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USIA

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Der USIA-Konzern (Abk. von Uprawlenije Sowjetskowo Imuschtschestwa w Awstriji = Verwaltung des sowjetischen Eigentums in Österreich) bestand aus mehr als 300 Betrieben, die von der Sowjetunion nach dem 2. Weltkrieg, 1946 als Eigentum des deutschen Reiches in der sowjetischen Besatzungszone in Österreich beschlagnahmt wurden.

Umfang des USIA-Konzerns

Zu diesen Betrieben zählten u.a. - als kleine Auswahl -

Letztlich waren erhebliche Teile der Schlüsselindustrien Ostösterreichs davon betroffen. Diese Firmen wurden dadurch dem staatlichen Einfluss entzogen und wurden ausschließlich von der sowjetischen Besatzungsmacht kontrolliert, welche Außenstehenden keinerlei Einblick gestattete, so daß erst 1955 wieder ein klares Bild von diesem regelrechten Konzern mit praktisch extraterritorialem Status gewonnen werden konnte. Beschäftigt waren bei USIA-Betrieben über 53.000 Personen.

Die USIA wurde vom Befehlsstand am Wiener Trattnerhof geleitet, während am Schwarzenbergplatz das Kaufmännische Zentralbüro der USIA für den Geschäftsbetrieb mit dritten Parteien eingerichtet war. Die USIA hatte sich grundsätzlich nach Moskauer Plänen zu richten, wurde ansonsten aber durchaus nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen geführt.

Andererseits zahlte die USIA ihre Angestellten gut und kam Betriebsräten oft weit entgegen. Ferner waren die USIA-Betriebe beliebte Anlaufpunkte für die österreichische Bevölkerung, da die Preise vieler Bedarfsgüter des täglichen Lebens in den USIA-Läden erheblich unter dem Preis lagen, der am Freien Markt verlangt wurde.

Die von der sowjetischen Besatzungsmacht mit der USIA verfolgten Ziele

  • Die Behandlung der USIA-Betriebe lief im Ergebnis darauf hinaus, möglichst viel Kapital aus den in der USIA zugesammengefaßten Betrieben zu pressen. Nicht wenige der in der USIA-Leitung eingesetzten sowjetischen Manager sahen sich in einem ständigen Zwiespalt zwischen den finanziellen und Sachforderungen ihrer Vorgesetzten einerseits und der drohenden Insolvenz andererseits. Ferner mangelte es an Reinvestitionen in die Betriebe sowie an Rationalisierungen und Modernisierungen, da die Gewinne durch die Sowjetische Militärbank kassiert wurden, welche an die einzelnen Betriebe dazuhin Darlehen zu immensen Zinssätzen (bis zu 20%) vergab. Schließlich zahlten die USIA-Betriebe wie jeder andere Betrieb Steuern nach österreichischen Steuersätzen - allerdings an die Sowjetmacht, nicht an den österreichischen Staat. Aus diesen und aus weiteren Gründen lagen die USIA-Betriebe bei der Rückgabe in österreichische Hände 1955 durch vorsätzliches, auf rücksichtslose Gewinnmaximierung ausgelegtes Mißmanagement teils insolvenzreif hinter der übrigen österreichischen Wirtschaft zurück.
  • Mit den Dumpingpreisen der USIA-Länden - wobei außerdem festzuhalten bleibt, daß die sowjetische Besatzungsmacht für die Einrichtung derartiger Läden keinerlei Rechtstitel hatte - griff die Sowjetunion erheblich in das österreichische Wirtschaftsgefüge ein, da diese Läden die Einzelhandelsläden der Freien Wirtschaft erheblich unter Wettbewerbsdruck setzte. Die Schädigung der freien österreichischen Wirtschaft wurde von der Sowjetunion aktiv gefördert, mindestens aber billigend in Kauf genommen, da eine möglichlichst große Marktmacht der USIA-Läden ihrer eigenen Gewinnmaximierung diente. Die niedrigen Preise wurden dadurch ermöglicht, daß die USIA-Läden sich an österreichische Vorschriften, von der Gewerbeordnung bis zur Ladenschlusszeitenregelung, nicht gebunden zu fühlen brauchten und außerdem weder Zoll noch Umsatzsteuer oder Verbrauchsteuern auf die angebotenen Waren abzuführen hatten. Angeboten wurde in den USIA-Läden in übrigen keineswegs minderwertige Qualität: in den fünfziger Jahren konnten in den USIA-Läden selbst Nylonstrümpfe und Schweizer Uhren zu Schleuderpreisen erworben werden.
  • Zu dieser Politik kam noch der Handel auf dem Schwarzmarkt, welcher USIA-Wirtschaftsgüter wie Spirituosen und Tabakwaren auf dunklen Kanälen in LKWs mit sowjetischem Kennzeichen (über welche österreichische Behörden keinen Kontrolle hatten) auf den Freien Markt brachte. Hier konnte die Sowjetunion, welche diese Schiebereien deckte, nochmals eine satte Gewinnspanne einstreichen. Dazu bediente sich die sowjetische Besatzungsmacht unbedenklich üblicher Methoden des Schmuggels und der Steuerverkürzung wie Reimport von im kommunistischen Ausland umdeklarierter Ware. Dies alles trug dazu bei, ein Milieu des Schleichhandels und der organisierten Kriminalität zu schaffen, welches das Wien der späten vierziger und frühen fünfziger Jahre zu Filmehren kommen ließ ("Der dritte Mann" mit Orson Welles).
  • Die Machenschaften der USIA richteten sich nicht alleine gegen die Wirtschaft, sondern indirekt auch gegen das österreichische Gesellschaftssystem. Nicht alleine, daß die Preispolitik der USIA und ihre Lohnpolitik Gegenstand sowjetischer Propaganda wurden, waren die kommunistischen Betriebsräte der USIA auch wesentlich beim Oktoberstreik 1950 beteiligt.

Andere sowjetisch kontrollierte Betriebe in Österreich

Ebenfalls sowjetisch kontrolliert, jedoch nicht im Rahmen der USIA, wurden

  • die heutige Mineralölfirma OMV, damals SMV - Sowjetische Mineralölverwaltung (ca. 7.800 Beschäftigte)-,
  • die Schifffahrtsgesellschaft DDSG mit ca. 1.600 Beschäftigten.

Das Ende der USIA

Nach dem österreichischen Staatsvertrag wurden die USIA-Betriebe gegen Zahlung von 150 Millionen Dollar innerhalb von sechs Jahren an Österreich zurückgegeben. Diese Reparationen konnten auch in Form von Warenlieferungen erfolgen. Außerdem musste Österreich allein für die Rückgabe der Erdöl- und Erdgasfelder 200 Millionen Dollar in Form von Erdöllieferungen an die damalige UdSSR bezahlen.

Siehe auch

Österreichische Geschichte