francesco Penni, Giulio Romano und Giovanni da Udine
- Transfiguration, (Verklärung Christi), 1520, Rom, Pinacoteca Vaticana
- Die Stumme, (gemälde in Urbino)
Bauten
- San Eligio degli Orefici, entworfen um 1511-1512, begonnen 1514, Kuppel begonnen 1526 unter Peruzzi, fertiggestellt 1542
- Palazzo Bresciano Costa in Rom, Entwurf ca. 1515; zerstört
- Palazzo Pandolfini in Florenz, Entwurf von Raffael, Ausführung durch die Sangallo
- Villa Madama in Rom, Entwurf von Raffael, begonnen 1516, nicht vollendet
- Capella Chigi in der Kirche Santa Maria del Popolo in Rom, Planung von Raffael, von Bernini vollendet.
-
Die Schule von Athen, Stanza della Segnatura, Vatikan
-
Madonna Tempi, Alte Pinakothek, München
-
Francesco Maria della Rovere, Museum Czartoryski, Krakau
Literatur
- Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien, Zweite Auflage, Wien o.J. (Grosse Illustrierte Phaidon Ausgabe; Phaidon-Verlag)
- Malerei des Abendlandes. Eine Bildersammlung von der früchristlichen bis zur zeitgenössischen Malerei. Berlin-Grunewald 1955 (F.A.Herbig Verlagsbuchhandlung), ohne ISBN
- Propyläen Kunstgeschichte. Spätmittelalter und Beginnende Neuzeit. Bnd. 7, Berlin 1972 (Propyläen Verlag), ohne ISBN
- Christoph Luitpold Frommel, Stefano Ray, Manfredo Tafuri: Raffael, das architektonische Werk. DVA Stuttgart 1987, ISBN 3-421-02880-X
- Angelo Walther: Die Sixtinische Madonna. Seemann Leipzig 1994, ISBN 3-363-00617-9
- Ernst Ullmann: Raffael. Seemann Leipzig 1997, ISBN 3-363-00470-2
- Konrad Oberhuber: Raffael. Das malerische Werk. Prestel München 1999, ISBN 3-7913-2237-0
- James H. Beck: Raffael. DuMont Köln 2003, ISBN 3-8321-7336-6
- Giorgio Vasari: Das Leben des Raffael. Edition Giorgio Vasari Band 3. Hrsg. von Alessandro Nova. Kommentiert von Hana Gründler. 192 Seiten mit 30, z.T. farbigen Abb. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2004, ISBN 3-8031-5022-1
- Dagmar Feghelm: Ich, Raffael. Prestel München 2004, ISBN 3-7913-3132-9
- Rudolf Schürz: Die Schule von Athen - oder die Erkenntnis der Ursachen. Eine Erklärung der übersinnlichen Erkenntnisse von Raffaels berühmtem Wandgemälde im Vatikan, Scharnstein 2005.
- Christof Thoenes: Raffael. 1483-1520. Taschen-Verlag Köln 2005, ISBN 3-8228-2201-9
- Gregor Bernhart-Königstein: Raffaels Weltverklärung - Das berühmteste Gemälde der Welt. Michael Imhof Verlag Petersberg 2007, ISBN 978-3-86568-085-3
Weblinks
- Raphael's Zoomable Painting
- Raffael. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Raphael's Paintings
- Der Computergarten am 6. April: Raffael
- CGFA: Raphael (Werke)
- Raphael auf WGA
- Raffael neu entdeckt
Quellen
- ↑ Propyläen Kunstgeschichte. Spätmittelalter und Beginnende Neuzeit. Bnd. 7, Berlin 1972 (Propyläen Verlag), S. 153
- ↑ Propyläen Kunstgeschichte. Spätmittelalter und Beginnende Neuzeit. Bnd. 7, Berlin 1972 (Propyläen Verlag), S. 165
- ↑ Das Atlantisbuch der Kunst. Eine Enzyklopädie der bildenden Kunst, Zürich 1952 (Atlantis-Verlag Zürich), S. 113
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Raphael |
| ALTERNATIVNAMEN | Raffaello Santi, Raphael da Urbino |
| KURZBESCHREIBUNG | italienischer Maler und Baumeister der Hochrenaissance |
| GEBURTSDATUM | um 6. April 1483 |
| GEBURTSORT | Urbino |
| STERBEDATUM | 6. April 1520 |
| STERBEORT | Rom |